Laurent-Désiré Kabila
Laurent-Désiré Kabila wurde am 27.11.1939 im Norden der Provinz Süd-Katanga, in der Hafenstadt Moba (am Tanganjikasee) geboren. In den 50er Jahren wurde er Mitglied der Jugendorganisation der Partei Balubakat, einer Lumumba nahestehenden Partei, die für die Interessen des Balubavolkes von Katanga eintrat.
Kurz nach der Entlassung Kongos in die Unabhängigkeit erklärte sich die Provinz Katanga unter Moïse Tshombe unabhängig - unterstützt vom Westen, der darin ein Bollwerk gegen den irrtümlicherweise als Kommunisten geltenden und bald ermordeten Premierminister Lumumba sah. Es erfolgte ein Aufstand der Balubakat gegen Tshombe, ein Aufstand, an dem L.-D. Kabila als "Militärführer" teilnahm. Das Vorbild L.-D. Kabilas war damals der kongolesische Nationalist Patrice Lumumba, der nach seiner Ermordung 1961 zum Märtyrer und revolutionären Mythos wurde.
L.-D. Kabila war wieder mit von der Partie, als Pierre Mulele, Lumumba-Anhänger und Bildungsminister im ephemerischen Kabinett Lumumbas, einen neuen Aufstand in der Provinz Bandundu anzettelte. Vom Nationalen Befreiungsrat (Conseil National de la Libération), geführt von Christophe Gbenye (Stellvertretende Vorsitzender der Partei Lumumbas, MNC), bekam L.-D. Kabila den Auftrag, die ost-kongolesischen Bevölkerungen im Süden der heutigen Provinz Süd-Kivu und im Nordosten Katangas zum Aufstand anzustacheln.
In seiner Eigenschaft als Führer der Süd-Kivu- und Nordost-Katanga-Front bot der Lumumbist L.-D. Kabila 1965 einem anderen legendären Revolutionär ein dreiviertel Jahr lang Unterschlupf: Ernesto Ché Guevara. Ché versuchte, die bereits zusammenbrechende kongolesische Revolution zu restabilisieren, um somit an der nach Ansicht Guevaras wichtigsten Front des trikontinentalen, antiimperialistischen Kampfes wieder in die Offensive zu gelangen und damit auch die vietnamesische und lateinamerikanische Guerilla zu entlasten bzw. zu unterstützen.
Einige Quellen berichten darüber, daß diese Begegnung mit L-.D. Kabila bei Ché Guevara geringen Eindruck hinterlassen hatte. An einigen Stellen ist sogar die Rede von der Bemerkung Chés, derzufolge L.-D. Kabila ein Lebemann, aber kein Revolutionär sei. Zu seiner Ehrenrettung gegenüber dieser Darstellung muß hinzugefügt werden, daß L.-D. Kabila einer der wenigen war, die sich nach dem Ende der kongolesischen "Revolution" und dem Abzug ihrer ausländischen Unterstützung, nicht von Kinshasa kaufen ließen. In diesem Sinne setzte seine 1967 gegründete Partei - Parti de la Révolution Populaire (PRP) - den Kampf gegen das zaïrische Kleptokraten-Regime noch bis in die 80er Jahre fort, und zwar ziemlich genau in dem Gebiet, in dem sich auch die Kubaner aufgehalten hatten (Süd-Kivu und Nord-Katanga).
Nach der Gründung der PRP, die auch über einen bewaffneten Arm verfügte (FAP), unternahm L.-D. Kabila eine Autokritik, die in "sieben Irrtümer der vorherigen Aufstandsversuche" zusammengefaßt wurden: mangelnde politische Bildung, übermäßige Abhängigkeit vom Ausland, Vernachlässigung der Bauern, Tribalismus, Mangel an Disziplin und Selbstverleugnung, fehlende Zusammenarbeit zwischen Kämpfern und Volk, Fehlen einer revolutionären Partei.
1984 eroberte die PRP die Stadt Moba am Tanganjikasee, die kurze Zeit später von den Truppen Mobutus zurückerobert wurde. Ein erneuter Versuch zur Besetzung Mobas im Jahre 1985 schlug fehl. Dieser Erfolg der zaïrischen Armee veranlaßte Mobutu zum Erlaß einer Amnestie, die dazu führte, daß die PRP einige ihrer Mitglieder, aber auch die Unterstützung durch das Ausland verlor. L.-D. Kabila verließ vorerst Zaïre und seine Spur verlor sich bis Oktober 1996, als er, von seinen politischen Freunden in Kampala (Uganda) und Kigali (Ruanda) auf Vorschlag der Amerikaner unterstützt, an die Spitze der neugegründeten "Alliance des Forces Démocratiques pour la Libération du Congo (AFDL)" trat.
Die AFDL, gegründet am 18.10. 1996 durch 4 politische Parteien, war ein Zweckbündnis zwischen verschiedenen Gegnern Mobutus, dessen unmittelbare Entstehung zurückging auf "den bewaffneten Aufstand der Banyamulenge-Tutsi in Süd-Kivu gegen das zaïrische Regime, das sie als Ausländer betrachtete und ab Sommer 96 aus dem Land jagen wollte - genauso wie in den Jahren davor Banyamasisi-Tutsi in Nord-Kivu Opfer der Vertreibungen nach Ruanda geworden waren" (TAZ vom 9.4.1997). Denn die AFDL und ihre Führer hatten nie daran geglaubt, daß sich eine Diktatur freiwillig in eine Demokratie wandele. Damit erklärt sich die Nicht-Teilnahme L.-D. Kabilas an der zwischen 1991 und 1992 in Kinshasa stattgefundenen Nationalkonferenz zur Einleitung eines demokratischen Systems in Zaïre.
Nach einem achtmonatigen Triumphzug durch das Land setzte die AFDL am 16.5.1997 dem diktatorischen Regime Mobutus ein Ende. Das Land bekam den Namen Demokratische Republik Kongo zurück, und am 17. 5. 1997 autoproklamierte sich L.-D. Kabila zum Präsidenten.
Präs. Kabila, der bei seinem Einzug in Kinshasa als Retter und Befreier gefeiert wurde, verspielte durch eine Politik, die sich durch Improvisation und Dilettantismus auszeichnete - seine Popularität. Ein Jahr nach der Machtübernahme verbot er die politischen Parteien und jegliche politische Betätigung mit der Folge der Blockierung des durch die Souveräne Nationalkonferenz eingeleiteten Demokratisierungsprozesses. Am 2.8.1998 brach, nachdem Präs. Kabila die Vereinbarungen mit seinen ehemaligen Alliierten, Ruanda und Uganda, aufgekündigt hatte, im Osten des Landes eine bewaffnete Rebellion aus, die sich bis in den Norden ausbreitete. Während diese Rebellion von Ruanda und Uganda unterstützt wird, stehen dem Regime in Kinshasa Angola, Simbabwe und Namibia militärisch zur Seite. Seitdem ist die DRKongo in 4 Machtzentren geteilt (siehe auch unter "Karten"). Das im Juli und August 1999 unterzeichnete Friedensabkommen von Lusaka ist aufgrund des fehlenden Willens der Konfliktparteien und wegen des mangelnden Interesses der internationalen Gemeinschaft bis heute unumgesetzt geblieben. Die Verschlechterung der sozio-ökonomischen Situation der Bevölkerung nimmt stetig zu. Chaos, galoppierende Inflation, Auflösung des Staates, Korruption, illegale Bereicherung, Nepotismus und willkürliche Verhaftungen der Oppositionellen sind die Bilanz der über dreijährigen Politik Präs. Kabilas. Dies alles könnte zur Erklärung der letzten Ereignisse in Kinshasa beitragen.
Laurent Désiré Kabila wurde am 16.1.2001, beinahe auf den Tag genau 40 Jahre nach der Ermordung Lumumbas, durch einen seiner Leibwächters ermordet. Die Hintergründe dieses Attentats sind bis heute nicht geklärt.