Reform (lat. für re zurück; formatio Gestaltung: Wiederherstellung) bezeichnet in der Politik eine größere, planvolle und gewaltlose Umgestaltung bestehender Verhältnisse und Systeme. (siehe auch Revolution)
Der Reformer ist derjenige, der diese Umgestaltung vorantreibt.
Reformen in der Geschichte
Das Wort erscheint schon in den Paulus-Briefen der Bibel, später auch in Zusammenhang mit der kirchlichen Reformation zur Zeit Martin Luthers.
Beispiele sind auch die Preußischen Reformen, Sozialreformen Bismarcks, die Währungsreform zur Einführung des Euro, die deutsche Rechtschreibreform oder die Reformen im Rahmen der Agenda 2010.
Glasnost und Perestroika standen als Begriffe für Michail Gorbatschows Reformen in der Sowjetunion vor dem Umbruch von 1989. In der Volksrepublik China bedeuteten die Einrichtung von Sonderwirtschaftszonen und Privateigentum (wirtschaftliche) Reformen
Aktuelle deutsche Reformpolitik
Am Beginn des 21. Jahrhunderts wird das Wort Reform häufig im Rahmen einer angebotstheoretischen und von ihren Gegnern als „neoliberal“ bezeichneten Wirtschaftspolitik verwendet. Dabei geht es in der Regel um Privatisierung, Deregulierung, eine Steuerreform und eine Reform der Sozialversicherungssysteme.
Begründet werden die Reformbestrebungen unter anderem damit, dass die nationalen Unternehmen sich in Zeiten der zunehmenden Globalisierung einem weltweiten Wettbewerb stellen müssten und dass der Standort Deutschland zu teuer sei. Um konkurrenzfähig zu bleiben, müssten daher Kosten wie Löhne, Lohnnebenkosten, Produktionskosten anderer Art, Steuern und Abgaben etc. niedrig gehalten werden. Nationale Regelungen würden hinfällig, internationale existieren aber oftmals noch nicht.
Kritik an der aktuellen Reformpolitik
Unter Willy Brandt war Reform das Schlüsselwort für Demokratisierung und für sozial schwache Gruppen die Hoffnung auf Beteiligung am gesellschaftlichen Reichtum (Umverteilung). Die heutigen Reformen sind häufig verbunden mit einer Reduzierung staatlicher Transferleistungen; daher verliert das Wort „Reform“ für die Betroffenen zunehmend seinen ursprünglich positiven Klang.
Vertreter der Kaufkrafttheorie argumentieren, dass auch die binnenwirtschaftliche Nachfrage eine volkswirtschaftliche Rolle spiele, dass also Kosten, seien es Löhne oder andere Produktionskosten, des einen Unternehmens immer auch Einnahmen eines anderen Unternehmens wären. Die hohe Exportquote Deutschlands weise zudem auf eine hohe Konkurrenzfähigkeit hin.
Kirchen, Gewerkschaften und Arbeitslose kritisieren z.B. die im Rahmen der Agenda 2010 durchgeführten Reformen als Sozialabbau; die Mehrzahl der Wirtschaftswissenschaftler und Arbeitgeberverbände beklagt hingegen einen Reformstau und fordert mehr Eigenverantwortung.
In der deutschen Politik sind derzeit außerdem eine Föderalismusreform sowie Veränderungen am Arbeitsmarkt, im Bildungswesen und in der Gesundheitspolitik aktuell und Gegenstand heftiger Kontroversen. Aber auch zu kürzende Subventionen verursachen Streit. Die entsprechende Änderungen bzw. Vorschläge stoßen auf massiven Widerstand von Lobbyisten aller Seiten und betroffenen Teilen der Bevölkerung.
Denkfabriken wie Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft, Bertelsmann Stiftung, Berlinpolis oder Bürgerkonvent nehmen über Medien und Politik Einfluss auf den Meinungsbildungsprozess.
Literatur
- Albrecht Müller: Die Reformlüge. Droemer, 2004 ISBN 3-426-27344-6
- Gabor Steingart: Deutschland - Der Abstieg eines Superstars ISBN 3492046150
Siehe auch
- Reformation, Kirchenreform
- Agrarreform, Bodenreform, Gesundheitsreform, Gebietsreform, Rechtschreibreform, Sozialreform, Steuerreform, Hochschulreform
- Preußische Reformen
- Agenda 2010, Perspektive Deutschland
- Neoliberalismus, Angebotspolitik, Privatisierung, Deregulierung, Liberalisierung, Reformstau