Bipolartransistor

Transistortyp
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Ein Bipolartransistor, meist als BJT (Bipolar Junction Transistor) bezeichnet, ist ein Transistor, bei dem Ladungsträger beider Polarität (Elektronen und Defektelektronen) zur Funktion beitragen.

Typen und Schaltzeichen

Bipolartransistoren werden in die Typen npn und pnp unterteilt. Die Buchstaben geben die Reihenfolge und den Dotierungstyp der Schichtung an. Somit bildet ein Bipolartransistor im Wesentlichen immer zwei gegeneinander geschaltete pn-Übergänge (ähnlich dem in einer Diode). Die drei Anschlüsse werden Kollektor (C, collector) Basis (B, base) und Emitter (E, emitter) genannt.

npn-Transistor pnp-Transistor
Datei:Bipolartransistor.PNG
Dioden-Ersatzschaltbild (oben) und Schaltzeichen eines npn-Bipolartransistors
Datei:Bipolar pnp.PNG
Dioden-Ersatzschaltbild (oben) und Schaltzeichen eines pnp-Bipolartransistors

Beim pnp-Transistor ist die Reihenfolge der Schichten p-n-p, d. h. die beiden Dioden zwischen Basis und Emitter sowie zwischen Basis und Kollektor haben jeweils die entgegengesetzte Polung gegenüber dem npn-Typ.

Im Schaltzeichen drückt man diesen Unterschied aus, indem man den Richtungspfeil der Basis-Emitter-Diode umdreht.

 
Schaltzeichen von pnp- und npn-Transistoren

Um sich die Pfeilrichtung des Schaltzeichens besser merken zu können, gibt es einen einprägsamen Spruch: „Tut der Pfeil der Basis weh, handelt sich's um pnp.“ Ein einfacher Satz für den pnp-Typ ist auch: Pfeil-Nach-Platte--> pnp

Die Pfeilrichtung kann man auch mit der technischen Stromrichtung erklären, die immer von Plus nach Minus verläuft. Bei npn-Transistor (negativ-positiv-negativ) zeigt der Pfeil also nach außen. Umgekehrt zeigt beim pnp-Transistor (positiv-negativ-positiv) der Pfeil nach innen.

Es handelt sich hierbei nur um Ersatzschaltbilder. Das bedeutet, dass man mit zwei Dioden keinen Transistoreffekt erzeugen kann, denn die Majoritäten würden in dem Gebiet einer solchen Pseudobasis rekombinieren. Dies gilt auch für Schaltungen, bei denen der Abstand zwischen Emitter-Basis- und Kollektor-Basis-Kontakt zu groß ist. Für die Ausbildung des Transistoreffekts muss die Bedingung W<<Lb erfüllt sein.

Aufbau

 
Kleinleistungstransistor

Der Bipolartransistor wurde auf der Grundlage der Diode entwickelt. Eine Diode besteht aus zwei dotierten Halbleiterschichten (pn- beziehungsweise np-dotiert) und „schaltet“ Strom nur in einer Richtung durch. Ein Transistor ist nun eine Kombination aus drei abwechselnden p- und n-dotierten Halbleiterschichten (npn beziehungsweise pnp). Sie werden als Kollektor (C), Basis (B) und Emitter (E) bezeichnet. Die Basis ist besonders dünn und liegt zwischen Kollektor und Emitter. Erste Bipolartransistoren wurden aus einem N-leitenden Halbleiterplättchen hergestellt, in welches von beiden Seiten durch Diffusion von P-Dotanden die Emitter- und die Kollektorzone eingebracht wurden, bis zwischen diesen P-leitenden Gebieten nur noch ein geringer Abstand im Inneren des Plättchens war. Die beidseitige Kontaktierung erfolgte durch Drähte, während der Basisanschluss durch das Halbleiterplättchen selbst gebildet wurde (daher die Bezeichnung Basis). Kollektor- und Emitter-Gebiet sind unterschiedlich stark dotiert. Dieser asymmetrische Aufbau bewirkt ein unterschiedliches Verhalten im Normal- und Inversbetrieb.

Transistoren sind heutzutage aus mehr als drei Schichten, mit unterschiedlicher Dotierung und Dotierungsdichte, aufgebaut. Die Kollektorzone besteht hierbei immer aus mindestens zwei unterschiedlich stark dotierten Zonen. Die Bezeichnungen npn und pnp beziehen sich nur auf den aktiven inneren Bereich, jedoch nicht den tatsächlichen Aufbau.

Einzeltransistoren werden meist in der Epitaxial-Planar Bauweise hergestellt. Integrierte Transistoren werden ebenfalls in Epitaxial-Planar Bauweise hergestellt, allerdings befindet sich der Kollektoranschluss an der Oberseite. Der Substratanschluss (substrate; S) ist eine Verbindung mit den tieferen Schichten. Am Substratanschluss wird eine negative Spannung angelegt. Dies bewirkt eine Sperre der Substratdiode und damit eine Trennung der einzelnen Transistoren.

Man unterscheidet bei integrierten Transistoren grundsätzlich zwischen vertikal und lateral aufgebauten Transistoren. npn-Transistoren werden in der Praxis vertikal und pnp-Transistoren lateral aufgebaut. Vertikale Transistoren weisen einen vertikalen Stromfluss auf. Bei lateralen Transistoren erfolgt der Stromfluss horizontal und die Stromverstärkung ist um das 3 bis 10-fache größer und die Schaltfrequenzen sind höher, da die Basiszone kleiner aufgebaut werden kann. Aus diesem Grund werden auch npn-Transistoren lateral aufgebaut, indem man alle p- durch n- sowie n- durch p-Zonen, inklusive dem Substrat, austauscht und das Substrat an eine positive Spannung anschließt. npn- und pnp-Transistoren sind komplementär, wenn die elektrischen Daten bis auf das Vorzeichen ähnlich sind.

Auf gute Übereinstimmung der Parameter (entscheidend sind Stromverstärkung sowie Basis-Emitterspannung) selektierte „Transistorpärchen“ werden z. B. in sog. Gegentaktschaltungen wie Verstärker-Endstufen eingesetzt, um Verzerrungen niedrig zu halten.

(Sind große Ströme gefordert, müssen u. U. mehrere ( meistens npn-)Transistoren parallelgeschaltet werden, die ebenfalls ausgesucht sein sollten.)

Eine konsequente Erweiterung dieses Prinzips sind Halbleiterbauelemente aus mehreren Schichten (z. B. pnpn); diese werden auch als Thyristoren bezeichnet.

siehe auch: Herstellung integrierter Schaltungen

Funktionsweise

Beim Bipolartransistor steuert ein Strom IB im Basis-Emitter-Kreis einen (stärkeren) Strom IC im Kollektor-Emitter-Kreis.

 
Emitterschaltung eines Bipolartransistors

Die drei Kristallschichten bilden zwei p-n-Übergänge aus, d. h. es handelt sich um zwei Dioden mit einer gemeinsamen Elektrode. Als Beispiel ist ein NPN-Transistor gewählt.

Nachfolgend sind schematisch die Verhältnisse als Bändermodell im Kristall dargestellt. Hierbei stellen die kleinen +/−-Symbole bewegliche Ladungsträger (Majoritätsladungsträger, Elektronen bzw. Defektelektronen) dar, während die großen die ionisierten Dotieratome symbolisieren.

 
Kristallaufbau und Bändermodell eines Bipolartransistors

Werden nur Kollektor und Emitter angeschlossen (+ am Kollektor, - am Emitter) entspricht dies schaltungstechnisch zwei Dioden von denen eine gesperrt ist, es fließt also nur ein kleiner Strom, welcher betragsgleich mit dem Sperrstrom der BC-Diode ist. Die angelegte Spannung verkleinert zwar die B-E-Sperrschicht, vergrößert jedoch die C-B-Sperrschicht.

 
Kristallaufbau und Bändermodell eines Bipolartransistors bei angelegter Kollektor-Emitter-Spannung

Durch Schließen des B-E-Stromkreises (+ an der Basis, - am Emitter) wird die B-E-Diode leitend. Es gelangen Elektronen aus dem Emitter (lat. emittere = aussenden) in die Basis. Wegen der geringen Weite der Basis können die meisten Elektronen auf die Seite der C-B-Sperrschicht diffundieren, von der aus diese keinen Potenzialwall, sondern ein Gefälle darstellt. Aufgrund des positiv geladenen Kollektorkontaktes werden die Elektronen in Richtung Kollektor (lat. colligere = sammeln) beschleunigt. Dort werden sie anschließend abgeführt. Somit fließt ein Strom im C-E-Stromkreis.

 
Kristallaufbau und Bändermodell eines Bipolartransistors mit angelegter Basis-Emitter-Spannung

Da der zwischen Basis und Emitter fließende Strom nur die B-E-Sperrschicht leitend machen muss, genügt hier eine kleine Spannung an der Basis. Die einmal in die Basis gelangten Elektronen fließen zum größten Teil (ca. 99 %) weiter zum Kollektor. Es wird also ein viel größerer Strom durch den kleinen gesteuert. Das Verhältnis der Ströme ist vom Typ abhängig, man bezeichnet es als den Stromverstärkungsfaktor β. Er liegt in der Größenordnung von 10 bis 10.000, je nach Konstruktion des Transistors.

Die Wirkungsweise eines PNP-Transistors ist entsprechend, jedoch sind die Polungen beider Stromkreise umzukehren, um der entgegengesetzten Polung der beiden Sperrschichten Rechnung zu tragen.

Arbeitsbereiche

Datei:Bipolartransistor.PNG
Diodenersatzschaltung

Der Bipolartransistor besteht aus zwei pn-Übergängen. Indem man entsprechende Spannungen anlegt, kann man beide Übergänge unabhängig voneinander sperren oder durchschalten. Dadurch ergeben sich vier mögliche Arbeitsbereiche, in denen der Transistor ein je eigenes Verhalten zeigt.

  • Sperrbereich:
    Im Sperrbereich (cut-off region) oder Sperrbetrieb sperren beide Übergänge (d. h. die Kollektor- und die Emitterdiode). In diesem Betriebszustand leitet der Transistor keinen Strom. Der Transistor entspricht damit einem geöffneten Schalter.
  • Verstärkungsbereich:
    Der Verstärkungsbereich (forward region) tritt im sogenannten Normalbetrieb auf. Hierbei wird die Emitterdiode in Flussrichtung und die Kollektordiode in Sperrichtung betrieben.
    Im Verstärkungsbereich gilt näherungsweise die Formel  , wobei B der Stromverstärkungsfaktor ist. Da B relativ groß ist, führen hier kleine Änderungen des Basisstroms   zu großen Änderungen des Kollektorstroms  . Transistoren werden in diesem Bereich betrieben, um Signale zu verstärken.
  • Sättigungsbereich:
    Der Sättigungsbereich tritt im Sättigungsbetrieb (bzw. in der Sättigung) auf. Im Prinzip wird der Transistor im Normalbetrieb betrieben. Die Kollektordiode wird dabei zeitweise in Flussrichtung geschaltet, wodurch diese gesättigt wird. Beide Übergänge schalten dabei durch.
    Der Transistor leitet im Sättigungsbereich den Strom, allerdings ist der Kollektorstrom   unabhängig vom Basisstrom  . Der Transistor entspricht einem geschlossenen Schalter.
    Ein übersteuerter Transistor schneidet das Signal ab, sofern sich der Arbeitspunkt nicht weit genug entfernt vom Sättigungsbereich befindet, oder die Amplitude des Signals zu hoch ist.
  • Quasi-Sättigungsbereich:
    Dieser Bereich liegt zwischen Verstärkungsbereich und Sättigungsbereich.
    Der Transistor wird nicht gesättigt betrieben, wodurch sich Ausschaltzeit und damit Ausschaltverlustleistung gegenüber
    dem Betrieb in "voller" Sättigung deutlich vermindern, was für Anwendungen wie Schaltnetzteile wichtig ist.
    Erkauft wird dieser Vorteil jedoch durch höhere Durchlassverluste, da die Durchlassspannung
    um ca. 0,4 V höher liegt.
  • inverser Verstärkungsbereich:
    Der inverse Verstärkungsbereich (reverse region) tritt im Inversbetrieb auf. Dabei werden der Basis-Kollektor-Übergang in Durchschaltrichtung und der Basis-Emitter-Übergang in Sperrrichtung betrieben. Dieser Bereich funktioniert ähnlich wie der normale Verstärkungsbereich, aber meist mit einem deutlich kleineren Stromverstärkungsfaktor.

Während in der analogen Signaltechnik Transistoren meistens im Verstärkungsbereich betrieben werden, werden sie in der Digitalelektronik fast ausschließlich im Sperr- und Sättigungsbereich betrieben. Hierfür werden heute aber hauptsächlich MOSFETs eingesetzt.

Ausführungsbeispiele

Elektrische Parameter

 
verschiedene Transistor-Bauformen
 
Innenansicht eines Leistungstransistors für ca. 10 A Kollektorstrom (Gehäuse TO-3), Blick auf den strukturierten und gebondeten Chip, ca. 4,5×4,5 mm². Zu sehen sind die kammartigen Kontaktstrukturen von Basis (oben) und Emitter (unten). Der Kollektoranschluss wird durch Löten der Chiprückseite auf das Gehäuse gebildet.

Für verschiedene Einsatzzwecke gibt es tausende Transistortypen mit unterschiedlichsten Eigenschaften. Wichtige Kenngrößen sind die Strombelastbarkeit (10 mA bis ca. 50 Ampere), die maximale Verlustleistung (10 mW bis einige 100 Watt), die Stromverstärkung (5 bis ca. 1000) und die Grenzfrequenz (ca. 10 kHz bis einige GHz).

Oft verwendet man in der Praxis einige wenige Typen häufiger als andere. Viele Transistoren gibt es als Komplementärtypen: es existieren ein PNP- und ein NPN-Typ mit betragsmäßig gleichen Parametern, jedoch unterschiedlicher Polarität. Stellvertretend seien hier einige Komplementär-Typen und deren Parameter genannt:

So genannte Kleinsignaltransistoren für allgemeine Anwendung:
TO-92 Gehäuse (bedrahtet):

  • BC547B (NPN-Transistor) / BC557B (PNP-Transistor)
Verlustleistung Pmax=0,50 W; Betrag des Kollektorstromes IC ≤ 100 mA; Betrag der Sperrspannung UCE ≤ 45 V; Stromverstärkung B ≈ 290 (bei IC = 2 mA)

SOT-23-Gehäuse (SMD):

  • BC817 (NPN) / BC807 (PNP)
Pmax = 0,25 W; | IC | ≤ 500…800 mA; | UCE | ≤ 45 V; B = 100…600 (bei | IC | = 100 mA); Transitfrequenz FT (min.) 100 MHz

Der Preis dieser Typen liegt bei Abnahme geringer Stückzahlen bei ca. 3 ct, bei größeren Abnahmemengen sinkt der Preis noch einmal deutlich.

 
2N3055 aus den 1980-er Jahren. Siehe Unterschied in der Fertigungstechnik zum Bild oben: Bonding Technik, Abstand der Leitungen

Leistungstransistoren:

TO-3 - Gehäuse:

  • 2N3055 (NPN) / MJ2955 (PNP)
Pmax = 115 Watt; | IC | ≤ 15 A; | UCE | ≤ 100 V; B = 20…70 (bei | IC | = 4 A); Transitfrequenz min. 3 MHz
 
Leistungsdarlington aus den 1980-er Jahren

Darlington-Transistoren vereinen zwei Transistoren in einem Gehäuse auf einem Chip, wobei der kleinere davon in einer Emitterfolger-Schaltung der Ansteuerung der Basis des größeren dient. Die Stromverstärkung ist höher (1000 bis 10.000), die Sättigungsspannung jedoch ebenfalls.

Beispiele sind der TIP130132 (NPN)/ TIP135137 (PNP) mit Kollektorströmen bis 8 Ampere, einer Stromverstärkung von min. 1000 (bei 4 Ampere Kollektorstrom) und Sperrspannungen von 60…100 Volt.

Gehäuse-Bauformen

Diskrete Bipolartransistoren werden abhängig vom Einsatzzweck in unterschiedlichen Gehäusen untergebracht. Die gängigsten Gehäuseformen sind:

  • Bedrahtete Gehäuse (Durchsteckmontage, kurz THT von engl. through hole technology):
    • TO-92 (5 × 5,2 mm2)
    • TO-220 (9,9 × 15,6 mm2; (Kühlkörper-Montage möglich)
    • TO-218 (15 × 20,3 mm2; (Kühlkörper-Montage möglich)
    • TO-3 (veraltet; Kühlkörper-Montage)
    • TO-3P (ähnlich TO-218; Kühlkörper-Montage möglich)
  • Gehäuse für Oberflächenmontage (SMD von engl. surface mounted device); Wärmeableitung nur über Leiterplatte:
    • SOT-23 (1,3 × 2,9 mm2)
    • SOT-89 (2,6 × 4,5 mm2)
    • SOT-223 (3,5 × 6,5 mm2)
    • D-PAK, D2-PAK (höhere Verlustleistungen)

Detailbeschreibung

Der Bipolartransistor ist ein sehr gut untersuchtes Bauelement. Um sein Verhalten zu beschreiben gibt es zahlreiche Modelle. Da diese Detailbeschreibungen sehr umfangreich sind, wurden sie in entsprechende Unterartikel ausgegliedert:

Literatur

  • Ulrich Tietze, Christoph Schenk, Eberhard Gamm, Halbleiter-Schaltungstechnik, Springer 2002, 12. Auflage, ISBN 3540428496

Siehe auch