Die Jägersprache oder Waidmannssprache ist keine eigentliche Sprache, sondern setzt sich zusammen aus ca. 3.000 gebräuchlichen und weiteren nahezu 10.000 dem passiven Wortschatz zuzurechnenden Fachwörtern aus dem jagdlichen Brauchtum.
Die Ausdrücke sind oft regionalspezifisch; viele sind schon etliche Jahrhunderte alt und seit ihrer Prägung teilweise auch in die Umgangssprache übernommen worden ("Jemandem eins hinter die Löffel geben").
Jägersprache zählt zu den ältesten Fachsprachen und ist eine der Standessprachen mit den meisten Begriffen überhaupt. Es gibt historisch bedingt zwei Schreibweisen, nämlich Waidmannsprache und Weidmannssprache. Waidmannssprache kommt aus dem Althochdeutschen waidewerg = Waydwerk, waydlich, d.h. jagdgemäß. Weiterhin steht fest, dass die "ai"-Schreibweise meistens in Süddeutschland und die "ei"-Schreibweise in Norddeutschland und in den neuen Bundesländern Verwendung findet. Über die weitere Historie der Schreibweisen findet man unterschiedliche Erklärungen in der Literatur.
Die Jägersprache hat ihre Ursprünge zum einen in der präzisen Beschreibung von Naturbeobachtungen und Zeichen des zu erlegenden Wildes (als reine Jagdsprache), zum anderen in der bewussten Absetzung zum "gemeinen Volk" (insbesondere den weniger zur Verklärung neigenden "Bauernjägern").
Andere Theorien führen die Sondersprache der Jäger auf einen ehemaligen Aberglauben zurück, der in fast allen Völkern herrschte und herrscht. Die eigentliche Sprache wird während der Jagd vermieden, da man glaubte, allzu klare Worte und Absichten würden den Wald und das Wild vorwarnen, weshalb man sich höchstens mit Hilfe von Ersatzworten verständigte (Meister Petz, etc.).
Die Verwendung und Pflege der Jägersprache gehört zum jagdlichen Brauchtum. Nichtjägern gegenüber verwendet der (rücksichtsvolle) Jäger die Jägersprache nach Möglichkeit nicht, um Verständnisprobleme zu vermeiden.
Zu unterscheiden ist die Jägersprache vom Jägerlatein. Hier wird eine übertriebene Erlebnisgeschichte darstellt, in denen sich der Erzähler meist der Jägersprache bedient. Manchmal verwendet der Jäger das Jägerlatein ähnlich wie der Seemann den Seemannsgarn zum Scherz um den Unkundigen in die Irre zu führen oder unwahre Geschichten zu erzählen. So entstehen denn auch seltsame Wildarten wie unter anderem der Rasselbock oder der Wolpertinger.
Beispiele
A
- Aasjäger
- Achtender
- Abbaumen: Wild verlässt einen erhöhten Platz, auch Verlassen einer jagdlichen Einrichtung wie Hochsitz, Ansitzleiter u.ä. durch den Jäger
- Abnicken: verletztes Wild nach Schuss oder Unfall mit einer blanken Waffe (Jagdmesser = Nicker oder Knicker) töten; meist hinter dem Haupt am „Genick“, daher der Ausdruck „Abnicken“
- Abkommen: Trefflage beim Schuss; „Ich bin gut abgekommen“ heißt, der Schuss ging dahin, wo ich ihn hinhaben wollte
- Abwurfstange: das abgeworfene Geweih von Cerviden (Geweihträgern)
- Affe: Junges des Murmeltiers
- Äser: Maul des Haarwildes. Mit dem Äser wird Äsung, d.h. Nahrung, aufgenommen
- Äsung: bezeichnet die Nahrung des Wildes, außer bei Schwarz- und Raubwild, insbesondere von Rehen sowie Dam- und Rothirsch. „Äsen“ ist der Vorgang der Nahrungsaufnahme.
- Aufbaumen: das Setzen oder sich Niederlassen von Wild auf einem erhöhten Platz wie z.B auf einem Ast. Auch der Jäger, der seinen Hochsitz besteigt, baumt auf
- Aufbruch: Gesamtheit der im Schädel und in den großen Körperhöhlen (Thorax, Abdomen, Becken) gelegenen inneren Organe
- Aufgang: Beginn der Jagdsaison nach der Schonzeit
- Aufwerfen: plötzliches Anheben des Hauptes z.B. bei Störungen/Geräuschen/Bewegungen zum Lokalisieren derselben
- äugen: sehen
B
- Bache: weibliches ausgewachsenes Wildschwein (Schwarzwild))
- Balg: Haut mit Fell von Feldhase und Kaninchen, Rotfuchs und Marder
- Basse: Ein starkes, altes, männliches Wildschwein (Keiler)
- Bast: Sehr gut durchblutete Schutzhaut über dem im Wachstum befindlichen Geweih oder Gehörn
- Blattzeit: Paarungszeit beim Rehwild. Der Name leitet sich von der zu dieser Zeit möglichen Lockjagd durch Pfeifen auf einem Buchenblatt ab.
- Blume: Schwanz des Feldhasen oder das Ende der Lunte beim Rotfuchs
- Bockfieber
- Brand: Milzbrand (auch Anthrax) ist eine Infektionskrankheit, die hauptsächlich bei Paarhufern auftritt
- Brocken: Köder
- Bruch / Bruchzeichen: Bruchzeichen sind Zeichen, die von Jägern verwendet werden, es handelt sich regelmäßig um belaubte/benadelte Zweige bestimmter Bäume
- Brunft / Brunst: Paarungszeit bei einigen Wildtieren, z.B. Rot- und Damwild
- Brocker: der Schnabel des Auerhahnes
C
D
- Damwild: Damhirsch
- Decke: Fell von Wildtieren
- Dublette: Erlegung von zwei Stück Wild aus der selben Waffe, in unmittelbarer zeitlicher Abfolge. Außerdem das Beschießen von zwei gleichzeitig gestarteten Tontauben beim Skeet-Schießen.
- Durch die Lappen gehen: eine Redensart, die sich aus der Jägersprache ableitet
- Doppeln: unbeabsichtigtes Lösen von gleichzeitig zwei Schüssen aus ein und derselben mehrläufigen Waffe
E
- Einlauf: eine Öffnung in einem Gatter, durch das das Wild zwar herein- aber nicht mehr hinauslaufen kann
- Einstand: eine Rückzugsregion oder eine Rückzugsfläche für Wildtiere, die diese meist nachts, aber auch tagsüber zum Schutz aufsuchen
- Einstecklauf: ein meist für Jagdwaffen verwendeter Lauf, der in den eigentlichen Lauf der Waffe eingesteckt und verriegelt wird, um ein anderes Kaliber oder eine andere Art von Munition mit ein und der selben Waffe verschießen zu können.
F
- Falkner: Ein Falkner (oder Beizjäger) betreibt die Jagd mit Greifvögeln wie Falken, Sperbern, Habichten, Adlern auf Federwild (z.B. Rebhuhn) und kleines Haarwild (z.B. Kaninchen).
- Fährte: die auf dem Boden hinterlassenen Fußabdrücke des Schalenwildes
- Fähe: Weiblicher Fuchs
- Fang: die Schnauze von Raubtieren, auch des Hundes; auch die Füße von Greifvögeln, siehe Fänge
- Fangschuss: derjenige Schuss, der abgegeben wird, um waidwundes, also nicht unmittelbar tödlich getroffenes oder angefahrenes Wild zu töten
- Federwild: dazu zählen die dem Jagdrecht (Wild) unterliegenden Vögel
- Fegen: das Abreiben des Bastes von den ausgebildeten Geweihen der Hirsche und der Gehörne der Rehböcke an Bäumen und Sträuchern
- Feistzeit: Zeit vor der Brunft, also die Zeit vor der Fortpflanzung, sie dient Rehböcken bzw. Hirschen dazu, sich für die folgende kräfteraubende Zeit Fettreserven zuzulegen
G
- Gefege: die haarigen Fasern, die nach dem Fegen des Bastes entstehen.
- Gehöre: die Ohren des Schwarz-, Raub- und Rotwilds
- Geweih: der „Kopfschmuck“ von männlichen Tieren, die zu den Cerviden gerechnet werden
- Grandeln: die Eckzähne von Wiederkäuern (in der Regel von Hirschen). Auch die ersten Federn vom Schwingenbug des Auerhahns
- Gewaff, auch Gewehr: untere Eckzähne beim Keiler (männliches Wildschwein)
- Gehörn: Das Geweih des Rehwildes wird als Gehörn bezeichnet
H
- Haarwild: dazu zählen die dem Jagdrecht (Wild) unterliegenden Säugetiere
- Halali: ist sowohl Gruß und Jagdruf als auch jagdliches Brauchtum
- Hatz: ist eine Jagdart, bei der Hunde auf lebendes Wild gehetzt werden, um dieses zu stellen
- Hitze: Zeit des Eisprungs beim weiblichen Jagdhund
- Horrido: bei Jägern als Begrüßung, aber auch zur Ehrenbekundung als Hochruf
I
J
- Jägerlatein: die mehr oder weniger wahren Erzählungen von Jägern, die die Zahl und besonders die Größe der erlegten Tiere übertreiben.
K
L
- Lager
- Laufen
- Läufe: Beine von vierfüßigem Wild
- Lecker: Zunge des Schalenwildes
- Löseplatz
- Losung
- Lichter: Augen des Schalenwildes
- Luder
- Luderplatz
- Lunte
- Luser = Lauscher
- Lampe
M
N
O
P
- Pansen
- Pass
- Petschaft
- Platzhirsch
- Pürzel
- Pirschzeichen
Q
R
- Raubzeug
- Rausche: Paarungszeit des Schwarzwildes
- Rauschsynchronisation: Paarungssynchronisation des Schwarzwildes
- Riegel
- Rotwild
- Rotte
- Rudel
S
- Sau: Wildschwein
- Schale: die Klauen des wiederkäuenden Haarwildes und des Wildschweins
- Schalenwild: Wildarten mit Schalen (Klauen), also wiederkäuendes Haarwild und Wildschweine
- Scherenfalle: ein früher gebräuchliches Fanggerät, das aus Knüppeln gebaut wurde und sich besonders zum Fang von Mardern eignete
- Schmelz: Ausscheidungen von Greifvögeln
- Schrank: der seitliche Abstand der Tritte des rechten Laufpaares vom linken in der Schrittfährte
- Schränken: das Nebeneinandersetzen der Läufe (Beine), abweichend von der geraden Linie
- Schweiß: das Blut des Wildes und des Jagdhundes, sobald es die Blutbahn des Körpers verlassen hat
- Schweißhunde: Jagdhunde, die darauf spezialisiert sind, krankes (verletztes), schweißendes (blutendes) Schalenwild im Rahmen der Nachsuche zu suchen und zu stellen
- Schussfest: ist ein Jagdhund, wenn er bei Abgabe eines Schusses nicht erschrickt
- Schusshitzig: ist ein Jagdhund, der gleich nach Abgabe eines Schusses das Wild nachsuchen möchte
- Spiegel: die helle Fellfärbung am Hinterteil von Hirsch und Reh
- Spiel: Gesamtheit der Schwanzfedern beim Birkhahn
- Sprengruf: der Kampfschrei eines Platzhirsches, um Nebenbuhler zu vertreiben
- Sprung: a) das hintere Bein des Feldhasen, b) eine Gruppe von Rehen
- Spurlaut: beschreibt den auf der Spur oder Fährte des Wildes lautjagenden, also bellenden Jagdhund
- Standarte: der Schwanz des Fuchses und des Wolfs
- Stern: die Iris beim Wild
- Stoß: die Gesamtheit der Schwanzfedern
- Stück: allgemeiner Zahlklassifikator für Dinge und Tiere (ohne Plural, also z.B. zwei Stück Rehwild)
- Schürze: beim weiblichen Rehwild eine herzförmige Form mit einem herabhängendem Haarbüschel um das weibliche Geschlechtsteil
T
- Teller : Ohren des Schwarzwildes
- Terzel : männlicher Raubvogel
- Tier : weiblicher Hirsch, der Begriff ist umgangssprachlich, korrekt heißt es Rottier oder Damtier.
- Totverblasen : Jagdhornsignale
- Trosch : Federbusch auf der Falken-Kappe
U
- Überläufer : Wildschwein im Alter zwischen 12 und 24 Monaten
V
- Vorstehhunde: Jagdhunderassen, die die Eigenschaft des „Vorstehens“ ausgeprägt vorweisen, d.h. sie zeigen dem Jäger entdecktes Wild durch „Vorstehen“ an
- vernehmen = hören
W
- Wedel: Schwanz bei Hirschen und Rehwild
- Welpe: Jungtiere von Raubtieren, also prinzipiell auch von Katzen, meist jedoch von Hundeartigen
- Witterung: Geruchssinn
- Waidmanns Heil: Traditionelle Begrüßungs- oder Gratulationsformel unter Jägern
- Waidmanns Dank: Antwort auf als Gratulation gedachtes „Waidmanns Heil“
- Weidloch : After oder auch Enddarm des Wildes
- Wundbett: Stelle, an der sich ein verletztes Wild niederlegt und gegebenenfalls verendet
- Windfang: Nase des Rehwildes
- winden: riechen
X
Y
Z
- Zerwirken: Zerlegen von Wild
- Zehnender
siehe auch
Literatur
Müller, F., Müller, D. G. (Hrsg) (2004): Wildbiologische Informationen für den Jäger - Band 1 Haarwild, Verlag Kessel, www.forstbuch.de, ISBN 3935638515, 324 S.(mit Jägersprache)
Müller, F., Müller, D. G. (Hrsg) (2006): Wildbiologische Informationen für den Jäger - Band 2 Federwild, Verlag Kessel, www.forstbuch.de, ISBN 3935638604, 729 S. (mit Jägersprache)
Uta K. Jäger als Eltern