Reichskleinodien

Herrschaftsinsignien der Könige bzw. Kaiser des Heiligen Römischen Reiches
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Die Reichskleinodien (auch: Reichsinsignien) sind die Herrschaftsinsignien der Kaiser und Könige des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation. Dazu gehören als wichtigstes Teil die Reichskrone, die Heilige Lanze und das Reichsschwert. Sie werden heute in der Schatzkammer der Wiener Hofburg aufbewahrt.

Idealbild Karl des Großen mit den Reichskleinodien, gemalt 1513 von Albrecht Dürer für seine Vaterstadt Nürnberg
Reichsapfel
Schuhe

Die Reichskleinodien sind der einzige vollständig erhaltene Kronschatz aus dem Mittelalter.

Bestandteile der Reichskleinodien

Die Reichskleinodien bestehen aus zwei verschiedenen Teilen. Die größere Gruppe sind die sogenannten „Nürnberger Kleinodien“. Der Name stammt daher, weil sie von 1424 bis 1796 in Nürnberg aufbewahrt wurden. Zu dieser Gruppe gehören die Reichskrone, die Krönungsgewänder, der Reichsapfel, das Zepter, das Reichs- und das Zeremonienschwert, das Reichskreuz, die Heilige Lanze und alle übrigen Reliquien mit Ausnahme der Stephansbursa.

Die bereits erwähnte Stephansbursa, das Reichsevangeliar und der sogenannte Säbel Karls des Großen wurden bis zum Jahre 1794 in Aachen aufbewahrt und werden deshalb als die „Aachener Kleinodien“ bezeichnet. Seit wann diese Stücke den Reichskleinodien zugerechnet und in Aachen aufbewahrt wurden, ist nicht bekannt.

Heutiger Bestand in Wien:
Name Wahrscheinlicher Entstehungort und -zeitraum
Reichskrone    westdeutsch, 2. Hälfte des 10. Jahrhunderts
Reichskreuz    westdeutsch, um 1024/1025
Heilige Lanze    langobardisch, 8./9. Jahrhundert
Kreuzpartikel   
Reichsschwert    Scheide deutsch, 2. Drittel des 11. Jahrhundert
Reichsapfel    westdeutsch, etwa Ende 12. Jahrhunderts
Reichsevangeliar (Krönungsevangeliar)    Aachen, Ende des 8. Jahrhunderts
Stephansbursa    karolingisch, 1. Drittel des 9. Jahrhunderts
Säbel Karl des Großen    osteuropäisch, 2. Hälfte des 9. Jahrhunderts
Krönungsmantel (Pluviale)    Palermo, 1133/24
Alba    Palermo, 1181
Dalmatica (Tunicella)    Palermo, um 1140
Strümpfe    Palermo, um 1170
Schuhe    Palermo, um 1130 oder um 1220
Handschuhe    Palermo, 1220
Zeremonienschwert    Palermo, 1220
Stola    mittelitalienisch, vor 1338
Adlerdalmatica    oberdeutsch, vor 1350
Zepter    deutsch, 1. Hälfte des 14. Jahrhundert
Aspergile    deutsch, 1. Hälfte des 14. Jahrhundert
Reliquiar mit den Kettengliedern    Rom oder Prag, um 1368
Reliquiar mit einem Gewandstück des Evangelisten Johannes    Rom oder Prag, um 1368
Reliquiar mit einem Span der Krippe Christi    Rom oder Prag, um 1368
Reliquiar mit dem Armbein der heiligen Anna    wahrscheinlich Prag nach 1350
Reliquiar mit einem Zahn Johannes des Täufers    böhmisch, nach 1350
Futteral der Reichskrone    Prag, nach 1350
Reliquiar mit einem Stück vom Tischtuch des Letzten Abendmahls   

Geschichte

 
Prüfung der Reichskleinodien bei der Übergabe 1946 in der Wiener Nationalbank

Eine ausführlichere Darstellung der Geschichte zumindest der „Nürnberger Kleinodien“ ist im Artikel Reichskrone zu finden.

1002 starb Kaiser Otto III. auf der Burg Paterno. Die Reichsinsignien wurden nach Aachen gebracht (Kopien sind heute im Rathaus zu sehen) und wurden dort vom Herzog Heinrich von Bayern geraubt, der daraufhin tatsächlich Kaiser wurde.

1073 floh Kaiser Heinrich IV. von der Harzburg und nahm die "Reichsinsignien und von seinen Schätzen so viele er konnte" mit sich.

1105 wurde Heinrich IV. in der Pfalz Ingelheim von seinem eigenen Sohn beraubt.

Von 1240 bis 1242 waren die Reichskleinodien vermutlich in der Burg Krautheim in Verwahrung.

1314 wurden die Stücke erstmals öffentlich dem Volk vom Basler Münster aus vorgezeigt ("Heiltumsweisung").

1424 wurden die Reichskleinodien auf Befehl von Kaiser Sigismund für alle Zeiten in die freie Reichsstadt Nürnberg verbracht. Vor den anrückenden Franzosen evakuierte man 1796 den Schatz nach Wien.

1938 überführten die Nationalsozialisten ihn wieder nach Nürnberg.

1945 wurden die Reichskleinodien von US-Soldaten in einem Salzbergwerk bei Helmstedt gefunden und 1946 zurück nach Wien in die Hofburg gebracht.

Literatur

  • Heinrich Pleticha: Des Reiches Glanz, Die Reichskleinodien und ihre Geschichte, Freiburg 1989, ISBN 3-88189-479-9
  • Ernst Kubin: Die Reichskleinodien, Ihr tausendjähriger Weg, Wien und München, 1991, ISBN 3-85002-304-4
  • Gesellschaft für staufische Geschichte (Hg.): Die Reichskleinodien, Herrschaftszeichen des Heiligen Römischen Reiches, Göppingen, 1997, ISBN 3-929776-08-1