Das Ministerium für Staatssicherheit der DDR hatte von 1951 bis 1989 in Berlin-Alt-Hohenschönhausen ihre zentrale Untersuchungshaftanstalt. Dort wurden vor allem politische Gefangene inhaftiert und physisch und psychisch gefoltert. Heute gibt es eine Gedenkstätte als Erinnerungsort für die Opfer kommunistischer Gewaltherrschaft in Deutschland.

Geschichte
Das ursprüngliche Gefängnis war ein zweistöckiges Gebäude, welches in der NS-Zeit als Großküche genutzt wurde. Nach dem Zweiten Weltkrieg errichtete 1946 das NKWD der sowjetischen Besatzungsmacht ein Speziallager und baute den Keller zu einem Gefängnis mit 60 Zellen, einigen Arrestzellen und acht Einzelzellen aus. In dem Lager waren bei einer Durchschnittsbelegung von 1800 Häftlingen (Höchstbelegung: 4000–5000 Menschen) insgesamt mehr als 20.000 politische Häftlinge und andere für die Sowjets unangenehme Menschen unter miserablen Bedingungen inhaftiert. Neben Deutschen gehörten ehemalige osteuropäische Zwangsarbeiter (Russen, Polen, Ukrainer, Esten, Letten, Tschechen) zu den Gefangenen [1].
Im Oktober 1946 wurde dieses Lager in das zentrale sowjetische Untersuchungsgefängnis für Deutschland umgewandelt. In primitiven Zellen im sogenannten „U-Boot“, wie das Gefängnis wegen der größtenteils fensterlosen Zellen genannt wurde, hausten die Häftlinge; ein Teil von ihnen wurde in Verhören durch Schlafentzug, stundenlanges Stehen, tagelangen Arrest und vermutlich auch durch den Aufenthalt in Wasserzellen bzw. durch Wasserfolter zu Geständnissen gezwungen.
1951 übernahm das neu gegründete Ministerium für Staatssicherheit das Gefängnis. 1960/61 gab man das alte Gefängnis auf und zog in ein von den Häftlingen neuerbautes Gebäude hinter dem bisherigen Gefängnis mit über 102 Zellen und 120 Vernehmerzimmern. Nach dem 13. August 1961 (Bau der Mauer) diente es als Haftanstalt für Menschen, die fliehen oder ausreisen wollten („Republikflüchtlinge“) und auch für oppositionelle Kritiker der SED wie Rudolf Bahro, den Schriftsteller Jürgen Fuchs oder Bärbel Bohley. Man ging allmählich von physischen Folterungen über zur psychologischen Zermürbung der Häftlinge unter anderem durch Isolierung und Ungewissheit. Das MfS hatte auf dem Gelände aber auch noch weitere Diensteinheiten wie Fälscherwerkstätten und die Hauptabteilung IX/11.
Die gesamte Umgebung des Gefängnisses war zu DDR-Zeiten Sperrgebiet und in Stadtplänen verschleiert dargestellt. In der weiteren Umgebung waren vorrangig Wohnungen angelegt, die MfS-Mitarbeitern zugewiesen wurden.
Friedliche Revolution
Mit der Wende 1989 wurde auch das Ministerium für Staatssicherheit aufgelöst. Die letzten Gefangenen wurden im Frühjahr 1990 entlassen. Die Haftanstalt selbst wurde offiziell am 02. Oktober 1990 geschlossen. In der Zeit zwischen der letzten Gefangenenentlassung und der Schließung wurden, vermutlich mit dem Wissen der letzten und frei gewählten DDR-Regierung, umfangreiche Aktenvernichtungen durchgeführt.
Gedenkstätte
Nach der Wende blieben die Gebäude und Einrichtungen weitgehend im Originalzustand. So wurde 1994 eine Gedenkstätte eingerichtet. Ehemalige Häftlinge und Besuchsführer führen die Besucher durch die verschiedenen Gebäude.
Die Gedenkstätte ist darauf bedacht, nur eindeutig durch Akten oder ehemalige Häftlinge belegtes Wissen weiterzugeben und darüberhinausgehende, bisher noch nicht eindeutig nachgewiesene Äußerungen und Vermutungen (wie beispielsweise die Wasserfolter) deutlich als bisher nicht eindeutig belegte Informationen zu kennzeichnen.
Am 14. März 2006 bestritten ehemalige hochrangige MfS-Offiziere und -Funktionsträger wie Wolfgang Schwanitz und der frühere Anstaltsleiter Siegfried Rataizik während einer Veranstaltung in der Gedenkstätte Misshandlungen an Häftlingen und zweifelten die Schilderungen ehemaliger Häftlinge des MfS über die Zustände in der Haftanstalt an [2]. Dies verursachte einigen Wirbel in Politik und Öffentlichkeit. Das Berliner Abgeordnetenhaus wies die Äußerungen der früheren MfS-Angehörigen zurück. Der Präsident des Abgeordnetenhauses Walter Momper versicherte den Opferverbänden und der Gedenkstätte die Unterstützung des Abgeordnetenhauses und griff die ehemaligen Stasi-Offiziere scharf an [3].
Am 21. Juli 2006 wurden in Berlin-Hohenschönhausen vier Tafeln zum Gedenken der „Opfer der Kommunistischen Diktatur“ aufgestellt, um das ehemalige Sperrgelände um das Gefängnis der Staatssicherheit der DDR zu kennzeichnen. Dem Ereignis ging eine lange Debatte in der Bezirksverordnetenversammlung voraus.
Fotos
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Große Zelle
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Zellentrakt
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Fotoraum
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Wachturm
Quellen
- ↑ Sergej Mironenko, Lutz Niethammer, Alexander v. Plato, Volkhard Knigge, Günter Morsch (Hrsg.) Sowjetische Speziallager in Deutschland 1945–1950, Bd. 1, Akademie Verlag 1998, ISBN 305002531-X
- ↑ siehe MDR-Bericht und Havemann-Gesellschaft
- ↑ Walter Momper (Stellungnahme im Berliner Abgeordnetenhaus)
Literatur
- Hubertus Knabe, Hg., Gefangen in Hohenschönhausen. List-Verlag, Berlin 2007, ISBN 978-3-548-60741-2. Reihe Inhaftiert in Hohenschönhausen.
- Erler, Peter, Polizeimajor Karl Heinrich - NS-Gegner und Antikommunist. Eine biographische Skizze, Jaron Verlag, 2007, ISBN 3897735679. Schutzgebühr 8,90 Euro, Reihe Inhaftiert in Hohenschönhausen.
- Bath,Matthias, Gefangen und freigetauscht. 1197 Tage als Fluchthelfer in der DDR-Haft. Jaron Verlag, 2007, ISBN 3897735660. Schutzgebühr 12,90 Euro, Reihe Inhaftiert in Hohenschönhausen.
- Peter Erler, Hubertus Knabe: Der verbotene Stadtteil Stasi-Sperrbezirk Berlin-Hohenschönhausen. Jaron Verlag, Berlin 2004, ISBN 3-897735-06-7.
- Reinhard Grimmer, Werner Irmler, Willi Opitz: Die Sicherheit. Zur Abwehrarbeit des MfS, 2 Bde. edition ost im Verlag Das Neue Berlin, Berlin 2003, ISBN 3-360-01030-2.
- Sergej Mironenko, Lutz Niethammer, Alexander v. Plato, Volkhard Knigge, Günter Morsch (Hrsg.): Sowjetische Speziallager in Deutschland 1945–1950. Bd. 1, Akademie Verlag 1998, ISBN 305002531-X.
- Peter Reif-Spirek/Bodo Ritscher (Hrsg.): Speziallager in der SBZ. Ch. Links Verlag, Berlin 1999, ISBN 3861531933.
Literatur aus Sicht eines ostdeutschen Historikers
- Horst Schneider: Das Gruselkabinett des Dr. Hubertus Knabe(lari). SPOTLESS-Verlag, Berlin 2005, ISBN 3-937943-14-5.