Dieser Artikel beschäftigt sich mit giftigen chemischen Stoffen. Über das Programm zum Tauschen von Dateien siehe GiFT.
Als Gift (althochdeutsch Gabe) oder Toxin bezeichnet man einen Stoff, der Lebewesen über ihre Stoffwechselvorgänge Schaden zufügen kann.
Die wissenschaftliche Disziplin, die sich mit der Erforschung von Giften, ihrer Wirkung und deren Behandlung beschäftigt, ist die Toxikologie.
Der durch ein Gift angerichtete Schaden kann in vorübergehender Beeinträchtigung, dauerhafter Beeinträchtigung oder Tod bestehen.
Nicht als Gifte werden Lebewesen wie Viren und Bakterien angesehen, die als Krankheitserreger bezeichnet werden. Ebenso gelten Substanzen oder Gegenstände, die ein Lebewesen ausschließlich mechanisch oder über Strahlung schädigen, nicht als Gift.
Pflanzenschädigende Stoffe (Herbizide) werden als Pflanzengift bezeichnet.
Giftigkeit
Grundsätzlich können alle dem Organismus zugeführten Stoffe oberhalb einer gewissen Dosis Schaden anrichten. Dies gilt sogar für unverzichtbare Substanzen wie Vitamine, Nährstoffe und Wasser. Die Toxizität, also das Ausmaß der Giftwirkung in Abhängigkeit von der Dosis, wird von vielen Faktoren bestimmt. Dazu gehören
- die Galenik ("Zubereitung") des Toxins, eventuell die Mischung mit anderen Toxinen
- die Form der Verabreichung
- die Löslichkeit in Körperflüssigkeiten (insbesondere bei oraler Aufnahme)
- der zeitlichen Verlauf der Aufnahme (akut, subakut, chronisch)
- Eigenschaften des Probanden, wie
- der Gesundheitszustand
- Geschlecht
- Alter
- Körpergewicht
- eine mögliche Toleranz durch frühere Gaben des Toxins
- die Umgebungstemperatur
- die Absicht hinter der Zufuhr der Substanz
Beispiele:
- Gift-"Cocktails", wie sie manchmal mit Mord- oder Selbstmordabsicht zusammengestellt werden, sind meist "giftiger" als die Summe der Einzelsubstanzen.
- Metallisches Quecksilber ist beim Verschlucken weniger giftig als bei der Inhalation der Dämpfe.
- Eine Dosis Ethanol, die im Laufe eines Abends (also subakut) in Form von Bier eingenommen und vertragen wird, kann bei akuter Zufuhr als Schnaps zu ausgeprägteren und eventuell gefährlichen Vergiftungserscheinungen führen.
- Ein zum Beispiel durch Krankheit vorgeschädigter Organismus wird empfindlicher sein als der eines Gesunden.
- Eine Dosis von Digoxin, die bei einem Erwachsenen therapeutisch ist, kann für ein Kind tödlich sein. Auch hohes Alter kann die Fähigkeit des Organismus herabsetzen, sich mit einem Gift auseinander zu setzen.
- Wiederholte Giftzufuhr führt bei vielen Substanzen zur Toleranzentwicklung. So gab es früher "Arsenesser", die zum Teil das Mehrfache einer gewöhnlich akut tödlichen Dosis von Arsenik (As2O3) ohne (akute) Beeinträchtigung zu sich nahmen. Ein näherliegendes Beispiel sind Opiate wie Heroin, gegen die der Mensch ausgeprägt Toleranz entwickelt.
- Vergiftungen mit Schlafmitteln führen zum Teil über Störungen der Temperaturregulation mit Auskühlen des Organismus zum Tod. Wenn der Auskühlung entgegengewirkt wird (Bettdecke, Heizung), wird eine Überdosis unter Umständen vertragen, die im Freien tödlich gewesen wäre.
- Bei ansonsten gleichen Bedingungen wird eine Giftdosis, die in Selbstmordabsicht eingenommen wurde, eher zum Tod führen, als eine, die versehentlich oder in Mordabsicht zugeführt wird.
Um dennoch die Giftigkeit (Toxizität) von Toxinen miteinander zu vergleichen, müssen Tierversuche herangezogen werden. Die häufig angegebene LD50 zum Beispiel gibt an, welche Stoffmenge, bezogen auf das Körpergewicht, bei der Hälfte einer Versuchstierpopulation zum Tod führt. Dabei steht LD für letale Dosis.
Das tödlichste bekannte Gift ist das Botulinumtoxin, welches unter anderem in verdorbenen Fleisch- und Wurstkonservern vorkommen kann.
Arten der Vergiftung
Je nach der Absicht der Giftzufuhr spricht man von akzidentellen (versehentlichen), suizidalen (Selbstmord), homizidalen (Mord) und iatrogenen (im Rahmen einer Therapie mit Medikamenten aufgetretenen) Vergiftungen.
Giftwirkung
Gifte greifen an unterschiedlichen Rezeptoren im Organismus an. Häufig betroffene Organe bei akuten Vergiftungen sind die Leber (Hepatotoxine, zum Beispiel durch Paracetamol), die Niere (Nephrotoxine) und Gehirn und Nerven (Neurotoxine, zum Beispiel Senf- und andere Kampfgase ( VX,Sarin,Agent Red ). Viele Gifte greifen in die innere Atmung ein, so zum Beispiel Nitrate und Kohlenstoffmonoxid, die das Hämoglobin blockieren, oder Kaliumcyanid (Cyankali), das die Sauerstoffabgabe im Gewebe behindert.
Siehe auch: Antidot, Vergiftung
Einzelne Gifte
- Pflanzliche Gifte
- Nikotin aus der Tabakpflanze
- Taxole von der Eibe
- Digitoxin aus dem Fingerhut
- Strychnin aus dem Brechnußbaum
- Coniin aus dem Schierling
- Aconitin aus dem Eisenhut
- Tropan-Alkaloide aus der Tollkirsche, dem Stechapfel, der Engelstrompete oder dem Bilsenkraut
- Rizin aus Rizinus
- Curare
- Colchicin aus Herbstzeitlosen
- Pilz- und Bakteriengifte
- Tierische Gifte
- Schlangengift
- Bienengift etc.
- Skorpionsgifte
- Spinnengifte
- Fischgift
- Gift wirbelloser Meerestiere, etwa der Seewespe oder des Blaugeringelten Kraken
- Froschgift
- Chemische Gifte
- Alkohol
- Ammoniak
- Arsen
- Beryllium
- Cyanwasserstoff
- DDT
- Dioxin
- E 605
- Kaliumcyanid (Cyankali)
- Kohlenstoffmonoxid
- Chlorwasserstoffsäure
- die meisten Schwermetalle
- Phosphin
- Alle Phenole
- Methanol
Juristische Definition
Das Beibringen von Gift wird nach §224 I, Nr. 1, Alt. 1 StGB als gefährliche Körperverletzung bestraft. Nach herrschender Ansicht ist ein Gift jeder organische oder anorganische Stoff, der nach seiner Art, der beigebrachten Menge, der Form der Beibringung und der Körperbeschaffenheit des Opfers durch chemische oder chemisch-physikalische Wirkung die Gesundheit zu beschädigen geeignet ist. Beigebracht ist ein Gift dann, wenn eine Körper-Stoff-Beziehung hergestellt wurde.
Bitte lesen Sie hierzu auch den Hinweis Rechtsthemen.
Berühmte Vergiftungsfälle
- Sokrates starb durch einen Becher Schierlingskraut
- Kleopatra ließ sich zwecks Selbsttötung von einer Giftschlange beißen
- Der bulgarische Journalist und Dissident Georgi Markov wurde 1978 in London vermutlich von Geheimdienstagenten auf offener Straße mit einem Regenschirm angegriffen und in den Oberschenkel gestochen. Die Spitze des Schirms war mit Rizin präpariert worden. Markov starb einige Tage später im Krankenhaus an den Folgen des Giftes.
Literatur
- Weilemann / Kelbel / Reinecke / Ritter-Weilemann: Giftberatung Pflanzen. 2000 ISBN 3-7741-0812-9
- Oliver Sauer, Sacha Weilemann: Drogen – Eigenschaften, Wirkungen, Intoxikationen. ISBN 3-87706-601-1
- L.S. Weilemann, H.J. Reinecke: Notfallmanual Vergiftungen. 1996 ISBN 3-13-102591-3
Weblinks
- Über Gifte
- Giftnotrufzentralen in Deutschland und weitere Informationen zu giftigen Pflanzen
- Giftinfo.de, Beratungsstelle bei Vergiftungen
- Chemische und biologische Kampfstoffe
- "Giftstoffe" auf Medizin Worldwide
- Kontaktgiftige Pflanzen der Welt