Braunschweiger Quadriga

überlebensgroße Skulpturengruppe in Braunschweig
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Die Braunschweiger Quadriga, ursprünglich zwischen 1855 und 1863 gefertigt, besteht aus Brunonia, der allegorischen Göttin des Herzogtums, des Landes sowie der Stadt Braunschweig, die in einem antiken Streitwagen stehend eine Pferde-Quadriga, also ein Vierergespann, lenkt. Die dritte Version dieser Quadriga steht seit Mai 2007 auf dem Neubau des Braunschweiger Schlosses.

Brunonia mit Quadriga um 1899 auf dem Mittelbau des Braunschweiger Schlosses

Vier Quadrigen in Deutschland

In Deutschland gibt es vier Quadrigen, von denen die Braunschweiger die mit Abstand größte ist: Die Bronzeplastik von 2006/2007 wiegt 10,5 Tonnen und misst an ihrer höchsten Stelle 9,20 m. Brunonia allein hat eine Größe von 5,30 m, die vier Zugpferde jeweils von 4,30 m.[1] Die drei anderen sind die Berliner Quadriga auf dem Brandenburger Tor aus dem Jahre 1793. Diese ca. 5 m hohe Figurengruppe mit der Siegesgöttin Viktoria wurde von Johann Gottfried Schadow entworfen. Die Münchener auf dem Siegestor, die um 1852 entstand, zeigt Bavaria mit vier (bayerischen) Löwen als Zugtiere. Sie stammt von Friedrich Brugger, Johann Martin von Wagner sowie Johann von Halbig. Weiterhin gibt es die Dresdener „Pantherquadriga“ auf der Semper-Oper von Johannes Schilling; sie stellt Bacchus und Ariadne mit einem Gespann von Panthern dar.

Entstehungsgeschichte

Nachdem das erste Braunschweiger Schloss, auf dem noch keine Quadriga stand und mit dessen Bau 1718 nach Plänen von Hermann Korb begonnen worden war, am 7. September 1830 im Zuge der Braunschweiger Revolution wahrscheinlich von einer aufgebrachten Menschenmenge in Brand gesetzt und bis auf die Grundmauern niedergebrannt war, erhielt Hofbaumeister Carl Theodor Ottmer den Auftrag, einen Neubau zu errichten, welcher am 21. März 1841 endgültig vollendet wurde.

Die 1. Quadriga: 1863

 
Die „Okerburg“, ehemalige Werkstatt Howaldts.

Die erste Quadriga wurde nach Plänen des Dresdener Bildhauers Ernst Rietschel vom Braunschweiger Erzgießers Georg Ferdinand Howaldt in dessen Werkstatt, in der sogenannten „Okerburg“, die sich noch heute in der Hochstraße befindet, aus einzelnen Kupferplatten gefertigt, die anschließend über ein Metallgerüst getrieben wurden. Der Auftrag dazu wurde bereits 1855 erteilt, verzögerte sich jedoch aufgrund Rietschels gleichzeitiger Arbeit an anderen Standbildern sowie aufgrund von Geldmangel. Nach Beendigung der sehr aufwändigen Arbeit wurde die Quadriga 1863 auf dem Mittelbau des Schlosses platziert.

 
Kopf der 1. Brunonia mit Beschädigung

Nur knapp zwei Jahre später wurde diese jedoch am 23. und 24. Februar 1865 bei einem erneuten Brand im Mittelbau des Schlosses (diesmal aufgrund eines Unfalls) zerstört, als das Dach einbrach und die gesamte Figurengruppe mehrere Stockwerke in die Tiefe stürzte, wo große Teile durch die Hitze schmolzen. Lediglich der Kopf Brunonias wurde als größtes Stück gerettet und ist seit 1985 im Städtischen Museum zu besichtigen.[2]

2. Quadriga: 1868

Von 1866 bis 1868 entstand wiederum durch Howaldt eine zweite Fassung der Quadriga, die schließlich im November 1868 an ihren angestammten Platz auf den wiederaufgebauten Mittelbau kam. Dort blieb sie bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges, wobei sie – anders als die sie umgebende Stadt und das Schloss, das sie krönte – fast unbeschädigt von den Bombardements geblieben war. Selbst der verheerende Bombenangriff vom 15. Oktober 1944 hatte lediglich dazu geführt, dass das Dach, auf dem sie stand, nur eingesackt war, die Figurengruppe an sich aber intakt geblieben war. Erst nach Kriegsende wurde die Braunschweiger Quadriga im Laufe mehrerer Jahre fast vollständig durch Buntmetalldiebe demontiert und damit zerstört.[3] Das „Metallgerippe“ der Quadriga wurde beim Abriss des Schlosses nicht geborgen, sondern verschrottet.[2]

3. Quadriga: 2007

2004, fast 60 Jahre nach Kriegsende, beschloss der Rat der Stadt Braunschweig das Braunschweiger Schloss als Teil eines größeren Einkaufszentrums, den sogenannten „Schloss-Arkaden“, an seinem ursprünglichen Standort wieder aufbauen bzw. teilrekonstruieren zu lassen. Zunächst war aufgrund der zu erwartenden erheblichen Kosten nicht beabsichtigt, eine neue Braunschweiger Quadriga herstellen zu lassen. Jedoch entschieden sich einige private Geldgeber sowie die Richard-Borek-Stiftung für die Finanzierung einer 3. Version. Diese wurde entgegen ihren Vorgängerinnen in der Gießerei von Emil Kosicki in Posen aus Bronze gegossen, da das ursprüngliche Herstellungsverfahren des Kupfertreibens zu aufwändig, zeitraubend und damit zu kostspielig geworden wäre. Die dritte Brunonia wurde samt ihres Vierergespanns im Mai 2007 wieder auf dem Mittelbau des Schlosses aufgebaut.

Die 3. Version der Braunschweiger Quadriga wurde nach dem originalen 1:3-Modell der ersten Rietschel-Quadriga, das sich heute im Dresdener Albertinum befindet, hergestellt. Wie bereits 1863 ist sie wieder die größte Quadriga Deutschlands. Zunächst wird die Figurengruppe noch einige Zeit lang golden glänzen, bis sie schließlich die übliche Patina durch die Witterung erhält und nachdunkelt. Auf eine künstliche Patinierung wurde verzichtet.

Literatur

  • Bernd Wedemeyer: Das ehemalige Residenzschloß zu Braunschweig. Eine Dokumentation über das Gebäude und seinen Abbruch im Jahre 1960. 2. Aufl., Braunschweig 1993

Einzelnachweise

  1. Braunschweiger Zeitung vom 28. April 2007
  2. a b Bernd Wedemeyer: Das ehemalige Residenzschloß zu Braunschweig. Eine Dokumentation über das Gebäude und seinen Abbruch im Jahre 1960. 2. Aufl., Braunschweig 1993, S. 151
  3. Bernd Wedemeyer: Das ehemalige Residenzschloß zu Braunschweig. Eine Dokumentation über das Gebäude und seinen Abbruch im Jahre 1960. 2. Aufl., Braunschweig 1993, S. 96