Künstlerkolonie Dötlingen

Bauwerk in Deutschland
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Das Künstlerdorf Dötlingen liegt unmittelbar an der Autobahn A1 zwischen Bremen und Osnabrück.

Auch wegen seines malerischen Eindrucks mit seinen alten reetgedeckten Bauernhäusern, der 1000-jährigen Dorfeiche, der fast 1000 Jahre alten Feldsteinkirche, dem Gierenberg mit Blick ins Huntetal, dem einstündigen Spazierrundweg „Huntepadd“, den Gaststätten und Cafes wird Dötlingen gerne von Gästen, insbesondere aus den nahe gelegenen Städten Bremen und Oldenburg, besucht. Dötlingen ist Teil der Kulturregion Nordwest.

Dötlingens Geschichte

In Dötlingen und in unmittelbarer Nähe, inmitten der „klassischen Quadratmeile der deutschen Vorgeschichte“, finden sich tonnenschwere Findlinge von Großsteingräbern aus der Jungsteinzeit. Die vielen Grabfunde befinden sich im Museum für Naturkunde und Vorgeschichte in Oldenburg.

Die erste urkundliche Datierung von Dötlingen stammt aus dem Jahr 1203. Dötlingen lag an der alten Friesischen Heerstraße, die alle größeren Orte zwischen Wildeshausen und Jever verband. In Wildeshausen befand sich der Anschluss an die „Vlämische Heerstraße“ zwischen Flandern und Bremen.

Dötlingen war lange Zeit im Herrschaftsbereich der Oldenburger Grafenlinie, des Erzbischofs von Bremen, des Bischofs von Münster und des Königs von Dänemark. Damit verbunden waren Brandschatzungen durch die außenpolitischen Verwicklungen in der Dänenzeit durch französische, schwedische und lüneburgische Truppen. Dötlingen gehörte 20 Jahre lang zu Kurhannover und unter Katharina II. vier Tage zu Russland. Französisch wurde Dötlingen unter Napoléon Bonaparte und aus der Gemeinde Dötlingen wurde Mairie de Dötlingen.

Das Künstlerdorf Dötlingen

Im Künstlerdorf Dötlingen, einem der drei Künsterlerorte in der Nähe von Bremen neben Worpswede und Dangast, lebten und arbeiteten ab 1900 Künstler wie Bernhard Müller vom Siel, August Kaufhold, Otto Pankok und viele mehr. In der Zeitschrift „Die Kunsthalle“ charakterisierte der Bremer Johann Beyer am 20.12.1901 Dötlingen folgendermaßen: „Dötlingen ist ein weltabgeschiedenes, stilles Heidedorf. Alte, zum Teil uralte, oft baufällige, windschiefe, strohgedeckte Häuser von echt niedersächsischem Gepräge mit alten, rußigen Backöfen in den Höfen, die mit breiten Dornenhecken, Erddämmen eingefriedigt und von mächtigen Eichen umgeben sind, eine altersgraue Kirche, wenig gepflegte Wege – verleihen dem Orte eine ganz besondere malerische Schönheit, die dadurch noch erhöht wird, dass das Terrain ein hügeliges ist und überall die wundervollsten Fernsichten bietet“.

Für eine Vielzahl von Künstlern bekam das Künstlerdorf Dötlingen in ihrem Schaffen eine besondere Bedeutung:

Georg Müller vom Siel (1865-1939), ein aus Großensiel an der Weser stammender Maler, der wie kaum ein anderer die Welt gesehen hatte, begann ab 1889 die oldenburgische Landschaft auf langen Wanderungen zu entdecken. Spätestens 1894 kam er durch Dötlingen – und war von der Lage des Dorfes oberhalb der Hunte sofort fasziniert. Bereits 1896 tauschte Müller vom Siel sein bequemes Oldenburger Domizil mit einer einfachen Dötlinger Altenteilbehausung. Hier in der Nähe errichtete Müller vom Siel später sein Anwesen – das „Haus Meineck“. Im „Haus Meineck“ befand sich seine Malschule für Mädchen und junge Frauen, denn damals gehörte es zum guten Ton, mindestens malen oder Klavier spielen zu können. Das „Haus Meineck“ entwickelte sich auch als Magnet für andere Künstler. Hier wurde Müller vom Siel von Malerfreunden Hermann Allmers, Arthur Fitger, Ludwig Fischbeck und anderen besucht. Im Gegensatz zu den ihm nachfolgenden Dötlinger Künstlern empfand er die Dötlinger Landschaft nicht als düster, schwer und erdbezogen, sondern im Gegenteil, als warm und licht, fast als südländisch. Kaum ein anderer konnte wie er den Himmel und die Wolken bildnerisch einfangen.

Marie (Mieze) Stumpe (1877-1946) gehörte um 1900 zu den Schülerinnen von Georg B. Müller vom Siel. Sie begeisterte sich so sehr für die Hunte, den Ginster und die Heide, dass sie dauerhaft in Dötlingen bleiben wollte. Ihr großes malerisches Können ist an einzelnen Arbeiten dokumentiert, die sich im Dötlinger Privatbesitz befinden. Ihr Gesamtwerk ist verschollen. Im Jahr 1939 reiste Marie Stumpe zu Besuch nach Amerika, wo sie 1946 und verstarb. Nur ihre Urne trat die Rückreise nach Deutschland an. Sie wurde auf dem Dötlinger Friedhof beigesetzt.

August Kaufhold (1884-1955) begann seine Künstlerlaufbahn als gelernter Industriemaler in Bremen. Hier war er hauptsächlich mit der dekorativen Ausmalung von Lloyd-Dampfern betraut. August Kaufhold studierte in Dresden und war in München Schüler des bekannten Tiermalers Heinrich von Zügel. Bereits während seiner Studienjahre führten ihn erste Sommerreisen nach Dötlingen. 1907 zog er schließlich ganz in das Huntedorf.

Karl Dehmann (1886-1974) kam 1908 im Alter von 22 Jahren nach Dötlingen. Karl Dehmann hatte das Malen auf der Kunstgewerbeschule in Hamburg gelernt. Offenbar war der Ruf Dötlingens bis in die Hamburger Studentenkreise vorgedrungen. Seine erste Dötlinger Unterkunft fand Dehmann in einer Kate des Bauern Bührmann. Er richtete sich hier eine einfache Wohnung mit Atelier ein. In der Nachbarschaft arbeiteten August Kaufhold und Otto Pankok. Karl Dehmann malte vor allem Dötlinger Dorfszenen, aber auch Stillleben. Seine Bilder, vom Impressionismus beeinflusst, wirken immer ein wenig beiläufig, nie pathetisch. Nach russischer Kriegsgefangenschaft im ersten Weltkrieg kehrte Karl Dehmann mit seiner Frau Sonja nach Dötlingen zurück. Er lernte seine Frau in Russland kennen, damals eine Rote-Kreuz-Pflegerin. Auf Grund der politischen Situation – Karl Dehamanns Frau Sonja war eine Jüdin – entschieden die Dehmanns 1939 das Land zu verlassen und gingen nach Amerika. Bis zu ihrem Tod lebten sie in der Umgebung von New York.

Otto Pankok (1893-1966) studierte u. a. beim später bekannt gewordenen Worpsweder Maler Fritz Mackensen an der Kunstakademie in Weimar. Er brach sein Studium in Weimar ab und ging dann mit seinem Malerfreund Carl Lohse 1913 ins Künstlerdorf Dötlingen, um sich hier fortan autodidaktisch weiterzubilden. Bereits im Herbst 1913 zeigte Pankok erste Dötlingen-Arbeiten im Lappan in Oldenburg. Von Dötlingen aus unternahm der Maler Reisen nach Paris und studierte hier an der Académie russe und an der Académie de la grande Chaumière.

Weitere Künstler waren in Dötlingen anwesend:

  • Carl Lohse (1885-1965)
  • Karl Allöder (1898-1981)
  • Hermann Hundt (1894-1974)
  • Richard Gessner (1894-1989)
  • Lotte Dieckmann (1894-1945)
  • Karl Diekmann (1890-1980)
  • Anton Fernandez
  • Bernhard Höltzer
  • Rudolf Wallfried

Werke der Dötlinger Künstler, insbesondere von Müller vom Siel, sind im Landesmuseum für Kunst- und Kulturgeschichte in Oldenburg ausgestellt.

Bildergalerie

Literatur