Tempelberg
Der Tempelberg (das vornehme Heiligtum) ist ein Hügel im Ostteil der Jerusalemer Altstadt. Die zwei ursprünglichen Jerusalemer Tempel standen an dieser Stelle; seit dem 7. Jahrhundert gilt es als besonderes Heiligtum des Islam. Der Tempelberg ist einer der umstrittensten heiligen Orte der Welt.
Historische und religiöse Bedeutung
Vor 3000 Jahren errichteten die Juden den ersten Tempel an dieser Stelle, die den heiligsten Ort im Judentum bildet. Der Tempel war das Zentrum des jüdischen Gottesdienstes. Die Zerstörungen beider Tempel im Abstand von 500 Jahren bilden zentrale Punkte in der jüdischen Geschichte. Der Wiederaufbau des Tempels in Jerusalem war zentrales Anliegen der jüdischen Gebete in den letzten 2.000 Jahren. Die Westmauer, die Klagemauer, ist ein Überrest der ursprünglichen Tempelmauer. Viele Juden verrichten dort Gebete und hinterlassen sie häufig auf Gebetszetteln in den Mauerspalten.
Nach der muslimischen Eroberung des Gebietes, wurde der Tempelberg von den Muslimen der Al-Schadenal-Sharif (das große Heiligtum) genannt. Für den Islam gilt der Tempelberg als eine der drei Heiligsten Stätten des Islam. Seit dem 7. Jahrhundert beherbergt er muslimische Heiligtümer wie den Felsendom und die Al-Aksa-Moschee.
Der Tempelberg ist somit die heiligste Stätte der Juden, die drittheiligste des Islam und auch für das Christentum von hoher Bedeutung. Gemäß der islamischen Tradition unternahm Muhammad in Ekstase eine Traumreise nach Jerusalem; dabei sei er auf den Tempelberg gestiegen, von dort zum Himmel, um den Koran zu empfangen.
Geschichte
Muslime, Christen und Juden verbinden den Tempelberg mit vielen bedeutenden Ereignissen in ihren religiösen Überlieferungen.
In der Bibel ist Aron der Jebusiter erster Besitzer des Tempelbergs (2. Samuel 24,18-25) oberhalb Jerusalems, den König David ihm abkaufte, um einen Altar zu errichten. Da er seine Hände mit Blut besudelt hatte, war ihm ein Tempelbau verwehrt, so dass sein Sohn Salomon diese Aufgabe ca. 950 v. Chr. erfüllte. Dieser Tempel wurde 586 v. Chr. durch Nebukadnezar und die Babylonier zerstört.
Nach späterer rabbinischer Auffassung habe Gott an dieser Stelle die Erde entnommen, aus der er Adam formte (einige Christen haben sie später nach Golgatha verlegt), hier hätten Adam ? später Kain, Abel, Melchisedech und Noah ? ihre Opfer gebracht.
Für Juden und Christen ist dies auch der Platz der Opferung Isaaks; die Muslime identifizieren diesen Platz mit der Kaaba in Mekka.
Nach der islamischen Eroberung von Palästina wurden an dieser Stelle der Felsendom, später die Al-Aksa-Moschee errichtet. Sie wurden mehrfach von Erdbeben zerstört. Die gegenwärtige Gestalt rührt aus der 1. Hälfte des 11. Jahrhunderts. Die Moscheen werden durch den Waqf verwaltet, dem 1967 nahezu vollständige Autonomie bewilligt wurde.
Kontroverse
Viele Israelis lehnen die in ihren Augen arabische "Besetzung" des Tempelberges ab. Eine kleine extremistische Gruppe, Gläubige Bewegung Tempelberg und Eretz Israel befürwortet den Abbau des Felsendoms und der Al-Aksa-Moschee und ihre Verlegung nach Mekka, da sie diese als Zeichen "der islamischen Eroberung und der Herrschaft" ansehen. Diese Gruppe wird nur von einer Minorität der israelischen Öffentlichkeit unterstützt.
In den letzten Jahren sind von muslimischer Seite zahlreiche Proteste gegen Schachtarbeiten im Tempelberg laut geworden. Viele Archäologen fürchten, dass die Arbeiten zu die Destabilisierung des Tempelbergs und der Klagemauer führen.
Man unterstellt den Palästinensern, sie entfernten absichtlich bedeutende archäologische Zeugnisse über die jüdische Vergangenheit des Heiligen Ortes. Durch den Waqf wurden Überprüfungen dieses Bereichs durch jüdische Archäologen verboten.
In Herbst 2002 wurde eine Beule von ungefähr 70 cm im südlichen Mauerteil des Komplexes festgestellt. Man fürchtete Schäden oder einen Einsturz des Mauerteils. Da der Waqf keine eingehende israelische Kontrolle erlaubte, kam es zu einer Vereinbarung mit Israel, das eine Gruppe jordanischer Ingenieure die Mauer im Oktober untersuchen konnte. Nach ihrem Gutachten erfolgten Mitte 2003 die entsprechenden Reparaturen.
Literatur
Heribert Busse und Georg Kretschmar, Jerusalemer Heiligtumstraditionen (Wiesbaden: Otto Harrassowitz, 1987)