Eine Kfz-Haftpflichtversicherung ist eine gesetzlich vorgeschriebene Versicherung (Pflichtversicherung), welche die Schadensersatzansprüche deckt, die einem Dritten durch den Betrieb eines Kraftfahrzeugs in Straßenverkehr entstehen. Der Schaden kann beispielsweise durch einen Verkehrsunfall entstehen, an dem der Fahrer eines Kfz des Versicherten die Schuld trägt oder für dessen Folgen er verschuldensunabhängig einzustehen hat. In der Kfz-Haftpflichtversicherung gilt in Deutschland nach § 5 PflVG ein Kontrahierungszwang, d.h. das Versicherungsunternehmen muss grundsätzlich einen Antrag auf Erteilung einer Kfz-Haftpflichtversicherung bestätigen und darf nur unter bestimmten Bedingungen das Zustandekommen eines Vertrages verweigern.
Das Kraftfahrzeug-Haftplichtversicherungsrecht ist in der Europäischen Union weitgehend vereinheitlicht, allerdings weichen die Höchst-Schadenssummen in den EU-Staaten noch erheblich voneinander ab.
Rechtliche Grundlagen
Das Kraftfahrzeug-Schadenrecht weicht in einigen Punkten vom allgemeinen Schadenersatzrecht ab.
Schadenersatzpflichtig ist im Regelfall der Fahrer, der den Schaden verursacht hat. Da es praktisch nicht möglich ist, alle Inhaber einer Fahrerlaubnis einer Versicherungspflicht zu unterziehen, greift der Gesetzgeber zu einem Trick: Speziell im Straßenverkehr haftet durch gesetzliche Anordnung (in Deutschland gemäß § 7 Straßenverkehrsgesetz) nicht nur der Fahrer für die von ihm verursachten Schäden, sondern auch der Halter des Fahrzeugs (siehe Fahrzeugschein und Fahrzeugbrief), und zwar auch, ohne dass ihn ein eigenes Verschulden trifft. Es ist eine Ausnahme von dem allgemeinen Grundsatz, dass Schadensersatz nur bei eigenem Verschulden geleistet werden muss.
Der Halter ist nach dem Pflichtversicherungsgesetz zur Versicherung seines Kraftfahrzeugs verpflichtet. Bei der Kfz-Haftpflichtversicherung gilt (in Deutschland nach § 5 PflVG) ein Kontrahierungszwang, d.h. das Versicherungsunternehmen muss grundsätzlich einen Antrag auf Erteilung einer Kfz-Haftpflichtversicherung bestätigen und darf nur unter bestimmten Bedingungen das Zustandekommen eines Vertrages verweigern.
Folgende Schadenarten werden über die Kfz-Haftpflichtversicherung abgedeckt:
- Personenschäden (Heilungskosten bei Personenschäden / Renten bei Invalidität)
- Sachschäden (Reparaturen an anderen Fahrzeugen / Objekten (z.B. Leitplanke))
- Vermögensschäden
- immaterielle Schäden, beispielsweise Schmerzensgeld
Die Kfz-Haftpflichtversicherung ersetzt auch diejenigen Ansprüche, die sich aus der Betriebsgefahr (verschuldensunabhängige Gefährdungshaftung) ergeben.
Der betroffene Fahrzeugführer ist mitversichert.
Eine weitere Besonderheit ist die Regulierungsvollmacht der Kfz-Haftpfichtversicherung: Sie darf Schäden auch gegen den Willen des Versicherungsnehmers regulieren. Als Ausgleich hat der Versicherungsnehmer ein außerordentliches Kündigungsrecht im Schadensfall (wirksam allerdings nur für die Zukunft).
Für den Geschädigten ist von Bedeutung, dass er die Kfz-Haftpflichtversicherung direkt auf Schadensersatz in Geld (§ 3 Pflichtversicherungsgesetz) in Anspruch nehmen kann. Er vermeidet hierdurch, seine Ansprüche gegen den Fahrer oder Halter geltend machen zu müssen und trotz juristischem Erfolg bei deren Zahlungsunfähigkeit leer auszugehen. Dennoch werden in der Regel in gerichtlichen Auseinandersetzungen die Versicherung, der Halter und der Fahrer gleichzeitig in Anspruch genommen. Dies hat prozesstaktische Gründe: Beispielsweise kann der als Anspruchsgegner verklagte Fahrer hierdurch nicht mehr als Zeuge auftreten.
Beitragsgestaltung
Das Versicherungsunternehmen ist in seiner Beitragsgestaltung weitestgehend frei. Es gibt im Vergleich der Versicherungsunternehmen untereinander deutliche Preisunterschiede.
Auf den Beitrag der Kfz-Haftpflichtversicherung wird ein sogenannter Schadenfreiheitsrabatt angerechnet. So reduziert sich durch das Bonus/Malus-System, je nachdem wie lange der Vertrag schadenfrei läuft, die Versicherungsprämie um bis zu 70% (in Österreich 50%). Bei besonderer Schadenhäufigkeit wird ein Zuschlag berechnet (bis zu 245% der Normalprämie, in Österreich bis 200%).
Die Prämien werden ferner mit statistischen Merkmalen berechnet:
- Typklasse des Fahrzeuges (Schadenhäufigkeit eines bestimmten Fahrzeugmodells)
- Regionalklasse des Zulassungsortes (Schadenhäufigkeit in einem regional begrenzten Gebiet)
Die Deregulierung des deutschen Versicherungsmarktes hat darüber hinaus zu zahlreichen weiteren Prämienermittlungsmerkmalen geführt. Sie sind abhängig von der jeweiligen Risikoeinschätzung des Fahrers oder seines Umfeldes. So gibt es, insbesondere bei Personenkraftwagen:
- Beispiele für sogenannte weiche Tarifmerkmale können sein:
- Alter des Versicherungsnehmers (VN) / der Fahrer
- Zeitraum seit Ausstellung d. Fahrerlaubnis des Halters und/oder d. Fahrer
- Alter des Fahrzeuges, Zeitwert und/oder Neuwert d. Fahrzeuges
- Regelmäßiger Abstellplatz des Fahrzeuges
- Beruf des VN – Besondere Tarife für Angehörige des öffentlichen Dienstes
- Jährliche Fahrleistung (bspw. relevant i.Bz.a. sog. "Saison-Kennzeichen")
- Einschränkung auf bestimmte Fahrer bzw. auf minimales Alter und/oder Fahrpraxis d. Fahrer
- im Haushalt lebende Kinder
Darüber hinaus gibt es oft weitere individuelle Tarifmerkmale der Versicherer. Da sich diese jedoch häufig, in der Gewichtung durch den Versicherer oder auch durch Veränderungen im persönlichen Umfeld des Versicherungsnehmers ändern können, empfiehlt es sich, von Zeit zu Zeit eine Überprüfung des abgeschlossenen Vertrages vorzunehmen.
Zwar ist der Versicherer bei einem Verstoß des Versicherungsnehmers gegen die vertraglich vereinbarten „weichen Tarifmerkmale“ nicht von der Leistungspflicht befreit, jedoch sind in der Regel Vertragsstrafen, die bis zur Höhe der doppelten 100%-Normalprämie gehen können, vorgesehen.
Bei gewerblichen Risiken spielt häufig der objektive Schadenverlauf eine größere Rolle. So werden hier in der Regel keine „weichen Tarifmerkmale“ herangezogen.
Deckungssumme
Die Deckungs- oder Versicherungssumme bezeichnet die maximale Entschädigungsleistung aus der KFZ-Haftpflichtversicherung.
Aktuelle Deckungssummen sind:
- Gesetzlich Mindestdeckungssumme (2,5 Mio. für Personenschäden / 500.000 Euro für Sachschäden)
- 50 oder 100 Mio. Euro Pauschal für Personen-, Sach- und Vermögensschäden (Mit Begrenzung, je geschädigte Person, auf maximal 8 Mio. Euro)
Überschreitet die Schadenhöhe die Deckungssumme so haftet der Schädiger, dem Grunde nach, selbst über die Höhe der Differenz.
Die Kfz-Haftpflichtversicherung ist rechtlich, gegenüber dem Geschädigten, immer, zumindest bis zur Höhe der Deckungssumme, zur Leistung verpflichtet. Bei grober Fahrlässigkeit (z. B. abgefahrene Reifen) oder Vorsatz (z. B. Trunkenheitsfahrt) kann der Versicherer jedoch Regress vom Versicherungsnehmer verlangen. Dieser Regressanspruch ist zunächst, pro Schadenfall, auf 5000 Euro begrenzt. Jedoch hat die Rechtsprechung bereits in besonders schweren Fällen dem Versicherer den doppelten Regressanspruch zugesprochen.
Entschädigungsleistungen
Bei Sachschäden werden vorrangig die Reparaturkosten und eine Prämie für die Wertminderung erstattet. Bei technischen oder wirtschaftlichen Totalschäden wird der Wiederbeschaffungswert abzüglich des Restwertes ersetzt.
Vertragsbeendigung
Kfz-Haftpflichtversicherungsverträge sind üblicherweise Jahresverträge und verlängern sich, sofern keiner der Vertragsparteien kündigt, stillschweigend von Jahr zur Jahr.
Gründe zur Vertragsbeendigung:
- Ordentliche Kündigung (durch Versicherer / Versicherungsnehmer zum Ablauf)
- Wegfall des versicherten Risikos (Kfz wird verkauft, Totalschaden)
- Stillegung des Fahrzeuges (zuerst Ruheversicherung / nach 18 Monaten Beendigung)
- außerordentliche Kündigung durch den Versicherer, beispielsweise infolge Nichtzahlung der Prämie oder bei arglistiger Täuschung seitens des Versicherungsnehmers
- außerordentliche Kündigung durch den Versicherungsnehmer, beispielsweise bei Prämienerhöhung durch den Versicherer oder anläßlich einer Schadensregulierung
Nachhaftung
Die Nachhaftung tritt nach Beendigung des eigentlichen Kfz-Haftpflichtversicherungsvertrages ein. So sind – zumindest in Deutschland - alle Haftpflichtversicherer verpflichtet, im Falle einer Vertragsbeendigung bis zu einem Monat darüber hinaus im gesetzlichen Umfang zu haften.
Nach dieser Nachhaftung können Entschädigungsleistungen nur noch gegenüber dem Versicherungsnehmer bzw. Halter, unter bestimmten Voraussetzungen (zum Beispiel bei Fahrerflucht) jedoch auch über die Verkehrsopferhilfe, geltend gemacht werden.
Eine Ausfalldeckung, wie aus der Privat-Haftpflichtversicherung bekannt, gibt es für im Inland verursachte Schäden bislang nicht.
Schäden mit ausländischen Fahrzeugen
In der EU und den meisten anderen Ländern ist eine Kfz-Haftpflichtversicherung Voraussetzung für die Zulassung eines Kraftfahrzeugs im öffentlichen Straßenverkehr. Schwierig können sich Unfälle mit Fahrzeugen aus anderen Ländern gestalten. So gelten im Ausland häufig sehr niedrige Deckungssummen. Eine eventuell entstehende Differenz zur tatsächlichen Schadenhöhe kann durch anderweitige Versicherungen, beispielsweise Kaskoversicherung, teilweise auch über Schutzbriefleistungen abgefangen werden.
Waren früher die Dienste eines (ausländischen) Rechtsanwaltes zur Feststellung der Schadenersatzansprüche mit ausländischen Versicherungen notwendig, so werden diese Verhandlungen in der EU seit 2003 durch inländische Regulierungsstellen stark vereinfacht.
Bei Fahrten ins Ausland benötigt man meist zum Nachweis einer gültigen Kfz-Haftpflichtversicherung die grüne Versicherungskarte. Sie ist zwar in den EU-Staaten und in vielen anderen Staaten nicht mehr zwingend vorgeschrieben (innerhalb der EU gilt das sogenannte Kennzeichenabkommen). Das Mitführen der Internationalen Versicherungskarte für Kraftverkehr (auch: Grüne Karte genannt) kann bei einem Unfall die Schadensabwicklung jedoch wesentlich erleichtern. Diese sollte der Fahrer eines Fahrzeuges bei grenzüberschreitendem Verkehr zum Nachweis mitführen.
Ursprung ist die UNO-Empfehlung Nr. 5. Daraus resultieren die weiteren Abkommen. Zuständige Organisation ist das Council of Bureaux mit Sitz in London. Das ursprüngliche Grüne-Karte-System hatte 13 Staaten. Heute sind es 44. Dies gilt hauptsächlich für Europa.
Manche Versicherer kombinieren Haftpflichtversicherungen mit sog. Schutzbriefen, die Zusatzleistungen mitbringen, wie man sie von Automobilclubs kennt. Dazu zählen Pannenhilfe, Abschleppdienste, Übernachtung und Rücktransport. Ein Schutzbrief kann ebenso spezielle Auslandsangebote wie Ersatzteillieferungen beinhalten.
Details aus einigen Ländern
Deutschland
Im Fall von nicht ermittelbaren oder nicht versicherten Kfz hilft in Deutschland ein Entschädigungsfonds der deutschen Autoversicherer. Dieser hilft auch Verkehrsopfern bei Unfällen im Ausland in der Funktion als Entschädigungsstelle nach der 4. KH-EG Richtlinie. Die endgültige Schadensabwicklung wird dann im Auftrag der Verkehrsopferhilfe (e.V., Hamburg) entweder durch in Deutschland zugelassene Autohaftpflichtversicherer oder in Untervollmacht für diese durch Schadenregulierungsbüros durchgeführt.
Für die Abwicklung und Regulierung von Schäden in Deutschland ist das Deutsche Büro Grüne Karte e. V. mit Sitz in Hamburg zuständig. Seit 2003 ist eine EU-Richtlinie in Kraft, die fordert, dass jede Versicherung in jedem Land der EU einen Repräsentanten benennen muss, der Schäden reguliert.
Österreich
Bei PKW und Motorrädern richtet sich die Höhe der Prämie nach der Motorleistung mit Bonus-Malussystem, bei LKW nach dem höchsten zulässigen Gesamtgewicht ohne Bonus-Malus, ebenso wie bei Anhängern. Außerdem gibt es noch für verschiedene Bevölkerungsgruppen verschiedene Rabattstufen, die von den Versicherern unterschiedlich gehandhabt werden. So gibt es einen Frauenrabatt oder einen Seniorenrabatt. Relativ neu ist für Führerscheinneulinge im Haftpflichtfall bei manchen Versicherern ein Selbstbehalt.
Bei Unfällen mit ausländischen Fahrzeugen in Österreich benennt der Verband der Versicherungsunternehmen Österreichs eine inländische Partnerversicherung, die den Schaden nach österreichischem Recht abwickelt. Ebenso wird bei Unfällen mit nicht versicherten Fahrzeugen verfahren.
Generell gilt bei Kraftfahrzeugen und Anhängern die amtliche Kennzeichentafel als Nachweis einer aufrechten Fahrzeugversicherung.
Siehe auch
- Kaskoversicherung zur Deckung des Eigenschadens
- Themenliste Straßenverkehr
- Rechtsschutzversicherung
- Unfallersatztarif