Frontantrieb
Bei einem Fahrzeug mit Frontantrieb sind das oder die Antriebsräder im vorderen, dem frontseitigen Bereich eingebaut. Alternativen dazu sind der Heckantrieb und der wesentlich aufwendigere Allradantrieb, bei dem alle Räder des Fahrzeuges angetrieben werden.

Das erste Fahrzeug mit Frontantrieb wurde 1898 von der Wiener Automobilwerkstatt Gräf & Stift gebaut. Bei der Entwicklung des Frontantriebs musste das Problem des gleichzeitigen Lenkens und des Antriebs gelöst werden. Dies gelang der französischen Firma Tracta, die die Lizenz dieser Konstruktion in der zweiten Hälfte der zwanziger Jahre des 20. Jahrhunderts an DKW und die Adlerwerke verkaufte. Erstmals serienmäßig hergestellt wurden derartige Fahrzeuge ab 1931 von DKW.
Vor- und Nachteile des Frontantriebs gegenüber Heckantrieb
Herstellungskosten
In einem vierrädrigen PKW liegen Motor und Getriebe in der Regel vor dem Fahrer (Frontmotor). Es liegt also nahe, und gilt als kostengünstige Lösung, den gesamten Antrieb in der Front zu belassen.
Grundsätzlich sind die Produktionskosten eines frontgetriebenen Fahrzeuges mit quer eingebautem Motor um rund 15% niedriger als die eines Fahrzeuges mit Standardantrieb (Motor vorne längs eingebaut, Antrieb hinten). Das hat folgende Ursachen:
- Einsparung des Kardantunnels, der Kardanwelle sowie des Hinterachsgetriebes, da die Funktionsgruppe des (Differentials) im Hauptgetriebe integriert werden kann.
- Einfachere Konstruktion des Chassis - insbesondere in Bezug auf Verwindungssteifheit
- Einsparung einer relativ aufwändigen Hinterachskonstruktion, um Lastwechselreaktionen (z.B. Bonanza-Effekt) in den Griff zu bekommen.
- Insbesondere bei Kleinwagen bessere Raumökonomie durch Wegfall des Hinterachsgetriebes, einfachere Anbringung von Tank und Reserverad.
Bei quereingebauten Motoren ist der Platz in Längsrichtung sehr begrenzt, weil neben dem Motor auch noch das Getriebe Platz finden muss. Große (langbauende) Motoren lassen sich deshalb schlecht unterbringen. Ähnliches gilt für klassische Automatikgetriebe, die im Vergleich zu einem Handschaltgetriebe radial nur einen geringen Platzbedarf haben, dafür aber relativ lange bauen. Um diesen Problemen entgegenzutreten kann der Motor auch längs vor der Vorderachse eingebaut sein, wie in vielen Audi-Modellen. Dieses Konzept weist im Vergleich zu einem quereingebauten Motor eine etwas schlechtere Raumökonomie auf. Durch die Einbauposition des Motors (vor der Vorderachse) ist der vordere Überhang relativ groß und das Fahrzeug relativ frontlastig.
Durchfahren von Kurven
Frontantrieb oder Heckantrieb in einem Fahrzeug bedeuten eine unterschiedliche Fahrdynamik:
Frontgetriebene Fahrzeuge neigen durch die hohe Vorderachslast im Allgemeinen zum Untersteuern. Beim Beschleunigen steigen durch die Antriebskräfte die Schräglaufwinkel an den Vorderrädern, das Untersteuern wird noch weiter verstärkt.
PKW mit angetriebener Hinterachse weisen heute meist ein leicht untersteuerndes Grund-Fahrverhalten auf, um eine einfache und sichere Beherrschbarkeit sicherzustellen. Dieses Verhalten verändert sich bei Einwirkung von Antriebskräften und wird in Richtung Übersteuern verschoben. Der Fahrer ist bei ausreichender Motorleistung somit bei Kurvenfahrt in der Lage mit dem Gaspedal das Fahrzeug zu lenken.
Was dabei als Vor- oder Nachteil gewertet wird, liegt im Auge des Betrachters: Ist einerseits ein untersteuerndes Fahrverhalten in Kurven sicherer und einfacher zu beherrschen, können Fahrer, die damit umzugehen wissen, einem Leistungs-Übersteuern einen gewissen Spaß abgewinnen.
Anfahren
Beim Anfahren verlagert sich der Schwerpunkt des Fahrzeugs wegen der Massenträgheit dynamisch nach hinten, es hebt sich die Front und das Heck taucht ab. Dabei wird die Vorderachse ent- und die Hinterachse belastet. Das geschieht maximal entsprechend der übertragbaren Reibungskräfte der Kontaktfläche Fahrbahn-Reifen und der daraus resultierenden maximal möglichen Beschleunigung. Das führt bei einem Fahrzeug mit Frontantrieb zu einem im Vergleich zum heckangetriebenen Fahrzeug schlechteren Anfahrverhalten bei Kavalierstarts, insbesondere bei sehr drehmomentstarken Motoren. Daher sind auch einige frontangetriebene Fahrzeuge mit einer Traktionskontrolle ausgerüstet. Auch im Betrieb mit Anhängern kann es Probleme geben. In der Regel ist deshalb die zulässige Anhängelast bei Fahrzeugen mit Frontantrieb geringer als bei vergleichbaren Fahrzeugen mit Heckantrieb.
Auf schneeglatter Fahrbahn spielt die dynamische Achslastverlagerung eine untergeordnete Rolle, da die maximal wirksame Beschleunigung hier sehr klein ist. Die Hinterachse wird also dabei kaum mehr belastet als im Stillstand des Fahrzeugs. Hier haben frontgetriebene Fahrzeuge einen Vorteil, da bei gleicher Fahrzeugmasse durch die über der angetriebenen Achse befindliche Motor-/Getriebeeinheit die Achslast der Antriebsachse höher ist, als bei Fahrzeugen mit Frontmotor und Heckantrieb. Den gleichen Vorteil der höher belasteten Antriebsachse haben Fahrzeuge mit großer Last über der Hinterachse, zum Beispiel durch Zementsäcke im Kofferraum, oder aber Fahrzeuge mit Heckmotor wie VW Käfer und Porsche 911. Der Vorteil des Frontantriebs beim Anfahren auf Schnee reduziert sich teilweise oder verschwindet gänzlich, wenn der Kofferraum des Wagens beladen ist oder das Fahrzeug mit mehreren Personen besetzt ist, da die Achslast vorn im Vergleich zu der hinteren nicht mehr wesentlich größer, die träge Masse des Fahrzeugs aber signifikant gestiegen ist.
Beispiele für PKW mit Frontantrieb
- Der STOEWER V5 war als erster Serienfronttriebler in Deutschland. Er wurde schon 1930 entwickelt, gebaut und getestet. Er ging im Januar 1931 in Serie und wurde im Februar gemeinsam mit dem DKW F1 auf der IFA ausgestellt. Der DKW ging ab Mai 1931 in Serie.
- Der erste in großen Serien gebaute Frontantriebler war der Citroën Traction Avant, der von 1934 bis 1957 gebaut wurde. Seitdem ist der Frontantrieb bei Citroën üblich, ab den 60er Jahren auch bei Renault und den Italienern.
- sämtliche aktuellen Volkswagen (außer syncro- bzw. 4motion-Modelle)
- nahezu alle Konkurrenzmodelle der Kompakt-Klasse wie zum Beispiel Opel Astra, Ford Focus etc., einzige Ausnahme: BMW 1er
- sämtliche Fiat-PKW-Modelle (auser 4X4)
- sämtliche Alfa Romeo-PKW-Modelle (auser Q4)
- sämtliche Lancia-PKW-Modelle
- sämtliche Citroën-PKW-Modelle
- sämtliche Audi-Modelle (außer quattro)
Siehe auch: Themenliste Fahrzeugtechnik
Literatur
- Hand-Roland Zitka, Es lebe der Frontantrieb, Artikel der FAZ vom 25. November 2006