Neuseeländisches Englisch bezeichnet den englischen Akzent, der in Neuseeland gesprochen wird.
Einleitung
Neuseeländisches Englisch ähnelt dem australischen Englisch in der Aussprache, und der Unterschied wird von Menschen außerhalb beider Länder oft nur schwer bemerkt. Manche dieser Unterschiede haben den Anschein, dass das neuseeländische Englisch dem britischen Englisch etwas näher sei als das australische Englisch. Einige der Unterschiede rühren vom Einfluss der Sprache der Māori auf das neuseelänische Englisch her. Der Hauptunterschied zwischen beiden Englisch mag das langgezogene i (“Siiidney”) des australischen Englisch sein, obwohl aus Sicht anderer englischsprachiger Regionen der Welt schon das neuseeländische i deutlich länger ist. Das sehr lange i in Australien rührt wahrscheinlich von italienischen Einwanderern her.
Entwicklung
Einen Unterschied zu anderen Dialekten des Englisch wurde erstmals 1912 von Frank Swinnerton beschrieben, der das neuseeländische Englisch als “sorgfältig moduliertes Gemurmel” beschrieb. Sicherlich gab es schon zuvor Unterschiede, die wohl schon früh entstanden sind, bedingt durch das Māori und deren Vokabular wie auch Namen für Orte und vor allem für Pflanzen und Tiere, die einzigartig in Neuseeland sind und deshalb im Englischen namenlos waren und blieben.[1]
Der neuseeländische Akzent ist auch vom Schottischen beeinflusst, vor allem im Süden der Südinsel Neuseelands, als Folge zahlreicher früher schottischer Einwanderer im 19. Jahrhundert, beispielsweise nach Dunedin (schottisch für Edinburgh).
Schreibweise
Es gibt zahlreiche Unterschiede zwischen der britischen und der amerikanischen Schreibweise, wie bei colour/color oder travelled/traveled. Im allgemeinen folgt die neuseeländische Schreibweise der britischen, noch mehr als die australische Schreibweise. Manche Amerikanismen halten aber auch in Neuseeland Einzug, wie "thru" anstatt "through", wenn auch bislang nicht in offiziellem Zusammenhang.
”-ise”
Ein offensichtlicher Unterschied zwischen der neuseeländischen und britischen Rechtschreibung ist allerdings bei der Endung -ise beziehungsweise -ize zu sehen: Neuseeländer verwenden ausschließlich die Endung -ise, Amerikaner bekanntlich -ize, während die Briten (und auch die Australier) beide benutzen.
Māori-Einfluss
Vokabular
Die meisten Namen der einheimischen Pflanzen- und Tierwelt sind direkt dem Māori entnommen. Bekanntestes Beispiel ist wohl der Kiwi, aber auch andere einheimische Vögel wie der Kea, Kakapo, Tui, Pukeko, der ausgestorbene Moa sowie der als Kotuko bekannte Silberreiher oder der als Hoiho bekannte Gelbaugenpinguin zeugen von dem deutlichen Einfluss, ebenso wie die Fische Hoki, Kahawai und Terakihi oder die Muscheln Toheroa oder der Meeresschnecke Paua.
Auch die meisten Bäume haben aus dem Maori stammende Namen, wie zum Beispiel Kauri, Rimu, Totara, Kowhai, Matagouri und Pohutakawa, der neuseeländische Weihnachtsbaum. Eine weitere Pflanze mit einem Maorinamen ist die Kumara, eine Süßkartoffel.
Das Wort Kiwi hat im Laufe der Jahre verschiedene zusätzliche Bedeutungen erhalten; am weitesten verbreitet ist wohl die umgangssprachliche Bezeichnung für Neuseeländer und alles Neuseeländische. Die Kiwifrucht hingegen wird stets als solche bezeichnet (kiwifruit); eine Bezeichnung nur als Kiwi kann zu Missverständnissen führen.
Viele Maoriwörter und Redewendungen, die die Kultur der Māori beschreiben, sind Bestandteil des neuseeländischen Englisch geworden. Beispiele finden sich unter der Liste neuseeländischer Wörter und Redewendungen.
Neuseeländer bezeichnen auch die Māori als Volk und im Plural als Māori, nicht als Maoris. Meist bleiben Māori-Wörter im Plural unverändert.
Māori als Amtssprache
Seit die Sprache der Māori offizielle Amtssprache ist und beispielsweise Webseiten der öffentlichen Hand zweisprachig sein müssen oder auch Gesetzestexte in beiden Sprachen veröffentlicht werden, hat der Einfluss des Māori auf das neuseeländische Englisch zugenommen.
Aussprache der Māori-Ortsnamen
Viele Māori-Ortsnamen wurden während des 19. und 20. Jahrhunderts recht plump wie englische Wörter ausgesprochen, aber seit sich in den 1980ern das Bewusstsein für die Sprache der Māori wieder stärker ausgebreitet hat, wird wieder Wert auf eine richtige Aussprache gelegt.
Die anglisierte Aussprache hält sich allerdings oft unter den Ansässigen, so dass man an einer korrekten Aussprache oft einen Ortsfremden erkennt.
Beispiele sind:
- Paraparaumu: unter europäischen Neuseeländern oft nur Parapram (mit englischer Intonation) ausgesprochen
- Hawera: oft nur Hara
- Pauatahanui: oft nur Partanui
Die korrekte Aussprache von Māori-Wörtern fällt Deutschen allgemein wesentlich leichter als Englischsprachlern. Wer diese Wörter liest wie im Deutschen, liegt sehr nahe an der korrekten Māori-Aussprache. Vokale mit Macron, dem Strich über dem Vokal, werden betont. Lediglich das r wird wie ein schnell geschlagenes d gesprochen.
Redewendungen und Phrasen
Der Gebrauch von Maoriwörtern nimmt zu, insbesondere auf der Nordinsel, wobei es auch dort regionale Unterschiede gibt. Kia ora beispielsweise ist mittlerweile eine normale neuseeländische Begrüßung. Im Māori wird es hingegen auch oft als Antwort auf Fragen wie Hast du das verstanden? oder Siehst du das genauso? oder für Danke schön und Ja genau! benutzt.
Andere Maoribegrüßungen wie Tena koe (zu einer Person) oder Tena koutou (mehr als drei Personen) werden ebenso häufig benutzt.
Eine Begrüßung zwischen zwei Personen, die sich an einem kalten Morgen treffen ist manchmal Makariri nei?, (etwa: Kalt, nicht wahr?), diese Redewendung verändert sich zu dem Māori-Englischmischwort Maka-Chilly (deutsch Maka-kühl). Vermutlich hat das ganze als Scherz begonnen, mittlerweile hat es sich aber soweit verselbstständigt, dass es ein Bestandteil des neuseeländischen Englisch ist.
1998 hat die Oxford University Press ein Wörterbuch des neuseeländischen Englisch (Dictionary of New Zealand English) publiziert, das (nach Angabe des Verlags) auf einer mehr als 40-jährigen Forschung basiert.[2]
Unterschiede zum britischen Englisch
Aussprache
Im neuseeländischen Englisch kam es im Verlauf zu diversen Lautverschiebungen, beispielsweise Diphthongierungen, also Veränderungen von Vokalen, zudem werden Vokale oft länger ausgesprochen als im britischen Englisch.
Beispiele für Lautverschiebungen sind:
- pan wird in Neuseeland ausgesprochen wie im britischen Englisch das Wort pen
- pen wird entsprechend zu pin
- pin wird zu pun
- pair wird zu peer.
Die Lautverschiebungen führen dazu, dass manche Wörter identisch ausgesprochen werden, wie chair, das gleich gesprochen wird wie cheer, oder auch share, das gleich wie shear gesprochen wird. Allerdings hängen solche Aussprachen von der Stärke des Akzents und der Region in Neuseeland ab. Ein weiteres Beispiel: ferry wird mit langem e ununterscheidbar zu fairy.
Die Tendenz, Vokale in die Länge zu ziehen, wird auch deutlich am Beispiel des Z, (wie in NZ), das sehr weit vorne (Tendenz zum i) und lang ("zeet") gesprochen wird. Es ist häufig zu hören, dass der Vokal e, wie in bed, ten oder dem Namen Ben, wie ein deutsches langes e oder französisches é gesprochen wird. Diese Eigenheit führt gelegentlich zu Missverständnissen zwischen Neuseeländern und Englischsprechern anderer Provenienz, beispielsweise in letter/litter, pen/pin, pet/pit, bet/bit etc.)
Ebenso lange ist das yes, das zum yeeh wird, manchmal ohne auslaufende Tendenz zum a wie im yeah des Amerikanischen. Diese Aussprache findet sich vor allem in der jüngeren Generation und unter den Māori sowie auf der Südinsel.
Zusätzliches Schwa
Wie im Australischen Englisch fügen manche Neuseeländer ein Schwa in die Aussprache mancher Wörter ein, wie in grown, thrown und mown, was zu grow-en, throw-en and mo-wen führt. Wörter wie groan, throne und moan bleiben dagegen unverändert, und im Gegensatz zum britischen Englisch sind diese Wortpaare also voneinander unterscheidbar.
Ansteigende Tonhöhe am Ende des Satzes und eh!
Neuseeländer heben oft gegen Ende eines Satzes die Tonhöhe an, was den Satz dann wie eine Frage klingen lässt. Dieser Effekt wird noch verstärkt durch das sehr weit verbreitete eh, das an das Satzende angehängt wird.[3] Das „eh“ ersetzt zudem ein isn’t it am Satzende, oder auch is it, wasn’t it usw. Der Einsatz des eh hängt allerdings von der Stärke des Akzents ab. Es wird ungefähr ausgesprochen wie der Vokal im englischen may.
Der Einsatz von she im Sinne des deutschen es
She (also das weibliche sie) wird sehr gerne benutzt anstatt it (also es) als Subjekt eines Satzes, vor allem wenn ein solcher kurzer Satz mit diesem Subjekt beginnt. She's right ist ein allgemeines Lob, beispielsweise eines Barbeques, oder She’ll be right sinngemäß wie Das geht in Ordnung.
Unterschiede zum australischen Englisch
Wenn auch von Menschen ausserhalb der beiden Länder Australien und Neuseeland der Unterschied schwer zu erkennen sein mag, gibt es diese doch. Insbesondere Vokale werden teilweise unterschiedlich ausgesprochen. Der Hauptunterschied besteht in der Aussprache des i und e.
Kurzes ‚i’
Das kürzere i des neuseeländischen Englisch wird oftmals ausgesprochen wie ein Schwa, ein Laut, den es auch in deutschen Dialekten, aber nicht im Hochdeutschen gibt, ähnlich dem a im Füllwort ahm, also wenn die Muskulatur des Sprachapparats relativ entspannt ist. Im australischen Englisch wird dieser Vokal fast wie ein (deutsches) a ausgesprochen, allerdings so kurz, das es kaum mehr hörbar ist.
Beispiel: fish and chips sind in Neuseeland ausgesprochen mit Schwa, in Austrailen werden die a-ähnlichen Vokale fast fallengelassen, f’sh and ch’ps.
Langes ‚i’
Umgekehrt ziehen Australier ein schon in Neuseeland langes i wie in Sydney noch deutlicher in die Länge als Neuseeländer, in Australien hört man "Siiidney Harbour Briiidge". Dieses lange i ist wahrscheinlich Folge italienischer Einwanderer nach Australien und deren Aussprache des Englisch einerseits, und schottischer Einwanderer nach Neuseeland und deren Dialekt andererseits. Filmaufnahmen zeigen, dass dieser Unterschied der Aussprache in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts noch nicht so ausgeprägt war und ab den 1950ern zugenommen hat. Der zunehmende Einfluss der Sprache der Māori auf das neuseeländische Englisch mag zudem die Unterschiede zwischen Australien und Neuseeland verstärken.
Chance, dance etc
In Neuseeland werden Worte wie diese ausgesprochen mit einem a wie in car, also wie im britischen Englisch. In Australien werden change und dance im Amerikanischen, also mit ä gesprochen.
Fool, pool etc.
Wichtiges Unterscheidungsmerkmal zwischen australischem und neuseeländischem Englisch ist die Ausprache von Wörtern wie fool, pool usw. In Neuseeland werden diese Vokale weiter hinten betont, klingen also wie full und pull. In Australien bleiben die Vokale vorne im Mund werden oftmals durch einen Diphtong ergänzt.
Schwa in unbetonten Silben
Neuseeländer neigen deutlicher dazu, unbetonte Vokale zu einem Schwa werden zu lassen. So wird das a in Queensland nicht mit einem ä gesprochen wie Australien (wo es klingt wie freehand), sondern eher mit einem Schwa wie in seasoned. Allerdings hört man in Australien durchaus auch die Aussprache wie in Neuseeland, so dass dieses Unterscheidungsmerkmal nicht sehr ausgeprägt erscheint.
Vokabular
Zahlreiche Wörter existieren nur im neuseeländischen Englisch, manche nur in Neuseeland und Australien, aber nicht im britischen Englisch. Sicherlich de grösste Unterschied besteht natürlich zum amerikanischen Englisch, im Vergleich hierzu ist neuseeländisches Englisch dem britischen wesentlich ähnlicher, was sich natürlich erklären lässt durch die Herkunft neuseeländischer Einwanderer.
Zu Unterschieden im Vokabular siehe Liste neuseeländischer Wörter und Redewendungen.
Unterschiedliche Dialekte des neuseeländischen Englisch
Regionale Unterschiede sind eher gering, auch wenn beispielsweise von Aucklandern immer wieder kolportiert wird, dass die "Hillbillys" der Südinsel einen stärkeren Akzent haben. Im Süden der Südinsel (Murihuku) hört man jedoch einen unterscheidbaren Akzent, der sich durch ein gerolltes 'r' auszeichnet. Dieser Akzent geht auf die vielen schottischen Einwanderer in diesem Gebiet zurück.
Unabhängig von der Muttersprache rollen auch einige Māori das r stärker, auch sprechen einige die harten Laute t und k eher wie ein weiches d beziehungsweise g aus.
Hörproben
Hörproben finden sich beispielsweise unter:
- allblacks.co.nz, Link auf haka videos: expert analysis; enthält auch einige Māori-Wörter
Einzelnachweise
- ↑ The Story of English von Robert McCrum, William Cran und Robert MacNeil. 3. Revision 2002. Penguin Books. ISBN 0142002313
- ↑ Deverson, Tony: The New Zealand Oxford Dictionary, Oxford University Press, Auckland 2004, ISBN 0195584511
- ↑ http://en.wikipedia.org/wiki/Eh#Australia.2C_New_Zealand.2C_and_the_United_States Artikel zum eh in der englischen Wikipedia
Literatur
- Orsman, Harry W: Heinemann New Zealand Dictionary, Heinemann Educational Books, Auckland 1979, ISBN 0868633739
- Orsman, Harry W / Cauchi, Simon: The Dictionary of New Zealand English. A dictionary of New Zealandisms on historical Principles, Oxford University Press, Auckland 1997, ISBN 0195583477
- Orsman, Harry W: A Dictionary of Modern New Zealand Slang, Oxford University Press, Auckland 1999, ISBN 0195584082
- Orsman, Harry W / Wattie, Nelson: The Reed Dictionary of New Zealand English, Reed, Auckland 2001, ISBN 0790007525
- Deverson, Tony: The New Zealand Oxford Primary School Dictionary, Oxford University Press, Auckland 2003, ISBN 0195584619
- Deverson, Tony: The New Zealand Pocket Oxford Dictionary, Oxford University Press, Auckland 2005, ISBN 0195584821
- Macalister, John: A Dictionary of Maori Words in New Zealand English, Oxford University Press, Auckland 2005, ISBN 0195584953