Neues Schloss Herrenchiemsee
Das Neue Schloss Herrenchiemsee ist ein Königsschloss auf der Insel Herrenchiemsee im Chiemsee, Bayern und wurde von 1878 bis 1886 unter Ludwig II. erbaut. Das Schloss ist der Öffentlichkeit zugänglich und kann besichtigt werden.





Allgemeines
Während Schloss Neuschwanstein einer Ritterburg gleichen und Schloss Linderhof eine Königliche Villa darstellen sollte, so sollte das Schloss Herrenchiemsee, Ludwigs II. letztes großes Projekt, ein Denkmal für die französischen Bourbonenkönige und deren Schloss Versailles werden.
Ludwig II. wollte dieses Schloss nicht der Öffentlichkeit zugänglich machen; es sollte ihm lediglich als privates Refugium dienen, in welches er sich vor dem Alltag in seine Traumwelten vom absolutistischen Königtum zurückziehen konnte - dies stand im direkten Gegensatz zum wirklichen Leben im lange vom französischen Königshaus bewohnten und von Hofstaat und -zeremoniell erfüllten Versailles. Das Neue Schloss Herrenchiemsee wurde nie fertig gestellt, bereits begonnene Teile des Schlosses wurden nach dem Tod Ludwigs II. aus Gründen der Symmetrie und eines fehlenden Nutzungskonzepts sogar wieder abgebrochen. Wirklich bewohnt wurde das Neue Schloss Herrenchiemsee von Ludwig II. nur wenige Wochen; insgesamt soll er 52 Tage und Nächte hier verbracht haben, während dieser Zeit wurde die Spiegelgalerie jeden Abend vollständig mit Kerzen illuminiert. Um die Arbeiten während der Bauphase zu besichtigen, hielt er sich gelegentlich im Alten Schloss Herrenchiemsee auf, welches sich ebenfalls auf der Insel befindet und aus einem Kloster hervorgegangen ist. Hier wurde ihm für diesen Zweck eine kleine Wohnung eingerichtet.
In mehreren unvollendeten Räumen des Südflügels des Neuen Schlosses ist ein König-Ludwig-II.-Museum untergebracht.
Das Schloss
In einem früheren Entwurf für das Schloss war als Standort das Graswangtal in der Nähe von Linderhof vorgesehen, dieses Projekt wurde als „Meicost Ettal“ bezeichnet, wobei es sich um ein Anagramm des Wahlspruchs Ludwig XIV. - dem Idol Ludwigs II. - „L'état c'est moi“ (der Staat bin ich) handelt. Aufgrund des mangelnden Platzes an jenem Ort wurde schließlich der Bau auf der Herreninsel beschlossen - obwohl der König den See nicht mochte und die Berge vermisste. Nach 13 Planungsphasen begann der Bau nach den Plänen Georg Dollmanns im Jahre 1878.
Das Schloss, das ursprünglich ein idealisiertes Abbild von Versailles werden sollte, besteht - im Gegensatz zum vielflügeligen und ständig erweiterten Vorbild - nur aus dem dreiflügeligen Haupttrakt, da Ludwig II. während der Bauzeit das Geld ausgegangen war und er vor der Vollendung der Anlage starb. Ein damals noch errichteter Nordflügel wurde später wieder abgebrochen, der Südflügel nicht einmal begonnen. Während die Hauptfassade eine Reminiszenz des Schlosses in Versailles darstellt, ist die Hoffassade ein für dieses Schloss konzipierter eigener Entwurf, der zwar in den Proportionen, nicht jedoch in seiner Architektur und seinem Schmuck dem Vorbild folgt.
Der große Spiegelsaal von Herrenchiemsee hat, mit seinen beiden Eckräumen, dem Friedenssaal und dem Kriegssaal, eine Länge von 98 Metern und belegt damit die gesamte Westseite des Schlosses. Er ist damit der größte Raum eines Schlosses in Deutschland. Den 17 großen Spiegeln stehen 17 Rundbogenfenster gegenüber. Durch diese Anordnung wird das Licht im gesamten Spiegelsaal reflektiert und bricht sich in den Kristallelementen der 33 Deckenlüster und 44 Standkandelaber. Die Dekoration des Saales besteht neben den Spiegeln, Lüstern und Kandelabern aus vergoldeten Gips- und Holzelementen sowie aus Marmorbüsten römischer Kaiser, Statuen römischer Götter und Sitzgruppen mit blauer Samtbespannung, die die französische "fleur de lis" in Gold tragen. Die Deckengemälde sind, abgesehen von einigen Besonderheiten, Kopien der Gemälde aus der Spiegelgalerie von Versailles. Sie zeigen die wichtigsten Kriegszüge von König Ludwig XIV. von Frankreich. Eine Besonderheit der Deckengemälde im Gegensatz zu Versailles besteht im plastischen Schmuck, den es im Vorbild nicht so üppig gibt; über diese fehl interpretierte Nachahmung soll Ludwig II. sich sehr geärgert haben. Bis zum Jahre 1982 wurden die 1848 Kerzen des Saales regelmäßig zum Anlass von Konzerten oder für die sogenannte Schlossbeleuchtung entzündet, um die Gemälde zu schützen sowie aus Brandschutzgründen wird heute darauf verzichtet. Um alle diese Kerzen zu entzünden, waren 50 Bedienstete etwa eine halbe Stunde beschäftigt. In der heutigen Zeit wird der Spiegelsaal, neben Führungen, vor allem für Konzerte oder Staatsempfänge benutzt. Der Spiegelsaal ist der letzte Raum, der im Verlaufe einer Führung durch Herrenchiemsee im Rahmen der sogenannten „Staatsräume“ gezeigt wird. Von dort aus betritt der Besucher die Privaträume von Ludwig II. von Bayern.
Im Schloss wechseln prachtvoll ausgestattete Paraderäume wie das Prunkschlafzimmer mit unverputzten, leeren Räumen, die aufgrund des Geldmangels nicht mehr wie geplant fertiggestellt werden konnten. Hervorzuheben sind außerdem das Treppenhaus, das ein Abbild der sogenannten „Gesandtentreppe“ darstellt - das Vorbild in Versailles wurde bereits im 18. Jahrhundert abgebrochen -, sowie das Esszimmer, welches mit einem mechanisch betriebenen „Tischlein-deck-dich“ versehen ist. Dies hätte es dem König möglich gemacht, ohne die Anwesenheit von Bediensteten zu speisen. Dabei konnte durch eine mechanische Vorrichtung der Tisch mitsamt dem Boden eine Etage tiefer abgesenkt werden. Für diesen Vorgang benötigte ein großer und starker Mann etwa 15 Minuten. Da jedoch eine Küche auf dem Schloss fehlte, musste das gekochte Essen mit einer Kutsche angeliefert werden. Die vollendeten Zimmer und Salons folgen - abgesehen von den großen Staatsräumen - dem zweiten bayerischen Rokoko und stellen damit eine Interpretation, aber keine Kopie des Vorbildes dar.Eigentlich sollten 70 Räume fertiggestellt werden wurden aber nur 20 fertig.
Der Park
Vor dem Schloss entfaltet sich ein prächtiger Barockpark nach den Plänen Carl von Effners, der die Gartenanlagen Versailles zitiert, dieser ist wie das Vorbild unter anderem mit einem Latona-Brunnen und großen Brunnenanlagen vor dem Hauptparterre geschmückt. Auch das „Tapis Vert“, der grüne Teppich, der in diesem Fall zum Chiemsee führenden Allee, findet sich hier wieder. Da während der wenigen Aufenthalte des Königs die Bepflanzungen noch sehr niedrig waren, wurde die Allee mit großen, bemalten Leinwänden für ihn simuliert. Heute geht der formale Bereich des Gartens in den Naturbereich der Insel über und bildet mit diesem einen großen Landschaftspark. Verglichen mit dem Schlosspark in Versailles ist der Park von Schloss Herrenchiemsee jedoch kleiner.
Galerie
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Schloss Herrenchiemsee, Fassade
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Schloss Herrenchiemsee, Fassade
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Schloss Herrenchiemsee, Fassade
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Schloss Herrenchiemsee, Ansicht um 1911
Siehe auch
Literatur
- Rolf Linnenkamp: Die Schlösser und Projekte Ludwigs II.; Wilhelm Heyne Verlag: München, 2. Aufl. 1986; ISBN 3-453-02269-6; S. 130-163.
- Michael Petzet: Gebaute Träume. Die Schlösser Ludwigs II. von Bayern, Hirmer: München 1995; ISBN 3-7774-6600-X.
- Alexander Rauch: Schloß Herrenchiemsee; Koehler & Amelang: München 1995; ISBN 3-7338-0179-2.
- Elmar D. Schmid u. Kerstin Knirr: Herrenchiemsee. Museum im Augustiner-Chorherrenstift. Königsschloss. König Ludwig II.-Museum; Amtlicher Führer, Neufassung; (Bayerische Verwaltung der Staatlichen Schlösser, Gärten und Seen); 1. Aufl. München 2005; ISBN 3-932982-65-7.
- Elmar D. Schmid/Bayrische Schlösserverwalung (Hg.): Linderhof; (Prestel Führer compact); Prestel: München/London/New York 2001; ISBN 3-7913-2375-X.
Weblinks
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