Kastell Benningen

römisches Militärlager an der Neckarlinie des Neckar-Odenwald-Limes
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Das Kastell Benningen ist ein ehemaliges römisches Grenzkastell an der Neckarlinie des Neckar-Odenwald-Limes. Es liegt als Bodendenkmal in einem weitgehend nicht überbauten Bereich am östlichen Rande der heutigen Ortschaft Benningen am Neckar, einer Gemeinde des Landkreises Ludwigsburg in Baden-Württemberg.

Kastell Benningen
Limes ORL 58 (RLK)
Strecke (RLK) Neckar-Odenwald-Limes
Neckarlinie
Datierung (Belegung) um 85 n.Chr.
bis Mitte des 2. Jh.
Vicus bis Mitte des 3. Jh.
Typ Kohortenkastell
Einheit a) Diverse Numeri
b) Cohors XXIV voluntariorum civium Romanorum
Größe 163 x 134 m = 2,2 ha
Bauweise a) Holz-Erde-Kastell
b) Steinkastell
Erhaltungszustand Geländeverformungen
Ort Benningen am Neckar
Geographische Lage Koordinaten fehlen! Hilf mit.Koordinaten fehlen! Hilf mit. Vorlage:Infobox Limeskastell/Wartung/Breitengrad fehlthf
Vorhergehend ORL 57 Kastelle von Walheim (nördlich)
Anschließend ORL 59 Kastell Cannstatt (südlich)
Siehe auch

Liste der Listen der Limeskastelle

Forschungsgeschichte

 
Studions Kastellzeichnung (1597)

Das Kastell wurde bereits Ende des 16. Jahrhunderts durch den Marbacher Präzeptor Simon Studion erstmalig untersucht und beschrieben [1]. Danach fiel es aber für über zweihundertundfünfzig Jahre wieder in Vergessenheit, bis sich im 19. Jahrhundert das Interesse gebildeter bürgerlicher Schichten auf die antiken Zeugnisse in Deutschland richtete.

Erste moderne archäologische Erforschungen unternahm 1898 die Reichs-Limes-Kommission. Seither wurden immer wieder Ausgrabungen durchgeführt, in jüngerer Zeit unter der Aufsicht des Landesdenkmalamtes Baden Württemberg. Zumeist handelte es sich dabei nur um Not- oder Rettungsgrabungen, da das römische Militärlager von Benningen als einziges nicht überbautes Kastell der Neckarlinie für die Nachwelt als Bodendenkmal weitestgehend erhalten werden soll.

Befunde

 
Kastellgrundriss zur Zeit der Ausgrabung von 1898

Von einem frühen Holz-Erde-Kastell konnten bei einer Untersuchung durch das Landesdenkmalamt nur noch wenige Spuren festgestellt werden. Das spätere Steinkastell bedeckt mit einer Abmessung von 163 x 134 Metern eine Fläche von rund 2,2 Hektar. Das viertorige Lager war von einem 7,5 m breiten und 2,5 m tiefen Spitzgraben umgeben und mit einer an den Ecken abgerundeten Mauer von 1,5 m Stärke bewehrt. Alle vier Ecken dieser Wehrmauer waren mit Türmen versehen, jeweils zwei weitere Türme befanden sich seitlich der Tore. Das Kastell war mit seiner Porta Praetoria (Haupttor) nach Nordosten, zum Neckar hin ausgerichtet.

Im Zentrum des Kastellinneren konnten Teile der Principia (Stabsgebäude) nachgewiesen werden, im nordöstlichen Bereich des Lagers, zu beiden Seiten der Via Praetoria (Ausfallstraße) und nur durch die Via Sagularis (Wallstraße) von der Mauer getrennt, zwei Horrea (Speichergebäude). Die restliche Lagerinnenfläche wurde bislang nicht untersucht.

Der sich um das Kastell herum entwickelnde Vicus, das zivile Lagerdorf, wurde bislang kaum systematisch erforscht. Sein Zentrum dürfte sich westlich und südwestlich des Lagers befinden. Entlang der Verbindungsstraßen zu den benachbarten Garnisonen in Cannstatt und Walheim befanden sich ausgedehnte Gräberfelder.

Kastell- und Vicusgeschichte

 
Lageplan zur Zeit der
Ausgrabung von 1898

Das Kastell Benningen wurde in domitianischer Zeit, wohl um das Jahr 85 n. Chr. zunächst als Holz-Erde-Bauwerk errichtet. Es gehörte in eine Reihe von insgesamt sechs Militäranlagen, mit denen in dieser Zeit eine Strecke von etwa 60 km entlang des Neckars militärisch gesichert wurde, die vom Kastell Wimpfen im Tal bis zum Kastell Köngen reichte.

Benningen war Standort der Auxiliareinheit Cohors XXIV voluntariorum Romanorum („24. Kohorte freiwilliger römischer Bürger“). Daneben sind auch noch diverse Numeri belegt. Der Numerus Brittonum Murrensium („Einheit der Brittonen von der Murr“) war möglicherweise noch vor der 24. Kohorte hier stationiert, bevor er dann zum Kastell Heilbronn-Böckingen verlegt und in Benningen durch die Exploratores Triboci et Boi („Aufklärungseinheit der Triboker und Boier“) ersetzt wurde [2].

Im frühen 2. Jahrhundert erbaute die 24. Römerkohorte anstelle des alten Holz-Erde-Kastells eines mit massiver Steinumwehrung. Mitte des 2. Jahrhunderts wurde der Limes nach Osten vorgeschoben, das Kastell aufgelassen und die Besatzung in das Kastell Murrhardt verlegt.

Wie bei jedem längerfristig angelegten römischen Militärlager hatte sich auch in Benningen alsbald ein Vicus gebildet, in dem sich die Angehörigen der Soldaten sowie Händler, Handwerker und Gastwirte niederließen, die den Bedarf der Soldaten und ihrer Angehörigen deckten. Die Vicusfunde zeigen, dass es sich bei dem Benninger Lagerdorf um ein recht bedeutsames „Mittelzentrum“ für das Umland gehandelt haben dürfte. Die Bewohner sind durch Inschriftensteine als Vicani Murrenses („Vicusbewohner von der Murr“) überliefert. Nicht zuletzt durch seine verkehrsgünstige Lage am Neckar überdauerte der Vicus den Abzug der Militärs und bestand bis in 3. Jahrhundert. Schließlich dürfte er wohl den Alamannenstürmen zum Opfer gefallen sein.

Fundverbleib

Das bei den Grabungen zu Tage gekommene Fundmaterial befindet sich im Württembergischen Landesmuseum Stuttgart sowie im Römermuseum Benningen, das im Rathaus untergebracht ist. Unmittelbar neben dem Rathaus befindet sich eine kleine archäologische Zone, in der ein Teilstück einer der Vicusstraßen freigelegt und konserviert wurde. Hier befinden sich auch einige Inschriftensteine sowie eine Jupitergigantensäule.
Ein weiteres kleines Museum in Benningen, das sich unter anderem auch mit der römischen Geschichte des Ortes befasst, ist das „Museum im Adler“, untergebracht in einem ehemaligen Bauernhof und Gasthaus aus dem Jahre 1630.

Anmerkungen

  1. Simon Studion: Vera origo illustrissimae et antiquissimae domus Wirtenbergicae etc. 1597, Manuskript Nr. 57, Blätter 75ff. Landesbibliothek Stuttgart
  2. Nach Baatz, a.a.O. S. 210. Nach Planck, a.a.O. S. 36 existiert möglicherweise neben dem bekannten Kastell Benningen noch ein kleineres, bisher unentdecktes Numeruskastell, ähnlich der Situation bei den Kastellen von Neckarburken. Die Anwesenheit der Numeri wäre demnach zeitgleich mit der 24. Römerkohorte anzunehmen.

Literatur

  • Dietwulf Baatz: Der Römische Limes. Archäologische Ausflüge zwischen Rhein und Donau. 4. Auflage. S. 210. Gebr. Mann, Berlin 2000. ISBN 3-7861-2347-0.
  • Karlheinz Eckhardt: Benningen am Neckar. Kastell, Vicus, Museum. 2. Auflage. Gentner, Stuttgart 1985.
  • Karlheinz Eckhardt: Die Römer in Benningen. Vom Schicksal der 24. Kohorte freiwilliger römischer Bürger. EC-Verlag, Benningen am Neckar 2004.
  • Oskar Paret: Benningen am Neckar. Ur- und Frühgeschichte. 2. Auflage. Remppis, Marbach am Neckar 1977.
  • Dieter Planck: Benningen. In: Dieter Planck (Hrsg.): Die Römer in Baden-Württemberg. S. 35ff. Theiss, Stuttgart, 2005. ISBN 3-8062-1555-3

Grabungsbericht der Reichs-Limes-Kommission:

  • A. Mettler in der Reihe Der obergermanisch-raetische Limes des Römerreiches (Hrsg. E. Fabricius, F. Hettner, O. von Sarwey): Abteilung B, Band 5, Kastell Nr. 58 (1902)