Interfacedesign

Disziplin des Designs
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Interfacedesign (dt.: Schnittstellendesign) oder Interaktionsdesign ist eine Disziplin des Designs, die sich mit der Schnittstelle, (engl. Interface) - genauer: der Benutzerschnittstelle - zwischen Mensch und Maschine beschäftigt.

Arbeitsfeld

Untersucht werden die Bedingungen, Ziele und Hindernisse für eine erfolgreiche Mensch-Maschine-Interaktion. Daraufhin erfolgt – soweit möglich - eine Optimierung dieser Gegebenheiten. Ziel des Interface-/Interaktionsdesigns ist eine visuell oder haptisch so gestaltete Anwenderschnittstelle, dass ein möglichst breiter Kreis von Nutzern eine optimale Zielerfüllung durch angemessene Handlungsschritte erfährt. Die Interaktion mit einer Oberfläche - meist ein Bildschirm, aber auch Automaten oder etwa Maschinen – soll vom Interaktionswunsch des Nutzers über angelegte Rückkoppelungsmechanismen (Ein- und Ausgabe von Daten per Tastatur/Steuerung/gezielter Handlung) in angemessener Zeit zu einem abgeschlossenen und sinnvollen Ergebnis führen.

Das weitaus größte Feld innerhalb des Interface-/Interaktionsdesigns ist die Interaktion mit einem Computer. Hier ist Interfacedesign ein Teilbereich der Mensch-Computer-Interaktion. Ziel ist das optimale Finden, Bewerten, Verändern und Speichern von Information, die der Nutzer innerhalb eines digitalen Wissensraumes (Webseite, Datenbank, Programm, Angebote aller Art) vornimmt. Dabei werden konzeptionelle (mess- und steuerbare, „harte“), sowie ästhetische (individuelle, „weiche“) Aspekte der Interaktion berücksichtigt. In der Praxis werden dafür üblicherweise schon während der Entwurfsphase Tests an der jeweiligen Zielgruppe durchgeführt.

Geschichte

Interface-/Interaktionsdesign ist eine junge Disziplin, deren Geburtsstunde mit dem Ende der textgesteuerten Computersteuerung, und dem Beginn von visuellen Anwenderschnittstellen einherging (Arbeiten mit der Maus; grafische Darstellung von Inhalten; s.a. Benutzeroberfläche des Apple Macintosh ca. 1980). Insbesondere das Internet, seine weltweite Verbreitung Ende der 90er Jahre und die wachsenden technische Möglichkeiten von Rechnern sind der Entstehungsgrund und die Antriebsquelle des Interaktionsdesigns. Dies liegt zum einen darin begründet, dass die Verwaltung und Verknüpfung von digitalem Wissen gänzlich andere Bedingungen und Möglichkeiten hat, als die räumlich-sinnliche Gesamtorientierung eines Menschen in seiner realen Umwelt. Zum anderen nehmen Umfang und Komplexität des digital vorliegenden Datenmateriasl und die damit möglichen Verknüpfungen stetig und exponentiell zu.

Dem gegenüber steht die eher statische und evolutionär bedingt limitierte Ausstattung des Menschen an rationalen und emotionalen Fähigkeiten. Interface-/Interaktionsdesign ist damit die Aufgabe, das Spannungsfeld zwischen diesen beiden Polen in eine gestalteten Umgebung einzubetten und damit zu entschärfen. Insbesondere muss dabei auf die Anforderungen von sehr heterogene Benutzergruppen und Kenntnisständen eingegangen werden, damit eine möglichst große Zahl von Anwendern das hinter dem Interface liegende Datenmaterial verstehen, erschließen und verändern kann.

Nomenklatur

Es existiert bislang keine verbindliche Abgrenzung zwischen den Begriffen „Interfacedesign“ und „Interaktionsdesign“. DGründe dafür sind

a)die relativ kurze Zeitspanne, seitdem die Interaktion zwischen Mensch und Computer als verbreitetes Problem wahrgenommen wird. b)die enorme Bandbreite und Vielfalt von Anwendungen, Nutzerwünschen, Anbieterinteressen und Medienformen, deneen sich das Interface-/Interaktionsdesign stellen muss.

Da das Interface-/Interaktionsdesign zunächst in den angelsächsischen Ländern als Problemfeld erkannt wurde, ist zu vermuten , dass der angelsächsisch-lateinische Begriff „Interface“ als erstes erschien. Das deutsche Wort „Aktion“ dürfte dagegen mit der Adoption der Forschungen im deutschen Sprachraum einhergehen. Zu einem handhabbaren Arbeitsbegriff könnte evtl. die Festlegung des untersuchten Schwerpunktes führen:

Beim Begriff "Interfacedesign" wird man den Schwerpunkt auf die sinnvolle Gestaltung von relativ statischen Oberflächen legen. Diese können aber nur dann erfolgreich sein, wenn man die involvierten Nutzer, Daten und Ziele des zu untersuchenden Prozesses kennt, und diese mit einbezieht. Kurz: Schwerpunkt Oberfläche, Informationsdarstellung, unter Berücksichtigung einer dynamischen Umgebung. Beim Begriff "Interaktionsdesign", wird man den Schwerpunkt auf das Zusammenspiel von dynamischen Prozessen legen, die sich durch Nutzer, Daten und Ziele ergeben. Hierfür sind mancherlei Oberflächen vonnöten, ohne die diese Prozesse nicht erfolgreich sein können. Kurz: Schwerpunkt dynamische Umgebung, Informationstransport, unter Berücksichtigung der dafür notwendig-statischen Oberflächen.

Literatur, Forschung, Lehre

Wichtige Namen in diesem Zusammenhang (einschließlich dem für das Interfacedesign äußerst relevanten Bereich der kognitiven Psychologie) sind Donald Norman, Jef Raskin, Ben Shneiderman, Bruce Tognazzini, Jakob Nielsen und Steve Krug, die alle einen Schwerpunkt auf den "Common-Sense-Approach" legen.

In den USA gibt es einen sehr engagierten Fachbereich am MIT. In Europa entstehen derzeit stetig neue Lehrangebote zu dieser Disziplin. Lehrstühle mit anerkannter Reputation sind beispielsweise die Universität Malmö in Schweden und die Fachhochschule Potsdam mit eigenen Studiengängen zu diesem Thema vertreten. Das Umea Institute of Design (Schweden) bietet einen Masterstudiengang in Interaction Design an. Außerdem wird an der Universität von Süddänemark, das IT Produktdesign Masterstudium unterrichtet.In Deutschland bieten neben der Fachhochschule Potsdam auch die Universität Duisburg-Essen und ab Herbst 2007 die Fachhochschule Schwäbisch Gmünd Studiengänge an.

In diesem Zusammenhang sind auch das Interface Labor der Kunsthochschule für Medien Köln, das Institut HyperWerk der Hochschule für Gestaltung und Kunst der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) in Basel/Schweiz, der Studienbereich Interaction Design an der Hochschule für Gestaltung und Kunst Zürich und das Interaction Institute in Ivrea (Italien) zu nennen.

Der Begriff Interfacedesign sollte nicht mit dem alleinstehenden Begriff Interface verwechselt werden. Der Interface-Begriff steht im Designdiskurs ganz allgemein für die Beziehung zwischen Menschen, Artefakten (bzw. Werkzeugen) und Handlungen. Er bildet in diesem speziellen Sinne einen gemeinsamen Nenner zwischen verschiedenen Designdisziplinen.

Verwandte Wissensgebiete

Da beim Interface-/Interaktionsdesign komplexe Prozesse erfolgreich miteinander verknüpft werden sollen, liefern andere Wissensgebiete Grundlagen und Anregungen für das Interface-/Interaktionsdesign: Design und Gestaltung – insbesondere in Typografie, Farbenlehre, Layout. Heuristik – also die Frage, auf welche Art und Weise wir uns Wissen aneignen und gedanklich organisieren. Psychologie – insbesondere die kognitive Psycholgie, also die Erkenntnis über unsere Rezeption und Bewertung von Kommunikation. Archivierung – die Wissenschaft davon, wie man Daten zum erfolgreichen Wiederfinden ablegt und dabei erhält. Medientheorie – die eher theoretische Untersuchung darüber, welche innewohnenden Eigenschaften Medien haben und wie diese Eigenschaften beim Gebrauch durch den mediennutzenden Menschen zum tragen kommen. Programmierung und Künstliche Intelligenz (KI) - Da ein Interface immer die Landkarte der darunter liegenden Datenagglomeration ist, müssen auch die Abläufe und Bedingungen der Datenverarbeitung bekannt sein. Soziologie – ein Wissensbereich, der bislang noch wenig mit dem Interface-/Interaktionsdesign zu tun hat, aber in Zukunft an Bedeutung gewinnen wird: Wie begegnen verschiedene Lebensalter und Kulturen einer Mensch-Maschine-Schnittstelle?


Literatur

  • Torsten Stapelkamp: Screen- und Interfacedesign. Springer Science Business+Media, Berlin 2006, ISBN 3-540-32949-8
  • Donald A. Norman:Things That Make Us Smart: Defending Human Attributes in the Age of the Machine, Perseus Books; Auflage: Reprint (Mai 1994), ISBN 0201626950
  • Donald A. Norman:The Invisible Computer: Why Good Products Can Fail, the Personal Computer Is So Complex and Information Appliances Are the Solution, Mit Press; Auflage: Reprint (August 1999), ISBN 0262640414
  • Alan Cooper: The Inmates Are Running the Asylum, Sams (31. März 2004), ISBN 0672326140
  • Ben Shneiderman: Designing the User Interface., Addison-Wesley Longman, Amsterdam (Mai 2004), ISBN 0321269780
  • Jef Raskin: Das intelligente Interface . Neue Ansätze für die Entwicklung interaktiver Benutzerschnittstellen, Addison-Wesley; Auflage: 1. Aufl. (15. April 2001), ISBN 3827317967
  • Cyrus D. Khazaeli:Systemisches Design, Rowohlt Tb. (Juli 2005), ISBN 3499600781
  • Ben Shneiderman: Leonardo's Laptop. Human Needs and the New Computing Technologies., B&T (September 2003), ISBN 0262692996
  • Maximilian Eibl, Harald Reiterer, Peter Fr. Stephan: Knowledge Media Design. Theorie, Methodik, Praxis, Oldenbourg; Auflage: 2., korr. Aufl. (Juni 2006), ISBN 3486580140
  • Steven R. Johnson: Interface Culture: How New Technology Transforms the Way We Create and Communicate, Basic Books; Auflage: Reprint (Oktober 1999), ISBN 0465036805
  • Bill Moggridge: Designing Interactions (with CDROM), The MIT Press (30. Oktober 2006), ISBN 0262134748