Oberleitungsbus

elektrisch angetriebenes Straßenverkehrsmittel mit Energiezufuhr durch Fahrleitungen über der Fahrbahn
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Ein Oberleitungsbus, auch O-Bus oder Trolleybus, ist ein spurungebundenes elektrisch angetriebenes öffentliches Verkehrsmittel für den Personennahverkehr.

Trolleybus vom Typ Solaris/Ganz Trollino in Landskrona (Schweden)

Etymologie

 
"Elektromote", 1882, der erste Oberleitungsbus der Welt
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Moderner Trolleybus in Cambridge bei Boston

Der Begriff Oberleitungsbus (O-Bus, Obus) wird meistens in Deutschland und Österreich verwendet. Außerhalb dieser beiden Länder, beispielsweise in der Schweiz, Russland und den USA, ist der Begriff Trolleybus gebräuchlich. Die Amerikaner sagen überwiegend electric bus, da dort ein trolley eher ein Straßenbahnwagen ist, manchmal aber auch trolley coach (früher selten auch trackless trolley für gleislose Straßenbahn).

Mit Trolley (von englisch trolley = Laufkatze) wurde das Wägelchen bezeichnet, das bei den ersten Fahrzeugen dieser Art an der Oberleitung hinter den Bussen an einer losen Schnur herfuhr, bevor die Stromabnahme über Stangen erfolgte. Der Hersteller Siemens-Schuckert bezeichnete die Busse anfangs als „Elbus“ (Elektrobus).

In der Geschichte wurde dieser Bustyp verschieden benannt. Das erste Exemplar von Werner Siemens 1882 hieß „Elektromote“, später (etwa um die Jahrhundertwende) nannte man sie „gleislose Bahn“. Andere Bezeichnungen waren „gleisloser Spurwagen“, „Oberleitungskraftwagen“ und „Oberleitungs-Automobil“. Die deutsche Erfindung des Obusses geriet ab 1918 weitgehend in Vergessenheit, die Idee wurde nur in Großbritannien und den USA weiterentwickelt.

Erst 1930 wurde wieder eine Linie zwischen Mettmann und Gruiten (bei Düsseldorf) errichtet und man einigte sich auf den Namen „Fahrdrahtbus“, um klarzustellen, dass es sich um ein Kraftfahrzeug und nicht um eine Bahn handelt. Dies war notwendig, um klarzustellen, dass das Kleinbahngesetz für diese Fahrzeuge nicht greift.

Gleichwohl gelten sowohl die Bau- und Betriebsordnung für Straßenbahnen (BOStrab) als auch die Betriebsordnung für den Kraftomnibusse (BOKraft) (In Österreich und in der Schweiz ist der Obus dennoch dem Eisenbahngesetz unterstellt.) Der Begriff „Oberleitungsbus“, kurz „Obus“ wurde im September 1937 durch den Bahnausschuss des Verbandes deutscher Verkehrsverwaltungen eingeführt.

Funktionsprinzip

 
Fahrleitungen eines Obusses mit Weiche
 
Stromabnehmer an einem Obus ÖAF Gräf & Stift NGE 152 M17
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Spannmechanismus an einem Van-Hool-Obus in Athen

Ein Oberleitungsbus ist wie ein Omnibus gebaut, der von einem oder mehreren Elektromotoren angetrieben wird und über zwei (früher auch selten einen) Stangenstromabnehmer die für den Antrieb benötigte Energie aus der über der Straße gespannten zweipoligen Fahrleitung (Gleichstrom) bezieht. Die Stromabnehmer werden durch starke Zug-Spiralfedern an die Fahrleitungen gepresst, so dass der Bus immer eine Welle auf der Fahrleitung vor sich herschiebt.

Ganz selten passiert es noch heute, dass die Stromabnehmer aus den Leitungen fallen (Stangenentgleisung) - in den 60er Jahren geschah dies im Fahrbetrieb noch regelmäßig. Der Busfahrer muss dann aussteigen und den Stromabnehmer mit dem am Heck des Busses angebrachten Fangseil (Trolley-Retriever, nicht bei allen Betrieben in Verwendung) wieder in die Fahrleitung einfädeln.

Diese Fangseile sind teilweise vorgespannt (etwa der BBG/Verkehrsbetrieb Eberswalde), teilweise mit Rollen an den Stangen lose befestigt (SWS) und dienen dazu, bei einem Entgleisen die Stangen herunterzuziehen, um Schäden an den Oberleitungen zu verhindern. Die Weichen der Stromleitungen werden per Knopf vom Fahrersitz aus geschaltet (Funksignalübertragung, früher auch Solenoid-Steuerung - Stromverbrauch über Fahrschalter oder Widerstandsgruppe ähnlich wie bei der Straßenbahn).

Da Obus-Netze selten nur eine Stromversorgungsquelle haben, sind kurze (etwa 300 mm) stromlose Stellen im Fahrleitungsdraht erforderlich. Diese sollten so angeordnet werden, dass sie an Stellen liegen, an denen ein Halten der Busse unwahrscheinlich ist (Kreuzungen etc.). Als Fahrspannung sind heute zwischen 600 und 750 Volt Gleichstrom üblich.

Die meisten modernen Oberleitungsbus-Typen besitzen zusätzlich einen Verbrennungsmotor als Hilfsmotor. Dadurch wird es möglich, auch ohne den Strom aus der Oberleitung mit verminderter Geschwindigkeit weiter zu fahren. Zur Anwendung gelangt dieser Hilfsmotor vor allem im Depotbereich und bei Umleitungen wegen Baustellen. In der Ebene schaffen die Busse so aber kaum mehr als 20 km/h.

Im Versuchsbetrieb werden auch Hybridantriebe für Busse getestet, die in der Stadt elektrisch und auf Überlandstraßen mit Diesel arbeiten können. Duo-Busse können sowohl mit dem Strom aus einer Oberleitung (Fahrleitung), als auch vom Akkumulator oder von einem Dieselmotor angetrieben fahren (zum Beispiel in Esslingen am Neckar und Eberswalde).

Moderne Obusse haben eine maximale Leistungsaufnahme von über 700 kW und erreichen Beschleunigungen, die über denen der meisten PKWs liegen. Sie sind deshalb auch in topografisch schwierigen Gegenden (zum Beispiel in Solingen) einsetzbar und erweisen sich bis heute den Dieselbussen als weit überlegen.

Die Busse können auch auf einer von der Straße gesonderten Strecke fahren und mit einer automatischen Spurführung ausgerüstet sein. Diese Spurbusse werden jedoch nur in wenigen Städten der Welt eingesetzt, unter anderem in Essen, jedoch seit 1996 nicht mehr mit Elektroantrieb.

Wirtschaftlichkeit und Ökobilanz

 
Trolleybus mit Anhänger in Luzern, Schweiz

Die Laufleistungen der Obusse liegen aufgrund von geringerem Verschleiß im Antriebssystem über denen von Dieselfahrzeugen, der Unterhalt ist daher kostengünstiger.

Die Anschaffungs- und Betriebskosten von Oberleitungsbussen sind, abhängig zum Beispiel von topografischen Bedingungen, etwa ein Drittel höher als bei einem Dieselantrieb. Insbesondere in Gebieten mit einem wechselhaften Höhenprofil und einer Vielzahl von Brems-/Beschleunigungsvorgängen können moderne Fahrzeuge die Bremsenergie in die Oberleitung rückspeisen (analog zu Oberleitungsschienenfahrzeugen).

Die Oberleitungen begrenzen die Flexibilität im Fahrbetrieb. Ihre Installation und Wartung sind ein zusätzlicher Kostenfaktor. Bei entsprechender Planung können aber beispielsweise die Lichtmasten für die Straßenbeleuchtung mit benutzt werden. Die relative Laufruhe und der abgasfreie Betrieb sind jedoch wichtige ökologische Argumente für den Trolleybus.

In einem Forschungsbericht der Fachhochschule Köln[1] über die Energie-, Kosten- und Emissionsbilanz von Oberleitungsbussen wurde zusammenfassend festgestellt, dass moderne Oberleitungsbusse „die Atmosphäre mit erheblich geringeren Schadstoffen als eine gleichgelagerte Dieselbusflotte belasten“. Besonders bei lokal emissionsfrei erzeugtem Strom sind Oberleitungsbusse eine im Vergleich zu Straßenbahnen flexible und kostengünstige Maßnahme zur Verbesserung der Lufthygiene.

Geschichte

Die Anfänge

 
Obus in Eberswalde 1901
 
Obus Typ MPE 1 in Eberswalde 1940

Der erste von Werner von Siemens erbaute Oberleitungsbus der Welt, er trug den Namen „Elektromote“, kreuzte am 29. April 1882 als Versuchsfahrzeug den Kurfürstendamm in Halensee bei Berlin. In der Schweiz fuhr am 17. Dezember 1900 in Villeneuve im Kanton Waadt der erste Trolleybus, in Deutschland am 15. März 1901 in Eberswalde (im Linienbetrieb), in Österreich am 16. Juli 1907 in Gmünd im Bundesland Niederösterreich. Im Laufe der Jahrzehnte verbreitete er sich auf allen Kontinenten.

Beim Elektromote wurde der Strom der zweipoligen Oberleitung durch einen achträdigen Kontaktwagen entnommen, der auf den Fahrleitungsdrähten fuhr und hinter dem Bus hergezogen wurde. Der Bus hatte zwei Elektromotoren von je 2,2 kW Leistung, die über einen Kettenantrieb auf die Hinterräder wirkten. Er wurde mit 550 V Gleichstrom betrieben und hatte stahlbereifte Holzräder. Nach sechs Wochen wurde der Versuchsbetrieb auf der 540 Meter langen Strecke eingestellt.

Auf der Pariser Weltausstellung im Jahre 1900 erhielt die nach einem französischen Ingenieur benannte Bauart Lombard-Gérin eine Goldmedaille. Hierbei fuhr ein elektrisch betriebener Stromabnehmerwagen synchron vor dem Bus her. Seine Antriebsenergie erhielt er nicht direkt per Kontakt aus der Fahrleitung, sondern induktiv von den Antriebsmotoren, wodurch ein synchroner Betrieb möglich war. Dieser Bus fuhr 1901 als erster Obus in Eberswalde im Linienbetrieb. Nach 3 Monaten wurde der Betrieb eingestellt, weil die Straßen zu schlecht waren und die Räder zu schnell verschlissen. Der Bus fuhr danach in Schweden und Budapest, die weitere Geschichte ist unbekannt.

In Deutschland besaßen die Arbeiten von Carl Stoll (1846-1907) und Max Schiemann (1866-1933) für die Entwicklung des Oberleitungsbusses Pionierbedeutung. Der Unternehmer und Konstrukteur Carl Stoll hatte das System Lombard-Gérin weiterentwickelt und vereinfacht (System Mercedes-Stoll). Aber erst Max Schiemann gelang es, das bei der Stromabnahme relativ sichere und bis in die Gegenwart gebräuchliche durch Federkraft angepresste Kontaktstangensystem einzuführen.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde der elektrische Antrieb besonders attraktiv, da die Leistungsfähigkeit der damaligen Verbrennungsmotoren im Omnibus vergleichsweise gering war.

Die Jahre der größten Verbreitung

 
Ex-Walsall Trolleybus im Black Country Living Museum, Großbritannien
 
Historischer Obus ŠKODA 9 Tr in Eberswalde 2002

Eine Weiterentwicklung des Systems erfolgte dann besonders in den USA und Großbritannien. Zwischen 1887 und 1924 gab es in den Vereinigten Staaten rund 20 Versuchsanlagen. Dort gelang es Stromabnehmer für eine Geschwindigkeit von 60 Kilometer pro Stunde zu entwickeln. 1934 verkehrten im ganzen Land 458 Oberleitungsbusse in 24 Betrieben mit einer Netzlänge von 335 Kilometern.

In der britischen Hauptstadt London ging am 25. September 1909 eine Versuchsanlage nach dem System Schiemann in Betrieb. Nach zahlreichen Tests eröffnete man 1911 Obusanlagen in Bradford und Leeds. 1934 waren in Großbritannien 1089 Trolleybusse in 30 Betrieben mit einer Netzlänge von 589 Kilometern im Einsatz.

Der Oberleitungsbus besaß bis Ende der 50er Jahre weltweit, vor allem in den USA und in Großbritannien, eine besondere Akzeptanz. Er ersetzte Straßenbahnen, weil die Schienen nicht erneuert werden mussten, Linienerweiterungen wesentlich billiger waren, er schneller und leiser fuhr und deshalb an Attraktivität für die Fahrgäste gewann.

Ab Mitte der 50er Jahre kam die Trendwende. In Deutschland betrieben etwa 70 Städte Oberleitungsbusse, die meisten von ihnen bis in die späten 60er Jahre. Obwohl der Oberleitungsbus eine Reihe von Vorteilen aufweist, wurde das System vielerorts zugunsten von vom Fahrdraht unabhängig einsetzbaren Dieselbussen aufgegeben.

Kaiserslautern trennte sich auf Beschluss des Stadtrates vom 25. November 1985 mit 28 Stimmen von SPD und Grüne gegen 24 Stimmen der CDU vom Obus. Als Gründe für die Abschaffung wurden vor allem die Kosten genannt, aber auch die ausgereiftere Dieseltechnologie und höhere Flexibilität.

In den 70er Jahren führte die Preisentwicklung auf dem Energiesektor und das sich verstärkende Umweltbewusstsein zu einer Wiederbelebung der Diskussion um den Oberleitungsbus in verschiedenen europäischen Ländern. Auch die Fortschritte in der Antriebstechnik trugen dazu bei, dass der Oberleitungsbus wieder als Alternative zu anderen Beförderungsmitteln akzeptiert wurde.

Obusse im 21. Jahrhundert

Weltweit verkehren derzeit etwa 40.000 Oberleitungsbusse, davon allein in Russland rund 15.000. Letztere sind im allgemeinen dringend erneuerungsbedürftig, wegen fehlender finanzieller Mittel werden sie jedoch weiterhin betrieben. Außer in Afrika fahren Trolleybusse auf allen Kontinenten. Der letzte Obus Afrikas verkehrte am 28. November 1986 in Johannesburg in der Republik Südafrika. In Ozeanien fahren nur in der neuseeländischen Hauptstadt Wellington rund 60 Trolleybusse.

Deutschland

 
Ein Solinger O-Bus in Wuppertal-Vohwinkel

In Deutschland gibt es aktuell nur noch drei O-Bus-Betriebe: einen mittelgroßen in Solingen (49 Fahrzeuge, sechs Linien - darunter auch ein kurzer Streckenabschnitt nach Wuppertal-Vohwinkel), sowie zwei kleinere Netze in Eberswalde (15 Fahrzeuge, zwei Linien) und in Esslingen am Neckar (9 Fahrzeuge, zwei Linien - darunter auch ein kurzer Streckenabschnitt nach Stuttgart-Obertürkheim).

Österreich

In Österreich fahren in Linz (einstellungsgefährdet zugunsten Flüssiggasbetrieb) und Salzburg Oberleitungsbusse. Der traditionsreiche (seit 1940) und mittelgroße Betrieb (8 Linien, 81 Gelenk-Obusse) in Salzburg wird weiterhin stark ausgebaut; so gibt es dort etwa seit 2. Mai 2006 eine der sehr seltenen Vollkreuzungen für Obusse (Kreuzung Sterneckstraße/Linzer Bundesstraße - „Grand Union for Electric Trolleybuses“), so dass diese aus allen Richtungen kommend in alle Richtungen abbiegen können. Für den Betrieb sind jeweils acht schaltbare Zweiweg- und Einlaufluftweichen und 16 Kreuzungsweichen notwendig.

Der Betrieb in Innsbruck wurde am 25. Februar 2007 eingestellt (Ersatz durch Erweiterungen des Straßenbahn- bzw. Stadtbahnnetzes), die überholungsbedürftigen Fahrzeuge teils nach Brasov und teils nach Sofia und die fast neue Oberleitung in die ukrainische Stadt Kalusch verkauft (Demontage wahrscheinlich erst 2008). Nach Kapfenberg im Jahre 2002 ist das die zweite Stilllegung eines Obusbetriebes in Österreich innerhalb weniger Jahre.

Schweiz

In der Schweiz sind die Trolleybusse, wie sie dort genannt werden, weiter populär, es gibt sie heute in 14 Städten. Die preiswerte und umweltfreundliche Energiegewinnung aus der Wasserkraft und unübertroffene Beschleunigung am Berg haben dies im Alpenstaat unterstützt. Allerdings wurde der Betrieb in Lugano im Jahre 2001 geschlossen und die Trolleybusse durch Dieselbusse ersetzt. Die wenigen Basler Trolleybusse werden per Ende 2008 durch Gasbusse ersetzt werden. Auch Schaffhausen diskutiert die Frage, ob der Weiterbetrieb der wenigen Trolleybusse noch Sinn mache.

Weitere Länder in Europa

 
O-Bus in Cagliari, Sardinien

In Europa verkehren (ohne den europäischen Teil Russlands) rund 15.000 Obusse, davon in der Ukraine etwa 8.000 und in Weißrussland 2.000. Mit der Aufnahme neuer Staaten in die Europäische Union (EU) am 1. Mai 2004 und 1. Januar 2007 hat das System Oberleitungsbus im Unionsgebiet einen Zuwachs um circa 3.500 auf nun rund 5.000 Trolleybusse erfahren. Hierzu tragen die Länder Tschechien (13 Betriebe, 720 Obusse), Rumänien (14 Betriebe, 680 Obusse) und Bulgarien (15 Betriebe, 520 Obusse) am meisten bei (Stand Ende 2006). Sie belegen in der Anzahl der Trolleybusse die ersten drei Plätze auf dem Gebiet der EU.

In Rom sind seit 2005 rund 30 Hybridbusse (mit Akku-Hilfsantrieb) im Einsatz; weitere acht Städte werden den „Filobus“ demnächst wieder einführen. Auch in der slowakischen Hauptstadt Bratislava wird der „Trolejbus“-Betrieb erweitert und modernisiert. Im schwedischen Landskrona wird seit 2003 eine Linie mit drei Bussen bedient und von einem Windgenerator mit Energie versorgt.

Dagegen mussten 2004 in der französischen Stadt Marseille und seit 2005 in den rumänischen Städten Târgovişte, Slatina und Suceava mehrere Betriebe schließen. In der slowakischen Stadt Banská Bystrica (9 Linien, 36 Fahrzeuge) soll der 2005 eingestellte Fahrbetrieb mit den Obussen „aus wirtschaftlichen Gründen“ 2007 wieder aufgenommen werden.

Nord- und Südamerika

 
Trolleybus in Valparaíso, Chile
 
Vancouvers dritte Obus-Generation (2006)

Auf dem amerikanischen Kontinent verkehren gegenwärtig rund 3.000 Trolleybusse. Wegen des hohen Grades der Luftverschmutzung ist besonders in den Großstädten Mittel- und Südamerikas ein umweltfreundliches Personentransportmittel erforderlich. Der elektrische Oberleitungsbus bietet hier auf Grund der größeren Flexibilität gegenüber der Straßenbahn und der geringeren Investitionen eine bessere Lösung, zumal auch, zumindest was das Fahrzeug betrifft, ein nennenswerter lokaler Produktionsanteil möglich ist.

In Quito, der Hauptstadt Ecuadors, wurde mit dem Obus 1995 das erste elektrische Nahverkehrsmittel überhaupt eingeführt. Der Aufbau war von Sabotageakten der um ihre Interessen besorgten Bus- und Taxiunternehmen begleitet und erfolgte teilweise unter Polizeischutz. Die Trolleybusse transportieren täglich etwa 250.000 Fahrgäste. Bei der Planung war man nur von einem Fahrgastaufkommen von 120.000 pro Tag ausgegangen. Weitere Städte in Südamerika haben nach dem Erfolg in Quito dieses Personentransportsystem in ihre Planung aufgenommen. In Mérida, Venezuela, wurde es im Jahre 2006 eröffnet.

Der 1952 eröffnete Obusbetrieb in Valparaíso, Chile, soll Ende Juli 2007 wegen wirtschaftlicher Probleme eingestellt werden, falls die Regierung die Anfang Juni 2007 versprochene Finanzhilfe nicht gewährt. In der Stadt verkehren überwiegend in den 1950er Jahren gebaute Fahrzeuge aus der Volksrepublik China, der Schweiz und den USA. Der Betrieb muss gegen die von der Stadtregierung geförderte Konkurrenz in Form von dieselgetriebenen „Micro“-Bussen (günstigerer Fahrpreis, größeres Netz, höhere Geschwindigkeit, geringerer Komfort) bestehen.

In der kanadischen Stadt Vancouver wurde 2003 eine Bestellung von 228 elektrischen Bussen (188 Zweiachser und 40 Gelenkwagen) getätigt, der komplette Fuhrpark aus dem Jahre 1982 wird bis zu den Olympischen Winterspielen 2010 erneuert. Die Großbestellung ging an den Hersteller New Flyer Industries in Winnipeg, die elektrische Ausrüstung liefert die deutsche Firma Vossloh Kiepe. Der erste neue Trolleybus ist seit 27. September 2005 im täglichen Einsatz.

Asien

 
Tateyama Tunnel Trolleybus, Japan

In Asien gibt es überwiegend unter ähnlichen Voraussetzungen wie in Südamerika etwa 5.000 Oberleitungsbusse (ohne den asiatischen Teil Russlands). Dort ist das Verkehrsmittel in den letzten Jahren in einigen Regionen aus unterschiedlichen Gründen auf dem Rückzug.

In Mittelasien und dem Kaukasus sind in einigen Nachfolgestaaten der früheren Sowjetunion wie Armenien, Aserbaidschan, Georgien, Kasachstan und Usbekistan in den letzten Jahren wegen fehlender finanzieller Mittel zahlreiche Obusbetriebe geschlossen worden. In Georgien existieren von zwölf Betrieben im Jahre 1990 nur noch vier. Von den verbliebenen hat mittelfristig nur der Betrieb in Sochumi eine Zukunft. Er liegt in der von Russland unterstützten und von Georgien abtrünnigen autonomen Republik Abchasien.

In der Volksrepublik China wurden zwischen 1996 und 2004 zehn Obusbetriebe stillgelegt. Auf Grund des starken Wirtschaftswachstums hat man viele Städte und deren Straßennetze komplett umgestaltet. Dagegen wurde in der Hauptstadt Peking wegen der Olympischen Sommerspiele 2008 das Obusnetz ausgebaut und der Fahrzeugpark erneuert.

Superlative

Größte Anzahl an Obussen

 
Obus in Minsk
 
Fahrzeug zur Ausführung von Reparatur- und Wartungsarbeiten in Sankt Petersburg

Das Land mit der größten Anzahl an Oberleitungsbussen ist Russland. Es verkehren dort in 89 Städten über 14.000 Fahrzeuge. Die Stadt mit den meisten Trolleybussen ist die russische Hauptstadt Moskau. Es sind dort über 2.000 auf rund 100 Linien und einer Netzlänge von 1.300 Kilometern im täglichen Einsatz (Stand 2007).

Auf Platz zwei liegt die chinesische Stadt Shanghai - größter Betrieb in Asien - mit 900 Fahrzeugen und 15 Linien (Stand 2007), auf Platz drei die weißrussische Hauptstadt Minsk - zweitgrößter Betrieb in Europa - mit 834 Trolleybussen und 70 Linien (Stand 2001), gefolgt von der russischen Stadt Sankt Petersburg - drittgrößter Betrieb in Europa - mit 823 Obussen, 51 Linien und einer Netzlänge von 695 Kilometern (Stand 2001).

Der größte Oberleitungsbus-Betrieb auf dem Gebiet der Europäischen Union (EU) befindet sich in der griechischen Hauptstadt Athen; er besteht seit 1949 ohne Unterbrechung. Hier befördern 366 elektrische Busse, genannt Τρόλεϊ (Trolley), auf 22 Linien ihre Passagiere, es gibt vier große Depots (Stand 2006). Zu den Olympischen Spielen im Jahre 2004 wurde ein großer Teil der Flotte, der aus bis zu dreißig Jahre alten Obussen russischer Produktion bestand, durch moderne Trolleybusse ersetzt, darunter auch erstmals Gelenkzüge.

Auf Rang zwei in der EU liegt der Betrieb in der lettischen Hauptstadt Riga mit 318 Obussen, 20 Linien und einer Netzlänge von 281 Kilometern (Stand 2006) und auf Platz drei der Betrieb in der rumänischen Hauptstadt Bukarest mit 281 Obussen, 19 Linien und einer Netzlänge von 155 Kilometern (Stand 2005).

Der größte Betrieb auf dem amerikanischen Kontinent liegt in der mexikanischen Hauptstadt Mexiko-Stadt mit 489 Fahrzeugen (Höchststand 1986 mit 1.045), 15 Linien und einer Netzlänge von 454 Kilometern (Stand 2006), gefolgt von San Francisco in den USA mit 344 Trolleybussen und 16 Linien (Stand 2006) und São Paulo in Brasilien mit 266 Obussen und 20 Linien (Stand 2006).

Der nach Shanghai größte Oberleitungsbus-Betrieb in Asien befindet sich in der chinesischen Hauptstadt Peking mit 500 Trolleybussen und 15 Linien (Stand 2006), gefolgt vom Betrieb in der russischen Stadt Nowosibirsk mit 338 Obussen, 28 Linien und einer Netzlänge von 280 Kilometern (Stand 1999).

Älteste Strecken

 
Trolleybus in Shanghai

Das älteste durchgehend in Betrieb befindliche Oberleitungsbusnetz der Welt - gleichzeitig das älteste in Asien - befindet sich in Shanghai, Volksrepublik China. Es wurde am 15. November 1914 eröffnet. Auf Rang zwei liegt die schweizer Stadt Lausanne. Das dortige Trolleybusnetz ist seit 2. Oktober 1932 ohne Unterbrechung in Betrieb. Auf Platz drei befindet sich Dayton im US-Bundesstaat Ohio. Das Obusnetz in der Stadt ist seit 23. April 1933 ohne Unterbrechung in Betrieb.

In Österreich besitzt die Stadt Salzburg das älteste durchgehend in Betrieb befindliche Trolleybusnetz, eröffnet am 1. Oktober 1940. In Deutschland wurde am 3. November 1940 in Eberswalde der älteste durchgehend in Betrieb befindliche Oberleitungsbus-Betrieb gegründet. Der Vorgängerbetrieb in der Stadt existierte im Jahre 1901 nur für drei Monate und war nach Berlin 1882 - dort verkehrte der Bus zwei Monate im Probebetrieb - die zweite Stadt, die in Deutschland mit einem Obus ausgerüstet wurde.

Längste Strecken

 
Trolleybus in Donezk

Die weltweit längste Oberleitungsbuslinie fährt gegenwärtig auf der Halbinsel Krim in der Ukraine. Sie verbindet über eine landschaftlich reizvolle Strecke über Gebirgspässe, mit einem höchsten Punkt von 750 Metern, die 86,5 Kilometer voneinander entfernt liegenden Städte Simferopol und Jalta am Schwarzen Meer.

Das größte Obus-Netz der Bundesrepublik Deutschland überspannte die Straßen der Städte Duisburg, Homberg am Niederrrhein, Moers, Kamp-Lintfort, Rheinberg, Rheinhausen und Neukirchen-Vluyn, bis im Jahre 1968 der letzte Obus von Moers nach Rheinhausen-Friemersheim fuhr. Die Strecke Duisburg-Ruhrort - Moers - Rheinberg war mit einer Entfernung von 29,61 Kilometern die längste Oberleitungsbuslinie in Deutschland. Sie war in voller Länge vom 18. Dezember 1954 bis 22. Mai 1966 in Betrieb. Auf der Strecke verkehrten Fahrzeuge der damaligen Kreis-Moerser-Verkehrsbetriebe und der Duisburger Verkehrsgesellschaft (DVG).

Häufigste Typen

 
ZiU-9G Obus in Nischni Nowgorod, Russland

Der in der ehemaligen Sowjetunion hergestellte Obus ZiU-9, russisch ЗиУ-9, ist der am häufigsten produzierte Typ der Welt. Es wurden bisher weit über 40.000 Exemplare davon in Betrieb genommen.

ZiU ist die lautmalerische Abkürzung von Zavod imeni Uritskogo, ein Fahrzeughersteller benannt nach dem russischen Revolutionär Moisei Uritsky; seit 1996 nennt sich die Firma Trolza. Die Massenproduktion lief 1971 an und ist noch keineswegs abgeschlossen. Gegenüber seinem Vorgänger ZiU-5 (über 20.000 Stück zwischen 1959 und 1972 fabriziert) hat dieser Bus eine dritte Tür, und sein äußeres Erscheinungsbild ist von den zeitgenössischen deutschen MAN-Obussen beeinflusst.

Viele Fabriken in Russland und Weißrussland entwickelten ZiU-9-Klone mit oder ohne Nachbaulizenzen. ZiU-9-Trolleys fuhren und fahren in sämtlichen ex-UdSSR-Staaten mit Ausnahme des Baltikums. Sie wurden auch nach Griechenland, Kolumbien, Argentinien sowie in die ehemaligen Ostblockstaaten verkauft. Drei Obusse befanden sich zu Testzwecken 1973 in Helsinki. 2004 überließ Athen sämtliche alten ZiU-9-Obusse Belgrad.

Größter Obus

 
Ein LighTram3 in Luzern

Der größte Obus ist der „lighTram3“, welcher von der Schweizer Firma Hess in Zusammenarbeit mit Vossloh entwickelt wurde. Das Fahrzeug verfügt über zwei Gelenke. Die Länge dieses Doppelgelenktrolleybusses beträgt 24,7 Meter. Er bietet Platz für circa 200 Personen.

Der Obus wiegt leer 24.664 Kilogramm, voll besetzt circa 37,6 Tonnen. Er besitzt zwei 160 Kilowatt leistende Elektromotoren. Eingesetzt werden die Busse unter anderem in den Städten Genf, Luzern, St. Gallen und Zürich.

Mit dem Einsatz der „lighTram3“ verkehren ab 2007 in Zürich erstmals Doppelgelenktrolleybusse. Hierfür wurden die Haltestellen der Linien, auf welchen die Busse eingesetzt werden, umgebaut, da die Fahrzeuge deutlich länger sind als die bisherigen.

Perspektiven

 
Ganz-Solaris trollino Niederflur-Trolleybus in Debrecen

Der Oberleitungsbus wird auch in Zukunft ein wichtiges Personenbeförderungsmittel bleiben. Weltweit stellten einzelne Städte den Oberleitungsbusbetrieb zwar in den letzten Jahren ein, in anderen wird er durch eine Stadtbahn ersetzt, doch andererseits erlebt er vielerorts einen Aufschwung. Es wurden und werden vorhandene Systeme ausgebaut, neue Strecken eingerichtet, stillgelegte Systeme wieder aufgebaut und ganz neue projektiert.

Neben den bewährten gegenwärtigen Fahrzeugkonzepten richtet sich der Bedarf der Zukunft zusätzlich auf spurgeführte beziehungsweise automatisch gelenkte Oberleitungsbusse mit einer höheren Kapazität als heute, die mit zwei oder noch mehr Gelenken ausgerüstet sind. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, mehrere Achsen oder Radpaare anzutreiben und auch zu lenken. Mögliche Entwicklungspfade bieten die unterschiedlichen Busbahn-Systeme.

Wenn es gelingt, die steigenden Erwartungen des Fahrgastes und des Betreibers bei der Weiterentwicklung des Oberleitungsbussystems zu erfüllen, wobei die wichtigsten Aspekte Zuverlässigkeit, Betriebskosten und Wartungsfreundlichkeit bleiben, dann wird der Oberleitungsbus weiterhin dort das bevorzugte elektrische Nahverkehrsmittel bleiben, wo eine Straßenbahn nicht wirtschaftlich oder flexibel genug eingesetzt werden kann oder die topografischen Verhältnisse zu schwierig sind. Zudem zählt der Obus zu den sichersten, leisesten, leistungsfähigsten und umweltverträglichsten Transportmitteln überhaupt.

Siehe auch

Literatur

  • Gerhard Bauer: Von der Gleislosen zum Oberleitungsomnibus. Die Entwicklung zwischen 1882 und 1945, Verlag für Verkehrsliteratur, Dresden, 1997, ISBN 3-9804303-1-6
  • Ronald Krüger, Ulrich Pofahl, Mattis Schindler: Stadtverkehr Eberswalde. "Gleislose Bahn" - Straßenbahn - Obus., GVE-Verlag, Berlin, 2000, ISBN 3-89218-058-X
  • Jürgen Lehmann: Der O-Bus in Solingen, Verlag Kenning, Nordhorn, 2002, ISBN 3933613558.
  • Gunter Mackinger: Der Obus in Salzburg, Verlag Kenning, Nordhorn, 2005, ISBN 3-933613-74-4
  • Dieter Schopfer: Verzeichnis der Trolleybusse in der Schweiz 1911 - 1997, Verein Rollmaterialverzeichnis Schweiz (VRS), Winterthur, 1997
  • Stadtwerke Solingen GmbH (Hg.): 100 Jahre für Sie mobil. Solingen 1997
  • Werner Stock: Obus-Anlagen in Deutschland. Die Entwicklung der Oberleitungs-Omnibus-Betriebe im Deutschen Reich, in der Bundesrepublik Deutschland und in der Deutschen Demokratischen Republik seit 1930, Hermann-Busch-Verlag, Bielefeld, 1987, ISBN 3-926882-00-X
  • Bernhard Terjung: Der Obus in Wuppertal, Reimann-Verlag, Wuppertal, 1986, ISBN 3925298010.
  • Christian Walther: 50 Jahre Obus in Solingen, EK-Verlag, Freiburg, 2002, ISBN 3-88255-842-3

Einzelnachweise

  1. Prof. Dr-Ing. U. Langer: Vergleichende Untersuchung der Energie-, Kosten- und Emissionsbilanz im öffentlichen Nahverkehr bei Einsatz von Oberleitungsbussen und Dieselbussen der Stadtwerke Solingen
Commons: Oberleitungsbus – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

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