Unterschiede zwischen der tschechischen und der slowakischen Sprache

Überblick über die Unterschiede zwischen der tschechischen und der slowakischen Sprache
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Dieser Artikel stellt eine linguistische Beschreibung der Unterschiede zwischen der tschechischen und slowakischen Sprache dar.

Lautsystem

Das Tschechische und Slowakische unterscheiden sich vor allem durch einige lautliche Entwicklungen. Eigene slowakische Laute, die es im Tschechischen nicht gibt, und die teilweise auch graphisch anders dargestellt werden, sind das ä, die Diphthonge ia/ie/iu und ô, das dz, das dž, sowie das ľ (zur Aussprache dieser Laute siehe oben). In beiden Sprachen können l und r als Vokale auftreten, im Slowakischen gibt es dazu noch einen Unterschied zwischen langem und kurzem r oder l. (tschech.: vrba [vrba], slowak.: vŕba [vr:ba], dt.: Weide). Die Lautassimilierung sowie eine Art "liaison" bei der Aussprache ist (zumindest in der Schriftsprache) im Slowakischen viel deutlicher ausgeprägt als im Tschechischen.

Wortschatz

Der Wortschatz beider Sprachen ist bis auf die lautlichen Differenzen zum großen Teil identisch. Unterschiede betreffen im Wesentlichen die folgenden Bereiche:

a) Fremdwörter sind im Tschechischen oft bewusst durch eigene Bildungen ersetzt worden, im Slowakischen aber gebräuchlich (vergleiche Sekunde = ts. vteřina = sl. sekunda, Januar = ts. leden = sl. január, ähnlich auch die anderen Monatsnamen, Grammatik = ts. mluvnice = sl. gramatika usw., dt. Flasche = ts. láhev = sl. fľaša;);

b) im Slowakischen gibt es eine kleine Zahl ungarischer Wörter, die im Tschechischen fehlen, vergleiche Nachricht = sl. chýr, ungar. hír, und Wörter der im Karpatenraum siedelnden Hirten, vergleiche Schafskäse = sl. bryndza (dies ist aus dem Rumänischen übernommen, wo es einfach Käse heißt);

c) gewisse Bereiche des Grundwortschatzes (zum Beispiel dt.sprechen = ts. mluvit = sl. hovoriť; dt.ja(wohl) = ts. jo = sl. hej, dt. falls, wenn = ts. jestli = sl. ak; dt. auf Wiedersehen = ts. nashledanou = sl. dovidenia).

Die Ähnlichkeiten gehen zum größeren Teil darauf zurück, dass das Tschechische vom 15. bis 18. Jahrhundert in weiten Teilen der Slowakei als Schriftsprache gebräuchlich war. Im 19. Jahrhundert entfernte sich die neue slowakische Schriftsprache (zum Teil auch bewusst) vom Tschechischen, in dieser Zeit wurden auch einzelne Wörter aus Dialekten in die Schriftsprache übernommen. Außerdem wurde vor allem in der Biologie eine eigene wissenschaftliche Terminologie gebildet. In der Zeit des gemeinsamen Staates Tschechoslowakei näherten sich die Sprachen wieder an. Von 1918 bis in die 1930er Jahre gingen die tschechoslowakischen Behörden von der Fiktion einer "tschechoslowakischen" Sprache aus, de facto wurde in dieser Zeit das Slowakische bewusst an das Tschechische herangeführt. Nachdem sich in den dreißiger Jahren deutlicher Widerstand gegen diese Politik gewandt hatte, wurde sie nach 1945 nicht wieder aufgenommen. Doch waren bis zum Ende der Tschechoslowakei terminologische Kommissionen bestrebt, den Fachwortschatz beider Sprachen möglichst ähnlich zu halten. Zur heutigen Ähnlichkeit des Wortschatzes hat vor allem seit den sechziger und siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts die gegenseitige Erreichbarkeit durch Rundfunk, Film und Fernsehen in beiden Teilen der Tschechoslowakei beigetragen. Auf diese Weise kamen alle Bürger mit der jeweils anderen Sprache in Berührung. Seit der Staatstrennung ist eine erneute Entfernung zu beobachten. So haben Jugendliche heute oft Probleme, die jeweils andere Sprache zu verstehen.

Grammatik

Große Unterschiede zwischen Tschechisch und Slowakisch bestehen bei den Deklinations- und Konjugationsendungen, die im Slowakischen allgemein viel regelmäßiger und einfacher sind. Das Slowakische hat ursprünglich wie das Tschechische sieben grammatikalische Fälle besessen, aber während das Tschechische den Vokativ (Fall für Anreden von Personen) nach wie vor aktiv verwendet, ist er im Slowakischen weitgehend außer Gebrauch geraten. Er wird fast immer durch den Nominativ ersetzt - abgesehen von einigen Sonderfällen (oft alte, kirchenbezogene Wörter wie zum Beispiel: dt. Sohn = syn -> synku, dt. Pate = kmotor -> kmotre, dt. Gott = boh -> bože oder dt. Vater = otec -> otče). Schon seit einigen Jahren wird der Vokativ nicht mehr in den Grammatiken aufgeführt.

Dialekte

Auf dem Gebiet der Slowakei werden zahlreiche, zum Teil sehr unterschiedliche Dialekte gesprochen, während die Bedeutung der Dialekte in Tschechien stark zurückgegangen ist.