Der Kernbeißer (Coccothraustes coccothraustes) ist eine Singvogelart. Er ist die größte in Europa heimische Art aus der Familie der Finken (Fringillidae). Der griechische Name „Coccothraustes“ heißt übersetzt Kernzerbrecher.
Kernbeißer | ||||||||||||
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Vorlage:Taxonomy | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Coccothraustes coccothraustes | ||||||||||||
(Linnaeus, 1758) |
Beschreibung
Der Kernbeißer ist wie alle Vertreter der Gattung von gedrungener Gestalt mit einem kräftigen, runden Kopf, mächtigem Kegelschnabel und kurzem Schwanz. Kernbeißer haben eine Körperlänge von bis zu 18 Zentimeter. Das Körpergewicht liegt bei 50 bis 60 Gramm. Der Flug ist schnell und leicht bogig. Der Kernbeißer weist einen deutlichen Geschlechtsdimorphismus auf. Die Steuerfedern sind gemessen entlang des Federschaftes beim Männchen höchstens 22 bis 23 mm und beim Weibchen 14 bis 17 mm lang.
Männchen und Weibchen
Der Kopf des Männchens ist gelb- bis rotbraun |--zimtbraun--> und ist durch ein breites graues Nackenband mit dem dunkelbraunen Rücken verbunden. Der schwarze bis grauschwarze Schwanz mit breiten, weißen Endbinden ist wenig eingekerbt. Zur Mitte hin geht die Färbung in einen grau- bis hellbräunlichen Farbton über. Die Flügel haben blauschwarze Schwingen und zeigen einen auffallend weißen Schulterfleck, der im Flug als halbmondförmige Zeichnung gut erkennbar ist. Zügel, schmale Schnabeleinfassung und Kehlfleck sind tiefschwarz. Die Brust und die Unterseite sind rötlichbraun bis bräunlichweiß. Der Bürzel ist gelbbräunlich. Das Auge ist braun und von einem feinem, schwarzem Strich durchzogen. Der Kegelschnabel ist im Sommer blaugrau, im Winter aufhellend von dunkelgrau über hornfarben bis rötlichgelb mit dunkler Spitze. Die Füße sind fleischfarben.
Das Weibchen ist heller und weniger intensiv gefärbt. Die Farben sind nicht so scharf abgegrenzt wie beim Männchen. Der Oberkopf ist weniger rotbraun und leicht gräulich. Der Kehlfleck und die schwarze Umrandung des Schnabels sind meistens kleiner und undeutlicher als beim Männchen. Der Bürzel ist gelbgrau. Die Brust ist rötlichgrau und die Unterseite grauweiß.
Jungvögel und Nestlinge
Die selbstständigen Jungvögel sind braun gebändert und tragen einen gelben Kehlfleck. Die Außenfahnen der Armschwingen und auch die vierte bis sechste Handschwinge sind beim Weibchen grau und beim Männchen schwarz bis metallisch schimmernd. Der Kehlfleck ist bei Weibchen blassgelb und beim Männchen goldgelb. Bauch, Brust und Flanken sind beim Männchen grober gefleckt als beim Weibchen. Die Iris des Auges ist graugrünlich. Im zweiten Jahr nach der Herbstmauser ist es gänzlich verschwunden.
Die geschlüpften Nestlinge sind gelbrötlich. An Stirn, Nacken, Rücken, Schulter, Flügel, Bauch, Oberschenkel und Unterschenkel sind dicht mit grauweißen Dunen bedeckt, wobei diese oberseits eine Länge von 10 bis 12 Millimeter aufweisen können. Der Rachen und die Zunge sind rosa und zwischen weißliche Sporne und gelbe Schnabelwülste rot und lila eingefasst.
Federkleid und Mauser
Die Jugendmauser, eine Teilmauser beginnt im Alter von 10 bis 13 Wochen und dauert acht bis neun Wochen. In Abhängigkeit vom Schlupftermin zieht sich der Wechsel des Kleingefieders von Juli/Anfang August bis Oktober/Ende November hin. Zuerst wird meist das Brust- und Unterseitengefieder sowie gleichzeitig die Unterschwanz- und Bürzelfedern gewechselt. Danach folgt das Wechseln der Rücken-, Hand- und Armschwingendeckfedern. Schließlich folgt das Kopfgefieder mit Kinn-, Kehlfleck- und Halspartien.
Die Umfärbung des Schnabels vom dunklen Gelb ins dunkle Blaugrau erfolgt bei Jungvögeln meist von Mitte Dezember bis Ende Februar. Selten gibt es Weibchen die immer ihren gelben Schnabel behalten. Der dunkle blaue Schnabel verfärbt sich erneut bei der Herbstmauser. Die bei Jungvögel graugrüne Iris verfärbt sich im sechsten Monat rehbraun. Albionistische Kernbeißer sind äußerst selten.
Die Ruhemauser der Altvögel, eine Teilmauser findet von Januar bis Ende März, meistens im Februar statt. Die Brutmauser, eine Vollmauser, setzt je nach Konstitution und Alter des Vogels bereits im Juni ein und zieht sich bis Ende Oktober/Anfang November hin.
Stimme und Gesang
Aus Angst lassen Kernbeißer ein sehr hohes und schrilles „zrieh“ hören, während sie als Erregungs- und Warnruf ein „zick, zicke, zick“ als Doppelruf oder in schneller Folge vortragen. Aggressionen zeigen die Vögel durch ein Schnabelknappen. Zur Beschwichtigung gegenüber Artgenossen rufen sie leise „büb, büb“.
Der Kontakt- und Lockruf der äußert sich auch bei Einzelgängern in regelmäßigen Abständen in einem „zieck“. Paare im Flug stehen mit einem weichen „zieht“ in Verbindung. In der Brutzeit lässt das Weibchen Bettellaute wie „ziek“, „zieht“ oder „ziet“ hören, wenn es vom Männchen gefüttert werden möchte. Bei der Nistplatzsuche und beim Nestbau verständigt sich das Paar mit „zrieck“ oder „zrie“.
Der Bettelruf der Jungvögel ist vom ersten Tag an ein ganz leises „zieht“. Flügge Junge lassen als Standortruf regelmäßig ein „tziip“ hören. Der Zugruf wird durch ein lautes langgezogenes „zieht“ ausgedrückt.
Der Gesang des Kernbeißers, auch ein Schwätzen genannt, wird ruhig sitzend mit hängenden Flügeln vorgetragen. Er ist meist eine unregelmäßig und dauernd veränderte Zusammenreihung seiner Laute. Er wird häufig durch scharfe „zick-zicks-zick“ eingeleitet und durch sehr melodisch wehmütige „zie-öh“ fortgeführt. Darauf folgt meist ein besonders hoher i-Ton bei „ziich-zi-ziet zick“-Lauten. Abgeschlossen wird der Gesang häufig durch ein leise genuscheldes „zip-zschip“. Die Zusammensetzung der Rufreihen ist sehr veränderlich und wird manchmal mit großen Pausen zwischen den einzelnen Lauten vorgetragen. Als einer der einfachsten Singvogelgesänge ist er am ehesten mit dem des Grauschnäppers zu vergleichen. Der Gesang ist bei der Revierbestimmung und -markierung nicht von Bedeutung. Er wird kurze Zeit nach der Mauser im Herbst und dann wieder ab Januar/Februar vorgetragen.
Verbreitung
Der Kernbeißer ist in Europa, Nordafrika und ostwärts bis Ostasien und Japan verbreitet. Er besiedelt Nordtunesien bis Marokko. Er ist in Süd- und Mitteleuropa einschließlich England und Südskandinavien beheimatet, fehlt jedoch auf Island, Irland, in weiten Teilen Fennoskandinavien, auf einigen Mittelmeerinseln und teilweise in Süditalien. Der Kernbeißer ist auch in Kleinasien, im Kaukasusgebiet und in Nordiran, Nordafghanistan und Turkestan zu finden. Weiterhin lebt er in Osteuropa und Südsibirien bis zum Ussuriland, zur Mandschurei und Nordkorea. Er besiedelt im Osten Sachalin, Südkamtschatka und im nördlichen Japan Hokkaido sowie vereinzelt südwärts das Gebiet bis Mittelhondo.
In Mitteleuropa ist der Kernbeißer Standvogel, die nördlichen und östlichen europäischen Populationen sind Teilzieher, die ziehen entweder südwärts in Mitteleuropa oder im Mittelmeergebiet oder in Westeuropa überwintern. Der Kernbeißer ist auch vielfach ein Strichvogel, der weite, teils nahrungsbedingte Wanderungen, die vom Herbst bis ins Frühjahr andauern, durchführt. Der Wegzug setzt allmählich ab Juli ein, während er sich im September verstärkt. Der Kernbeißer zieht am Tag, aber auch in der Nacht. Während der Wegzug im Schwarm unternommen wird, findet der Heimzug wenig auffällig Mitte Februar bis April statt.
Lebensraum
Den Kernbeißer findet man in Laubwäldern, Obstgärten und Parkanlagen. Er ist das ganze Jahr über in fast ganz Mittel- und Osteuropa verbreitet. Kernbeißer aus Nordeuropa ziehen im Winter weiter in südliche Länder. Die IUCN stuft den Kernbeißer als ungefährdet ein.
Nahrung
Die Nahrung besteht aus Samen von Laubbäumen, Früchten, Insekten und deren Larven. Aber am liebsten knackt er Kirsch- und Pflaumenkerne. Im Frühling vertilgt er Knospen und Triebe.
Fortpflanzung
Die Geschlechtsreife tritt nach einem Jahr ein. Die Brutzeit ist April bis Juni. Im oberen Bereich, nah am Stamm von meist Laubbäumen wird das große Nest aus Zweigen, Halmen, Moos und Haaren gebaut. Das Weibchen legt 3 bis 6 hellblaue Eier. Die Eier werden 13 bis 14 Tage lang hauptsächlich vom Weibchen gebrütet. Beide Elternteile füttern die Jungvögel. Ein Kernbeißer kann bis 12 Jahre alt werden.
Verhalten
Er ist ein geselliger Vogel und ist meist in Gruppen anzutreffen.
Literatur
- Einhard Bezzel: BLV Handbuch Vögel. BLV Buchverlag GmbH & Co. KG, München, 2006, ISBN 3-8354-0022-3
- Einhard Bezzel: Kompendium der Vögel Mitteleuropas. Singvögel. Wiesbaden, 1993