Judenfrage

Begrifflichkeit mit Schlagwortcharakter zur Bezeichnung der Kontroverse um die rechtliche, wirtschaftliche und gesellschaftliche Stellung der jüdischen Minderheit in den verschiedenen europäischen Gesellschaften ab Mitte des 18. Jahrhunderts
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 1. Juli 2007 um 12:37 Uhr durch Jesusfreund (Diskussion | Beiträge). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Als Judenfrage oder jüdische Frage bezeichneten Nichtjuden, aber auch Juden seit etwa 1750 Probleme, die sich für sie aus der rechtlichen, politischen und sozialen Gleichberechtigung der jüdischen Minderheit (Jüdische Emanzipation) ergaben. Seit etwa 1840 wurden diese Begriffe zu Schlagworten, die das Judentum auf verschiedene Weisen als Hindernis der allgemeinen gesellschaftlichen Emanzipation beschreiben sollten. Seit 1873 wurde der Begriff zu einem feststehenden Ausdruck des modernen Antisemitismus, der Juden jede Fähigkeit zur Emanzipation absprach und ihnen ein Weltherrschaftsstreben unterstellte. Der Nationalsozialismus propagierte eine Endlösung der Judenfrage; ab 1941 diente dieser Ausdruck zur ideologischen Rechtfertigung und Verschleierung des Holocaust.

Entstehung

Der Antijudaismus im Mittelalter und in der Neuzeit hatte seit Jahrhunderten Ausgrenzung, Diskriminierung, Verfolgung von jüdischen Minderheiten in vielen Regionen Europas bewirkt und verfestigt. Erst mit der allmählichen Anerkennung der allgemeinen Menschenrechte im Gefolge der Aufklärung wurde die Gleichstellung aller Bürger eines Nationalstaats zu einem politischen Ziel. Dies betraf besonders die bis dahin rechtlich, sozial und politisch unterprivilegierten Juden, die sich so potentiell aus ihrer gesellschaftlichen Isolation befreien konnten.

Die rechtliche Gleichstellung aller Bürger, auch der Juden, wurde in den sich bildenden europäischen Nationalstaaten verschieden angegangen, traf auf erhebliche Widerstände und führte - gerade auch im Blick auf Juden - vielfach zu Rückschlägen. Die Integrationsversuche und -konzepte reichten von „Duldung“ und „bürgerlicher Verbesserung“ bis zu „Gleichberechtigung“ und „Emanzipation“ aufgrund der aufgeklärten Toleranz gegenüber religiös andersdenkenden Einzelnen oder Gruppen.

In diesem Übergangsprozess gab ein Zeitbeobachter zuerst in England 1753 öffentlich eine „Antwort auf die berühmte Judenfrage“ (Reply to the Famous Jew Question): Damit meinte er die Erlaubnis an Juden zum Landerwerb. Die Französische Nationalversammlung diskutierte 1790 unter dem Titel la question sur les juifs darüber, ob Juden zu den gesetzlich gleichgestellten Bürgern Frankreichs gehören sollten. Emanzipationsskeptiker und -gegner forderten dagegen schon seit 1800 die Ansiedlung aller europäischen Juden in Übersee oder im 'Land Israel'. Judenfeinde wie Hartwig von Hundt-Radowsky forderten Arbeitslager und Zwangs-Sterilisierung für alle Juden.

Bis nach dem Wiener Kongress jedoch verwendeten Befürworter wie Gegner der Judenemanzipation den Begriff Judenfrage im annähernd gleichen Sinn zur Benennung der mit der Integration von Juden real verbundenen Probleme.

1838 erschienen erstmals zwei Aufsätze unter dem Titel Die jüdische Frage, die die damals kontrovers diskutierte rechtliche Gleichstellung der Juden in Preußen mit Berufung auf angeblich unveränderliche jüdische Eigenheiten abwehren wollten. Bis 1844 setzte sich die Bezeichnung Judenfrage für diese Kontroverse in Preußen allgemein durch. Juden wurden damit als einheitliche Gruppe identifiziert, die sich entgegen früheren Erwartungen nicht aufgelöst und zur reinen Konfession gewandelt hätten und daher ein Problem für die nationale Einigung bildeten.

Philosophische Wendung

Der Religionsphilosoph Bruno Bauer veröffentlichte 1843 die Schrift Die Judenfrage als erste selbständige Abhandlung dieses Themas. Darin versuchte er zu beweisen, dass die Juden als Gruppe nicht „verbessert“ (durch rechtliche Gleichstellung zur Integration erzogen) werden könnten, da auch aufgeklärte Juden an ihrem traditionellen religiösen Anspruch des exklusiven Auserwähltseins festhielten. Deshalb müssten auch sie nach Alleinherrschaft streben und damit letztlich Krieg gegen die Menschheit führen. Einzelne Juden könnten sich nur durch Aufgabe ihres Judentums zugunsten eines allgemeinen Menschentums in die bürgerliche Gesellschaft integrieren. Dies galt für Bauer genauso für das Christentum, wie er in seiner weiteren Schrift Die Fähigkeit der heutigen Juden und Christen, frei zu werden ausführte.

Auf diese Schriften antwortete der 26-jährige Karl Marx 1844 mit seinem Aufsatz Zur Judenfrage.[1] Er sah die „Lösung“ der Frage in der Aufhebung der weltlichen Schranken der bürgerlichen Gesellschaft, mit der auch begrenzte religiöse Standpunkte verschwinden würden. Dabei war die rechtliche Gleichstellung des Judentums an sich für ihn ein Beispiel für die unvollkommene „politische Emanzipation“, welche den Menschen auf ein egoistisches unabhängiges Individuum einerseits und auf die moralische Person des Staatsbürgers andererseits reduziere. Anstelle der politischen verlangt er eine „menschliche Emanzipation“, bei der der Mensch seine Kräfte als gesellschaftliche erkennt und organisiert.

Häufig wurde Marx eine antisemitische Haltung unterstellt, obwohl sein Aufsatz tatsächlich die rechtliche Gleichstellung der Juden fordert. Er führt aus, dass in einem modernen politischen Staat im Unterschied zum christlichen Staat die Religion Privatsache sei.

Im zweiten Teil der Schrift unternimmt es Marx, Bauers theologische Fassung der Judenfrage zu brechen. Er fragt nach dem weltlichen Grund des Judentums, und erhält als Antwort: „Das praktische Bedürfnis, der Eigennutz“. Ob diese Antworten aus Bauers Texten, Marx eigener Anschauung oder anderen Quellen gewonnen werden ist ein Gegenstand der Interpretation von Zur Judenfrage. Indem er diese Umdeutung des Begriffes „Judentum“ beim Wort nimmt, scheint Marx populäre Vorurteile zu bedienen, um dann aber aufzuzeigen, daß der „Schacher“ in gleicher Weise grundlegend für das Christentum sei. Er kommt zu dem Schluss, dass die soziale Emanzipation der Christen wie der Juden die Befreiung der Gesellschaft von der Macht des Geldes voraussetzt. Er korrigierte sich in seinem späteren Wirken in einigen Punkten und bekämpfte die Religion nicht direkt, sondern erwartete ihr allmähliches Verschwinden nach erfolgreicher Revolutionierung der Produktionsverhältnisse. Erst in den folgenden Werken, beginnent mit den zu Lebzeiten unveröffentlichten Ökonomisch-philosophischen Manuskripten aus dem Jahre 1844, untersuchte Marx die Ökonomie der bürgerlichen Gesellschaft gründlicher. Die Kritik der Macht des Geldes, welche in Zur Judenfrage geübt wird, weicht dabei einem Verständnis des gesamten kapitalistischen Systems.

Marx, der selbst jüdische Vorfahren hatte, hing weder dem jüdischen noch christlichen Glauben an, sondern vertrat eine prinzipiell materialistische Philosophie.

Antisemitismus

Gerade Gebildete schufen im deutschen und französischen Sprachraum in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts durch ihre Veröffentlichungen oft erst eine Judenfrage, die so zuvor nicht bestand. Richard Wagner fand schon 1850 ein Judenthum in der Musik und Kultur, das abzuwehren sei. Ernest Renan sprach um 1860 von einem Semitenthum, das keine eigenständigen Kulturleistungen schaffen und keine zu den europäischen Kulturvölkern ebenbürtige Zivilisiertheit erreichen könne.

Die Antisemiten des Deutschen Kaiserreichs lehnten die 1871 erreichte gesetzliche Gleichstellung der Juden und ihre darauf folgende Integration in die nach wie vor vom Christentum geprägten Gesellschaft strikt ab und beschworen die Gefahr, dass Juden diese von Nichtjuden beförderten Integrationsversuche nur zur Dominanz in Wirtschaft, Politik und Kultur ausnutzen würden und diese teilweise schon erreicht hätten. Damit deuteten sie - entgegen der von Karl Marx vertretenen Denkrichtung - die „soziale Frage“ zur „Judenfrage“ um.

Diese Sicht propagierte zuerst Otto Glagau 1874/75 in einer Artikelreihe in der Gartenlaube. Er brandmarkte Juden als Schuldige am Gründerkrach von 1873, als Börsenspekulanten und „Gründungsschwindler“, zugleich aber auch als Feinde des Katholizismus im damaligen Kulturkampf.

Ihm folgte der lutherische Hofprediger Adolf Stoecker. Mit seiner Septemberrede 1879 machte er die Judenfrage zum öffentlichen Thema und positionierte seine Deutschsoziale Partei fortan antisemitisch. Mit der Gründung der Berliner Bewegung versuchte er auch über seine Partei hinaus für die Zurückdrängung von Juden aus öffentlichen Ämtern zu werben. Wenig später löste Heinrich von Treitschke den Berliner Antisemitismusstreit aus, indem er in einem Aufsatz die weitere Unterdrückung der jüdischen Religion zugunsten eines preußisch-nationalen Protestantismus forderte. Im selben Monat gründete der Journalist Wilhelm Marr nach dem überwältigenden Erfolg seines Buchs Der Sieg des Judenthums über das Germanthum die Antisemitenliga als erste Gruppe, die die Vertreibung aller Juden aus Deutschland anstrebte und das Schlagwort Antisemitismus als Kern ihres Gründungsprogramms verbreitete.

Den Antisemiten gelang es, den Begriff Judenfrage so zu prägen, dass darunter eine von „den Juden“ als Kollektiv ausgehende Gefahr für die moderne Gesellschaft verstanden wurde, die auf irgendeine Art gelöst werden müsse. Zwischen 1873 und 1900 erschienen etwa 500 Schriften, die sich in diesem Sinne mit der Judenfrage befassten.[2]

Rassismus

Im Kontext dieser ersten antisemitischen Welle im Kaiserreich definierten radikale Antisemiten die Juden als „Semiten“, also Angehörige einer fremden Rasse. So versuchten sie, die Judenfrage als Rassenproblem darzustellen, das nur noch durch Ausgrenzung aller Juden lösbar erscheinen sollte. Argumente dafür fanden sie in biologistisch argumentierenden Rassentheorien von Arthur de Gobineau und in der Selektionstheorie von Charles Darwin. Dieser moderne Rassismus sollte die behauptete Nichtintegrierbarkeit von Juden, die in Europa längst vielfach dieselbe Sprache und Kultur pflegten wie das sonstige Bürgertum, pseudowissenschaftlich untermauern.

Es folgten immer schärfere rassistische Propagandaschriften: Karl Eugen Dührings Schrift Die Judenfrage als Racen-, Sitten-, und Kulturfrage (1881) stellte Juden nunmehr auch als biologische Gefahr dar. Edouard Drumont, Houston Stewart Chamberlain, Paul Anton de Lagarde u.a. verhalfen diesem Denken in ganz Westeuropa zu weiter Verbreitung. Theodor Fritsch veröffentlichte 1887 einen Antisemitismus-Catechismus, der alle judenfeindlichen Klischees sammelte und als Handbuch der Judenfrage viele Auflagen erlebte. Er wurde bis 1945 auch von den späteren Nationalsozialisten gern genutzt.[3]

In der Völkischen Bewegung im deutschen Kaiserreich wurden verschiedene Pläne zu Lösung der Judenfrage propagiert. Seit den 1880er Jahren wurde immer wieder gefordert, Juden unter „Fremdenrecht“ zu stellen und eine weitere Zuwanderung zu unterbinden. Juden und andere Rassen-Fremde wie Slawen oder Wälsche, die im Reichsgebiet bereits ansässig waren, sollten nach den Vorstellungen des Herausgebers des Heimdall, Adolf Reinecke, der Status von „Reichssassen“ erhalten: kein Wahlrecht, keine öffentlichen Ämter, kein Grundbesitz, jedoch Wehr- und Steuerpflicht.

Zwar forderten radikale Antisemiten wie Friedrich Lange, Heinrich Pudor und Heinrich Claß in ihren Publikationen meist nicht mehr als eine Fremdengesetzgebung, Ausweisung und Aberkennung der Staatsbürgerrechte für Juden. Doch das Motto der Zeitschrift Hammer (Organ des von Theodor Fritsch gegründeten Reichshammerbundes) verlangte ab 1902 die „Ausscheidung der jüdischen Rasse aus dem Völkerleben“ und ließ damit den Willen zu einer endgültigen Radikallösung anklingen. Das Gründungsprogramm der aus vereinten älteren Antisemitenparteien hervorgegangenen Deutschvölkischen Partei behauptete 1914, die „Vernichtung des Judentums“ werde zur „Weltfrage“ des 20. Jahrhunderts werden. Dies gab der Lösung der Judenfrage eine universalhistorische Bedeutung und stilisierte sie zu einem apokalyptischen Endkampf.

Zionismus

Im Zusammenhang ihrer Emanzipationsbestrebungen benutzten auch Juden selber diesen Begriff, um zu unterstreichen, dass sie ihre Integration und Assimilation in den entstehenden europäischen Nationalstaaten bejahten. In der Auseinandersetzung mit den Antisemiten bejahten auch jüdische Vertreter des Zionismus den Begriff, ohne damit bestimmte Lösungen zu verbinden.

Nathan Birnbaum veröffentlichte 1893 das Buch Die Nationale Wiedergeburt des jüdischen Volkes in seinem Lande als Mittel zur Lösung der Judenfrage (1893). Auch Theodor Herzl, der spätere Präsident des Zionistischen Weltkongresses, nahm den Begriff auf:[4]

Die Judenfrage besteht. Es wäre doch töricht, sie zu leugnen.

Er wollte sie als „nationale Frage“ verstanden wissen und vertrat als ihre Lösung seit 1896 einen eigenen Staat für die Juden: Der Judenstaat. Versuch einer modernen Lösung der Judenfrage.

Der Staat Israel gründete sich am 14. Mai 1948 jedoch nicht zur „Lösung der Judenfrage“, sondern zur „Lösung des Problems des heimatlosen jüdischen Volkes“.

Nationalsozialismus

Die NSDAP nannte ihr Ziel einer vollständigen Beseitigung der Juden - sei es durch Vertreibung, sei es durch Vernichtung - seit 1933 im Anschluss an die vereinten Antisemitenparteien der Kaiserzeit „Endlösung der Judenfrage“: Dies bildete einen Hauptbestandteil ihrer Ideologie, bereitete den Holocaust propagandistisch vor und tarnte dann seine Durchführung. Hitler hatte die Entfernung der jüdischen Rasse in Mein Kampf konzipiert.

Seit den Nürnberger Gesetzen 1935 etablierte das NS-Regime die „Judenfrage“ auch als pseudowissenschaftliches Projekt. So richtete Arthur Rosenberg 1939 ein Institut zur Erforschung der Judenfrage ein[5] und gab dessen Zeitschrift unter dem Titel heraus: Der Weltkampf. Monatszeitschrift für Weltpolitik, völkische Kultur und die Judenfrage aller Länder. Dem folgten viele akademische Fachbereiche, etwa die Evangelische Theologie mit dem Eisenacher Institut zur Erforschung und Beseitigung des jüdischen Einflusses auf das deutsche kirchliche Leben unter Walter Grundmann. Auch ausländische Verbündetete folgten dem NS-Vorbild: Al-Husseini, der Großmufti für die Palästinensergebiete in Jerusalem, gründete 1943 ein Arabisches Institut für die Erforschung der Judenfrage in Berlin, das für geheimdienstliche Kontakte, ideologischen Austausch und Zusammenarbeit beim Ausliefern von Juden zur Vernichtung diente.[6] Der Volks-Brockhaus Leipzig schrieb 1943 im Artikel „Judentum“:

66 n. Chr. brach ein großer Judenaufstand aus, der mit der Eroberung Jerusalems und Zerstörung seines Tempels durch Titus 70 n. Chr. endete. Inzwischen hatten sich die Juden weithin über die Mittelmeerländer verstreut: Sie vermehrten sich vor allem durch Gewinnung fremdstämmiger Anhänger ihres Glaubens stark und wurden rassisch mit den verschiedenartigsten Elementen durchmischt. Durch das Zusammenleben mit ihren Wirtsvölkern ergab sich die 'Judenfrage'.

Seit dem „Unternehmen Barbarossa“ im Sommer 1941 wurde die „Endlösung der Judenfrage“ zur Tarnfloskel für die beginnende Judenvernichtung.

Doch auch Gegner des NS-Regimes benutzten den Ausdruck weiterhin, um ihre Sicht zum Judentum darzustellen: So verfasste Dietrich Bonhoeffer im April 1933 den berühmten Aufsatz Die Kirche vor der Judenfrage, die ein kirchliches Eintreten für die Menschenrechte von Minderheiten aus dem christlichen Glaubensbekenntnis ableitete und die Widerstandspflicht aller Christen im Falle systematischer staatlicher Angriffe auf die Juden, ausgerufen von einem ökumenischen Konzil, theologisch begründete. Mit diesem frühen Vorstoß blieb Bonhoeffer auch im Rahmen der Bekennenden Kirche isoliert.

Seit 1945

Nach dem Zweiten Weltkrieg trat der Begriff in der öffentlichen Debatte zwar zurück, da man sich von nationalsozialistischer Ideologie abgrenzte und Juden in Mitteleuropa stark dezimiert worden waren. Doch er verschwand nicht und wird weiterhin auch für aktuelle Probleme, die Juden betreffen bzw. als von ihnen ausgehend empfunden werden, verwendet.

Jean-Paul Sartre befasste sich u.a. in seiner Schrift „Reflexions Sur La Question Juive“ („Überlegungen zur Judenfrage“) mit dem Antisemitismus, der den Juden als Feind auch dann erfinden würde, wenn es keine Juden mehr gäbe. Auch Historiker wie Reinhard Rürup befassen sich mit der Entstehung und Entwicklung des Antisemitismus unter diesem Begriff.

Erst ganz allmählich setzte im Bereich der deutschen Großkirchen ein Umdenken und selbstkritische Abkehr vom traditionellen Antijudaismus ein, der zunehmend als langfristige historische Ermöglichung des nationalsozialistischen Völkermords an den europäischen Juden erkannt wurde. Im Bereich der EKD markiert das Wort zur Judenfrage der Synode von Weißensee 1950 den Beginn dieses Prozesses (siehe dazu Kirchen und Judentum nach 1945).

Einzelbelege

  1. Karl Marx: Zur Judenfrage (1844)
  2. The Vidal Sassoon International Center for the Study of Antisemitism: Liste historischer Titel zum Stichwort „Judenfrage“
  3. [http://www.dhm.de/lemo/objekte/pict/fritsch/index.html Theodor Fritsch, Abbildung aus der 49. Auflage des Handbuchs zur Judenfrage 1944
  4. Werner Bergmann, Artikel Judenfrage, in: Wolfgang Benz (Hrsg.): Lexikon des Holocaust S. 108
  5. Typisches Beispiel einer NS-Veröffentlichung dieses Instituts: Friedrich Karl Wiehe, Deutschland und die Judenfrage, 1933
  6. Israel Gutman (Hrsg.): Enzyklopädie des Holocaust Band II, Artikel Husseini, S. 632

Literatur

Bibliographie

  • Wolfgang Benz (Hrsg.): Die 'Judenfrage'. Schriften zur Begründung des modernen Antisemitismus 1789 bis 1914. K.G. Saur, München 2002-2003, ISBN 3598350465 (mit 369 auf Mikrofilm zugänglichen Dokumenten, ausführliches Vorwort)

Historischer Überblick

  • Alex Bein: Die Judenfrage. Biographie eines Weltproblems, Stuttgart 1980, ISBN 3421019630
  • Robert Weltsch: Die deutsche Judenfrage. Ein kritischer Rückblick, Königstein 1981, ISBN 3761003579
  • Abraham Léon: Judenfrage & Kapitalismus. Eine historisch-materialistische Analyse der Rolle der Juden in der Geschichte bis zur Gründung des Staates Israel. Schulungstext zur Wirtschaftsgeschichte Europas, Trikont, 2000

Zionismus

  • Jakob Taut: Judenfrage und Zionismus, Freiburg 1986, ISBN 3883320978
  • Jakob Toury: The Jewish Question. A Semantic Approach, in: Leo Baeck Institut, Jahrbuch 11/1966, S. 85-106 (englisch)

Kaiserzeit

  • Reinhard Rürup: Emanzipation und Antisemitismus. Studien zur Judenfrage der bürgerlichen Gesellschaft, Fischer-TB, Frankfurt am Main 1987, ISBN 3596243858

NS-Zeit

  • Dieter Schiefelbein: Das Institut zur Erforschung der Judenfrage, Frankfurt am Main. Vorgeschichte und Gründung 1935-1939, Frankfurt/Main: Stadt Frankfurt, 1993, ISBN 3882708034

Judenfrage im Kommunismus

  • Edmund Silberner: Kommunisten zur Judenfrage. Zur Geschichte von Theorie und Praxis des Kommunismus, VS Verlag für Sozialwissenschaften, 1983, ISBN 3531116401

Nach 1945

  • Jean-Paul Sartre: Überlegungen zur Judenfrage. Rowohlt Tb., Hamburg 1994, ISBN 3499131498
  • Isaac Deutscher: Die ungelöste Judenfrage. Zur Dialektik von Antisemitismus und Zionismus, Rotbuch Verlag, 1985, ISBN 3880221596