Der Euphemismus (deutsch auch: Hehlwort) (latinisierte Form des griechischen ευφημισμός, von altgriechisch euphemi „schönreden, beschönigen“) bezeichnet Wörter oder Formulierungen, die einen Sachverhalt beschönigend, verhüllend oder verschleiernd darstellen. Das Gegenteil ist die abwertende Bezeichnung (Pejoration als Stilmittel, also Dysphemismus).
Beispiele für Euphemismen
- „sozialverträgliches Frühableben“ statt „sterben“
- „Umstrukturierung“, „Freisetzung von Humankapital“, „rationalisieren“ statt „entlassen“
- „Umsiedlung“ statt „Vertreibung“
- „Magdeburger Hochzeit“ für die Eroberung der Stadt mit 20.000 Toten
- „Konzentrationslager“ für die Vernichtungslager der Nationalsozialisten
- „Kollateralschaden“ für zivile Kriegstote
Euphemismus-Tretmühle und Wortuntergang
Die linguistische Theorie der Euphemismus-Tretmühle besagt, dass jeder Euphemismus, obwohl er sich im Gebrauch durchgesetzt hat, um einem Sachverhalt eine positiv anklingende Bedeutung zu geben, irgendwann die negativen Konnotationen seines Vorgängerausdrucks annimmt. Ein Euphemismus wird dann häufig als Ironie oder Zynismus aufgefasst und wird in der Folge oft durch einen neuen Euphemismus abgelöst (Wortuntergang).
Ein Beispiel dafür ist das Wort „Schwarzer“, welches das nach zunehmendem Gewinn von Menschenrechten das abwertende „Neger“ ablöste. Inzwischen ist aber auch „Schwarzer“ bei vielen Menschen negativ besetzt, sodass auf „Farbiger“ und ähnliche Begriffe ausgewichen wird. Weiterhin benutzt heute niemand mehr "erkennen" für "begatten", "Privet" für "Toilette", "verewigt" für "gestorben", "Valant" für den Teufel. Ein Teil der Wörter ist allerdings noch bekannt, zum Beispiel "Valant" in der Form "Voland" als Name des Teufels in "Der Meister und Margarita" von Michail Bulgakow. Die Redewendungen "im Krieg bleiben" oder "fallen" für "als Soldat im Krieg getötet werden" werden hingegen nach wie vor verwendet, ebenso "Behinderter" statt wie früher "Krüppel" und "Invalider". lllll
Doppelsprech
Ein Synonym für Euphemismus ist das englische Kunstwort Doublespeak, „Doppelsprech“. Das Wort doubletalk wurde jedoch schon in den frühen 1950er Jahren geprägt, bevor George Orwell in seinem Roman "1984" die Begriffe Newspeak ("Neusprech"), Oldspeak ("Altsprech") und Doublethink ("Doppeldenk") schuf - zusammengesetzte Worte mit dem erfundenen Hauptwort "Sprech", die zuvor nicht bekannt waren. Es ist nicht bekannt, warum sich im Volksmund Doublespeak als Ausdruck verbreitete. Doublespeak kann im Sinne Orwells als Ersatzwort für Newspeak ("Neusprech" in der dt. Übersetzung von "1984") betrachtet werden: Worte, bewusst entworfen um politischen Zwecken zu dienen; Worte, die nicht nur in jedem Fall eine politische Folge haben, sondern die die Absicht haben, eine erwünschte Einstellung auf die Person, die diese Worte benutzt, zu projizieren.
Literatur
- R. W. Holder: A dictionary of euphemisms. Oxford Univ. Press, 1995, 470 S., ISBN 0-19-869275-7.
- Sigrid Luchtenberg: Euphemismen im heutigen Deutsch : mit e. Beitr. zu Deutsch als Fremdsprache. Lang, Frankfurt am Main 1985, ISBN 3-8204-5419-5 (Bonn, Univ., Diss., 1975 u.d.T.: Luchtenberg, Sigrid: Untersuchung zu Euphemismen in der deutschen Gegenwartssprache).
- Roberta Rada: Tabus und Euphemismen in der deutschen Gegenwartssprache : mit besonderer Berücksichtigung der Eigenschaften von Euphemismen. Akad. Kiadó, Budapest 2001, 212 S., ISBN 963-05-7817-4.
- Nicole Zöllner: Der Euphemismus im alltäglichen und politischen Sprachgebrauch des Englischen. Lang, Frankfurt am Main 1997, 444 S., ISBN 3-631-31653-4 (Zugl.: Hamburg, Univ., Dissertation 1997).
Siehe auch
- Ambrose Bierce
- Antiphrasis
- Denglisch
- Neusprech
- Politische Korrektheit
- Reizwort
- Unwort des Jahres
- Verkaufspsychologie