Als Knotenpotentialverfahren bezeichnet man ein in der Elektrotechnik verwendetes Verfahren zur Bestimmung der Zweigspannungen eines elektrischen Netzwerkes. Dieses macht es dem erfahrenen Anwender möglich, sehr schnell eine Leitwertmatrix aufzustellen, welche dann mit Hilfe eines Rechners gut lösbar ist.
Das Knotenpotentialverfahren
Das Knotenpotentialverfahren ist in der Elektrotechnik das duale Verfahren zum Maschenstromverfahren zur Analyse linearer elektrischer Netzwerke. Beim Knotenpotentialverfahren liegt analog zum Maschenstromverfahren ein Lineares Elektrisches Netzwerk in vereinfachter Form vor, das heißt, es wurden schon durch Reihen-/Parallelumformung sämtliche Reihenwiderstände zusammengefasst zu einem Ersatzwiderstand. Theoretisch ist es möglich, das Knotenpotentialverfahren auch anzuwenden, wenn das zu analysierende Neztwerk noch Parallelschaltungen enthält. Oftmalls werden aber auch diese zu einem Ersatzwiderstand zusammengefasst. Im Gegensatz zum Maschenstromverfahren werden beim Knotenpotentialverfahren keine Zweigströme, sondern Potentiale (sog. Knotenpotentiale) berechnet. Über die Differenz zweier Knotenpotentiale lassen sich dann Spannungen entlang der Strompfade berechnen. Ein weiterer Unterschied zum Maschenstromverfahren ist, dass beim Knotenpotentialverfahren das Netzwerk nicht in Widerstandsform, sondern in Form von Leitwerten, also den Kehrwerten der einzelnen Widerstände, vorliegt. Dadurch lassen sich durch Multiplikation von Leitwerten und den Spannungsabfällen entlang der Strompfade die Zweigströme berechnen, wodurch das Netzwerk eindeutig analysiert ist. Noch zu bemerken ist, dass als weiterer Unterschied zum Maschenstromverfahren das zu analysierende Netzwerk beim Knotenpotentialverfahren keine Spannungsquellen sondern Stromquellen enthält. Die Anzahl der Gleichungen des Linearen Gleichungssystems beim Knotenpotentialverfahren ist stehts exakt die Anzahl der Knoten minus eins (=Anzahl der linear unabhängigen Knotengleichungen, s. unten).
Der genaue Algorithmus der Netzwerkanalyse durch das Knotenpotentialverfahren wird nun im folgenden beschrieben:
Wir betrachten ein lineares Widerstandsnetzwerk, welches zuvor dergestalt vereinfacht und umgeformt wurde, dass dieses nun nur noch Stromquellen, Leitwerte und zunächst unbekannte Knotenpotentiale enthält. Als erstes werden die Knoten des Netzwerkes (üblicherweise) durch Großbuchstaben gekennzeichnet. Danach legt man einen Bezugsknoten und damit ein Bezugspotential fest. Der Bezugsknoten wird üblicherweise durch das sog. Massepotential-Symbol gekennzeichnet. Nun stellt man eine Leitwertmatrix nach folgendem Prinzip auf: Auf der Hauptdiagonalen stehen die Summenleitwerte. Dies sind alle Leitwerte, die einseitig mit ein und demselben Knoten verbunden werden. Diese Leitwerte werden addiert und auf der entsprechenden Hauptdiagonalposition, welche den betrachteten Knoten repräsentiert, aufgeschrieben. Auf den restlichen Positionen der Leitwertematrix stehen die sog. Koppelleitwerte. Diese sind diejenigen Leitwerte, die zwei verschiedene Knoten bzw. Potentiale verbinden. Der Betrag der Koppelleitwerte ist stehts negativ. Da nun die Leitwertmatrix komplett ist, wird im nächsten Schritt die rechte Seite der Matrizengleichung, nämlich die so genannten eingeprägten Ströme definiert. Dabei wird ein dem Knoten zufließender Strom positiv und ein vom Knoten abfließender Strom negativ gerechnet (es geht auch anders herum, es muss nur vorher fest vereinbart werden) und es wird auf der entsprechenden Position die so entstehende Summe aller Ströme, die an einem bestimmten Knoten zu finden sind, aufgeschrieben. Das so entstandene Lineare Gleichungssystem eignet sich nun hervorragend zur computerunterstützten Berechnung des Lösungsvektors. Das Knotenpotentialverfahren bildet darüber hinaus die Basis der meisten Rechnerprogramme zur Analyse Linearer Elektrischer Netzwerke, da das Lineare Gleichungssystem des Knotenpotentialverfahrens leichter aufgestellt werden kann (und dadurch ein einfacherer Algorithmus zum Aufstellen der Gleichungen programmiert werden kann) als beim Maschenstromverfahren (wo zunächst das Netzwerk grpahentehoretisch noch nach einem vollständigen Baum abgesucht werden muss etc.). Allerdings ist die optimale Auswahl des zu verwendenden Netzwerkanalyseverfahrens abhängig von der Struktur des Netzwerkes (Anzahl der Zweige veglichen mit der Anzahl der Knoten), und in der Praxis nicht immer ganz einfach.
Noch ein Wort zum Aufbau der Leitwertmatrix: Die Elemente der Matrix repräsentieren jeweils eine Verbindung im Netzwerk zwischen zwei verschiedenen Knoten. So bezeichnet etwa das Element a₁₃ die Summe aller Leitwerte zwischen Knoten A(=1) und C(=3). die Hauptdiagonalelemente aii bezeichnet so gesehen eine Verbindung eines Knotens mit sich selbst (was nicht möglich ist), entsprechen bei der Berechnung aber exakt der Summe aller Leitwerte, die gewissermaßen „mit einem Bein“ an diesem Knoten hängen, die also einseitig mit dem Knoten i verbunden sind. die Zeilen des Vektors auf der rechten Seite der Gleichung entsprechen dabei dem Buchstaben bzw. der Nummer des jeweilig betrachteten Knoten.
Das Verfahren in Kurzform
- 1. Schritt:
- Sämtliche Widerstände in Leitwerte umrechnen, sämtliche Spannungsquellen mittels des Ersatzquellensatzes in äquivalente Stromquellen umrechnen,
- 2. Schritt:
- Bezugsknoten festlegen (Masse),
- 3. Schritt:
- Matrix aufstellen: Auf der Hauptdiagonalen die Summenleitwerte notieren, auf den restlichen Positionen die Koppelleitwerte eintragen, letztere steht negativ,
- 4. Schritt:
- Rechte Seite der Matrixgleichung festlegen: Alle eingeprägten Ströme pro Knoten notieren, positiv, wenn zufließend, negativ, wenn abfließend,
- 5. Schritt:
- Gleichungssystem (z. B.) mit Gaussalgorithmus lösen (unbekannte Knotenpotentiale berechnen),
- Letzter Schritt:
- Zweigströme durch Bildung der entsprechenden Potentialdifferenzen, multipliziert mit den Zweigleitwerten, berechnen,.
Die Anzahl der Linear unabhängigen Knotengleichungen eines Linearen elektrischen Netzwerkes.
Im Text weiter oben wurde behauptet, dass die Anzahl der linear unabhängigen Knotengleichungen eines Linearen elektrischen Netzwerkes k gleich der Anzahl der Knoten n des Netzwerkes ist minus eins (k=n-1). Wie kann man das beweisen? Nun, wenn man sich ein beliebiges lineares elektrisches Neztwerk betrachtet, so stellt man unter Anwendung der Kirchhoffschen Regeln folgendes fest: Bildet man bei n Knoten sämtliche strombezogenen Knotengleichungen (Kirchhoff: ∑I k=0) so findet man, dass man insgesamt jeden Strom zweimal in der Rechnung hat, nämlich einmal zufließend, und einmal abfließend. Addiert man alle Knotengleichungen, das heißt bildet man „die Summe über die Summe“ aller Knotenströme, so ist das Ergebnis sicher 0, da jeder Strom wiederum zweimal, zufließend und abfließend (also mit entgegengesetztem Vorzeichen, aber gleichem Betrag) addiert wird, wodurch sich alle Ströme quasi selbst eliminieren. Lässt man bei der Bildung dieser Doppelsumme einen Knoten weg, so erhält man exakt die Knotengleichung des weggelassenen Knotens (allerdings alle Ströme mit umgekehrtem Vorzeichen), da gerade diese Ströme in der Summe nur einmal vorkommen und sich nicht zu Null eliminieren können. Damit ist mindestens eine Knotengleichung linear abhängig (wobei es egal ist, welchen Knoten man weglässt). Die nun verbleibenden restlichen n-1-Knoten müssen allerdings zwangsläufig linear unabhängig sein, da die Bildung der Knotensumme eines anderen Knotens nicht durch eine Linearkombination der verbleibenden n-1-Knotensummen möglich ist, da ja gerade hierfür die Ströme des „weggelassenen Knotens“ gebraucht würden, um sich, zumindest zum Teil, selbst zu eliminieren (damit lediglich die Ströme des zweiten betrachteten Knotens übrig bleiben). Damit folgt, dass die Anzahl der linear unabhängigen Knotengleichungen eines beliebigen linearen elektrischen Netzwerkes stets genau die Anzahl der Knoten minus eins ist, also: k=n-1.
Das Lineare Gleichungssystem in Matrixform
Hierbei ist noch zu erwähnen, dass es sich bei der Leitwertmatrix um eine symmetrische Matrix handelt: Natürlich sind die Koppelleitwerte G23 und G32 identisch, genauso wie G15 und G51, da es sich immer um die Koppelleitwerte zwischen den Potentialen zwischen den Knoten 2 und 3 (=B und C) und 1 und 5 (=A und E) handelt, also um ein und den selben Koppelleitwert, der zwei Potentiale miteinander verbindet. Außerdem sei nochmal darauf hingewiesen, dass eben all diese Koppelleitwerte negativ sind.