Salmonellen

stäbchenförmige Bakterien, die bei Menschen und vielen Tieren Krankheiten verursachen
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Salmonellen gehören zu den Bakterien und sind gramnegative, 2-3 µm große, sporenlose und vorwiegend bewegliche, peritrich begeißelte, fakultativ anaerobe kurze Stäbchen aus der Familie der Enterobacteriaceae. Sie sind eng verwandt mit der Gattung Escherichia und kommen weltweit vor.

Salmonellen
Datei:Salmonelle.jpg
Elektronenmikroskopaufnahme von Salmonellen (rot eingefärbt)
Vorlage:Taxonomy
Domäne: Bakterien (Bacteria)
Vorlage:Divisio: Proteobacteria
Vorlage:Classis: Gamma Proteobacteria
Vorlage:Ordo: Enterobacteriales
Vorlage:Familia: Enterobacteriaceae
Vorlage:Genus: Salmonella
Wissenschaftlicher Name
Salmonella
Lignieres 1900
Vorlage:Speciesen

Nach der derzeit gültigen Nomenklatur
gibt es nur zwei Spezies:

  • S. enterica
  • S. bongori

S. enterica wird in die unten
aufgeführten 6 Subspezies unterteilt.
Innerhalb der Subspezies ordnet man individuelle
Isolate einem der mehr als 2500 Serovare zu.

Salmonellosen gehören zu den Zoonosen, da sich sowohl der Mensch am Tier als auch das Tier am Menschen anstecken kann. Ferner ist die Infektion über Lebensmittel möglich.

Man unterscheidet zwischen den Enteritis- und den Typhus/Paratyphus-Salmonellen, wobei letztere aufgrund spezieller Virulenzfaktoren und eines Kapselproteins (Virulenz-Antigen) schwerere Erkrankungen verursachen (z. B. Salmonella enterica subsp. enterica Serovar Typhi, kurz Salmonella Typhi). Salmonella Typhi kommt beim Tier nicht vor und ist an den Menschen adaptiert.

Enteritis-Salmonellen (z. B. Salmonella enterica subsp. enterica Serovar Enteritidis, kurz Salmonella Enteritidis oder Salmonella Typhimurium) verursachen beim Menschen meist spontan ausheilende Durchfallerkrankungen, die in der Regel nicht antibiotisch behandelt werden müssen. Allerdings können bei Risikogruppen, wie Säuglingen, Kleinkindern, alten Menschen, HIV-Patienten und immungeschwächten Patienten schwere Erkrankungen (Allgemeininfektionen) hervorgerufen werden.

In Deutschland gehören Salmonellosen (Erkrankungen durch Salmonellen) zu den so genannten meldepflichtigen Erkrankungen (§ 6 bzw. § 7) des Infektionsschutzgesetzes. Die amtlichen Meldungen sind seit 1990 von etwa 200.000 auf rund 55.000 Fälle im Jahr 2005 zurückgegangen. Deutschlandweit ist schätzungsweise jeder fünfte Mensch Salmonelloseträger. Weltweit rechnet die WHO mit mehr als 16 Millionen Typhus-Erkrankungen jährlich, mehr als eine halbe Million davon enden tödlich.

Salmonellen sind außerhalb des menschlichen beziehungsweise tierischen Körpers wochenlang lebensfähig. Sonnenlicht (UV Strahlung) beschleunigt das Absterben des Erregers. In getrocknetem Kot sind sie über 2,5 Jahre lang nachweisbar. Durch Hitzeeinwirkung sterben Salmonellen bei 55 °C nach einer Stunde, bei 60 °C nach einer halben Stunde ab. Um sich vor einer Salmonellen-Infektion zu schützen wird die Erhitzung des Lebensmittels auf 75 °C im Kern für mindestens 10 Minuten empfohlen. Durch Einfrieren werden die Bakterien nicht abgetötet. In sauren Medien sterben die Bakterien rasch ab. Gebräuchliche Desinfektionsmittel töten die Salmonellen innerhalb weniger Minuten. In der Fleischbeschau und Lebensmittelüberwachung werden Salmonellen auch als "Fleischvergifter" bezeichnet.

Historie

Nomenklatur der Salmonellen

 
Eine Salmonellen-Kultur auf DC-Agar

Die Nomenklatur der Salmonella-Arten ist sehr komplex. In der Anfangsphase wurde jede Salmonella-Art nach klinischen Gesichtspunkten benannt, z. B. Salmonella typhi-murium (Mäusetyphus), S. abortus-ovis (Abort des Schafs), S. cholerae-suis (Cholera des Schweins). Kauffmann definierte 1941 aufgrund serologischer Befunde jedes neu entdeckte Serovar als neue Art.[1]

Als erkannt wurde, dass die Wirtsspezifität mancher Arten nicht existiert - S. typhimurium und S. choleraesuis sind auch für den Menschen pathogen - wurden neue Serovare als eigenständige Salmonella-Arten nach dem Ort bezeichnet, an dem der erste Stamm der neuen Art isoliert wurde. 1966 wurde beim Neunten Internationalen Mikrobiologischen Kongress in Moskau beschlossen, den Bindestrich in den Artnamen zu entfernen (also z. B. S. Typhimurium).

Aufgrund molekularbiologischer Erkenntnisse (insbesondere DNA-DNA-Hybridisierung) stellten Le Minor und Popoff die Hypothese auf, die Gattung Salmonella würde nur aus einer einzigen Art bestehen, S. enterica.[2] Die Subspezies (abgekürzt ssp.) und Serovare wurden in sechs Gruppen eingeteilt.

Zu 99,5 % gehören Salmonellen, die aus Infektionen beim Menschen und warmblütigen Tieren isoliert wurden, der Gruppe I an. Vertreter der Subspezies salamae (Gruppe II) und houtenae (Gruppe IV) wurden aus Reptilien isoliert; am seltensten sind Subspezies der Gruppe VI (Subspezies indica). S. enterica ssp. bongori wurde von Le Minor und Popoff (1987)[2] als Gruppe V klassifiziert, aber Reeves et. al. (1989)[3] schlugen vor, die Gruppe V als eigene Art S. bongori zu bezeichnen. Jede Subspezies enthält wiederum numerische Serovarbezeichnungen.

Medizinisch relevante Salmonellen gehören der

  • Gruppe I (S. enterica ssp. enterica) sowie der
  • Gruppe IIIa (S. enterica ssp. arizonae) und der
  • Gruppe IIIb (S. enterica ssp. diarizonae) an.

Diese sechs Salmonellengruppen können mit biochemischen Tests klassifiziert werden. [4]:

Gruppe
(nach Subspezies)
Gruppe
(nach Nummer)
Malonat ONPG Dulcit Salicin Galakturonsäure Gelatine
S. enterica ssp. enterica I negativ negativ positiv negativ negativ negativ
S. enterica ssp. salamae II positiv negativ positiv negativ positiv positiv
S. enterica ssp. arizonae, und S. enterica ssp. diarizonae III positiv positiv negativ negativ schwach positiv
S. enterica ssp. houtenae IV negativ negativ negativ positiv positiv positiv
S. enterica ssp. indica VI negativ variabel variabel negativ positiv positiv
S. bongori V negativ positiv positiv negativ positiv negativ

Erläuterungen: Malonat: Verwertung von Malonat als Kohlenstoffquelle (C-Quelle); ONPG: Hydrolyse von ONPG; Dulcit: Verwertung von Dulcit (einem Zuckeralkohol) als C-Quelle; Salicin: Verwertung von Salicin, einem Disaccharid, das in Weiden (Artname: Salix vorkommt) als C-Quelle, Galakturonsäure: Verwertung von Galakturonsäure, (Hauptbestandteil der Pektine), Gelatine: Hydrolyse von Gelatine.

Nach einer fast zwanzig Jahre andauernden Diskussion wurden 2005 die Vorschläge von Le Minor und Popoff [2] und Reeves [3] angenommen.[5][6] Diese formale, von mikrobiologischen Systematikern erstellte Nomenklatur steht jedoch nicht in Einklang mit der traditionellen Systematik der Spezies Salmonella und mit der Kauffmann'schen Artbenennung aufgrund der Serovare. Mit diesem Benennungsprinzip sind jedoch die Fachärzte für Mikrobiologie und Infektiologen seit Jahrzehnten vertraut, so dass diese eigentlich falsche Nomenklatur noch heute weit verbreitet ist. Es gibt nach dem Kauffmann-White-Schema insgesamt mehr als 2.500 Salmonellen-Serovare, die sich aufgrund des Vorkommens von unterschiedlichen O- und H-Antigenen unterscheiden. Die O-Antigene sind Bestandteil der Lipopolysaccharide (LPS) der Zellwand und die H-Antigene aus den Proteinbausteinen der Geisseln (Flagellen), mit denen sich die Salmonellen fortbewegen können. Zusätzlich verfügen einige Arten über ein Kapselantigen (= K-Antigen). Da durch das Kauffmann-White-Schema nur eine H-Phase nachweisbar ist und zur Typisierung aber auf jeden Fall beide H-Phasen benötigt werden, muss die zweite (andere) H-Phase durch eine Schwärmplatte nach Sven-Gard zur Ausbildung gebracht werden.

  • O-Antigen (= somatisches Antigen), lokalisiert in der äußeren Membran, Lipopolysaccharide, thermostabil, Formaldehydunbeständig. Auch sog. Oberflächen-Antigene
  • H-Antigen (= Geißelantigen), thermolabil, Formaldehydbeständig.
  • K-Antigen (= Hüllenantigen), besteht aus 3 Fraktionen mit unterschiedlicher Wärmeempfindlichkeit und wird der Zellwand zugerechnet.

Einordnung der Serovare nach der Anpassung an bestimmte Wirte

  • An den Menschen angepasste Serovare, die bei diesem Typhus oder Paratyphus verursachen (z. b. S. Typhi, S. Paratyphi A, B und C).
  • An bestimmte Tierarten angepasste Serovare, die tierspezifische Erkrankungen hervorrufen und für andere Tierarten und den Menschen nicht von Bedeutung sind S. Dublin (Rind), S. Choleraesuis (Schwein), S. Abortusovis, Abortusequi (Schaf, Pferd).
  • Serovare ohne spezielle Wirtsanpassung, die bei allen Tierspezies als Erreger von Enteritiden auftreten und beim Menschen Lebensmittelvergiftungen hervorrufen.
  • Serovare ohne spezielle Wirtsanpassung, die bei Mensch und Tier als Erreger von Salmonellosen auftreten und eine hohe Virulenz besitzen.

Infektionsmöglichkeiten

  • Durch Unsauberkeit im Lebensmittelbereich, insbesondere in Großküchen
  • Durch die Ausscheidungen erkrankter, aber auch klinisch gesund erscheinender Menschen und Tiere (gefährdet: Pflegepersonal, andere Tiere)
  • Durch verunreinigtes Oberflächenwasser
  • Durch unhygienisch und schlecht aufgetautes Geflügel (viele Bakterien befinden sich im Tauwasser)
  • Durch Eier, die von salmonellenpositivem Geflügel stammen

Medizinisch bedeutsame Vertreter

 
Salmonella typhimurium

Literatur

  1. Kauffmann, F. Die Bakteriologie der Salmonella-Gruppe. Munksgaard, Kopenhagen, 1941.
  2. a b c L. Le Minor, M. Y. Popoff: Request for an Opinion. Designation of Salmonella enterica. sp. nov., nom. rev., as the type and only species of the genus Salmonella. Int. J. Syst. Bacteriol., 37, 465-468, 1987.
  3. a b M. W. Reeves, G. M. Evins, A. A. Heiba, B. D. Plikaytis, J. J. Farmer III: Clonal nature of Salmonella typhi and its genetic relatedness to other salmonellae as shown by multilocus enzyme electrophoresis and proposal of Salmonella bongori comb. nov. J. Clin. Microbiol. 27, 313-320, 1989. PMID 2915026
  4. Tabelle 7
  5. Judicial Commission of the International Committee on Systematics of Prokaryotes. The type species of the genus Salmonella Lignieres 1900 is Salmonella enterica (ex Kauffmann and Edwards 1952) Le Minor and Popoff 1987, with the type strain LT2T, and conservation of the epithet enterica in Salmonella enterica over all earlier epithets that may be applied to this species. Opinion 80. Int. J. Syst. Evol. Microbiol. 55:519-520, 2005. PMID 15653929
  6. B. J. Tindall, P. A. Grimont, G. M. Garrity, J. P. Euzeby: Nomenclature and taxonomy of the genus Salmonella. Int. J. Syst. Evol. Microbiol. 55:521-524, 2005 PMID 15653930