Ludwig [auch: Ludvik] Gumplovicz, * 9. März 1838 in Krakau, † 19. August 1909 in Graz, Jurist und Professor auf einer Lehrkanzel für Staats- und Verwaltungsrecht an der Universität Graz, war einer der Gründungsväter der europäischen Soziologie.
Leben
Gumplowicz studierte Jura in Krakau, wurde dort Anwalt und Publizist, begann 1875 seine akademische Lehrtätigkeit in Graz als Dozent für Verwaltungslehre, wurde 1882 Außerordentlicher und 1893 Ordentlicher Professor und starb nach einer Krebserkrankung zusammen mit seiner Frau 1909 durch eigene Hand.
Werk und Wirkung
Seine Herkunft aus der alsbald vom Vielvölkerstaat Österreich-Ungarn annektierten Republik Krakau und aus jüdischer Familie machte ihn mit der Problematik unterdrückter Ethnien früh vertraut und beeinflusste sein lebenslanges Eintreten für die Sache der Minderheiten im Habsburgimperium, zumal der slawischsprachigen.
Soziologisch ein früher Vertreter der späteren Konfliktsoziologie, nahm er die „Gruppen“ (im damaligen Sprachgebrauch auch „Rassen“) zum Ausgangspunkt und sah den Staat als Unterwerfungs-Institution jeweils bestimmter herrschender Gruppen (vgl.: Elite). Als makrotheoretisch ausgerichteter Analysator prognostizierte er im Fall der erfolgreichen kulturellen Integration der Minderheiten eines Staates dessen kriegerische Wendung nach außen und sagte 1909 in seinem Werk „Der Rassenkampf“ einen Weltkrieg voraus. In seiner Zeit galt er als „Sozialdarwinist“.
Seine politischen Standpunkte und sein polemisches Temperament führten ihm zahlreiche polnische und italienische Studenten zu, so dass er in Polen und Italien, aber auch in anderen Kronländern (heute: Kroatien, Tschechien) theoretisch bedeutsam wurde, nicht zuletzt aber auch im deutschen Sprachgebiet, denn er publizierte zur Hauptsache auf Deutsch. Unter den Gelehrten unter seinem Einfluss ragt Gustav Ratzenhofer hervor.
Werkauswahl
Geschichte der Staatstheorien, 1905
Der Rassenkampf, 1909
Sozialphilosophie im Umriss, (postum) 1910