Schwingung

zeitliches Schwanken einer Zustandsgröße
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Eine Schwingung (auch Oszillation) bezeichnet den Verlauf einer Zustandsänderung, bei der ein mechanisches oder nichtmechanisches System nach einer Störung/Auslenkung durch eine gegenläufige Wirkung wieder in den Ausgangszustand gebracht wird. Außer der zeitlichen Änderung der Auslenkung schwingen dabei auch andere Größen: Geschwindigkeit und Energie. Siehe Periodendauer = Schwingungsdauer.

Diese Zustandsänderung kann periodisch verlaufen; dann wird der Ausgangszustand periodisch wieder erreicht. Man kann es auch noch allgemeiner formulieren: Eine Schwingung ist eine zeitliche Änderung einer physikalischen Zustandsgröße.

In diesem Zusammenhang können mechanische, elektrische oder auch hydraulische Zustandsgrößen betrachtet werden:

Mechanische Zustandsgrößen: Schwingweg, Schwinggeschwindigkeit, Schwingbeschleunigung, Drehwinkel, Winkelgeschwindigkeit, Winkelbeschleunigung, Kraft, Moment

Elektrische Zustandsgrößen: Strom, Spannung, Leistung, Ladung, Induktivität, Kapazität, Widerstand

Hydraulische Zustandsgrößen: Volumenstrom (Förderstrom), Druck, Geschwindigkeit, Massendichte, Fallhöhe (Förderhöhe)

Im Rahmen der Anschauung wird hier die harmonische Schwingung als ein sehr wichtiger Spezialfall betrachtet:

Harmonische Schwingung
Harmonische Schwingung
Darstellung des zeitlichen Verlaufs der Größe bei einer harmonischen Schwingung.

Das Bild auf der Rechten Seite zeigt eine ungedämpfte harmonische Schwingung mit der Elongation (Schwingweg) , der Amplitude und der Schwingungsdauer oder Periodendauer .

Die Elongation zu einem Zeitpunkt gibt den momentanen, die Amplitude den maximal möglichen Wert der Größe an. Die Periodendauer oder die Schwingungsdauer ist die Zeit, die verstreicht, während ein schwingungsfähiges System genau eine Schwingungsperiode durchläuft, d. h. nach der es sich wieder im selben Schwingungszustand befindet. Der Kehrwert der Schwingungsdauer T ist die Frequenz f, also :.
Eine weitere Bezeichnungsform der Frequenz ist (sprich: "nü") und deren Einheit das Hz.

Eine Schwingung ist harmonisch, wenn die Rückstellgröße (z.B. die rückstellende Kraft) proportional zur Elongation (z.B. Auslenkung eines Pendels) ist. Hierbei spricht man auch von einem linearen System, da die rückstellende Kraft sich linear mit der Elongation ändert: Verdoppelt sich die Auslenkung, verdoppelt sich auch die rückstellende Kraft.

Eine solche Schwingung lässt sich beschreiben durch

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mit

Amplitude der Schwingung, und mit

die Phase φ und oder f die Frequenz der Schwingung.


Unterscheidungen

Man unterscheidet:

gedämpfte und ungedämpfte Schwingungen,
freie, erzwungene (oder fremderregte), selbsterregte und parametererregte Schwingungen,
lineare und nichtlineare Schwingungen.

Alle diese Eigenschaften können kombiniert sein.

Gedämpfte und ungedämpfte Schwingungen

 
Gedämpfte Schwingung
Darstellung des zeitlichen Verlaufs der Größe  
bei einer freien gedämpften Schwingung.

Tatsächliche physikalische Systeme sind immer gedämpft, da sie, z. B. durch Reibung, immer Energie an die Umgebung abgeben. Überlässt man ein solches System sich selbst (freie Schwingung), so führt dies letztendlich zum „Stillstand“, wie aus dem zweiten Hauptsatz der Thermodynamik hervorgeht. Perpetua Mobilia sind also (schon wegen des Energieerhaltungssatzes) nicht möglich.

Im Falle einer freien gedämpften Schwingung ist die Abnahme der Amplitude durch die Dämpfungsgröße bestimmt. In der Realität ist die Dämpfungskraft häufig proportional zur Geschwindigkeit (lineares System) (allgemein: zu  , der ersten zeitlichen Ableitung von  ). In diesem Fall nimmt die Amplitude exponentiell ab, d.h. die Einhüllende ist eine Exponentialkurve. Das Bild auf der rechten Seite zeigt den zeitlichen Verlauf einer solchen gedämpften Schwingung. Ein Beispiel für geschwindigkeitsproportionale Reibung ist die Reibung in einem Fluid (Flüssigkeit oder Gas), etwa ein Pendel mit Luftreibung. Eine solche Schwingung lässt sich beschreiben durch

 

wobei   die Dämpfung im geschwindigkeitsproportionalen Fall ist. Voraussetzung dafür ist, dass die Dämpfung einen kritischen Wert (kritische Dämpfung) nicht erreicht oder nicht überschreitet. Anderenfalls findet keine Schwingung im eigentlichen Sinne (Oszillation) statt, sondern das System kriecht in die Ruhelage zurück.

Freie oder erzwungene Schwingungen

Freie Schwingungen führt ein Schwinger aus, der nach einer Störung/Auslenkung sich selbst überlassen, oszillierend (oder im Falle der kritischen bzw. überkritischen Dämpfung kriechend) in den Gleichgewichtszustand zurückkehrt (s. oben).

Erzwungene Schwingungen führt ein Schwinger aus, der durch zeitveränderliche äußere Einwirkung zum Schwingen angeregt (gezwungen) wird. Praktisch bedeutsam sind vor allem periodische Erregungen und darunter die harmonische (sinusförmige) Erregungen. Aber auch Erregungen durch Zufallsprozesse (stochastische Schwingungen) werden untersucht.

Im Falle der harmonischen Erregung führt das System i.allg. 2 Schwingungen gleichzeitig aus:

  • die freie Schwingung, deren Größe von den Anfangsbedingungen abhängt und die durch die stets vorhandene Dämpfung während der Einschwingzeit abklingt und
  • die erzwungene Schwingung im engeren Sinn, deren Amplitude konstant ist und durch die Stärke der Erregung, das Verhältnis zwischen Erregerfrequenz und Eigenfrequenz sowie die Dämpfung des Schwingungssystems bestimmt wird.

In der Technischen Mechanik sind die wichtigste Erregungsmechanismen die Wegerregung, die Krafterregung und die Unwuchterregung.

Die Amplitude der erzwungenen Schwingung im Falle der Resonanz ein Maximum an. Bei fehlender Dämpfung und Gleichheit von Erregerfrequenz und Eigenfrequenz wird die Amplitude unendlich. Mit wachsendem Dämpfungswert verschiebt sich die Resonanzstelle geringfügig und die Resonanzamplitude nimmt ab.

Selbsterregte Schwingungen

Schwingungssysteme, bei denen eine Energiezufuhr durch den Schwingungsvorgang selbst gesteuert wird, führen selbsterregte Schwingungen aus. In den Differentialgleichungen wirkt sich diese Einscheinung so aus, dass der Dämpfungswert negativ wird. Ein typisches Beispiel sind die Schwingungen der Saiten einer Violine. Diese werden dadurch verursacht, dass die Haftreibung zwischen Boden und Saite größer ist als die Gleitreibung und die Gleitreibung mit wachsender Differenzgeschwindigkeit noch abnimmt. Ein weiteres Beispiel ist das Tönen von Gläsern durch Reiben des Randes.

Selbsterregte Schwingungen sind praktisch immer nichtlinear, anderenfalls würden - wenn die Erregung zeitlich unbegrenzt wirkt - die Amplituden exponentiell anwachsen und zur Zerstörung des Schwingungssystems führen.

Parametererregte Schwingungen

Eine parametererregte Schwingung tritt dann auf, wenn sich Parameter dem Schwingungssystems (Trägheitsgrößen, Dämpfungswerte oder Federkonstanten) periodisch ändern. So können z. B. bei Dampflokomotiven parametererregte Schwingungen zwischen den Treibachsen auftreten, weil sich die Steifheit der Verbindung durch die Koppelstangen mit der Radstellung ändert.

Lineare und nichtlineare Schwingungen

Lineare Schwingungen sind dadurch gekennzeichnet, dass in den Differentialgleichungen des Schwingungssystems alle Abhängigkeiten von der schwingenden Größe und ihren zeitlichen Ableitungen linear sind. Bei nichtlinearen Schwingungen ist das nicht der Fall. Nichtlineare freie Schwingungen und nichtlineare erzwungene Schwingungen mit harmonischer Erregung sind nicht mehr streng sinusförmig, sondern enthalten höhere Harmonische. Von größerer praktischer Bedeutung ist jedoch, dass sich auch das Resonanzverhalten erzwungener Schwingungen ändert und die Amplituden selbsterregter Schwingungen beschränkt bleiben.

Weitere Beispiele

Typische Alltagsbeispiele für Schwingungen sind einfache Fadenpendel, die Schwingung des Quarzkristalls in der Quarzuhr, das Schaukeln auf einer Schaukel, uvm. Doch auch die Atome in einem Kristallgitter schwingen um eine Gleichgewichtslage. Aber auch die Änderung der Jahreszeiten, die Drehung der Erde, der Herzschlag oder die Bewegung der Blätter im Wind sind genaugenommen Schwingungen. Hier gibt es überall zeitliche Änderungen von Zustandsgrößen.

Eine Schwingung des Fadenpendels beginnt damit, dass einem sich im Gleichgewicht befindlichen Körper eine Energie zugeführt wird (z.B. durch Auslenkung der Pendelmasse eines Fadenpendels, d.h. Zuführung von potentieller Energie). Im Prinzip kann dem Pendel auch eine Anfangsgeschwindigkeit (kinetische Energie) zuführt werden.

Die sog. rücktreibende Kraft ist hier die Schwerkraft, die das Pendel nach unten zieht. Wieder in der anfänglichen Gleichgewichtslage angekommen, ist die gesamte zugeführte potentielle Energie in kinetische Energie umgewandelt, das Pendel bewegt sich durch die Gleichgewichtslage hindurch und erreicht im Idealfall nichtvorhandener Reibung wieder dieselbe Höhe. Gleichgewicht stellt sich dann ein, wenn das System seine potentielle Energie minimiert hat.

Das Fadenpendel führt nur im Grenzfall sehr kleiner Amplituden eine harmonische Schwingung aus. Werden die Auslenkungen größer, so wird die rückstellende Kraft nicht proportional zur Auslenkung wachsen. Dieses ist also ein Beispiel für ein nichtlineares System, welches sich für kleine Auslenkungen aber annähernd wie ein lineares System verhält.

Schwingungen können jedoch auch gleichzeitig von mehreren Kräften beeinflusst werden, oder ein Körper kann mehrere Schwingungen gleichzeitig, d. h. überlagert, ausführen. Man kann jede beliebige Bewegung eines Körpers im Raum in voneinander unabhängige Bewegungsrichtungen zerlegen. Das heißt, ein Körper kann in die drei Raumrichtungen (sie stehen senkrecht zueinander) bewegt werden, und sich noch um drei gedachte Bewegungsachsen (sie stehen ebenfalls aufeinander senkrecht) drehen. Somit hat jeder starre Körper im Raum sechs Bewegungsfreiheitsgrade.

Die entstehenden Überlagerungsfiguren werden nach ihrem Entdecker Lissajous-Schleifen genannt.

siehe auch: Humanschwingung