Kubakrise

Konfrontation zwischen den USA und der UdSSR im Oktober 1962
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Die Kubakrise wird im Allgemeinen als der Höhepunkt und gleichzeitig als Wendepunkt in der Geschichte des Kalten Krieges angesehen. Sie war jener Zeitpunkt in der Weltgeschichte, an dem die beiden Supermächte USA und Sowjetunion kurz vor einer nuklearen Eskalation standen. Nie zuvor in der Weltgeschichte war ein Atomkrieg so wahrscheinlich wie zu diesem Zeitpunkt.

Vorgeschichte

Im Januar 1959 floh Diktator Batista von der Insel. Fidel Castro wurde erst Verteidigungsminister, später Ministerpräsident von Kuba. Zunächst verfolgte er eine gemäßigte und im Wesentlichen nach nationaler Unabhängigkeit strebende Politik und hielt die Beziehungen zu den USA aufrecht. Die UdSSR wusste aber ebenso wie die USA, dass in Castros Kabinett mehrere Anhänger des Kommunismus saßen (u.a. Ché Guevara). Die USA entschieden sich etwa im März 1959 unter Eisenhower dazu, den Sturz Castros durch Unterstützung der Opposition, durch Terror- und Sabotageakte sowie Mordanschläge zu betreiben. Im Mai 1959 gab es nach einigen inoffiziellen Verhandlungen die ersten offiziellen diplomatischen Beziehungen zur UdSSR. Kuba hoffte damit ein Vorbild für Lateinamerika hinsichtlich nationaler Unabhängigkeit zu geben. Nach US-amerikanischer Lesart handelte es sich jedoch um einen nicht akzeptablen Versuch, den Kommunismus in Süd- und Mittelamerika publik zu machen. Die USA schnitten Kuba daher die Ölzufuhr ab und untersagten Importe aus Kuba. Die UdSSR reagierte auf dieses Embargo mit der Zusage wirtschaftlicher und militärischer Unterstützung. Die USA reagierten darauf am 17. April 1961 mit einem von ihnen gesteuerten Invasionsversuch in der Schweinebucht, der jedoch scheiterte.

Neu: Mit Beendigung des 2. Weltkrieges hörte die Zusammenarbeit der beiden Supermächte auf und die Differenzen zwischen der Sowjetunion und der USA wurden immer deutlicher. Als ewiger Krisenherd fungierte dabei Berlin, was nach dem 2. Weltkrieg in 4 Sektoren aufgeteilt wurde, wobei sich später die drei Sektoren Frankreichs, Großbritanniens und Amerikas zur Trizone zusammenschlossen und somit Berlin in einen Ost- und in einen Westblock teilte. Durch den Marshallplan, der umfangreiche finanzielle Unterstützung für die Länder Westeuropas und vor allem der Westzone Deutschland beinhaltete, wurde die Differenzierung der beiden Systeme vorangetrieben. Als die am 23. Mai 1949 gegründete BRD 1955 in die NATO eintrat und als Reaktion auf dieses Vorgehen die DDR, gegründet am 7. Oktober 1949, in den Warschauer Vertrag aufgenommen wurde, und sich der Eiserne Vorhang über die Geschehnisse in der Sowjetunion legte, war der Kalte Krieg voll entflammt. Das Ziel beider Supermächte war es nun den Gegner mit immer neueren Waffentechniken und Errungenschaften zu demonstrieren, dass sie die Stärkeren waren, es ging sogar soweit, dass man in der Lage sein wollte den Gegner durch einen militärischen Erstschlag handlungsunfähig zu machen Dies konnte aber nur dann funktionieren, wenn man eigene Raketen möglichst nah am Territorium des Anderen stationieren konnte. Den USA war diese Möglichkeit durch NATO- Staaten gegeben. Sie stationierten ihre Mittelstreckenraketen in Ländern wie der Türkei oder in der BRD, sodass sie durchaus in der Lage gewesen wären einen vernichtenden Präventivschlag durchzuführen. Die Sowjetunion konnten ihre Raketen nur in Ländern des Warschauer Vertrages Stationieren, doch diese waren nicht so nah an den USA gelegen wie beispielsweise die Türkei oder die BRD an der Sowjetunion. So kam es, dass Fidel Castro 1959 in Kuba an die Macht kam und versuchte den Kommunismus in diesem Land durchzusetzen. Da sich die USA aufgrund Castros Systemvorstellungen von Kuba abwandten und ein Handelsembargo über diese kleine Insel verhängten, war Castro auf der Suche nach einem starken Verbündeten und den brauchte er auch, da die USA 1961 mit der Invasion der Schweinebucht schon einmal versuchten Castro zu stürzen. Diesen Verbündeten fand er in Chruschtschow. Diese Zusammenarbeit bot beiden Seiten ungeahnte Vorteile: Die UdSSR hatte endlich ein Land gefunden, das nah genug an der USA war um dort Mittelstrecken zu stationieren und Kuba hatte in der Sowjetunion einen neuen Handelspartner und Schutzherren gefunden. Diese Faktoren waren der Grundstein für das Entstehen der Kubakrise und führten zum größten Showdown zwischen den beiden Supermächten und brachten die Welt an den Abgrund eines Atomkrieges.

Krise

Von 1959 an stationierten die USA in Italien 30 und in der Türkei 15 Atomraketen - unweit der Südgrenze der UdSSR - die auf die UdSSR zielten.

Im April 1962 werden die amerikanischen Thor- und Jupiter-Atomraketen in der Türkei einsatzbereit. Wegen ihrer leichten Angreifbarkeit durch ungeschützte Aufstellung konnten sie nur zu einem atomaren Erstschlag genutzt werden.

Mai 1962 begann die UdSSR, unter dem Decknamen Operation Anadyr, im Geheimen auf Kuba Atomraketen zu stationieren. Die Gründe dafür waren zum einen die Verteidigung gegen eine drohende Invasion Kubas und zum anderen um eine strategische Überlegenheit der USA bei der Zahl der Interkontinentalraketen auszugleichen und Drittens aufgrund der Stationierung von US-Atomraketen in der Türkei und Italien. Im August 1962 entdeckten nach Agentenhinweisen der CIA US-Spionageflugzeuge U-2 erstmals Raketenabschussvorrichtungen auf Kuba, hauptsächlich in der Provinz Pinar del Río, an Atomraketen wurde noch nicht gedacht, weshalb das ganze auch nicht weiter verfolgt wurde. Die eigentliche Krise fand vom 14. bis zum 28. Oktober statt.

US-Präsident John F. Kennedy gibt die Genehmigung für Luftaufnahmen durch die Spionageflugzeuge U-2.

Auf den neuen Photos wird der direkte Beweis für die Existenz von Atomraketen erbracht.

John F. Kennedy erfährt davon, und beruft sofort seinen Beraterstab (Executive Commitee, ExComm) ein. Verschiedene Möglichkeiten der Reaktion werden erörtert, darunter Hinnehmen der Stationierung, diplomatische Lösungsversuche und die militärischen Möglichkeiten der Seeblockade, des Luftangriffes und der Invasion. Alle Beratungen und Ergebnisse werden vor der Öffentlichkeit geheim gehalten.

Weitere Luftaufnahmen beweisen die Existenz von mindestens 16, höchstens 32 Raketen (Typ SS-4 und SS-5) mit einer Reichweite von bis zu 1600 km. Diese Raketen können die wichtigsten Industriestädte der USA sowie Washington auslöschen. Außerdem werden IL-28 Bomber montiert.

Der russische Außenminister Andrej Gromyko ist zu Besuch in den USA, er bestreitet auf Anfrage jegliche Existenz von Offensivwaffen auf Kuba.

Kennedy und das ExComm entscheiden sich zu einer Seeblockade Kubas, trotz Proteste der Hardliner unter Kennedys Beratern, die eine direkte Invasion fordern.

Die Regierungen von Kanada, Großbritannien, Frankreich und Deutschland werden informiert.

Einer der wichtigsten Tage der Krise: die Streitkräfte werden in erhöhte Alarmbereitschaft (DEFCON III) versetzt, weitere Soldaten werden zur Vorbereitung einer Invasion nach Florida verlegt, und ca. 200 Schiffe rund um Kuba in Stellung gebracht. In einer Fernsehansprache um 19:00 Uhr Ortszeit verkündet Kennedy den Beginn der Seeblockade für den 24.10. um 10:00 Uhr. Ferner fordert er den sowjetischen Regierungschef Nikita Chruschtschow zum Abzug der Raketen von Kuba auf und droht im Falle eines Angriffs mit einem atomaren Gegenschlag.

Die Seeblockade beginnt, es kommt zu einer ersten Zuspitzung, da eine mögliche Eskalation befürchtet wird, sollten die sowjetischen Schiffe versuchen, den Sperrgürtel zu durchbrechen. Doch alle sowjetischen Schiffe drehen ab, nachdem der Radius der Blockade verkleinert wurde, um ihnen mehr Zeit zu geben. Trotzdem ist keine Kooperationsbereitschaft der russischen Regierung zu erkennen.

Bei einer Sitzung des UNO-Sicherheitsrates legt der amerikanische Vertreter Adlai Stevenson die Bilder der Aufklärungsflugzeuge von Kuba vor. Er fordert den russischen UNO-Botschafter Sorin auf, klar Stellung dazu zu nehmen: „Wollen Sie immer noch leugnen, dass auf Kuba Raketen stationiert sind?“ Dieser verweigert den Kommentar. Sorin war tatsächlich nicht informiert über diese streng geheime Raketenstationierung auf Kuba. Selbst Kubas Staats- und Parteichef Fidel Castro, war lange nicht über die sowjetischen Aktivitäten in seinem Land informiert.

Kennedy erreicht ein Schreiben von Chruschtschow, in dem dieser anbietet, die Raketen von Kuba abzuziehen, falls eine Invasion von Kuba durch die Amerikaner ausgeschlossen werden würde. Dies wird ihm von Kennedy zugesichert.

Der entscheidende Tag der Kuba-Krise. Beide Konfliktpartner sind sich über den weiteren Verlauf unsicher. Morgens wird in Amerika ein Test einer Trägerrakete durchgeführt, über den das ExComm nicht informiert war. Ein amerikanisches Aufklärungsflugzeug wird über Kuba abgeschossen. Der dritte Weltkrieg, ein atomarer Konflikt, steht unmittelbar bevor. Doch Kennedy erklärt sich noch einmal zu weiteren Verhandlungen bereit, er teilt der Sowjetunion mit, dass er auch einem Abzug der amerikanischen Raketen die in der Türkei stationiert waren, wie im zweiten schon eher förmlicheren Schreiben der Sowjetunion gefordert, zustimmen würde. Diese Möglichkeit hält er vor den meisten Mitgliedern des ExComm, die fast alle auf Krieg pochen, geheim.

Chruschtschow lenkt ein und erklärt sich bereit, die Raketen zu entfernen. Die Krise ist beendet.

Folgen der Krise

Es gibt keinen Sieger, doch folgende Bedingungen haben sich die beiden Staaten auferlegt: Abzug der russischen Raketen aus Kuba, Verzicht auf eine amerikanische Invasion, Abzug der amerikanischen Raketen aus der Türkei (dies geschieht etwas später und unter Ausschluss der Öffentlichkeit, um amerikanische NATO-Partner nicht zu brüskieren und um einen innenpolitischen Propagandaeffekt zu erzielen). Die Kuba-Krise verdeutlichte ganz klar die Gefahr einer nuklearen Auseinandersetzung zwischen den beiden großen Supermächten des Kalten Krieges. Sie hatte zur Folge, dass beide Länder über Möglichkeiten zur Krisenbewältigung nachdachten, es wurde ein so genannter Heißer Draht zwischen Washington und Moskau eingerichtet. Es gab später auch nie mehr direkte Konflikte der Supermächte, nur Stellvertreterkriege. Außerdem wurden in verschiedenen Abkommen eine gegenseitige Rüstungskontrolle und Atomwaffensperrverträge festgeschrieben.

Trotz dieser Fortschritte wurde das Wettrüsten nach der Kubakrise noch angeheizt. Auf sowjetischer Seite war man bestrebt, den Rückstand hinsichtlich der Anzahl von Interkontinentalraketen auszugleichen, was auch 1968 mit der Herstellung des strategischen Mächtegleichgewichts gelang. Auf US-amerikanischer Seite überwog bei den Regierungsberatern die Auffassung, die USA seien aus der Krise gestärkt hervorgegangen. Sprichwörtlich wurde der Ausspruch Dean Rusks: „Wir standen uns Auge in Auge gegenüber, und ich glaube, der andere hat geblinzelt.“ Das sollte zu der Überzeugung führen, dass eine harte Handhabung eines Konfliktes zu einem Erfolg für die USA führen kann. Nicht zuletzt deswegen wird angenommen, dass die unnachgiebige Haltung der USA während des Vietnamkriegs eine indirekte Folge des Ausgangs der Kubakrise war.

Mit den Ereignissen der Kuba-Krise befasst sich der Film Thirteen Days und das gleichnamige Buch von Kennedys Bruder Robert.

Zitate:

„Das ist so als würden die Sowjets Raketen in Mexiko aufstellen, oder in Kuba“ (Eisenhower 1959 anlässlich der Aufstellung amerikanischer Atomraketen in der Türkei)
„Man solle die Amerikaner spüren lassen, wie es sei, von feindlichen Nuklearbasen umgeben zu sein“ (Chruschtschow im Mai 1962 zu seinen engsten Vertrauten angesichts der in der Türkei und Italien stationierten US-Atomraketen)