Nürnberger Prozesse

Reihe von Prozessen gegen nationalsozialistische Kriegsverbrecher
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Die Nürnberger Prozesse waren dreizehn Prozesse vor dem Internationalen Militärgerichtshof, einem Ad-hoc-Strafgerichtshof, gegen Verantwortliche des Deutschen Reichs zur Zeit des Nationalsozialismus, die nach dem Zweiten Weltkrieg zwischen dem 20. November 1945 und dem 29. Oktober 1948 in Nürnberg abgehalten wurden.

Göring, Hess, von Ribbentrop und Keitel auf der Anklagebank. Dahinter Dönitz, Raeder, von Schirach, Sauckel

Vorgeschichte

In der Moskauer „Erklärung über deutsche Grausamkeiten im besetzten Europa“ vom 30. Oktober 1943 hatten die Alliierten ihre Absicht erklärt, nach dem Krieg diese Verbrechen zu verfolgen. Deutsche, die in einem besetzten Land Verbrechen begangen hatten, sollten ausgeliefert werden und nach dort geltendem Recht verurteilt werden. Die "Hauptverbrecher" aber, deren Verbrechen nicht einem bestimmten Land zugeordnet werden konnten, sollten nach einer noch zu fällenden gemeinsamen Entscheidung der Alliierten bestraft werden. 1943 wurde die United Nations War Crimes Commission gegründet, die Vorschläge für eine strafrechtliche Verfolgung erarbeitete. Sie wurden die Grundlage für das Abkommen über die Verfolgung und Bestrafung der Hauptkriegsverbrecher der europäischen Achse und das Statut für den Internationalen Militärgerichtshof, das die vier Alliierten 1945 vereinbarten.

Der Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher und die Nachfolgeprozesse

Hauptartikel: Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher

Die vier alliierten Siegermächte fanden sich 1945–1946 zum Nürnberger Prozess zusammen. Angeklagt waren die obersten Vertreter des NS-Staates, die man hatte festsetzen können.

Rechtsgrundlage für diesen Prozess und die folgenden Verfahren war das Kontrollratsgesetz Nr. 10[1] über die Bestrafung von Personen, die sich Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen den Frieden oder gegen die Menschlichkeit schuldig gemacht haben. Unter Kriegsverbrechen wurden Delikte verstanden, die bereits in den Haager Abkommen vor dem Ersten Weltkrieg definiert worden waren: Tötung oder Misshandlung von Kriegsgefangenen, Hinrichtung von Geiseln, Verschleppung zur Zwangsarbeit, etc. Unter Verbrechen gegen die Menschlichkeit fielen vor allem die Verfolgung und Vernichtung der Juden und die Vernichtung „unwerten“ Lebens, also Tötungsdelikte, die in allen zivilisierten Staaten verfolgt wurden. Unter Verbrechen gegen den Frieden wurde der Angriffskrieg verstanden, ein bis zu diesem Zeitpunkt nicht codifiziertes Delikt.

In den zwölf Nachfolgeprozessen vor US-amerikanischen Militärgerichten wurden angeklagt:

  • 39 Ärzte und Juristen
  • 56 Mitglieder von SS und Polizei
  • 42 Industrielle und Bankiers
  • 26 militärische Führer
  • 22 Minister und hohe Regierungsvertreter

Von den Angeklagten wurden 35 freigesprochen. 24 wurden zum Tode verurteilt, 20 zu lebenslanger Haft und 98 zu Freiheitsstrafen zwischen 18 Monaten und 25 Jahren. Am 31. Januar 1951 setzte der Hochkommissar John McCloy zahlreiche Strafen herab. Von den zum Tode verurteilten, für die sich unter anderen der Bundeskanzler Konrad Adenauer verwendet hatte, wurden zwölf hingerichtet, elf zu Haftstrafen begnadigt und einer an Belgien ausgeliefert, wo er in Haft starb.

Kritik an der Legitimität sowie der Art und Weise

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  1. Sieger sprachen Recht über Besiegte.
  2. Es handelte sich um kein internationales Gericht.
  3. Kein Richter konnte wegen Befangenheit abgelehnt werden.
  4. Die Verteidigung war zum Teil Behinderungen ausgesetzt.
  5. Zeugenaussagen, Fragebögen und Affidavits (eidesstattliche Versicherungen) konkurrierten teilweie miteinander.
  6. Zeugen wurden teilweise unter Druck gesetzt.
  7. Die Ankläger verfügten über das gesamte deutsche Dokumentenmaterial.
  8. Grundlegende Rechtsbegriffe wurden missachtet: nullum crimen sine lege praevia, in dubio pro reo, tu quoque-Prinzip, Individualschulderfordernis usw.
  9. Es gab keine Möglichkeit der Berufung.
  10. Die Urteile wurden so vollstreckt, wie sie ausgesprochen wurden.

Siehe auch: Siegerjustiz

Weitere Prozesse wegen nationalsozialistischer Verbrechen

Siehe auch

Quellen

  1. Text des Gesetzes Nr. 10 des Kontrollrates in Deutschland (1945)

Literatur

  • Der Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher vor dem Internationalen Militärgerichtshof. Nürnberg 14. November 1945 – 1. Oktober 1946. Amtlicher Text Verhandlungsniederschriften. Nürnberg 1947; Fotomechanischer Nachdruck: Frechen 2001, Bände 1–23 mit 15284 Seiten, Verlag: Komet (Januar 2001), ISBN: 3-8983-6121-7
  • Der Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher vor dem Internationalen Militärgerichtshof. Nürnberg 14. November 1945 – 1. Oktober 1946. Amtlicher Text Urkunden und anderes Beweismaterial. Nürnberg 1947; Fotomechanischer Nachdruck: München/Zürich 1984, Bände 1–18. ISBN 3-7735-2520-6
  • Henry Bernhard (Hrsg.): Ich habe nur noch den Wunsch, Scharfrichter oder Henker zu werden, Briefe an Justice Jackson zum Nürnberger Prozess. Mitteldeutscher Verlag, Halle/S 2006. ISBN 389812-406-1
  • Gerd R. Ueberschär (Hrsg.): Der Nationalsozialismus vor Gericht. Die alliierten Prozesse gegen Kriegsverbrecher und Soldaten 1943–1952. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 1999. ISBN 3596135893
  • Steffen Radlmaier (Hrsg.): Der Nürnberger Lernprozess – Von Kriegsverbrechern und Starreportern, Frankfurt am Main 2001. ISBN 3821845031
  • Alfred Seidl: Der Fall Rudolf Hess 1941–1987. Dokumentation des Verteidigers. München 1997
  • Werner Maser: Nürnberg – Tribunal der Sieger. Düsseldorf 1977. ISBN 3430163552
  • August von Knieriem: Nürnberg. Stuttgart 1953.
  • Bradley F. Smith: Der Jahrhundert-Prozess. Frankfurt am Main 1977. ISBN 3100772016
  • Peter Heigl: Nürnberger Prozesse – Nuremberg Trials. Verlag Hans Carl, Nürnberg 2001. ISBN 3-418-00388-5
  • Klaus Kastner: Die Völker klagen an. Der Nürnberger Prozess 1945 – 1946, Darmstadt: Primus-Verlag, 2005, 166 S., ISBN 3-89678-549-4 (Klaus Kastner, geb. 1936, ist Präsident des Landgerichts Nürnberg a.D. und Honorarprofessor für Rechtswissenschaft an der Universität Erlangen-Nürnberg)
  • Benjamin Ferencz Von Nürnberg nach Rom. Rückblick. Ein Leben für die Menschenrechte in: Aufbau. Das jüdische Monatsmagazin. Zürich: Februar 2006 (72.Jg., Nr. 2) S. 6 ISSN 0004-7813 (B.F. war u.a. Chefankläger im Einsatzgruppen-Prozess)
  • Annette Weinke: Die Nürnberger Prozesse, München: C.H. Beck 2006, ISBN 3406536042
  • Peter Neitzke: Konzentrationslager-Dokument F 321 für den Internationalen Militärgerichtshof Nürnberg. Zweitausendeins-Verlag, Frankfurt/M. 1997, ISBN 3861500124 (2001 Judaica)
Commons: Nürnberger Prozesse – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien