Marie E. P. König
Marie E.P. König (* 1899 in Forst, Lausitz als Marie Emilie Paula Schwager, † 1988 in Güdingen bei Saarbrücken) war autodidaktische Prähistorikerin, Höhlenforscherin und Münzforscherin, die sich ihr Leben lang der Erforschung der Symbolsprache und des Weltbildes des vorgeschichtlichen Menschen widmete.
Biographie
Sie besuchte nach dem Abitur das Lehrerinnenseminar in Aachen und arbeitete danach als Lehrerin. Sie heiratete Heinrich König und zog mit ihrem Mann 1923 nach Saarbrücken. Sie hat zwei Söhne, Rainer und Dietmar König, und vier Enkel, Thomas, Stefan, Achim und Ulrich König. Schon seit dem Ersten Weltkrieg interessierte sie sich für Urgeschichte, ausgelöst durch eigene Funde von Steinwerkzeugen im Tal der Inde bei Aachen. Später besuchte und untersuchte sie zahlreiche Kulthöhlen in Frankreich, von denen eine sogar nach ihr benannt wurde. Bekannt wurde Marie E.P. König durch mehrere populärwissenschaftliche Bücher, in denen sie eine umstrittene Theorie über die Symbolsprache der vorgeschichtlichen Menschen entwickelte, die wegen methodischer Schwächen allerdings kaum Anerkennung von Seiten der etablierten Urgeschichtsforschung fand. Ihr Hauptwerk "Am Anfang der Kultur" (1973) erhielt 1979 in Luxemburg den Buchpreis "Arbeitsgemeinschaft für Werbung, Markt- und Meinungsforschung" (AWMM).
Urgeschichtliche Theorien
Marie König widersprach vehement der von ihr "evolutionistisch" genannten Auffassung der damaligen Schulwissenschaft, dass die urgeschichtlichen Menschen nur zu primitivem Denken fähig gewesen seien und alle eiszeitlichen Kunstwerke und Symbole lediglich im Rahmen von simplester Fruchtbarkeits- und Jagdmagie zu interpretieren seien. Sie postulierte stattdessen, dass viele Darstellungen ein symbolisches Weltbild repräsentieren, dass primär der Orientierung in Raum und Zeit diente. Zur Orientierung in der Zeit wäre ein Mondkalender verwendet worden, während die Sonnenbahn die Orientierung im Raum ermöglichte. Auch die altsteinzeitlichen Venusfigurinen und Vulvasymbolik sah Marie König als Mondsymbolik, und wegen des Bezugs zum Mondzyklus, mit der "Erneuerung" des Mondes nach den drei dunklen Neumondnächten, auch als künstlerischen Ausdruck eines ausgeprägten Wiedergeburtsglaubens.
Ihre Thesen basieren auf ihren langjährigen Untersuchungen von Ritzbildern in den etwa 2000 Quarzit-Kulthöhlen der Île-de-France und den bemalten Kieseln aus der mesolithischen Höhle von Mas d'Azil sowie spätkeltischen Münzprägungen. Außerdem studierte sie natürlich die allseits bekannten eiszeitlichen und steinzeitlichen Artefakte und Kunstwerke, wie z.B. die Höhlenmalereien von Lascaux und Altamira, die Steinritzbilder aus Schweden und Valcamonica, die Megalithanlagen von Newgrange und Malta (Hypogäum von Ħal-Saflieni) sowie die neolithischen Siedlungen in Anatolien (Catal Hüyük) und die bronzezeitlichen Paläste auf Kreta (Knossos und Phaistos).
Wichtige Anregungen für ihre Thesen erhielt Marie E.P. König u.a. auch von Karl Jaspers "Philosophie der Weltanschauungen" (1919) und der Tiefenpsychologie Carl Gustav Jungs.
Trotz späterer Vereinahmung durch die feministische Matriarchatsforschung hat sich Marie E.P. König stets dagegen gewehrt in diesem Sinne interpretiert zu werden. In dem Kapitel, das sie zu dem feministischen Matriarchatsbuch "Weib und Macht" (1979) von Fester et al. beisteuerte, ist das Wort Matriarchat auch ebensowenig zu finden wie in ihren anderen Werken. Auffällig sind auch erhebliche Unterschiede zwischen den Auffassungen von Marie E.P. König und denjenigen der "großen alten Dame" der Matriarchatsforschung, Marija Gimbutas, die die Interpretationen Königs stets vehement abgelehnt hat.
Bild-Symbolik:
- Der Kreis: steht für den Gesichtskreis oder Rundhorizont.
- Das Sphaeroid aus 2 Halbkugeln: steht für das Himmelsgewölbe und die (gedachte) Unterwelt.
- Das weibliche Schoßdreieck oder allgemein das Dreieck: das graphische Symbol für den Wechsel der drei Gestalten des Mondes, also eine lunarsymbolik für den Mondzyklus.
- Das Radkreuz: widerspiegelt die Welt als den Gesichtskreis, der durch die Sonnenbahn als Ost-West-Weltachse geteilt ist. Durch deren gedachte rechtwinklige Entsprechung (Nord-Süd-Achse) wird die Welt durch die vier Himmelsrichtungen in vier Weltgegenden untergliedert. Der mittige Schnittpunkt (5. Punkt) der Weltachsen ist der eigene Standort in dieser Weltordnung. Die älteste bekannte Darstellung des Radkreuzes wurde 1964 von Vertes in einer mittelpaläolithischen Fundstelle bei der Stadt Tata in Ungarn entdeckt. Sie wurde von einem Neandertaler im Moustérien angefertigt und zeigt ein eingeritztes Kreuz auf einem geschliffenen Gehäuse (21 mm Durchmesser) eines fossilen Einzellers der Spezies Nummulites perforatus.
- Das Weltviereck: entstand als Symbol durch Verbindung der 4 Kardinalpunkte und ist durch das Kreuz der Himmelsrichtungen in vier Dreiecke unterteilt (also 4*3=12).
- Das "Mühlebrett": Symbol für die Weltordnung durch Ineinanderschachtelung von drei Vierecken, deren 12 Eckpunkte durch Linien verbunden wurden, die sich aber nicht in der Mitte (13. Punkt) trafen.
- Das Netz: steht für das allgemeine Ordnungsprinzip des Raumes.
- Spirale: die aufsteigende und absteigende Spirale repräsentiert Werden und Vergehen und somit der Kreislauf der Wiedergeburt allen Lebens.
- Die Vulva: die Darstellung der Vulva bei paläolithischen Kunstwerken ist ebenfallls ein Symbol für den Wiedergeburtsglauben im Zusammenhang mit der weiblichen Schöpfungskraft und der, durch das weibliche Schoßdreieck verkörperten, Lunarsymbolik des Mondzyklus.
- Der Stier bzw. der Stierkopf: Lunarsymbolik durch die Form der Hörner, die den beiden Halbmondphasen ähneln, während das Auge als Entsprechung des Vollmond gesehen wird.
- Das Pferd: Solarsymbolik, laut Marie König vielleicht wegen der wehenden Mähne die an Strahlenkranz der Sonne erinnert. Wildpferde haben zwar nur eine Stehmähne, aber auch diese könnte deerartig interpretiert werden.
- Der Mondwagen, gezogen von Stieren:
- Der Sonnenwagen, gezogen von Pferden:
Zahlen-Symbolik:
- Die Mond-Zahl "3": steht für die 3 Mondphasen und somit für das Ordnungsprinzip Zeit.
- Die Sonnen-Zahl "4": widerspiegelt die 4 Kardinalpunkte und steht somit für das Ordnungsprinzip Raum.
- Die Zahl "7": die Summe aus den Ordnungsprinzipen Zeit (3) und Raum (4).
- Die Zahl "9": die Multiplikion des Ordnungsprinzipes Zeit (3) mit sich selbst ergibt die Dauer einer der drei Mondphasen.
- Die Zahl "12": das Produkt der Ordnungsprinzipien Zeit (3) und Raum (4), bzw. die Anzahl der Ecken des, durch das Diagonalkreuz der Himmelsrichtungen in vier Dreiecke unterteilte Weltviereck (siehe oben). Entspricht zudem der Anzahl der Monate eines Jahres. Der übrig bleibende 13. Vollmond, der diese Ordnung quasi "stört", ist laut Marie König ein weiterer Grund für die Stellung der Zahl 13 als Unglückszahl.
- Die Zahl "24": Das Doppelte der Zahl 12. Entspricht auch der Anzahl der Stunden eines Tages (dies wurde von Marie König selbst jedoch nicht erwähnt).
- Die Zahl "27" bzw. "28": Potenzierung 3*3*3 (bzw. das Produkt von 4*7) ergibt die Dauer des Mondmonats, die zudem in etwa der durchschnittlichen Dauer des weiblichen Zyklus entspricht.
Literatur
Eigene Schriften
- Marie E.P. König: Das Weltbild des eiszeitlichen Menschen. Elwert, 1954
- Marie E.P. König: Am Anfang der Kultur. Die Zeichensprache des frühen Menschen. Ullstein, 1985, ISBN 3548360610
- Marie E.P. König: Unsere Vergangenheit ist älter. Höhlenkult Alt- Europas. Krueger, 1985, ISBN
- Richard Fester & Marie E.P. König & Doris F. Jonas & A. David Jonas: Weib und Macht. Fünf Millionen Jahre Urgeschichte der Frau. Fischer, Frankfurt am Main 1979, ISBN 3-596-23716-5
Biographien
- Schneider, Friederike: Auf der Suche nach der Wahrheit. Leben und Werk der Prähistorikerin Marie E. P. König in: Keinhorst, Annette; Messinger, Petra (Hrsg.): Die Saarbrückerinnen. Beiträge zur Stadtgeschichte. Röhrig, St. Ingbert 1998, S. 295-302, ISBN 3861101769
- Meixner, Gabriele: Auf der Suche nach dem Anfang der Kultur. Marie E.P. König. Eine Biographie. Frauenoffensive, München 1999, ISBN 3881043187
Weblinks
Siehe auch
Personendaten | |
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NAME | König, Marie E.P. |
KURZBESCHREIBUNG | Urgeschichtlerin |
GEBURTSDATUM | 1899 |
GEBURTSORT | Forst, Lausitz |
STERBEDATUM | 1988 |
STERBEORT | Güdingen, Deutschland |