Straßenbahnhaltestelle (Rauminstallation)

Rauminstallation von Joseph Beuys
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Straßenbahnhaltestelle / Tramstop / Fermata del Tram, 1961−1976, A Monument to the Future (so der vollständige Titel) ist eine Rauminstallation des deutschen Künstlers Joseph Beuys (1921−1986). Beuys hat diese Installation ursprünglich für den deutschen Pavillon der 37. Biennale von Venedig geschaffen. Das Environment befindet sich heute in der ursprünglichen Erstfassung im Kröller-Müller-Museum, Otterlo. Eine zweite Fassung existiert in der Sammlung Marx in Berlin.

Das Werk

Die Straßenbahnhaltestelle besteht aus einer leicht nach oben verbogenen, 8,60 m langen, rostigen Straßenbahnschiene, deren Lauffläche ehemals blank war. Neben der Schiene liegen vier rostige, scharfkantige Rohre, die von einem parallel liegenden Feldschlange konterkariert werden, welche noch Montagenuten eines Lafettengestänges besitzt. An der Mündung der Feldschlange befindet sich ein gußeiserner Kopf mit starrem, leidenden Gesichtsausdruck. Vor dem Kopf ist ein Winkeleisen platziert sowie mehrere Stangen (Bohrstäbe), die sich mit Nieten zu einem langen Stab verbinden lassen. Das Kanonenrohr, der Kopf und die vier anderen Rohren weisen alle die gleichen Gussnähte auf und sind Abformungen (Negative) von Originalgegenständen. Die Entstehung der "Straßenbahnhaltestelle" wird in zwei Publikationen des Museums Kurhaus Kleve dokumentiert. (siehe Literatur)

Anmerkung: Das Arrangement der aktuellen Installation ähnelt dem auf der Biennale gezeigten, in Venedig hatten die Stäbe allerdings Bezug auf ein Bohrloch zur Lagune, aus dem das Gestänge stammt.

Werkbetrachtung und Rezeption

Joseph Beuys nahm in seinen Arbeiten häufig Bezug auf die Region, in der er aufgewachsen war. [1]

Das Werk symbolisiert offenbar den Lebensweg, es markiert die „Stationen“ und „Haltestellen” des Künstlers. Die Installation ist ein selbstreflektierendes Werk auf eine Kindheitserinnerung von Beuys. In seiner Kindheit in Kleve hat er oft an einer Straßenbahnhaltestelle warten müssen, neben der sich ein verfallenes Denkmal des klevischen Statthalters Prinz Johann Mauritz von Nassau von 1660 befand. Erst als Erwachsener bemerkte Beuys, dass Nassau sich mehrere dieser „Denkmäler des süßen Friedens”, wie jener sie einst betitelte, als Mahnmäler an einen achtzigjährigen Krieg um Kleve errichten ließ. Alle Denkmäler bestanden aus Waffen, Munitionstöpfen und Kanonenkugeln. Überdies war Beuys als Kind fasziniert von den schweren, funkensprühenden Straßenbahnwaggons.[2] Wie in den meisten seiner anderen Werke setzte Beuys auch hier sein Konzept von Gegenbildern als künstlerische Parabel ein: Die Reflexion von Leben und Tod, Krieg und Frieden und von Bewegung und Unbeweglichkeit. Wie eine Straßenbahn, die fährt, um bald wieder anzuhalten.

Beuys selbst sagte über die Installation Straßenbahnhaltestelle:

lch habe erlebt, an dieser Stelle, als ganz kleines Kind, daß man mit Material etwas Ungeheures ausdrücken kann, was für die Welt ganz entscheidend ist, so hab ich's erlebt. Oder sagen wir, daß die ganze Welt abhängt von der Konstellation des „Wo-eine-Sache-steht”, des Ortes, geographisch, und des „Wie-die-Sachen-zueinanderstehen”, ganz einfach...[2]

In der ursprünglichen Version in Venedig hat Beuys seinen Kindheitserinnerungen ein Denkmal idiomatisiert: Neben dem Abguß der Kanone und den Munitionstöpfen aus Kleve lag die blanke, gebogene Straßenbahnschiene. Ihre Enden waren in den Boden eingelassen, als käme sie aus der Tiefe und setzte sich unterirdisch fort, wie eine Verbindung zwischen dem Ort der Ausstellung und dem Ort der Erinnerung.[3]

Literatur

  • Joseph Beuys: Strassenbahnhaltestelle, Ein Monument für die Zukunft, Museum Kurhaus Kleve, Kleve 2000 (B.O.S.S. Verlag), ISBN 3-934935-00-1
  • Heiner Bastian (Hrsg.): Joseph Beuys. Skulpturen und Objekte, München 1988 (Schirmer/Mosel), ISBN 3-88814-264-4

Siehe auch

Quellen

  1. Neue Ruhr Zeitung
  2. a b Museen in Köln
  3. Hiltrud Westermann-Angerhausen, Kölner Stadt-Anzeiger