Häufungspunkt
Der Begriff Häufungspunkt (zuweilen auch Häufungswert oder Verdichtungspunkt oder -Punkt[1] oder Grenzpunkt) kommt in dem mathematischen Teilgebiet Topologie vor, in speziellerem Sinn auch in der Analysis.
Häufungspunkt einer Folge
Definition: heißt Häufungspunkt einer Folge , falls in jeder noch so kleinen Umgebung von unendlich viele Folgenglieder liegen [2].
(Formal: ist Häufungspunkt von genau dann, wenn .)
Dies erinnert an die Eigenschaft des Grenzwerts. Allerdings kann eine Folge mehrere (auch unendlich viele) Häufungspunkte haben, zwischen denen sie in ihrem Verlauf "hin- und herspringt". Für einen Häufungspunkt reicht es aus, dass eine Teilfolge von gegen konvergiert. (In topologischen Räumen, die das erste Abzählbarkeitsaxiom erfüllen, also insbesondere im Raum der reellen Zahlen, gilt auch die Umkehrung: dass es zu jedem Häufungspunkt einer Folge eine Teilfolge gibt, die gegen diesen Häufungspunkt konvergiert.)
Während für den Grenzwert gilt, dass aus folgt, dass auch für jede Teilfolge gilt, dass also jede Teilfolge gegen denselben Grenzwert konvergiert, gilt für Häufungspunkte die umgekehrte Beziehung: ist Häufungspunkt einer Teilfolge , so ist auch Häufungspunkt der Ausgangsfolge
Für nach oben beschränkte reelle Zahlenfolgen wird der Limes superior, bzw. größter Häufungspunkt, als das Supremum der Menge aller Häufungspunkte definiert. Man schreibt dafür . Analog wird der kleinste Häufungspunkt oder Limes inferior, als das Infimum definiert. Es gilt .
Dabei gilt: ist größter Häufungspunkt einer Folge genau dann, wenn für jedes im Intervall unendlich viele, im Intervall jedoch höchstens endlich viele Folgenglieder anzutreffen sind.
Häufungspunkt einer Menge
Sei Punkt des Umgebungsraumes und sei eine Teilmenge von . Man sagt ist Häufungspunkt von , wenn in jeder Umgebung von mindestens ein Punkt von liegt, der von verschieden ist.
In topologischen Räumen ist:
- genau dann ein Häufungspunktpunkt von , wenn ,
- jeder Häufungspunkt ein Berührungspunkt,
- jeder Berührungspunkt, der in liegt, auch ein Häufungspunkt von .
heißt Häufungspunkt von im engeren Sinne, wenn jede Umgebung von unendlich viele gemeinsame Punkte mit hat.
In einem T1-Raum:
- sind die Begriffe Häufungspunkt und Häufungspunkt im engeren Sinne äquivalent,
- ist genau dann ein Häufungspunkt von , wenn es eine aus Punkten von bestehenden Folge gibt, die gegen konvergiert und deren Elemente von verschieden sind.
Für jede Kardinalzahl ≤ heißt ein -Häufungspunkt, wenn für jede Umgebung von
Die -Häufungspunkte heißen für = maximalle oder vollständige Häufungspunkte. Die -Häufungspunkte heißen Verdichtungs- oder Kondensationspunkte.
heißt isolierter Punkt von , wenn er in liegt aber kein Häufungspunkt von ist. heißt unverdichtet falls er kein Verdichtungspunkt von ist. Mengen ohne isolierte Punkte heißen insichdicht. In einem T1-Raum sind die abgeschlossene Hülle einer insichdichten Menge sowie die Vereinigung von insichdichten Mengen insichdicht. Abgeschlossene insichdichte Mengen heißen perfekt.
Beispiel
Sei eine Teilmenge der reellen Zahlen. besteht also aus einem links halboffenen Intervall und einem einzelnen Punkt. Dann sind alle Elemente von - außer der - Häufungspunkte von . Es ist nämlich z.B. eine Umgebung von , die keinen weiteren Punkt aus enthält.
Zusätzlich ist auch die Null Häufungspunkt von . Da das Intervall links offen ist, gibt es Punkte im Intervall, die beliebig nahe an der Null liegen. Somit muss jede Umgebung der Null auch einen Punkt des Intervalls enthalten. Aus gleichem Grund ist auch die Häufungspunkt von . Hier wird deutlich, dass ein Häufungspunkt von der Menge angehören kann, aber nicht muss.
Ableitung einer Menge
Die Menge der Häufungspunkte einer Menge wird Ableitung (oder erste Ableitung) der Menge genannt und meistens mit oder bezeichnet. Die -te Ableitung wird für jede isolierte Ordinalzahl durch und für jede Limeszahl durch definiert. Die abgeschlossene Hülle von wird auch als die nullte Ableitung von bezeichnet. In einem T1-Raum gelten folgende Regeln:
Eine Menge ist genau dann perfekt, wenn .
Sei (nach Kuratowski) die Menge der Kondensationspunkte von . In einem Raum mit abzählbarer Basis (von offenen Mengen):
- (Erster Satz von Lindelöf)
Unterschied der Definitionen
Auf den ersten Blick scheinen die beiden Definitionen für Mengen und Folgen äquivalent zu sein. Dass dies nicht so ist zeigt folgendes Beispiel.
Für jede Folge ist folgende Menge eindeutig definiert:
(das heißt ist die Menge aller , die gleich dem Wert eines Folgenelementes sind, vgl. Bildmenge von Funktionen)
Die Folge sei folgendermaßen definiert:
Die Häufungspunkte von sind und , da zum einen eine Teilfolge existiert, welche gegen geht (nämlich die mit geraden ), zum anderen eine konstante Teilfolge mit dem Wert (die mit ungeraden ). ist auch ein Häufungspunkt von , die jedoch nicht, da sich um sie eine Umgebung mit dem Radius von beispielsweise legen lässt, in der sich kein weiteres Element der Menge befindet.
Der Unterschied beruht darauf, dass eine konstante Folge als konvergent definiert ist und es hierzu bei den Mengen keine Entsprechung gibt.
Um einem Missverständnis vorzubeugen, werden für den Häufungspunkt von Folgen deshalb auch die Begriffe Häufungswert oder Verdichtungspunkt verwendet.
Quellen und Bemerkungen
- ↑ Hausdorff F., Grundzüge der Mengenlehre, 1914, Chelsea Publishing Company, New York, 1949
- ↑ Konrad Knopp. Theorie und Anwendung der unendlichen Reihen. 5. Auflage, Springer Verlag 1964, ISBN 3-540-03138-3. S 90, Definition 52