Direkte Demokratie

Herrschaftsform und einzelne politische Entscheidungsverfahren
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Unter direkter Demokratie wird eine Staatsform der unmittelbaren, souveräne Herrschaft des Volkes verstanden. Das bedeutet die Souveränität im Staat liegt direkt beim Volk. Es übt diese unmittelbar z.B. per Volksgesetzgebung aus. Dies ist der wesentliche Unterschied zur repräsentativen Demokratie, bei der die Gestaltungsmacht zugunsten der gewählten Vertreter verschoben ist.

In der Regel haben auch direkte Demokratien repräsentative Strukturen wie Parlament, Regierung, Justiz etc.. Diese unterstehen jedoch unmittelbar der Kontrolle durch das Volk, das jederzeit sein Veto einlegen und anderslautende Entscheidungen per Volksentscheid erzwingen kann. Diese Möglichkeit des Volkes, selbst in den politischen Entscheidungsprozess einzugreifen und im Zweifelsfall immer das letzte Wort zu haben, hat bereits ein vorbeugende Kontrollfunktion hinsichtlich der repräsentativen Staatsorgane.

Insbesondere die Schweiz und einige US-Bundesstaaten wie z.B. Kalifornien und Oregon haben eine über hundertjährige Tradition der direkten Demokratie. Den US-Bundesstaaten fehlt jedoch im Gegensatz zur Schweiz die Souveränität, da die US-Bundesregierung/-justiz ist ihnen übergeordnet ist.

Direktdemokratische Elemente, ohne Souveränitätsanspruch, kommen auch in anderen Staatsformen vor und haben häufig nur appelativen Charakter.

Eine Urform der direkten Demokratie ist die Landsgemeinde einiger Schweizer Kantone oder die Gemeindeversammlung in vielen Schweizer Gemeinden, wo das Parlament jeweils durch eine Versammlung der Bürger ersetzt ist.

siehe auch: Demokratie



Auswirkungen der Direkten Demokratie auf die Politik

Politischen Parteien haben in einer direkten Demokratie gewöhnlich weniger Macht als in einer repräsentativen Demokratie. Statt dessen können parteiunabhängige Interessengruppen Einfluss auf Sachfragen gewinnen, indem sie z.B. Unterschriften sammeln um einen Volksentscheid zu erzwingen. Volksentscheide bei Sachfragen laufen nicht unbedingt parallel zu den Wahlen - das Volk kann bürgerlich wählen und in einer Sachfrage sozial entscheiden oder umgekehrt.

Eine direkte Demokratie hat die Tendenz, sich zu einer Konkordanzdemokratie (Konsensdemokratie?) zu entwickeln, da es von Vorteil ist, alle wesentlichen politischen Kräfte möglichst früh in die Entscheidungen einzubinden - mit einer starken Opposition ist die Regierung einer direkten Demokratie in ihrer Entscheidungsfähigkeit eingeschränkt. Dies gilt allerdings auch für manche föderalen Staatsordnungen, wie z.B. die BRD.

Zweifellos sind direkte Demokratien in der Entscheidungsfindung langsamer als repräsentative Demokratien, da es mit dem Volksentscheid mindestens einen zusätzlichen Schritt in der Gesetzgebung gibt. Ob das unterm Strich ein Vor- oder ein Nachteil ist, ist offen. (Trifft man z.B. in Deutschland schneller Entscheidungen als anderswo?)

Direkte Demokratien sind in der Entscheidungsfindung weniger abhängig von Wahlergebnissen als repräsentative Demokratien. Auch wenn die Regierung in Mehrheitsdemokratien durch eine leichte Verschiebung in der Parteienlandschaft ausgetauscht werden kann, hat sie es in der direkten Demokratie immer noch mit dem gleichen Volk zu tun, das im Gegensatz zu vielen Parlamenten bei Sachentscheiden nicht an Parteidisziplin gebunden ist - unter diesen Umständen wird auch bei einem Regierungswechsel das Pendel bei politische Entscheiden weniger stark ausschlagen.