Determinismus
Dieser Artikel befasst sich mit einer philosophischen Denkrichtung. Für den Begriff aus der Theoretischen Informatik siehe Determinismus (Algorithmus)!
Determinismus (von lateinisch: determinare abgrenzen, bestimmen) ist eine philosophische Denkrichtung, die davon ausgeht, alle Ereignisse liefen nach vorher festgelegten Gesetzen ab. Sein Gegenstück ist der Indeterminismus.
Allgemeines
Sichtweise der Naturwissenschaft
Deterministen vertreten die Meinung, dass bei bekannten Naturgesetzen und bekanntem Anfangszustand der weitere Ablauf aller Ereignisse prinzipiell vorausberechenbar sei. Es gibt verschiedene Varianten des Determinismus, die mehr oder minder streng die Vorausberechenbarkeit aller Ereignisse vertreten. Die moderne Physik besagt allerdings, dass die Naturgesetze nicht-deterministisch sind; insbesondere kleine Prozesse unterliegen dem Zufallsprinzip. So gibt kein bekanntes Naturgesetz an, wann ein bestimmter Atomkern eines instabilen Isotops zerfällt. Lediglich für viele Elementarteilchen können in bestimmten Fällen Aussagen getroffen werden, die aufgrund der Gesetze der Statistik deterministische Phänomene hervorrufen. Allerdings trifft dies nicht für alle makroskopischen Prozesse zu. So können kleine, nicht-deterministische Effekte stark verstärkt werden und führen dann zu nicht-deterministischen, makroskopischen Effekten. Ein bekanntes Beispiel ist das Geiger-Müller-Zählrohr zur Messung ionisierender Strahlung, mit dem der vollkommen nicht-deterministische Zerfall eines Atomkerns in eine makroskopische und ebenfalls nicht-deterministische Anzeige (Zeigerausschlag, Piepton) verwandelt werden kann.
Rolle in der Religion und Philosopie
In der religiösen und philosophischen Diskussion hängt der Determinismus und seine Ablehnung mit der Frage nach einem Freien Willen des Menschen zusammen, wie er von einigen Religionen wie der katholischen angenommen wird.
Auch in manchen religiösen Vorstellungen spielt der Determinismus eine gewisse Rolle, wenn ein Gott in seiner Allmacht oder ein unabwendbares Schicksal alles vorherbestimmen, so dass es keinen echten freien Willen der Menschen geben kann.
Abgrenzung von der Kausalität
Nicht mit dem Determinismus verwechselt werden sollte die Kausalität, welche besagt, dass gegenwärtige Ereignisse nur von vergangenen Ereignissen beeinflusst werden können. So ist z.B. die Quantenmechanik nach der üblichen Interpretation zwar kausal, aber nicht deterministisch (wegen des Zufallselements bei Messungen).
Einteilung
Allgemeiner und persönlicher Determinismus
Eine wichtige Einteilung des Determinismus ist folgende Unterscheidung
- allgemeiner Determinismus: Das ganze Weltgeschehen läuft deterministisch ab. Es gibt keinen echten Zufall.
- persönlicher Determinismus: Der Mensch ist in seinem Willen durch äußere oder innere Ursachen vorherbestimmt und nicht frei. Es gibt keinen freien Willen.
Technologischer Determinismus
Als technologischen Determinismus bezeichnet man die Auffassung, dass die zunehmende Verbreitung von Technik in zivilisierten Gesellschaften zu überwiegend durch die Technik vorbestimmten Arbeitsabläufen führt. Der Mensch bestimme nicht, wie er glaubt, die Arbeit der Technik, sondern die Technik bestimme in immer größerem Ausmaß die Arbeit des Menschen. Während sich nicht abstreiten lässt, dass die Art der Arbeit durch den technologischen Fortschritt merklich beeinflusst wird, so gilt doch heute eine strikt deterministische Sichtweise als widerlegt. So wird etwa ins Feld geführt, dass der Umgang mit Technik nicht nur rein mechanisch erfolgt, sondern häufig eine große Fachkenntnis verbunden mit hoher Verantwortung im jeweiligen Arbeitsbereich voraussetzt. Dem technologisch determinierten Menschen wird der verantwortliche und kompetente Nutzer der Technik als Chance gegenübergestellt.
Vertreter
- Baruch de Spinoza (1632 - 1677)
- Paul Thiry d'Holbach (1723 - 1789)
- Pierre Simon Laplace
- Gottfried Wilhelm Leibniz
- Thomas Hobbes
- John Locke
- Marshall McLuhan
- David Hume
- John Stuart Mill
- Ayer (Alfred Jules Ayer)
- Ted Honderich
- Gottfried Seebaß
- Arthur Schopenhauer
- Georg Büchner (1813-1837)
- Till Haldimann (* 1978)
Literatur
- Honderich, Ted: Wie frei sind wir? Das Determinismus-Problem, Reclam 1995, ISBN 3-15-009356-2
- Pothast, Ulrich: Seminar: Freies Handeln und Determinismus. Frankfurt/M.: Suhrkamp, 1978.
- Steinvorth, Ulrich: Freiheitstheorien in der Philosophie der Neuzeit. 2., Darmstadt: WBG, 1994.
- Walter, Henrik: Neurophilosophie der Willensfreiheit. Von libertarischen Illusionen zum Konzept natürlicher Autonomie. Paderborn: Mentis, 1998.
Siehe auch
- Der Computer als deterministische Maschine
- Das Planetensystem als deterministisches System
- Das menschliche Gehirn als weitgehend deterministisches Informationsverarbeitungs- und speicherungssystem
Freier Wille, Berechenbarkeit, Zufall, Zufallsgenerator, Pseudozufallszahl, Indeterminismus, Chaostheorie, Kausalprinzip