Weltraumwetter

geophysikalische Bedingungen jenseits der Atmosphäre
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 6. Juli 2007 um 11:49 Uhr durch Älskling (Diskussion | Beiträge). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Unter Weltraumwetter versteht man alle Bedingungen auf der Sonne, im Sonnenwind, der Erdmagnetosphäre und der Erdatmosphäre, die einen Einfluss auf Satelliten und andere technologische Systeme sowie auf das menschliches Leben ausüben. In den letzten Jahren ist unter diesem Schlagwort ein spezieller Bereich der Weltraumforschung entstanden. Ziel ist es, die physikalischen Mechanismen zu verstehen, die den von der Sonne ausgehenden Wirkungen zu Grunde liegen, um potentiell bedrohliche Ereignisse auf der Sonne vorherzusagen oder zumindest rechtzeitig erkennen zu können, so dass geeignete Schutzmaßnahmen getroffen werden können.


Einleitung

In Analogie zu den irdischen atmosphärischen Wetterphänomenen kann der Begriff des Weltraumwetters definiert werden. Er umfasst Veränderungen des interplanetaren und interstellaren Mediums, speziell im erdnahen Bereich der Magnetosphäre (bis 50 000 km Abstand zur Erde). Diese Änderungen werden bedingt durch die Wechselwirkungen zwischen Materie, Teilchen- und Strahlungsströmen sowie deren Auswirkungen auf die irdische Ionosphäre und Atmosphäre. Die Biosphäre wird nachdrücklich gefährdet, Industrie und Technik erfahren hohe Ausfälle durch diese Erscheinungen.

Die Teilchenströme werden aus zwei Quellen gespeist. Hauptquelle stellt unser nächster Stern, die Sonne, dar. Hier sind vor allem solare Eruptionen und koronale Massenauswürfe für Wetteränderungen verantwortlich. Jedoch auch die galaktische kosmische Strahlung der Milchstraße beeinflusst das Weltraumwetter. Auf Grund der umfassenden Auswirkungen auf das irdische Leben stellt das Weltraumwetter heute ein wichtiges Forschungsgebiet dar. Die hohe Komplexität und Vernetzung der Ursachen und Phänomene erschwert das Verständnis erheblich.

 
Schema zum Weltraumwetter


Ursachen und Phänomene

Überblick

Die Erde verfügt über umfangreiche Schutzmechanismen vor äußeren Einflüssen. So wirken Magnetosphäre, Ionosphäre und Atmosphäre als Filter für Materie und Strahlung aus dem Weltraum. Insbesondere die Magnetosphäre als äußerste Schicht stellt ein bedeutendes Hindernis für den Sonnenwind dar und lenkt diesen in einem großen Bogen um die Erde herum. Erst bei starken Einflüssen genügen diese Schutzeinrichtungen nicht mehr und der Mensch spürt die externen Faktoren auch auf irdischem Boden.
Als Hauptursache gelten die Strukturen und Variabilität der Sonnenkorona. Durch sogenannte CMEs (engl. coronal mass ejections - koronale Massenauswürfe) und Flares (engl. - solare Eruptionen) werden riesige Mengen Materie in Form von Gasblasen und Energie durch Strahlung freigesetzt. Dabei entstehen enorme Stoßwellen, welche den Sonnenwind abrupt verstärken. Der sonst relativ kontinuierliche Transport von Teilchen der Sonne in Richtung der Erde übt daher einen wesentlich größeren Druck auf die Magnetosphäre aus, was in extremen Fällen einer Erschütterung gleichkommt. Die daraus resultierenden kurzfristig veränderlichen Erscheinungen werden als Weltraumwetter verstanden.
Beide Phänomene sind bis heute jedoch nur wenig erforscht. So sind ihre Ursachen bisweilen weitgehend unbekannt, also auch noch keine Prognosen über bevorstehende Eruptionen möglich. Sehr intensive CMEs sind meist mit intensiven Flares zeitlich gekoppelt, jedoch treten sie auch unabhängig voneinander auf. Daher vermutet man die Ursache in einer tieferliegenden Schicht der Sonne.




Datei:Solarflares.jpg
Flare

Flares

Ein Flare kann mittels optischer Hilfsmittel als ein wenige Minuten andauernder Lichtblitz auf der Sonnenoberfläche beobachtet werden. Obwohl das Gebiet auf der Sonne selbst eng begrenzt ist, nimmt die Intensität der Röntgenstrahlung, der energiereichen Protonen und Elektronen (bis etwa 100 MEV) oft um mehr als das Tausendfache zu. Das Abklingen auf den Ausgangswert dauert dann mehrere Stunden. Auf Grund der sehr unterschiedlichen Stärke der einzelnen Flares schwanken auch diese Werte. Bei besonders intensiven Auftreten ist sogar die Freisetzung von Gammastrahlen möglich. Dies ist vor allem in den Jahren um ein Maximum der Sonnenaktivität zu verzeichnen, dann treten täglich etwa bis zu 10 Flares auf.

Datei:610px-Sun and earth.jpg
Flare

Die Flares werden auf Grund der Lichtgeschwindigkeit mit etwa 8 Minuten Verzögerung gegenüber der tatsächlichen Eruption von der Erde aus beobachtet. Gleichzeitig treffen auch die freigesetzten Strahlungen ungehindert ein. Die Teilchenströme hingegen werden auf ihrem Weg durch das interplanetare Magnetfeld stark abgelenkt, bevor sie die Erde erreichen. Daher sind sie erst 10 bis 30 Minuten später messbar, obwohl ihre eigentliche Geschwindigkeit auf Grund ihres Energiereichtums ebenfalls sehr hoch ist. Diese einprasselnden Teilchen stellen eine Gefahr für Menschen und Geräte in den oberen Atmosphärenschichten dar. Röntgenstrahlungen können bis in die unterste Schicht der Ionosphäre (etwa 60 bis 90 km über dem Erdboden) vordringen und auch Teilchen werden teilweise erst in einer Höhe von 40 bis 60 km abgebremst.


CME

Datei:SOL PIA03149.jpg
CME

Unter einem koronalen Massenauswurf (CME) versteht man den Ausstoß großer Mengen Materie (einige 10 Billionen Kilogramm) von der Korona in den umgebenden Weltraum. Dieser erfolgt in Form von riesigen Gaswolken mit enormer Geschwindigkeit. Im Gegensatz zu den Flares lassen sich CMEs jedoch auch unter der Zuhilfenahme von optischen Geräte nicht direkt beobachten. Erst der speziell entwickelte Koronograph, bei dem die eigentliche Sonnenscheibe künstlich abgedeckt wird und nur die äußerste Korona sichtbar bleibt, macht dieses Phänomen beobachtbar. Daher begründet sich auch der späte Zeitpunkt der erstmaligen Entdeckung.

Werden diese magnetisierten Gasblasen mit dem Sonnenwind transportiert, verformen sie das interplanetare Magnetfeld stark. Dieses geht von der Sonne aus und breitet sich normalerweise auf Grund der Eigenrotation der Sonne spiralförmig bis zum Rand des Sonnensystems aus. Bezogen auf die Erde liegt es zusätzlich in deren Bahnebene. Durch einen CME kann es jedoch aus dieser Ebene herausgedreht werden. Entsteht dabei eine südlich gerichtete Feldkomponente, kommt es an der Sonne zugewandten Seite der Magnetosphäre zu einem Kurzschluss mit den dort nach Norden gerichteten Feldlinien des irdischen Magnetfeldes. Auf diese Weise verbinden sich interplanetares und irdisches Magnetfeld, längs derer Linien die geladenen Teilchen des CMEs nun in die Magnetosphäre eindringen und massive Folgen hervorrufen können.

Galaktische kosmische Stahlung

Auch die galaktische kosmische Strahlung beeinflusst das irdische Leben. Sie besteht aus extrem energiereichen und somit enorm schnellen Teilchen (mehr als 1 GeV), die ihren Ursprung außerhalb des Sonnensystems, aber innerhalb der Milchstraße finden. Treffen diese Teilchen auf die umgebenden Schichten der Erde, so kommt es zur Ionisierung der Atome der Stratosphäre in 10 bis 20 km Höhe. Diese Ionisation führt zur Bildung von Kondensationskernen [1] - der Grundlage der Wolkenentstehung. Die kosmische Strahlung nimmt somit explizit Einfluss auf das irdische Wetter und Klima. Neben der Bildung dieser Kondensationskerne entsteht eine sekundäre kosmische Strahlung durch Teilchenanregung. Diese stellt vor allem für die Luftfahrt und das Flugzeugpersonal auf Grund der erhöhten Strahlenbelastung eine bedeutende Gefahr dar.

Die Intensität der Strahlung schwankt dabei antizyklisch zur Sonnenaktivität. Bedingt durch die verstärkten Turbulenzen in Phasen hoher Sonnenaktivität entstehen im Weltraummilieu Stoßwellen heliosphärischen Plasmas. Diese schirmen das innere Sonnensystem schalenförmig ab und schützen es so vor eindringender Strahlung. Dieser "natürliche Schutz" fehlt in den Phasen niedriger Sonnenaktivität. Die Erde ist stärker der kosmischen Strahlung ausgesetzt.

Weitere Ursachen

 
Aufnahme der Korona

Neben diesen Teilchen- und Strahlungsströmen der Sonne und der Milchstraße wirken weitere Faktoren auf das Weltraumwetter. Kosmische Katastrophen im Sonnensystem, der Milchstraße oder auch extragalaktischer Natur, wie beispielsweise eine Supernovae, können ebenso das Gleichgewicht gefährden. So erzeugt eine Supernova sehr hohe Intensitäten an Röntgen- und Gammastrahlung. Extragalaktische kosmische Strahlung beeinflusst mit ihren extrem hohen Geschwindigkeiten (>10^20 eV) das irdische Leben. Dieser Faktor ist in den letzten Jahrtausenden jedoch scheinbar relativ konstant geblieben.

Deutlich wird der Einfluss kosmischer Ereignisse an den Sternbeben eines Neutronensterns im August 1998 in 20 000 Lichtjahren Entfernung. Diese Beben können als Folge einen Gamma-ray-burst haben. es handelt sich hierbei um einen extrem starken Ausbruch von Gammastrahlung (enorme Lichtmengen werden frei, es existieren keine helleren Ereignisse im Universum) artikel: Gammablitz.Wäre dieser Stern erdnäher gewesen, so hätte er die Ozonschicht für mehre Jahre zerstört, erhebliche Strahlenschäden des irdischen Lebens durch Gammastrahlung wären die Folge. Schlussendlich sind noch Meteoroiden und Weltraumtrümmer als Träger potentieller Gefahren zu nennen.




Auswirkungen

 
Maunder-Minimum

Die hochtechnisierte Gesellschaft hängt mehr und mehr von Technologien ab, die durch das Weltraumwetter beeinflusst werden können. So kann energiereiche Partikelstrahlung die Übertragung von TV- oder Mobilfunk-Satelliten durch Zerstörung der Bordelektronik direkt unterbrechen. Durch die Verschlechterung der Ausbreitungsbedingungen für die in Telekommunikations- und Navigationssystemen genutzten Funkwellen können zusätzliche Probleme auftreten. Nach Schätzungen verschiedener Wissenschaftler soll es allein durch Einflüsse und Änderungen des Weltraumwetters auf US-amerikanischer Seite 150 Ausfälle von Satelliten pro Jahr geben. [2] Aber auch das Wetter zeigt eine deutliche Kopplung an interplanetare Phänomene, wie die „Kleine Eiszeit“ von 1665 bis 1715 deutlich zeigt. Der Zusammenhang zwischen Sonnenaktivität und irdischem Wetter offenbart sich hier in der Korrelation von niedrigen Temperaturen auf der Erde und den Maunder-Minimum im Sonnenflecken-Zyklus. Dabei erzeugen unterschiedliche Phänomene auch sehr differenzierte irdische Reaktionen.

Elektromagnetische Strahlung und magnetische Stürme

 
Wirkung der Magnetosphäre

Sonneneruptionen verstärken den Fluss hochenergetischer Teilchen, welche wiederum enorme Auswirkungen aus elektronische Bauteile und das Leben auf der Erde haben. Durch den Aufprall eines CMEs auf die Erdmagnetosphäre kommt es zur Ausbildung von erdmagnetischen Stürmen. Diese sind mit einer raschen Änderung der Richtung und Stärke des Magnetfelds am Boden verbunden. Daraufhin können in ausgedehnten elektrischen Leitern wie Hochspannungsleitungen oder Pipelines hohe Ströme induziert werden. Ebenso liegt die Ausschussrate bei der Anfertigung von empfindlichen Halbleiterelementen während der Magnetstürme erheblich höher. [3] Die Störung industrieller Produktionen, wie beispielsweise der Computerchip-Herstellung, Zusammenbrüche von Hochspannungsnetzen und Korrosionen in Öl-Pipelines offenbaren erhebliche Korrelationen zwischen Sonnenaktivität und Auftreten dieser wirtschaftlichen Ausfälle.
Das Weltraumwetter kann moderne Systeme der Telekommunikation und Kommunikation durch eine direkte (Zer-)Störung der elektronischen Geräte an Bord der genutzten Satelliten beeinträchtigen. Satellitenkommunikation, - navigation und -orientierung werden dabei sowohl durch Teilchenströme als auch durch schwankende Magnetfelder erheblich eingeschränkt. Dies hat gravierende Auswirkungen auf Telefon, Fernsehen, Wettervorhersage und vor allem Datenübertragungen. Infolge hochenergetischer Strahlung oder Partikel kommt es zu einer Verschlechterung der Bedingungen für die Signalausbreitung in der Ionosphäre. Ein markantes Beispiel hierfür war der plötzliche Ausfall des Mobilfunkempfangs 1998 in den USA - bei Milionen von Nutzern herrschte plötzlich Funkstille. Die Untersuchungen ergaben eine Fehlfunktion des Übertragungssatelliten, die sehr wahrscheinlich durch einen intensiven Weltraumwetter-Sturm verursacht worden war. Für hochfrequente Signale (3-30 MHz) und darunter wirkt die Ionosphäre wie ein metallischer Spiegel. Die Reflexionseigenschaften können sich dabei während eines Weltraumwettersturms dramatisch ändern, so dass es zu unerwünschten Signalüberlagerungen kommen kann. Eine schlechte Signalqualität oder gar Signalauslöschung kann auch bei transionosphärischer Funkwellenausbreitung vom und zum Satelliten durch turbulenzartige Variationen der Elektronendichte infolge von Weltraumwetterstörungen verursacht werden. Durch die Veränderung des irdischen Magnetfeldes kam es 1989 in Quebec (Kanada) zum Stromausfall, Ursache waren Induktionsströmen in den Überlandleitungen und Ausfälle von Transformatoren. [2] Umfassende volkswirtschaftliche Schäden und finanzielle Einbußen waren zu verzeichnen.

Neben diesen technischen Ausfällen stellen die von Flares und CMEs erzeugten energiereichen Protonen und Elektronen jedoch vor allem auch eine Gefahr für das Leben im All und auf der Erde dar. Astronauten und Flugzeugpersonal sowie Flugreisende sind in diesen Höhen einer verstärkten Strahlung ausgeliefert. Insbesondere im Bereich der Pole eine bedeutende Gefahr für den Flugverkehr. Teilchenkonzentrationen, wie sie nach einem großen Flare im Oktober 1989 gemessen wurden, erweisen sich für den Menschen in Astronautenkleidung als letal. [4] Ein Aspekt, der vor allem bei langen Weltraumfahrten (etwa zum Mars) oder bei Arbeiten außerhalb des Raumfahrzeuges eine bedeutende Rolle spielt. Einzelne, besonders energiereiche Teilchen erreichen gelegentlich sogar den Erdboden. Eine Tatsache, die sich offenbar aufgrund der geringen Konzentration sowie einer vermuteten Anpassung im Laufe der Evolution als ungefährlich erweist (jedes Lebewesen verträgt geringe Strahlungswerte). [4] Stärkere geomagnetische Stürme äußern sich deutlich in einem Schwanken des Kompassnadel. Sie führen zu Irritationen bei Tieren, die sich vom Magnetfeld der Erde leiten lassen (Bsp. Brieftauben oder Zugvögel). Diese Tiere nutzen das irdische Magnetfeld zur Orientierung, dafür sind sie mit äußerst sensiblen Magnetsinnesorganen ausgestattet.[5]

 
Aufnahme der Sonne im Röntgenbereich

Röntgen- und Gammastrahlung

Flares erzeugen eine vielfach höhere Radio- und Röntgenstrahlung, diese führt zu Veränderungen der Ionosphäre. Störungen im (Kurzwellen-)Funkverkehr und Signalempfang durch erhöhte Strahlungsmengen sind die Folge. Auch die Erwärmung und damit verbundene Ausdehung der oberen Atmosphärenschichten begründet sich in diesem Phänomen. Satelliten in geostationären Umlaufbahnen können dadurch "taumeln" oder sogar abstürzen. Ursache hierfür ist der oft um mehrere Größenordnungen höhere Fluss vonRingstromteilchen während der Magnetstürme, isolierte Teile der Oberfläche eines Satelliten können sich stark elektrisch aufladen und durch Hochspannungsüberschläge Defekte und Ausfälle verursachen. Auch die im Zusammenhang mit Solar Flares beobachtbaren verstärkten Radioemissionen können insbesondere in den Morgen- und Abendstunden den täglichen Mobilfunkverkehr beeinflussen.

Polarlichter

 
Polarlichter

Durch die Elektronen und Protonen der CMEs kommt es zur Anregung und Ionisation der oberen Atmosphäre. Dies äußert sich als Polarlichter in Form von Lichterscheinungen vor allem im Bereich der Polkappen, bei starken Sonneneruptionen kann es jedoch auch bis zur Ausdehnung in unsere Breiten kommen. [6]
Polarlichter - Bild 2

Kosmische Strahlung

Die kosmische Strahlung gefährdet mit ihren hochenergetischen Teilchen vor allem die bemannte Raumfahrt. Sie stellt für Flugpersonal und Astronauten ein erhöhtes Gesundheitsrisiko (Steigerung des Krebsrisikos) dar, da die Fluggeräte gegen so starke galaktische kosmische Strahlungen nicht hinreichend abgeschirmt sind.


Historisches

 
Oirginalzeichnung von Carrington zum Ausbruch der Sonne 1859

Erste Beobachtungsstationen des britischen Kolonialreiches zum Magnetfeld der Erde offenbarten Zusammenhänge zwischen den Sonnenfleckenzyklus und Schwankungen im globalen Magnetismus. Der englische Astronom Richard Carrington registrierte am 1. September 1859 die Ursachen magnetischer Stürme. Er erblickte durch sein Teleskop eine riesige Explosion auf der Sonne, die sich als sehr heller, nur wenige Minuten andauernder Lichtblitz äußerte (diese Explosion zählt heute zu den zehn stärksten jemals beobachteten Explosionen). Etwa 20 Stunden später erreichte die ausgeschleuderte Materie sowie die emittierte Strahlung die Erde und löste einen gewaltigen magnetischen Sturm aus. Die Wucht dieses Sturm ließ die Kompassnadeln erzittern. [7] Dieses Ereignis kann als Beginn der Untersuchungen zu den Wechselwirkungen der Sonne auf die Erde angesehen werden und bildete damit den Ausgangspunkt für den Begriff des Weltraumwetters. Carrington vermutete zu dieser Zeit einen Zusammenhang zwischen den Flares und den geomagnetischen Effekten. Diese Idee musste jedoch revidiert werden, da das Zittern im Erdmagnetismus primär durch CME`s sowie den von ihnen verursachten Stoßwellen und Magnetfeldverbiegungen dafür verantwortlich sind.
1932 wurde die kosmische Radiostrahlung von Karl Guthe Jansky entdeckt sowie zehn Jahre später die Radiostrahlung der Sonne durch James Stanley Hey. Diese hatte die Radarstationen im Zweiten Weltkrieg gestört. In den folgenden Jahren wurde sie mittels der V2-Raketen näher untersucht.
Aufgrund der schlechten Sichtbarkeit der Korona war erst in den Siebziger Jahren entdeckt worden, dass die Sonne gelegentlich im Gefolge gewaltiger Eruptionen riesige Gasblasen (CME`s oder Koronaler Massenauswurf) in den Weltraum schleudert. Im Oktober 2003 konnten die gewaltigsten CME`s der letzten 20 Jahre in allen Einzelheiten beobachtet werden.


Forschung

Um die gravierenden, negativen Auswirkungen auf die Gesellschaft und Wirtschaft zu reduzieren, stellt die Erforschung und Vorhersage des Weltraumwetters heute ein bedeutendes Forschungsziel dar. Dutzende Forschungsinstitutionen weltweit arbeiten an Vorhersagemöglichkeiten. Jedoch ist es für eine erfolgreiche Prognose erforderlich, dass man die Grundlagen des Weltraumwetters versteht.

Da bis heute die Entstehung von Flares und CMEs noch weitgehend unklar ist und keine verlässlichen Hinweise für bevorstehende Eruptionen und der Stärke bekannt sind ist eine Vorhersage des Weltraumwetters im Moment kaum möglich. Desweiteren treten bei sehr großen Ereignissen CMEs und Flaresim engen zeitlichen Zusammenhang auf, was die Ursachen und Wirkungen schwer unterscheidbar machen. Da auch ein getrenntes Auftreten vorkommt wird vermutet, dass beides Produkte einer tiefer liegenden Ursache sind.

Man erforscht deshalb mit unzähligen Projekten die gesamte Kette der solar-terrestrischen Beziehungen und gewinnt daraus wertvolle Informationen, die die Weltraumwettervorhersage Stück für Stück voran bringen.

Datei:Soho2.jpg
SOHO

Bei der ESA wurde dafür ein Space Weather Working Team (SWWT) gebildet, was zur Auswertung der Daten der Satelliten SOHO (Solar and Heliospheric Observatory) und Cluster, die die Sonnenaktivitäten erforschen bzw. Wechselwirkungen zwischen Sonnenwind und Erdmagnetfeld aufzeichnen, dient. Das EUV Imaging Telescope (EIT) des Weltraumobservatoriums SOHO liefert im Minutenabstand Bilder von der Sonne im UV-Licht, wodurch Strukturen und dynamische Vorgänge in der Korona sichtbar werden und Protuberanzen, Flares, aktive Gebiete, Sonnenflecken, magnetische Feinstrukturen etc. untersucht werden können.

Ein weiteres Projekt ist LASCO (Large Angle and Spectroscopic Coronograph), welches das gesamte Umfeld der Sonne, vom Sonnenrand bis auf 32 Sonnenradien Abstand, beobachtet. Es ist somit eine Beobachtung von CMEs und Halo-CMEs, die sich genau auf der Sonne-Erde-Linie bewegen, möglich. Mit LASCO wurden mit größerer Treffsicherheit der Vorhersage und besserer Einschätzung der Laufzeit der Ereignisse bis zur Erde wichtige Fortschritte in der Forschung gemacht.

Weitere Messungen vom Sonnenwind, energiereichen Teilchen und dem Strahlungsfluss von außerhalb der Magnetosphäre und anderen Teilchen und Strömen wurden mit Hilfe von Radargeräten durchgeführt und somit grundlegende Auswirkungen auf die Ionosphäre und Atmosphäre untersucht.

Die gesamte Kette der solar-terrestrischen Beziehungen wird so beinahe lückenlos durch geeignete Beobachtungen mit Hilfe von Raumsonden, Erdsatelliten und bodengebundenen Messanlagen abgedeckt. Die meisten Daten erscheinen sogar in Beinahe-Echtzeit im Internet und sind öffentlich zugänglich. Mehrere Industrieländer nutzen sie für ihre offiziellen Warnzentren, für Beobachtungen und Vorhersagen.

Der Nachteil der Weltraumwettervorhersage ist bis jetzt, dass man nur geringe Vorwarnzeiten hat, nämlich die Zeit von der Beobachtung auf der Sonne bis zum Erreichen der Erde. Die bei Flares emittierte Röntgenstrahlung zum Beispiel ist so schnell wie die optische Information, also wie die Beobachtung selbst. Bei energiereichen Teilchen hat man 10 bis 30 Minuten Verzögerung und bei geomagnetischen Stürmen durch CMEs hat man immerhin eine Vorwarnzeit von 2 bis 4 Tagen.

 
Ionensturm-Voraussage

Durch eine neu entwickelte Methode ist es möglich exakter als bisher die besonders für Astronauten gefährlichen Ionenstürme vorherzusagen. Bisher war bereits bekannt, dass einem Ionenstrom bei Sonnen-Eruptionen eine erhöhte Anzahl von Elektronen vorausgeht. Jedoch war eine zuverlässige Voraussage nur schwer möglich, da eine Zunahme an Elektronen nicht immer einen gefährlichen Ionensturm nach sich zog. Nun konnte mittels Daten von SOHO eine Voraussage-Software entwickelt werden, welche die Geschwindigkeit, mit der die Elektronen zu Beginn eines potentiellen Sonnensturms zunehmen, und das Ausmaß, das der Elektronenfluss letztlich erreicht, analysiert und entscheidet, ob ein Ionensturm bevorsteht. Man erhielt so Vorwarnzeiten von bis zu 74 Minuten. Dadurch hätten z.B. Astronauten, die bei Arbeiten auf der Mondoberfläche von solaren Ausbrüchen überrascht werden, genug Zeit, um Schutzbereiche aufzusuchen bzw. könnten sie sich auch weiter von schützenden Bereichen entfernen. Ganz perfekt ist die Software jedoch nicht. Aber sie ist trotzdem bislang wesentlich verlässlicher, als frühere Versuche das Sonnenwetter vorherzusagen. Im Vergleich zu anderen Methoden wird die Chance von einem Ionenstrom überrascht zu werden um 20 Prozent reduziert.

Für eine zuverlässige und längerfristige Vorhersage des Weltraumwetters ist also eine intensive Erforschung der solar-terrestrischen Beziehungen und der Sonne selbst unerlässlich und angesichts der mitunter schweren Schäden, die durch das Weltraumwetter verursacht werden können, ist die Weltraumwettervorhersage ein wichtiges Forschungsziel.


Siehe auch

  • Erdatmosphäre (verschiedene Schichten)
  • Erdmagnetismus
  • Polarlichter
  • Sonnenwind


Quellen

  1. http://www.mps.mpg.de/dokumente/publikationen/pa/pa_0107_weltraumwetter.pdf. S. 18.
  2. a b http://www.mps.mpg.de/dokumente/publikationen/pa/pa_0107_weltraumwetter.pdf. S. 21.
  3. http://www.mps.mpg.de/dokumente/publikationen/pa/pa_0107_weltraumwetter.pdf. S. 15.
  4. a b http://www.mps.mpg.de/dokumente/publikationen/pa/pa_0107_weltraumwetter.pdf. S. 22.
  5. http://www.mps.mpg.de/dokumente/publikationen/pa/pa_0107_weltraumwetter.pdf. S. 16, 19, 22.
  6. http://www.mps.mpg.de/events/2007ihy/dokumente/publikationen/scherer.pdf S. 61.
  7. http://www.mps.mpg.de/dokumente/publikationen/pa/pa_0107_weltraumwetter.pdf. S. 16.


alter artikelinhalt

In Anlehnung an die atmosphärischen Wetterphänomene werden unter Weltraumwetter kurzfristige Variationen des interplanetaren Mediums (seltener auch des interstellaren Mediums) zusammengefasst. Ursache für diese Variationen liegen in der Wechselwirkung hochenergetischer Strahlung (Elektromagnetische Strahlung, Kosmische Strahlung) mit Materie (interplanetare/interstellare Materie), die beide variieren können. Von besonderer Bedeutung ist das Weltraumwetter in der unmittelbaren Umgebung der Erde, die vor allem durch die Wechselwirkung des Sonnenwindes und des Magnetfeldes mit der Magnetosphäre und der der äußeren Atmosphäre der Erde bestimmt wird.

Das Space Environment Center, ein Teil der US-amerikanischen Behörde für Meeres- und Atmosphärenforschung (NOAA) untersucht den Sonnenwind und seine Auswirkungen auf Satelliten, Kommunikationssysteme und das Magnetfeld der Erde (Polarlichter, Geomagnetische Stürme). Gleichzeitig gibt das Space Environment Center auch Vorhersagen und Warnungen vor starker Sonnenaktivität heraus.