Apostrophitis

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Apostrophitis bezeichnet die seit etwa Anfang der neunziger Jahre des 20. Jahrhunderts in Deutschland aufgekommene falsche Verwendung des Apostrophs; der auf solche Weise falsch gebrauchte Apostroph wird als Kapostroph bezeichnet. Die Apostrophitis fand zunächst nur bei der Genitivbildung statt, wobei die englische Regel, das Genitiv-s mit einem Apostroph an ein Wort anzuhängen, in die deutsche Schreibung übernommen wurde: "Willi's Beis'l" wäre hierfür als Beispiel zu nennen. Später wurde die Apostrophitis dann auch für die Pluralbildung eingesetzt ("Snack's", "Info's"). Beim Imperativ ist er ebenso falsch ("Mach' das Licht an." statt "Mach das Licht an."). In jüngster Zeit treten sogar gehäuft Formenbildungen wie "nicht's", "link's" oder "recht's" auf, auch in Zeitangaben wie "Sonntag's".

Auch die immer häufiger anzutreffende Variante, bei nach Wissenschaftlern benannten Formeln oder Zusammenhängen wieder einen Apostroph einzufügen, ist nur in den seltensten Fällen korrekt. Ursprünglich stand an dieser Stelle ein -i-, das später durch einen Apostroph ersetzt wurde, der aber seit langem als veralte und regelwidrig gilt. Nach alter Rechtschreibung wurde der Name der Person stets groß und ohne Apostroph geschrieben: Grimmsche Märchen, Einsteinsche Relativitätstheorie, Radbruchsche Formel. Nach neuer Rechtschreibung wird der in den aus Namen und der Endung -sch zusammengesetzten qualifizierenden Namen nur dann großgeschrieben, wenn der Name besonders hervorgehoben werden soll, der in diesem Fall groß zu schrieben ist. Ansonsten wird das aus dem Namen hergeleitete Adjektiv klein und ohne Apostroph geschrieben. Korrekt ist also zipfsches Gesetz oder Zipf'sches Gesetz, nie zipf'sches Gesetz oder "Zipfsches Gesetz" - letzteres natürlich nur fast nie. Am Satzanfang schon.

Mit der Apostrophitis kam auch die zwanghafte Trennung zusammengesetzer Worte mit Hilfe eines Bindestrichs. Sie steht vermutlich auch in einem allgemeineren Zusammenhang rückläufiger Alphabetisierung und der vom Schreiber empfundenen Unsicherheit, ob sein Leser denn möglicherweise nicht mehr in der Lage ist, die inhaltlichen Untereinheiten zu trennen. Ein Bindestrich sollte jedoch gesetzt werden, wenn unterschiedliche Sprachmodi innerhalb eines Wortes aufeinandertreffen, z. B. in "Shareware-Gebühr".

Sowohl der zusätzliche Bindestrich, als auch der überflüssige Apostroph verringern die Lesegeschwindigkeit, da sie zum Innehalten führen.

Die Anglisierung der Struktur der deutschen Sprache ist ein fortschreitender Prozess. Nachdem zahlreiche Substantive erst mit Bindestrich statt zusammengeschrieben wurden, werden sie inzwischen oft auf Werbetafeln, aber zunehmend auch im Fließtext vollständig auseinandergeschrieben. Dies ist sowohl nach den "alten", als auch nach "neuen" Rechtschreibregeln falsch. Durch dieses Vorgehen wird unter anderem auch die elementare Deutschregel gebrochen, dass Worte zusammengeschrieben werden, wenn sie eine Betonungseinheit bilden.

Autowäsche (ab 1900) => Auto-Wäsche (ab etwa 1995) => Auto Wäsche (ab etwa 2001)