Paul Wolfowitz

US-amerikanischer Politiker, Präsident der Weltbank
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Paul Dundes Wolfowitz (* 22. Dezember 1943 in Brooklyn, New York City) ist scheidener Präsident der Weltbank, einer Organisation, die von 184 Staaten getragen wird und internationale Entwicklungsprojekte finanziert. Zuvor war Wolfowitz politischer Berater von George W. Bush und stellvertretender Verteidigungsminister der USA unter Donald Rumsfeld.

Paul Wolfowitz
Paul Wolfowitz am 19. Sept. 2001

Herkunft und Ausbildung

Sein Vater war der Mathematiker Jacob Wolfowitz, der 1920 seinem 1914 aus dem damals russischen Teil Polens ausgewanderten Vater nach Amerika gefolgt war und jüdischen Glaubens ist. Seine Mutter war Lillian Dundes. Mehrere jüdische Verwandte seines Vaters in Polen wurden im Holocaust umgebracht.

Intellektuell von Leo Strauss und seinem Doktorvater Albert Wohlstetter beeinflusst, gilt Wolfowitz als Neokonservativer, der sich vehement für die Unterstützung Israels und eine starke Militärpräsenz zur Sicherung von US-Interessen weltweit einsetzt.

Das Studium der Mathematik und Chemie schloss er 1965 an der Cornell University als Bachelor ab. An der University of Chicago studierte er Politikwissenschaft und promovierte 1972.

Karriere in Politik und Wissenschaft

Wolfowitz' Karriere in Politik und Lehre reicht weit zurück, wobei er immer wieder zwischen beiden Feldern wechselte. Bereits 1966/67 war er Regierungsangestellter. Von 1970 bis 1973 lehrte er in Yale, in dieser Zeit stand er den Social Democrats, USA (SDUSA) nahe, die aus dem rechten Flügel der Socialist Part of America (SPA) hervorgegangen war. Vier Jahre - von 1973 bis 1977 - diente er in der Arms Control and Disarmament Agency, wo er an Abrüstungsverhandlungen mit der Sowjetunion mitwirkte und sich mit Fragen der Nichtweiterverbreitung von Nuklearwaffen beschäftigte. Dies war auch Gegenstand seiner Dissertation „Nukleare Proliferation im Nahen Osten: Politik und Wirtschaft der nuklearen Wasserentsalzung“ in Chicago. In seiner Dissertation setzte sich Wolfowitz nachdrücklich gegen Kernwaffen unter israelischer Kontrolle ein, weil die arabischen Staaten ebenfalls atomar aufzurüsten versuchen würden. Von 1977 bis 1980 war Wolfowitz „Deputy Assistant Secretary of Defense for Regional Programs“ und wirkte an der Schaffung jener Einrichtung mit, aus der später das United States Central Command (US-Zentralkommando) entstand. Zudem initiierte Wolfowitz das strategische Programm zur globalen Dislozierung von Marinestreitkräften, offizieller Darstellung zufolge zwölf Jahre später das „Rückgrat“ der „Operation Desert Shield“ (s. Zweiter Golfkrieg).

Ende der 1980er Jahre wurde der Wissenschaftler unter Präsident Ronald Reagan zum US-Botschafter in Jakarta (Indonesien) berufen, nachdem er seit 1983 (als Nachfolger von Richard Holbrooke) mit dem Titel eines stellvertretenden Außenministers für ostasiatische und pazifische Angelegenheiten zuständig gewesen war. Dort lernte Wolfowitz Indonesisch. Damals befand sich Osttimor im blutigen Unabhängigkeitskampf gegen den indonesischen Diktator Hadji Mohamed Suharto, dessen Truppen Osttimor okkupiert hielten. Wolfowitz setzte sich zugunsten Suhartos ein. Später setzte sich Wolfowitz vehement dafür ein, so genannte Schurkenstaaten zu bekämpfen - wenn nötig, auch militärisch.

Im März 1992, nach dem 2. Golfkrieg, entwarf Wolfowitz, damals Staatssekretär unter George H. W. Bush, eine Neufassung der globalen US-Militärstrategie. In seinem Entwurf argumentierte er, die USA könnten zu Präventivschlägen (pre-emptive strikes) gezwungen sein, um den Einsatz oder die Entwicklung von Massenvernichtungswaffen durch feindliche Staaten zu verhindern. Verantwortlich für diese Neufassung zeichnete offiziell der seinerzeitige Verteidigungsminister Dick Cheney – verfasst wurde sie jedoch von Wolfowitz und seinem Assistenten Lewis Libby.

In den 90er Jahren leitete der Politikwissenschaftler als Dekan die Paul H. Nitze School of Advanced International Studies in Washington, D.C., eine Einrichtung der Johns Hopkins University mit Hauptsitz in Baltimore. Sie hat sich auf Fragen der internationalen Beziehungen (International Relations) spezialisiert. 1993 war Wolfowitz zudem „George F. Kennan Professor für Nationale Sicherheitsstrategie“ am National War College.

Zu seinen Kernthemen hat Wolfowitz eine Fülle von Publikationen veröffentlicht. Er ist Träger zahlreicher Orden und Auszeichnungen.

Am 26. Januar 1998 schrieben Paul Wolfowitz, Richard Perle, Donald Rumsfeld, Richard Armitage und vierzehn weitere Unterzeichner einen Brief an Präsident Bill Clinton, in dem ein gewaltsamer Regimewechsel im Irak und eine offensivere Politik im Nahen Osten gefordert wurde. Dieses Schreiben wurde von dem von William Kristol begründeten Project for the New American Century (PNAC) gesponsert.

Im Februar 2001 wurde Wolfowitz stellvertretender Verteidigungsminister unter George W. Bush, sein drittes Engagement im Pentagon.

Auf Grund der von vielen als fragwürdig angesehenen Rechtfertigung für den 2003 erfolgten, tatsächlich aber schon über ein Jahrzehnt vorher ins Auge gefassten, neuerlichen militärischen Einsatzes im Irak, ist Wolfowitz in der US-amerikanischen Öffentlichkeit umstritten – ebenso wie zahlreiche weitere „Neokonservative“ im Pentagon und im Weißen Haus.

Weltbank

 
US-Präsident Bush gratuliert Paul Wolfowitz zu dessen Nominierung als Präsident der Weltbank

Am 31. März 2005 wurde Wolfowitz vom Exekutivrat der Weltbank, in dem die 184 Mitgliedsländer durch 24 Direktoren vertreten sind, einstimmig zu deren Präsident gewählt. Es gab keinen Gegenkandidaten. Der Berater war der Wunschkandidat von George W. Bush, was seit längerer Zeit bekannt war, aber erst Anfang März 2005 wurde er offiziell nominiert. Wolfowitz folgt James David Wolfensohn nach, dessen zehnjährige Amtszeit am 1. Juni 2005 endete.

Traditionell nominieren die USA – größter Anteilseigner des Instituts – den Präsidenten der Weltbank, während der geschäftsführende Direktor des Internationalen Währungsfonds (IWF) in der Regel von den Europäern gestellt wird.

Die Nominierung von Paul Wolfowitz stieß insbesondere in Europa, allerdings auch in den USA selbst auf erhebliche Skepsis. Es wurde befürchtet, Wolfowitz könne die Weltbank im Sinne amerikanischer Interessen und zu Lasten der ärmeren Länder führen. Zudem könne Wolfowitz kaum Erfahrung auf dem Gebiet der internationalen Entwicklungspolitik vorweisen. Wolfowitz gelang es jedoch im Vorfeld, die Bedenken zu zerstreuen, indem er in Brüssel europäischen Entwicklungspolitikern seine Programmatik erläuterte – ein Novum in der Geschichte des Instituts. Er betonte, keine eigene politische Agenda zu verfolgen und die Weltbank im Sinne aller Mitglieder führen zu wollen.

In der bekanntgewordenen Affäre um die fragwürdige Beförderung seiner Geliebten, der arabischen Frauenrechtlerin[1] Shaha Ali Riza, der er als ihr Vorgesetzter in der Weltbank 2005 Beförderung sowie eine beträchtliche Gehaltserhöhung verschaffte, hat er im April 2007 zugegeben, „einen Fehler gemacht” zu haben.[2] Nach Angaben des Direktoriums der Weltbank scheidet Wolfowitz zum 30. Juni aus dem Amt. Wolfowitz stand zuvor wegen Günstlingswirtschaft massiv in der Kritik, hatte einen Rücktritt bislang aber abgelehnt.[3]

Siehe auch

Literatur

  • Koji, Watanabe/Emmott, Bill/Wolfowitz, Paul (Hrsg.): Managing the International System Over the Next Ten Years. Report to the Trilateral Commission. The Brookings Institution, 1997. - ISBN 0-93050-376-7
  • Leyendecker, Hans: Die Lügen des Weißen Hauses. Warum Amerika einen Neuanfang braucht. Hamburg: Rowohlt, 2004. - ISBN 3498039202
  • Mann, James: Rise of the Vulcans. The History of Bush's War Cabinet. East Rutherford, NJ: Viking Books, 2004. - ISBN 0-67003-299-9

Quellen

  1. Süddeutsche Zeitung: Tohuwabohu nach einem Techtelmechtel 10. April 2007
  2. Spiegel online: Korruption - Wolfowitz verliert jeden Rückhalt 12. April 2007
  3. Spiegel online: Weltbank-Präsident Wolfowitz tritt zurück 18. Mai 2007