Wilhelm II. (* 27. Januar 1859 in Potsdam; † 4. Juni 1941 in Doorn, Niederlande) war der letzte Deutsche Kaiser und König von Preußen.
Biographie
Abstammung
Friedrich Wilhelm Albert Victor Prinz von Hohenzollern wurde am 27. Januar 1859 in Potsdam als Sohn des späteren Friedrich III. geboren - und war somit Enkel Wilhelms I. Seine Mutter, die spätere Kaiserin Victoria, war die älteste Tochter der englischen Königin Viktoria I. und Tante der Alexandra von Hessen-Darmstadt, die mit dem russischen Zaren Nikolaus II. verheiratet war.
Kindheit
Auf Grund von Komplikationen bei seiner Geburt wurde sein linker Arm verkrüppelt. Seitens der Kaiserlichen Familie wurde versucht, den Behinderungen entgegen zu wirken. So musste sich der kleine Wilhelm schmerzhaften Elektroschocktherapien unterziehen, auch wurde versucht, seinen verkrüppelten Arm zu strecken, was jedoch nicht erfolgreich war. Diese Behinderung prägte ihn sehr und machte ihn zu einem Menschen mit einem sehr geringen Selbstbewusstsein; schließlich sollte der zukünftige König von Preußen ein ganzer Mann und kein Krüppel sein.
Er verbrachte eine unglückliche Kindheit, hatte mit Georg Ernst Hinzpeter einen äußerst strengen Lehrer, das Verhältnis zu seiner Mutter war schlecht, und er wartete auf den Tag, sich profilieren zu können.
Der Prinz
Mit der Gründung des Kaiserreiches 1871 wurde der 12-jährige Wilhelm Anwärter auf den deutschen Kaiserthron. Die strenge Erziehung führte zu einer Entfremdung zwischen Wilhelm und seinen politisch eher liberal eingestellten Eltern. Nach dem Besuch des Gymnasiums in Kassel trat er als Leutnant in die preußische Armee ein und fand im Kreise des konservativen Offizierscorps die Wärme, den Zuspruch, den er vor allem von Seiten seiner Mutter stets vermisst hatte. Bereits in jungen Jahren bildete sich bei ihm so ein Verständnis von seiner monarchischen Rolle, das den konstitutionellen Vorstellungen seiner Eltern diametral entgegengesetzt war. Seine Vorstellung vom Königtum war extrem konservativ und orientierte sich eher am Gottesgnadentum des Absolutismus anstatt an den Bedürfnissen seiner Zeit. Bestärkt wurde er in dieser Haltung sowohl von Reichskanzler Otto von Bismarck als auch von seinem Großvater Wilhelm I.
Herrschaftsantritt
Nach dem Tode Wilhelms I. regierte Friedrich III. aufgrund eines Krebsleidens nur für 99 Tage. So wurde Wilhelm II. schon am 15. Juni des Dreikaiserjahrs 1888 im Alter von nur 29 Jahren Deutscher Kaiser und König von Preußen.
Die Persönlichkeit
Als Wilhelm 1888 den Thron bestieg, war er unumstritten überfordert und unvorbereitet. Der ständig von Stimmungsschwankungen geleitete Kaiser war oft depressiv und belastet, zusätzlich machten ihm innere Zweifel zu schaffen. Zwar versuchte Wilhelm nach Außen hin stets das Bild des „echten Mannes“ zu repräsentieren, seine mentalen Defizite blieben jedoch nicht für jeden versteckt: Der zu seiner Zeit hoch angesehene Psychiater Emil Kraepelin bezeichnete Wilhelms Gemüt als einen „typischen Fall periodischen Gestörtseins“. Diese Symptome könnten vor Allem auf seine „freudlose“ Kindheit zurückzuführen sein.
Doch Kaiser Wilhelm II. hatte neben seinen wiederholten Depressionen auch andere Leiden: Sein linker Arm, der seit der Geburt 15 Zentimeter kürzer als der rechte und gelähmt war, daraus resultierende Gleichgewichtsstörungen und Haltungsschäden und häufige Schmerzen im linken Ohr.
Wilhelm, der sich von Gott berufen fühlte, war in gewisser Weise in die Uniform vernarrt. Nicht nur mimte er gerne den Feldherrn, er entwarf auch eine „Tropenuniform“, die er 1898 stolz bei seinem Aufenthalt in Jerusalem präsentierte. Wilhelm wurde oft als „Redekaiser“ betitelt, da sein Drang zum Halten von Reden unverkennbar war. Obwohl der Kaiser stets beteuerte daran zu glauben, von Gott die Worte in den Mund gelegt zu bekommen, sind spezielle Phrasen in so gut wie allen seiner Reden enthalten, welches jene These widerlegt.
Des Kaisers Lieblingshobby war die Jagd – er erlegte insgesamt 46.000 Tiere, wobei ihm jeder Treffer ein Erfolg über sein Handicap bedeutete. Bei der Jagd lernte Wilhelm auch seinen ersten Freund kennen, Philipp Graf (später Fürst)zu Eulenburg, zu dem er ein enges Verhältnis pflegte und der besonders in den Jahren 1890-1898 zu den wichtigsten unverantwortlichen Beratern des Kaisers zählte. Als Euelenburg 1907 durch eine Pressekampagne als homosexuell angeklagt wurde, ließ Wilhelm ihn fallen, obwohl Eulenburg nicht verurteilt wurde, da er vorher gesundheitlich zusammenbrach. Es ist bekannt, dass Wilhelm, der mit seiner Ehefrau Auguste Viktoria sieben Kinder zeugte, Liebesbeziehungen zu mindestens noch drei anderen Frauen hatte.
Wilhelms Politik in Deutschland
Nach dem Tode Friedrichs III. bestieg der unerfahrene Wilhelm II. am 15. Juni 1888 den Thron des deutschen Kaiserreichs. Der 29-jährige Kaiser begann sofort ein eher absolutistisches Herrscherbild zu entwickeln, das ihn als Auserwählten Gottes vorsah. Da zu jener Zeit Otto von Bismarck als Kanzler Deutschlands eine sehr starke Führungsposition innehielt, die durch des Kaisers Vorgänger Wilhelm I. und Friedrich III. extrem gestärkt worden war, stellte er ein Hindernis im Führungskonzept des neuen Herrschers dar.
Besonders während des Regierungsanfangs des Kaisers wurden einige Beamten der Regierung, welche für Wilhelm eine Einschränkung der Macht bedeuten könnten, entlassen.
Wegen der Führungsvorstellung des Kaisers versuchte dieser möglichst zahlreich die Posten wichtiger Ränge zu übernehmen und deswegen stellte er sich im Zivilen, im Militärischen sowie im Geistlichen als Oberster dar.
Der Kaiser war für seinen Hang zur Repräsentation bekannt. Er bevorzugte prachtvolle Feste und Veranstaltungen auf denen er als mächtiger Kaiser des deutsche Reiches auftreten konnte. Neben seiner Vorliebe, sich in würdevollen Uniformen zu allen Anlässen zu demonstrieren, ließ er sich auch auf großen Portraits als sein erhofftes/ erwünschtes Ideal darstellen.
Dieser Hang zur übertriebenen Repräsentation weist auf eine gegenteilige Realität hin. Der unerfahrene und von seiner Verantwortung erdrückte Wilhelm II. schaffte es kaum, seinen verwaltungstechnischen Aufgaben als Kaiser nachzukommen.
Die größte innenpolitische Krise seiner Regierungszeit war die so genannte Daily-Telegraph-Affäre (1908). Wilhelm II. hatte bei einem Besuch in England unvorsichtige politische Bemerkungen gemacht, die später in der Zeitung veröffentlicht wurden. In Deutschland rief die Affäre einen Sturm der Entrüstung gegen den Kaiser hervor, der für den erfolglosen Zickzackkurs der deutschen Außenpolitik verantwortlich gemacht wurde. Alle Parteien des Reichstages kritisierten den Monarchen und forderten eine Einschränkung seiner Reden und Gespräche. Wilhelm II. war von dieser Kritik so beeindruckt, dass er zeitweilig die Abdankung erwog.
Eine ambivalente Rolle spielte Wilhelm II. in der Julikrise 1914. Zwar war er alles andere als ein Pazifist und hatte großen persönlichen Anteil an der Verschlechterung des internationalen Klimas, z. B. durch unbedachte Reden oder sein Festhalten an der Hochrüstungspolitik. Auch gab er Österreich-Ungarn am 5. Juli 1914 den so genannten Blankoscheck, als er seine unbedingte Unterstützung eines Vorgehens gegen Serbien zusagte. Dennoch wollte Wilhelm II. den Krieg nicht - schon deshalb nicht, weil er sich den damit verbundenen Anforderungen an ihn nicht gewachsen fühlte. Im letzten Moment unternahm er noch Versuche, den Frieden zu bewahren.
Im Verlauf des Ersten Weltkrieges 1914-1918 wurde die Bedeutung des Kaisers zunehmend geringer. Besonders unter der 3. Obersten Heeresleitung unter Hindenburg und Ludendorff (1916-1918) wurde er zunehmend von den politisch-militärischen Entscheidungen ausgeschlossen. Als Symbol des preußischen Militarismus forderten die Ententemächte die Abdankung des Kaisers als Bedingung für die Eröffnung von Friedensverhandlungen.
Entlassung Bismarcks
Am 20. März 1890 entließ er den Reichskanzler Otto von Bismarck, den er als Kind noch über die Maßen verehrt hatte. Seit Wilhelms II. Thronbesteigung verschärfte sich der Gegensatz in der Sozialpolitik. Der Kaiser wollte den politischen Einfluss von Reichskanzler Bismarck zurückdrängen um den der Kaiserfamilie zu stärken und um selbst zu regieren. Auch wollte der Kanzler Russland als einen starken Verbündeten, wobei Wilhelm II. auf Österreich vertraute. Als Bismarcks Nachfolger ernannte Wilhelm II. den General Leo von Caprivi, welcher wenig politische Vorkenntnisse mitbrachte und das Amt des Reichskanzlers als militärisches Gehorsamverhältnis auffaßte. Da aber der junge Kaiser auch wenig politische Erfahrung besaß, gewann ein Beamter des Auswärtigen Amtes, Geheimrat von Holstein, für ca. 15 Jahre als Ratgeber des Kaisers und des Kanzlers Einfluss auf die deutsche Außenpolitik. Eine der ersten Fehlentscheidungen war die Nichterneuerung des Rückversicherungsvertrags mit Russland durch den neuen Reichskanzler Leo von Caprivi. Mit der Entlassung Bismarcks begann der Übergang Deutschlands in die Epoche des Imperialismus.
Flottenpolitik
Das Deutsche Reich geriet aufgrund einer unruhigen, expansiven Außenpolitik (Bau einer Flotte (Kaiserliche Marine), sowie zahlreicher unbedachter und kriegerischer Reden Wilhelms in einen Gegensatz zu Großbritannien und in die außenpolitische Isolation, was wesentlich zu der für Deutschland ungünstigen Konstellation bei Ausbruch des Ersten Weltkrieges beitrug (Zweifrontenkrieg). Der Anteil des Kaisers an der deutschen Außenpolitik ist umstritten. Während John C. G. Röhl in ihm die entscheidende Persönlichkeit sah, die die Politik des Reiches eigenständig führte, sehen andere Historiker wie Wolfgang Mommsen die zivile Reichsleitung im Zentrum der Verantwortung.
Gründung der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft
1911 gründete er die Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaft, die nach dem Zweiten Weltkrieg den Namen Max-Planck-Gesellschaft erhielt.
Abdankung und Exil
Wegen der Novemberrevolution 1918 musste er abdanken. Am 9. November 1918 gab Reichskanzler Prinz Max von Baden eigenmächtig Wilhelms Rücktritt als Kaiser und als König von Preußen (welches Letztere der Kaiser nicht wollte) und den Verzicht des Kronprinzen auf die beiden Kronen bekannt. Am 10. November 1918 floh der Kaiser aus seinem Hauptquartier in Spa in die Niederlande und verzichtete dort am 28. November 1918 auf seinen Thron (er bestätigte damit die eigenmächtige Handlung des Max von Baden als Verweser). Bis 1920 lebte Wilhelm II. in Amerongen, danach bis zu seinem Tod in Huis Doorn in den Niederlanden im Exil, wo er sich trotz seiner Behinderung als Holzfäller betätigte, seine Memoiren verfasste und (vergeblich) die Wiederherstellung seines Kaisertums betrieb. Zeitweilig näherte er sich dabei an die Nationalsozialisten an, von denen er sich die Wiederherstellung der Monarchie versprach.
Im Jahre 1940 verfasste er ein Glückwunschtelegramm an Adolf Hitler zu dessen Sieg über Frankreich. Dieses äußerst umstrittene Telegramm ist wohl auf die Impulsivität des Kaisers zurückzuführen, die ihm so viele Probleme während seiner Regierung verursachte: er gratulierte nicht Hitler, sondern dem "Sieg der deutschen Waffen", denn ihm selbst gelang es nicht, wie seinem Großvater Wilhelm I., den "Erbfeind" Frankreich zu besiegen. Es ist undenkbar, daß der Kaiser durch das Telegramm irgendeine Gunst bei Hitler erwirken wollte. Schon viele Jahre vorher bestimmte er in seinem Testament, daß er in Deutschland nur dann begraben werden sollte, wenn das Land zu der monarchischen Staatsform zurückkehren würde.
Kaiser Wilhelm II. wurde in einem nach seinen Zeichnungen erbauten Mausoleum im Schlosspark von Doorn begraben, seine beiden Gattinnen ruhen im Antikentempel am Neuen Palais in Potsdam.
Ehefrauen
1881 hatte Wilhelm Prinzessin Auguste Viktoria von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Augustenburg (22. Oktober 1858-11. April 1921) geheiratet.
1922 heiratete er die verwitwete Prinzessin Hermine von Schönaich-Carolath, geborene Prinzessin Reuß ä.L. (1887-1947).
Kinder
- Friedrich Wilhelm Victor August Ernst (* 6. Mai 1882 - † 20. Juli 1951)
- Eitel Friedrich (1883-1942)
- Adalbert (1884-1948)
- August Wilhelm (1887-1949)
- Oskar (1888-1958)
- Joachim (1890-1920)
- Victoria Luise (* 13. September 1892 - † 11. Dezember 1980)
Siehe auch: Liste der Könige von Preußen, Hunnenrede, Erklärung gegen die Oxforder Hochschulen
Schriften
- Ereignisse und Gestalten aus den Jahren 1878-1918, Leipzig, Berlin 1922 (K. F. Koehler)
Literatur
- Ludwig, Emil: Wilhelm der Zweite, Berlin 1926 (Ernst Rowohlt)
- Johann, Ernst: Reden des Kaisers. Ansprachen, Predigten und Trinksprüche Wilhelms II., München 1966 (dtv)
- John C. G. Röhl, Die Jugend des Kaisers, 1859-1888, München (Beck)
- John C. G. Röhl, Der Aufbau der Persönlichen Monarchie, 1888-1900, München (Beck) 2001
- Wolfgang J. Mommsen, War der Kaiser an allem schuld? Wilhelm II. und die preußisch-deutschen Machteliten. München (Propyläen)2002
- Christopher Clark, Kaiser Wilhelm II., London 2000 (die beste kurze, abgeschlossene Biographie auf dem neusten Forschungsstand, bisher leider nur auf Englisch)
Weblinks
- http://www.dhm.de/lemo/html/biografien/WilhelmII/index.html
- Preussen-Chronik
- Wilhelm II. bei preussen.de
- http://www.erziehung.uni-giessen.de/studis/robert/wilhelm2.html
- http://www.huisdoorn.nl/
- http://www.deutsche-schutzgebiete.de/
- Wilhelm II. als Opfer seiner eigenen Selbstüberschätzung - aus GEO
- ZDF: Seine Majestät Wilhelm II. im Spiegelbild seiner Epoche
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