Sowjetische Kriegsverbrechen im Zweiten Weltkrieg

Durch Rotarmisten begangene Kriegsverbrechen zur Zeit des Zweiten Weltkriegs
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Als Kriegsverbrechen der Roten Armee werden Straftaten oder Verstöße gegen das Völkerrecht bezeichnet, die von der Armeeführung und einer unbekannten Anzahl einzelner Angehöriger der sowjetischen Streitkräfte in der Zeit des Zweiten Weltkrieges begangen wurden.

Historischer Kontext

Der Zweite Weltkrieg war der größte und verlustreichste Konflikt der Menschheitsgeschichte. Er war seitens der Achsenmächte von einer starken rassistischen Ideologisierung geprägt unter der insbesondere die sowjetische Zivilbevölkerung zu leiden hatte und die zu vielen Kriegsverbrechen führte. Dort verloren mehrere Millionen Zivilisten durch direkte oder indirekte Kriegseinwirkung sowie durch systematische Vernichtung ihr Leben. Die Schätzungen reichen dabei von 6 bis 7 Millionen[1] bis zu 24 Millionen Zivilisten.[2]

Ab 1941 führte die Sowjetunion den Krieg mit äußerster Brutalität - auch gegen die eigenen Soldaten. So hatte die Rote Armee im Zweiten Weltkrieg die höchsten Verluste an eigenen Soldaten zu verzeichnen. Dies lag zum einen daran, dass Infanterieeinheiten teilweise schlecht für den Kampf gegen Panzer und Geschütze ausgerüstet waren, und zum anderen an der rücksichtslosen Doktrin der Armeeführung, die, im Bewusstsein der großen Masse an zur Verfügung stehenden Menschen, den Kampf auf Kosten der eigenen Soldaten führte. Nach dem Grundsatz „Mehr Angst von hinten als von vorn!“ mussten Infanterieeinheiten bei zu zögerlichem Vorrücken befürchten, von eigenen Leuten erschossen zu werden. Kapitulation oder gar Desertation wurden von der Führung hart sanktioniert. Nach Stalins Befehl Nr. 270 vom 16. August 1941 wurde jeder Rückzug oder die Aufgabe mit nachfolgender Gefangenschaft bei Offizieren mit sofortiger Erschießung und Verhaftung ihrer Familien geahndet. Einheiten der Roten Armee, die sich in Gefangenschaft ergaben, wurde die vollständige Vernichtung, den Familienangehörigen die völlige Streichung aller staatlichen Hilfsgelder angedroht.[3] In der sowjetischen und russischen Geschichtsschreibung zum großen Vaterländischen Krieg wird dieser Befehl meist nicht erwähnt.[4] Alleine während der Schlacht von Stalingrad wurden 13.500 Rotarmisten exekutiert, die Vorwürfe reichten vom Rückzug ohne Befehl über Selbstverstümmelung, Überlaufen bis zu Korruption oder antisowjetischen Tätigkeiten.

Als die Rote Armee auf gegnerisches Territorium vorrückte, kam es vielerorts zu Plünderungen, Vergewaltigungen, Verschleppungen und Ermordungen von Zivilisten. Insbesondere als der deutsche Angriff auf die Sowjetunion erfolgreich abgewehrt wurde und die Rote Armee ihrerseits deutsches und ungarisches Gebiet eroberte, nahm vor allem die Zahl der Vergewaltigungen zu.

Im Allgemeinen werden diese Straftaten als Racheakte für auf sowjetischem Gebiet begangene Verbrechen seitens deutscher Militärs gesehen, begünstigt durch sowjetische Kriegspropaganda[5] (siehe auch: Verbrechen der Wehrmacht, Verbrechen der SS). Neuere Untersuchungen zeigten jedoch, dass es auch Vergewaltigungen von polnischen Frauen und Frauen aus der Sowjetunion nach ihrer Befreiung aus Konzentrationslagern gegeben hat.[6]

Zivile Opfer

Das Leiden der Zivilbevölkerung in den sowjetisch besetzten Gebieten, begann mit der praktischen Umsetzung des Hitler-Stalin-Paktes, als Polen zwischen dem Deutschen Reich und der Sowjetunion aufgeteilt und Ostpolen 16 Tage nach dem Angriff der deutschen Wehrmacht von sowjetischen Truppen besetzt wurde. In der Folge kam es zu politisch begründeten Terrormaßnahmen gegen die Zivilbevölkerung, die sich aus Polen, Ukrainern und Juden zusammensetzte. Hierbei arbeiteten das NKWD und die Rote Amee zusammen. So versuchten viele Polen, dem Zugriff des sowjetischen NKWD zu entkommen, wurden jedoch meist von sowjetischem Militär verhaftet und anschließend nach Sibirien deportiert.[7] Operationsgruppen, die direkt der Armee unterstanden, folgten dem Heer, um das Gebiet von „sowjetfeindlichen Elementen zu säubern“. Der polnische Historiker Tomasz Strzembosz erkannte in diesen Einheiten Parallelen zu den deutschen Einsatzgruppen.[8]

Deportationen, Erschießungen, Folterungen sowie zahlreiche Verbrechen gegen die Bevölkerung (Morde, Geiselnahmen, Niederbrennen von Dörfern) erfuhren eine Steigerung, nachdem die Rote Armee vor der 1941 angreifenden Deutschen Wehrmacht zurückweichen musste. Auch im Baltikum, in Weißrussland, der Ukraine und Bessarabien kam es zu Morden an inhaftierten Gegnern durch die sowjetische Besatzungsmacht. Der daraus entstandene Hass der Bevölkerung auf die sowjetischen Truppen spielte wiederum den deutschen Einsatzgruppen in die Hände, die nun ihrerseits - mit Unterstützung der Bevölkerung - sowjetische Gegner und Juden ermorden konnten.[9] [10]

1941 erfolgte der deutsche Angriff auf die Sowjetunion. Nach anfänglichen Erfolgen der Wehrmacht kam es Ende 1942 zu einem Wendepunkt des Krieges und die deutschen Streitkräfte befanden sich nunmehr im Wesentlichen auf dem Rückzug. Als sich im Oktober 1944 die Front der Ostgrenze des Deutschen Reiches näherte, flohen vereinzelt einige Menschen aus eigener Initiative nach Westen. Eine rechtzeitige durchgeführte, staatlich organisierte Evakuierung erfolgte jedoch nie. Dem Befehl ihres Führers folgend, verhinderten die Gauleiter der Ostgebiete bis zuletzt eine Evakuierung der betroffenen Gebiete und organisierten in vielen Fällen nur ihre eigene Flucht. Die plötzlich einsetzende Massenflucht verlief ungeordnet und chaotisch, Panik verbreitete sich unter den Flüchtenden. Flüchtlingszüge wurden in vielen Fällen von Einheiten der Roten Armeen eingeholt, daraufhin geplündert, die Flüchtenden weggetrieben, erschossen, vergewaltigt.[11] [12] Jagdflieger der sowjetischen Luftwaffe drangen viele Kilometer hinter die Front und nahmen die Flüchtlingstrecks unter Beschuss[11].
Ende Januar 1945 wurden in Ostpreußen 2,5 Millionen Flüchtlinge von der Roten Armee eingeschlossen und sollten nun per Schiff über die Ostsee evakuiert werden. Unter dem Hinweis auf deutsche Verstöße gegen das Völkerrecht erkannte die sowjetische Führung Lazarettschiffe, Verwundetentransporter sowie Flüchtlingsschiffe nicht an und behandelte sie wie militärische Ziele.[13] [14] Von ca. 800-1.000 Schiffen wurden über 200 versenkt, über 40.000 Zivilisten und Soldaten kamen ums Leben.[11] Hierbei ist jedoch anzumerken, dass es sich bei den Versenkungen der drei größten Schiffe, Wilhelm Gustloff, Steuben und Goya nicht um Kriegsverbrechen handelte, da diese Schiffe nicht die Kriterien eines Zivil- bzw. Lazarettschiffs erfüllten.

Wer nicht floh, erlitt die Schrecken der Besatzungsherrschaft: Vergewaltigung, Raub, Vertreibung. Der letzte Witz, den diese Provinz hervorbrachte, betraf den Plünder- und Demoliereifer der Russen: „Wenn sie unser Mobiliar in Ruhe lassen würden, könnten sie längst in Berlin stehen.“ [15] So befanden sich beispielsweise in der ostpreußischen Stadt Königsberg im August 1945 nach einer Zählung ca. 100.000 deutsche Zivilisten, meistens Frauen, Kinder und Alte. Diese wurden von der sowjetischen Besatzungsmacht festgehalten, um als Zwangsarbeiter in ihrer eigenen Heimat missbraucht zu werden. Als 1948 die Deutschen aus Königsberg endgültig vertrieben wurden, waren von diesen 100.000 Menschen nur noch etwa 20.000 am Leben. Die „fehlenden“ 80.000 Menschen waren Seuchen, Hungersnöten und Übergriffen zum Opfer gefallen. siehe auch: Flucht und Vertreibung

In Demmin kam es infolge von Übergriffen der Roten Armee zur größten Massenselbsttötung Europas. Aufzeichnungen in Kirchenbüchern zufolge beendeten über 900 Einwohner im Mai 1945 ihr Leben, nachdem die Stadt drei Tage lang zum Plündern und Brandschatzen freigegeben wurde. siehe auch: Treuenbrietzen, Nemmersdorf, Zalewo, Olsztyn

Mitverantwortlich für Ausschreitungen der sowjetischen Armeeangehörigen war, laut dem Historiker Norman M. Naimark die Propaganda sowjetischer Truppenzeitungen.[5] Dort wurde detailliert über wahre und erfundene Gräueltaten an der sowjetischen Zivilbevölkerung, vor allem an Frauen und Kindern berichtet. Der generelle Tenor der Schriften war, dass die Rote Armee als Rächer und Richter nach Deutschland kam, um „die Deutschen“ zu bestrafen. So schrieb der russische Schriftsteller Ilja Ehrenburg am 31. Januar 1945: „[Im Unterschied zu den Westdeutschen] wurden die Deutschen in Oppeln, in Königsberg und in Breslau schon bestraft. Sie wurden bestraft, aber nicht genügend. Sie wurden bestraft, aber nicht alle.“[16] Aufrufe von sowjetischen Generälen spornten die Soldaten zusätzlich an. Am 12. Januar 1945 wandte sich Armeegeneral Tschernjachowski mit den Worten an seine Truppen:„Gnade gibt es nicht - für niemanden, wie es auch keine Gnade für uns gegeben hat... Das Land der Faschisten muss zur Wüste werden, wie auch unser Land, das sie verwüstet haben. Die Faschisten müssen sterben, wie auch unsere Soldaten gestorben sind.“ Unter dem Begriff „Faschisten“ wurden, laut dem Historiker Joachim Hoffmann immer Deutsche verstanden.[17]

Vergewaltigungen

Die weibliche Zivilbevölkerung wurde regelmäßig zum Ziel sexueller Gewalt. Britische Kriegsgefangene sagten nach ihrer Rückkehr aus deutscher Kriegsgefangenenschaft in die britisch besetzte Zone Deutschlands aus: „Im Gebiet um unser Internierungslager, wo die Orte Schlawe, Lauenburg, Buckow ... lagen, vergewaltigten die Roten Soldaten in den ersten Wochen nach der Eroberung jede Frau und jedes Mädchen zwischen 12 und 60 Jahren... Väter und Gatten, die versuchten, die Frauen zu schützen, wurden erschossen, und Mädchen, die zuviel Widerstand leisteten, wurden ebenfalls ermordet.“[18]

Die unten angegebenen Quellen schätzen, dass Angehörige der Roten Armee gegen Ende des Zweiten Weltkrieges und in der Zeit nach Beendigung des Krieges über 2 Millionen deutsche Frauen vergewaltigten, [19] [20] [21] [22] [23] Mehrfachvergewaltigungen nicht eingerechnet.[24] Davon starben etwa 10 - 12 % an Verletzungen, wurden ermordet oder begingen Selbstmord.[25] Die Zahl der Vergewaltigungsopfer teilt sich wie folgt auf: Ostgebiete: 1.400.000; Sowjetische Besatzungszone ohne Berlin: 500.000; Berlin: 100.000.[25] [26]

Auch der Historiker Norman M. Naimark bestätigt die 2 Millionen deutschen Vergewaltigungsopfer.[5] In einigen Gebieten häuften sich die Vergewaltigungen derart, dass die Aufforderung „Frau, komm!“ zu einem geflügelten Wort wurde und auch Kinder „vergewaltigen“ spielten.[15] Oft versuchten jedoch vor allem Offiziere der Roten Armee, derartige Übergiffe, meist unter Androhung von Waffengewalt, zu verhindern, und schützten die Zivilbevölkerung.Quelle?

In Ungarn bemühte sich die sowjetische Armeeführung ab Februar 1945, Notzuchtverbrechen einzudämmen. Bis dahin wurden tausende ungarische Frauen von Angehörigen der Roten Armee vergewaltigt. In einigen Städten und Dörfern, in denen man noch auf einzelnen Widerstand stieß, wurde den Soldaten gestattet, drei Tage lang zu rauben, zu plündern und zu vergewaltigen".[27] [5] Allein in Budapest wurden schätzungsweise 50.000 Frauen vergewaltigt.[28] [29].

Auch die jugoslawischen Partisanen unter Milovan Djilas beklagten sich bei dem sowjetischen General Kornejew über Vergewaltigungen durch sowjetische Soldaten nach dem Einrücken sowjetischer Truppen im Herbst 1944 in Nordost-Jugoslawien anlässlich der Befreiung Belgrads von deutscher Besatzung. Dies wurde jedoch als „Beleidigung der glorreichen Roten Armee“ zurückgewiesen. Untersuchungen jugoslawischer Behörden bestätigten später die Vergewaltigungen und gewaltsamen Plünderungen.[5]

Eine Erklärung für die Vergewaltigungen in so hoher Zahl sieht Norman M. Naimark in der aus dem Mittelalter herrührenden Tradition der patriarchalischen Gesellschaft, den (männlichen) Feind durch Vergewaltigen seiner Frauen zu demütigen und zu bestrafen, zumal Vergewaltigung stets mit Begriffen von „Ehre und Schande“ zusammenhing. Diese beiden Begriffe waren auch in der russischen Kultur immer von Bedeutung. Ebenso hätten aber auch Alkoholgenuss und Trinkgewohnheiten eine Rolle gespielt.[5]

Behandlung von Kriegsgefangenen

In den ersten beiden Jahren nach Beginn des Angriffs auf die Sowjetunion kamen über 90 Prozent der gefangenen Soldaten der Achsenmächte ums Leben. So wurden beispielsweise 1941 notgelandete deutsche Flugzeugbesatzungen häufig nach der Gefangennahme erschossen. Folterungen, Verstümmelungen, Morde und andere Völkerrechtsverletzungen waren seit Juni 1941 an der Tagesordnung. Seit Winter 1941/42 nahm die Rote Armee jeden Monat etwa 10.000 deutsche Soldaten gefangen, die Todesrate lag jedoch so hoch, dass die absolute Zahl der Gefangenen bis Ende 1942 zurückging.[17] [30] Die Ermordung der Gefangenen wurde mitunter durch Befehle, Berichte und Aussagen von sowjetischen Befehlshabern angeordnet. "Gefangene Offiziere wurden alle ohne Ausnahme erschossen", hieß es in der Niederschrift eines Rotarmisten.[31] [17] Die Todesrate verringerte sich Anfang 1943, als mit zunehmender Gefangenenzahl die Etablierung eines Systems zur Versorgung der Kriegsgefangenen notwendig und schließlich durchgesetzt wurde.

Die Gesamttodesrate der Soldaten in sowjetischer Kriegsgefangenschaft ist schwer zu ermitteln, da unklar ist, wie viele der im Kampf vermissten Soldaten in sowjetische Kriegsgefangenschaft gelangten. NKWD-Statistiken registrierten 3.576.300 deutsche Kriegsgefangene und 799.982 Kriegsgefangene verbündeter Staaten des Deutschen Reiches.[32] Nach sowjetischen Lagerstatistiken sollen 360.000 Gefangene gestorben sein. Nach deutschen Schätzungen war die Todesrate jedoch dreimal so hoch. Etwa 1,1 Millionen Soldaten sind nicht zurückgekehrt, insgesamt soll mehr als ein Drittel aller deutschen Soldaten in sowjetischer Kriegsgefangenschaft ums Leben gekommen sein.[30]

Ungarische Kriegsgefangene wurden massenhaft exekutiert.[27] Von 200.000 als vermisst geltenden Soldaten starben die meisten in sowjetischer Kriegsgefangenschaft.[33]

Mehrere zehntausend japanische Kriegsgefangene starben in sowjetischer Kriegsgefangenschaft, insbesondere durch extrem harte Zwangsarbeit in sibirischen Minen. [34]

Sonstige Verstöße gegen das Völkerrecht

Angriffe auf Sanitätseinheiten

Auch Sanitätspersonal wurde von Rotarmisten angegriffen. Beispielsweise wurde am 28. Juni 1941 in der Gegend von Minsk eine deutlich gekennzeichnete Kolonne der Krankenkraftwagenzuges 127 überfallen und ein Großteil der Verwundeten und Sanitätspersonal getötet. Des weiteren findet sich in einem Gefechtsbericht, der vom „heißen Wunsch, viele von den faschistischen Reptilien zu vernichten, beseelt“ war, auch die Eintragung: „Ein Sanitätsfahrzeug mit 2 Pferden und 10 verwundeten Faschisten vernichtet.“ Der politische Leiter der 1. Kompanie meldete am 5. September 1941: „1 Sanitätsabteilung zerschlagen.“[17]

Völkerrechtswidrige Zerstörung von Städten und Gebäuden

Viele Städte und Dörfer vor allem in Ostpreußen wurden nach der meist kampflosen Einnahme von plündernden, sowjetischen Soldaten in Brand gesteckt. Orte wie Ostróda, Węgorzewo, Orzysz, Lębork oder Demmin können hier als Beispiele angeführt werden. Der Bevölkerung wurde in manchen Fällen (Demmin) untersagt, den Brand zu löschen. In der Regel überstanden in der Innenstadt nur wenige Gebäude das Inferno.

Die sächsische Stadt Altenberg wurde am 8. Mai von der Roten Armee besetzt, dann aber am 10. Mai niedergebrannt. Zwei Tage nach Kriegsende flogen sowjetische Flugzeuge einen Angriff auf die Stadt, bei dem 75% der Bausubstanz zerstört wurden. Wahrscheinlich galt der Angriff über die böhmische Grenze fliehenden Truppenteilen der Wehrmacht. Offiziell kamen mehr als 100 Zivilisten ums Leben.[35]

Plünderungen

Walter Kilian, der erste Bürgermeister des Berliner Stadtteils Charlottenburg nach Kriegsende, berichtete, dass es zu umfangreichen Plünderungen durch sowjetische Soldaten gekommen sei, die „Einzelpersonen, Kaufhäuser, Geschäfte, Wohnungen... beraubten“. Auch die Gebiete außerhalb Berlins waren von den Plünderungen betroffen. Durch die Plünderungen und Zerstörungen und den daraus entstehenden Mangel an Nahrung, Medikamenten und Heizmöglichkeiten starben vor allem Alte, Kranke und Kinder an Hunger, Infektionen und Kälte.[30]

In der Sowjetischen Besatzungszone äußerten SED-Parteimitglieder Stalin gegenüber Bedenken aufgrund von Plünderungen und Vergewaltigungen durch sowjetische Soldaten. Auf die deutschen Sorgen wegen der möglicherweise resultierenden negativen Folgen für das Ansehen der Sowjetunion und damit einhergehend für den Sozialismus in Deutschland reagierte Stalin ablehnend mit den Worten: „Ich dulde nicht, dass jemand die Ehre der Roten Armee in den Schmutz zieht.“[36] [5]

In Polen beteiligten sich Rotarmisten gemeinsam mit Angehörigen des NKWD an Ausplünderungen von Transportzügen.[7]

Strafverfolgung durch Militärgerichtsbarkeiten

Die sowjetischen Tagesbefehle, die zu Beginn der sowjetischen Winteroffensive 1945 herausgegeben wurden, enthielten im Wortlaut weder gegen die Zivilbevölkerung gerichtete Tötungsaufforderungen noch finden sich explizite Aufrufe zu anderen Völkerrechtsverstößen. Derartige Disziplinarverstöße wurden teilweise ausdrücklich unter Strafe gestellt. Allerdings wurden die Soldaten mitunter aufgefordert, sich für das Leid der sowjetischen Zivilbevölkerung und der eigenen Soldaten "grausam zu rächen."

In einem von Schukow erlassenen Tagesbefehl der 1. Weißrussischen Front zu Beginn der Winteroffensive 1945 heißt es, nach einem emotionalen Racheappell: "Wehe dem Land der Mörder! (...) Diesmal werden wir das deutsche Gezücht endgültig zerschlagen!"[37]

Demgegenüber drohte Rokossowski in einem Tagesbefehl vom 22. Januar 1945 solche Verstöße "bis hin zum Erschießen zu ahnden", um in kürzester Frist "mustergültige Ordnung und Disziplin" herzustellen sowie um materielle Werte zu schützen. Dieser Befehl war als streng geheim eingestuft und musste bis zu den Zugführern mündlich übermittelt werden, d.h. er war nicht für öffentliche Propagandazwecke bestimmt. In einer durch Wehrmachtsdienststellen erbeuteten Detailanweisung des Militärstaatsanwaltes eines Armeeverbandes vom 23. Januar 1945 wurde gefordert, schnell einige Schauprozesse gegen Schuldige durchzuführen. Der militärische Justizdienst wurde angewiesen, Disziplinlosigkeit und ausdrücklich auch das "Niederbrennen von Gebäuden und Ortschaften" als "staatsfeindliche Handlungen" zu verfolgen. Ausserdem seien Repressalien gegen die Zivilbevölkerung und insbesondere der Waffeneinsatz gegen Frauen und Kinder als "in der Roten Armee nicht üblich" zu bestrafen.[38]

Mitte 1947 versuchte die Führung der Roten Armee, das Problem weiter einzudämmen[30]; dabei reichten die Strafen von Arrest bis zur Hinrichtung. Die Rote Armee wurde räumlich von der Wohnbevölkerung getrennt. Im März 1949 schließlich erließ das Präsidium des Obersten Sowjets einen Erlass, der das Strafmaß vereinheitlichte und erhöhte. Die sowjetischen Besatzungstruppen wurden instruiert, dass die neuen Gesetze auch für sie gelten.[30] Eine Vergewaltigung zog zwingend eine Strafe von 10 bis 15 Jahren Arbeitslager nach sich, schwere Fälle eine Strafe von 10 bis 20 Jahren.

Die sowjetische Führung war der Genfer Kriegsgefangenen-Konvention von 1929 nicht beigetreten. Auch erkannte die sowjetische Führung den Beitritt des Zarenreiches zur Haager Landkriegsordnung nicht als bindend an.[39] Dennoch wurden regelmäßig auch Regierungen oder Armeeführungen zur Verantwortung gezogen, die sich nicht völkerrechtlichen Grundsätzen verpflichtet hatten. Und obwohl sich das Völkerrecht seit Ende des Ersten Weltkrieges erheblich weiterentwickelt hatte und es Beispiele für eine internationale Strafverfolgung von Kriegsverbrechen gab (Leipziger Prozesse, Nürnberger Prozesse), wurde von einer internationalen Militärgerichtsbarkeit gegen die sowjetische Armeeführung zu keiner Zeit Anklage erhoben.

Nationalsozialistische Propaganda

Die nationalsozialistische Propaganda zielte durch eine falsche oder übertriebene Berichterstattung darauf ab, einerseits die Kampfmoral der deutschen Soldaten zu erhöhen und andererseits den Glauben an den „Endsieg“ in der Bevölkerung zu stärken. So ließ Propagandaminister Goebbels noch im September 1944 die Meldung verbreiten, dass nie ein sowjetischer Soldat die deutsche Reichsgrenze überschreiten werde. Als der sowjetische Vormarsch wenige Monate später das Reichsgebiet erreichte und es zu ersten Verbrechen von Rotarmisten an der Zivilbevölkerung kam, nutzte die NS-Propandamaschinerie diese Verbrechen, um die Kampfmoral der Soldaten zu steigern, und versuchte, eine internationale Empörung auszulösen. Sie setzt dabei insbesondere auf die Vergewaltigungen, womit sie gezielt antisemitischen Topos fortsetzte - schon früher hatte die nationalsozialistische Propaganda immer wieder behauptet, die Juden wären maßgeblich darauf aus, deutsche Frauen zu schänden.[40]

Kontroversen und fachliche Rezension

In Deutschland waren die Verbrechen der Roten Armee, die Ende des Zweiten Weltkrieges begangen wurden, Teil einer in den 1980er Jahren öffentlich geführten Kontroverse, dem sogenannten Historikerstreit. Der Historiker Andreas Hillgruber unternahm in seinem Buch Zweierlei Untergang den Versuch einer parallelen Betrachtung von Holocaust und dem Zusammenbruch der Ostfront und der sich daran anschließenden Phase der Flucht und Vertreibung. Dem Verfasser wurde immer wieder vorgeworfen, wenn nicht mutwillig, so doch zumindest grob fahrlässig nicht nur einen Vergleich, sondern eine Gleichsetzung der beiden Untergänge vorgenommen zu haben. Hillgruber distanziert sich heute von derartigen Gleichsetzungen: Die zwei Texte seien unabhängig voneinander entstanden und von ihm auch unabhängig voneinander gemeint gewesen, aber vom Verleger Wolf Jobst Siedler nach oberflächlichen Kriterien zu einem Buch zusammengefasst worden.

In Russland wurde dieses Thema von Menschenrechtlern und Dissidenten wie Alexander Solschenizyn oder Lew Kopelew aufgegriffen. In der breiten Öffentlichkeit ist es weitgehend tabuisiert.[41]

In Polen, Ungarn und den baltischen Ländern war dieses Thema zwar im historischen Bewusstsein immer präsent, eine systematische, öffentlich geführte Auseinandersetzung konnte jedoch erst nach dem Zerfall der Sowjetunion beginnen.

Quellen

  1. Vgl. John Correll: Casualties, in: Air Force Magazine (Juni 2003), S.53; F. W. Putzger: Historischer Weltatlas, Velhagen & Klasing, 1969; W. van Mourik: Bilanz des Krieges, Lekturama-Rotterdam, 1978
  2. Woloschin: Welchen Preis bezahlte die Sowjetunion für den sogenannten Großen Vaterländischen Krieg, in: Schlach Peremophy (9. Sept. 1995)
  3. Der Befehl Nr. 270 im russischen Original auf hrono.ru
  4. Stichwort Befehl 270 auf internet-school.ru
  5. a b c d e f g Norman M. Naimark Die Russen in Deutschland, 1997, ISBN 3549055994
  6. Red Army troops raped even Russian women as they freed them from camps
  7. a b Thomas Urban Der Verlust, S. 145, Verlag C. H. Beck 2004, ISBN 3406541569
  8. Tomasz Strzembosz: Die verschwiegene Kollaboration Transodra, 23. Dezember 2001
  9. Bogdan Musial: Ostpolen beim Einmarsch der Wehrmacht nach dem 22. Juni 1941
  10. Bogdan Musial: Konterrevolutionäre Elemente sind zu erschießen, Propyläen 2000, ISBN 3549071264
  11. a b c ARD 60 Jahre Kriegsende
  12. Thomas Darnstädt, Klaus Wiegrefe "Vater, erschieß mich!" in Die Flucht, S. 28/29 (Herausgeber Stefan Aust und Stephan Burgdorff), dtv und SPIEGEL-Buchverlag, ISBN 3423341815
  13. IMT-Protokolle Nürnberg, Nr.40, S.50/51
  14. Alfred M. de Zayas, „Die Anglo-Amerikaner und die Vertreibung der Deutschen“, Ullstein, 1988.
  15. a b Michael Klonovsky: Preußen zahlt die Zeche in : 60 Jahre Kriegsende - Teil IV (Focus vom 14. Februar 2005, Ausgabe 07, S. 72-76
  16. Originaltext von „Tag der Abrechnung“ (russ.)
  17. a b c d Joachim Hoffmann: Stalins Vernichtungskrieg 1941 - 1945 München, Herbig Verlagsbuchhandlung, 2003 ISBN 3-7766-2079-X (9. Auflage)
  18. Congressional Record, Senate, Washington, 4. 12.1945, S. 11374 in : Alfred M. de ZayasDie Anglo-Amerikaner und die Vertreibung der Deutschen, S. 87, Ullstein, 1988
  19. Bundeszentrale für politische Bildung
  20. Quellenangaben auf der Seite der Bundeszentrale für politische Bildung
  21. Helke Sander und Barbara Johr BeFreier und Befreite. Krieg, Vegewaltigung, Kinder Fischer Taschenbuch Verlag (2005), ISBN 3-596-16305-6
  22. G.Reichling Die deutschen Vertriebenen in Zahlen, Bonn 1986, 1989
  23. Franz W. Seidler and Alfred M. de Zayas. Kriegsverbrechen in Europa und im Nahen Osten im 20. Jahrhundert Hamburg-Berlin-Bonn (2002), S.122, ISBN 3-8132-0702-1
  24. Auszug aus Hitchcocks "The Struggle for Europe"
  25. a b Bundesarchiv/Militärarchiv Freiburg [1] Akten Fremde Heere Ost Bestand H3, Bd. 483, 657, 665, 667, 690 Bundesarchiv Koblenz [2] Ostdokumentensammlung Ost-Dok. 2 Nr. 8,13,14; Ost-Dok.2/51, 2/77, 2/96
  26. Archiv der Charité und Landesarchiv Berlin[3]
  27. a b Krisztián Ungváry Sowjetische Verbrechen nach der Besetzung Ungarns in Franz W.Seidler, Alfred M.de Zayas Kriegsverbrechen in Europa und im Nahen Osten im 20. Jahrhundert, S. 126-128, Verlag Mittler, Hamburg, Berlin, Bonn 2002, ISBN 3813207021
  28. James Mark: "Remembering Rape: Divided Social Memory and the Red Army in Hungary 1944-1945"Past & Present - Number 188, August 2005, pp. 133
  29. "The worst suffering of the Hungarian population is due to the rape of women. Rapes - affecting all age groups from ten to seventy are so common that very few women in Hungary have been spared." Swiss embassy report cited in Ungváry 2005, p.350. (Krisztian Ungvary The Siege of Budapest 2005)
  30. a b c d e Hubertus Knabe Tag der Befreiung? Das Kriegsende in Ostdeutschland, Propyläen 2005, ISBN 3549072457
  31. BA-MA, RH 21-1/481, 13.1.1942
  32. G. F. Krivosheev, Russia and the USSR in the wars of the 20th century: losses of the Armed Forces. A Statistical Study, in Russian
  33. Támas Stark. Hungary's Human Losses in World War II. Uppsala Univ. 1995 ISBN 91-86624-21-0
  34. Alvin D. Cox, Nomonhan: Japan Against Russia, 1939, Stanford, Stanford University Press
  35. Friedrich Karl Fromme in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 19. Mai 2005 (Nr. 114, S. 11)
  36. Wolfgang Leonhard Die Revolution entläßt ihre Kinder, Köln 1955, Neuauflage 1981
  37. BA-MA, RH 19 XV/6, Januar 1945
  38. Jan Foitzik: Die Besetzung Ost- und Mitteldeutschlands durch die Rote Armee 1944/1945 im Lichte des Kriegsvölkerrechts. In: E. Scherstjanoi (Hrsg.): Rotarmisten schreiben aus Deutschland. Briefe von der Front und historische Analysen. Texte und Materialien zur Zeitgeschichte (2004), Band 14, hrsg. vom Institut für Zeitgeschichte. K.G.Saur Verlag München. S. 369-395. Hier: S. 378f.
  39. Haager Landkriegsordnung
  40. Ilko Sascha Kowalczuk, Stefan Wolle: „Roter Stern über Deutschland“. Berlin 2001. ISBN 3-86153-246-8 S. 35ff.
  41. Russians angry at war rape claims Telegraph.co.uk 01/25/2002

Literatur