Der politische Kampfbegriff Kriegsschuldlüge wurde in der Weimarer Republik geprägt, um die im Vertrag von Versailles festgestellte „alleinige Kriegsschuld” des Deutschen Reichs und seiner Verbündeten am Ersten Weltkrieg als Lüge darzustellen. Dies sollte zugleich die damit begründeten Reparationsforderungen der Alliierten abwehren und politische Gegner als deren „Erfüllungspolitiker“ und „Novemberverbrecher“ angreifen.
Der Begriff kam unter den deutschen Delegierten während der laufenden Pariser Friedenskonferenz auf. Er wurde dann zu einer Propaganda-Figur der politischen Rechtsparteien und ihnen nahestehenden Medien in Deutschland. Vor allem die NSDAP und die DNVP benutzten den Begriff, um jede Verantwortung Deutschlands am Ausbruch des Weltkriegs zu bestreiten und damit die Weimarer Verfassung in Frage zu stellen. Sie fanden dabei Unterstützung in breiten Teilen der Bevölkerung.[1]
Dies wurde begünstigt durch den Umstand, dass auch die Regierungsparteien der Weimarer Koalition - SPD, Zentrumspartei und DDP - den „Kriegsschuldartikel“ des Versailler Vertrages ablehnten und dessen Auflagen als „Diktatfrieden“ bekämpften (siehe Vertragsrevisionismus). Auch die historische Aufarbeitung der Kriegsursachen unterblieb weitgehend, da sie in allen beteiligten Staaten von politischen Vorgaben beeinflusst wurde (siehe dazu Kriegsschuldfrage).
Erst Veröffentlichungen des Historikers Fritz Fischer brachten ab 1959 eine nachhaltige und differenzierte Erforschung der Ursachen des Ersten Weltkriegs in Deutschland, Frankreich und Großbritannien in Gang, die den Propagandakonsens der Weimarer Zeit von der weitgehenden Kriegsunschuld bzw. Alleinschuld Deutschlands durchbrach (siehe Fischer-Kontroverse).
Referenzen
siehe auch
Literatur
- Ulrich Heinemann: Die verdrängte Niederlage, Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft Band 59, Göttingen, 1983, ISBN 3-525-35718-4