Als Guildford Four wurden vier unschuldig als Terroristen verurteilte Nordiren (Patrick (Paddy) Armstrong, Gerry Conlon, Paul Hill und Carole Richardson) bekannt.
Auslöser für eines der schwerwiegendsten Fehlurteile der jüngeren britischen Justizgeschichte waren von der Provisional IRA am 5. Oktober 1974 verübte Bombenanschläge auf zwei Pubs in Guildford ("Horse and Groom" und "Seven Stars"), bei denen fünf Menschen getötet und weitere 65 teilweise schwerst verletzt wurden.
Die "Guildford Four" wurden etwa drei Wochen nach den Anschlägen hauptsächlich aufgrund ihrer nord-irischen Herkunft festgenommen, nachdem die Polizei zuvor unter einem immensen Erfolgsdruck der Öffentlichkeit - insbesondere aber der englischen Printmedien - gestanden hatte. Erst während der Revisionsanträge wurde bekannt, dass die Angeklagten von der Surrey Police mittels tagelanger Folter (u.a. Gewalt, Drohung mit Gewalt, psychische Folter und Schlafentzug) zu Geständnissen gezwungen worden waren, um sie mit den Anschlägen in Verbindung zu bringen. Dem Widerruf der Geständnisse und dem geäußerten Foltervorwurf war vom Gericht im Ausgangsurteil keinerlei Bedeutung zugemessen worden. Die Verhörmethoden der englischen Polizei waren später auch Gegenstand einer Klage der Republik Irland gegen das Vereinigte Königreich vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.
Zudem wurden das Vernehmungsprotokoll mindestens eines Zeugen, welcher im Januar 1975 - also noch vor Beginn der Verhandlung - mit seiner Aussage die Unschuld von Gerry Conlon und Paul Hill bekräftigt hatte, von den Ermittlungsbehörden unterdrückt und der Verteidigung mit dem Hinweis "Not to be disclosed to the defence" (übersetzt "Darf nicht an die Verteidigung weitergegeben werden") vorenthalten.
Am 22. Oktober 1975 wurden die "Guildford Four" wegen der Anschläge in Guildford (sowie im Falle von Paul Hill und Paddy Armstrong auch wegen eines weiteren Anschlags auf einen Pub in Woolwich) jeweils zu lebenslangen Freiheitsstrafen verurteilt, teilweise mit der Empfehlung, dass davon mindestens 30 Jahre zu verbüßen seien. In der Urteilsverkündung bedauerte der Vorsitzende Richter, Sir John Donaldson, dass den Angeklagten aufgrund der Gesetzeslage die Todesstrafe erspart geblieben war. Eine Berufung der "Guildford Four" wurde 1977 abgewiesen, obwohl eine zwischenzeitlich verurteilte IRA-Einheit, in der Folge bekannt als "Balcombe Street Gang", die zahlreiche Anschläge in England verübt hatte, sich vor Gericht auch zu den Anschlägen in Guildford und Woolwich bekannt hatte.
In einem separaten Prozess wurden weitere sieben Personen, die später als "Maguire Seven" Bekanntheit erlangten, aufgrund der Anschläge in Guildford zu langjährigen Haftstrafen verurteilt. Zu den "Maguire Seven" zählte auch Gerry Conlons Vater Guiseppe Conlon, der am 23. Januar 1980 in der Haft verstarb.
Das Schicksal der "Guildford Four" fand erst Mitte der Achtziger Jahre wieder in die nationalen Schlagzeilen und gab einer von Angehörigen ins Leben gerufene Privatinitiative Aufwind, die sich beharrlich für die Freilassung der vier Inhaftierten einsetzte. Dies erhöhte schließlich auch den Druck auf die britische Justiz, eine erneute Untersuchung des Falles anzuordnen, nicht zuletzt auch nachdem sich mehrere Prominente, darunter mehrere britische Kardinäle und Parlamentarier, für die Freilassung der "Four" eingesetzt hatten. Im Jahr 1987 erstellte auch das britische Innenministerium (Home Office) ein Memorandum, in welchem die Schuld der "Guildford Four" angezweifelt wurde.
Im Jahr 1989 wurde der Fall schließlich neu aufgerollt. Nicht zuletzt aufgrund der nun aufgetauchten Beweismittel und Aussagen, hob das Gericht die Urteile gegen die "Guildford Four" am 19. Oktober 1989 schließlich auf.
Keiner der für die Folter während der Vernehmung verantwortlichen Ermittlungsbeamten wurde je zur Verantwortung gezogen. Im Falle Gerry Conlons wird jedoch eine Entschädigungszahlung zwischen 400.000 und 500.000 britische Pfund kolportiert. Paul Hill heiratete in der Folge Mary Courtney Kennedy, einer Tochter von Robert F. Kennedy. Die Ehe wurde mittlerweile wieder geschieden.
Am 9. Februar 2005, fast exakt 30 Jahre nach der Verurteilung, entschuldigte sich Tony Blair öffentlich bei den "Guildford Four" und deren Familienangehörigen, nachdem er bereits im Juli 2000 Kontakt mit den Vier aufgenommen hatte.
Die Autobiographie "Proved Innocent" von Gerry Conlon wurde 1993 verfilmt: Im Namen des Vaters mit Daniel Day-Lewis, Emma Thompson und Pete Postlethwaite. Bis zur Veröffentlichung des Films gab es keine Anklage gegen die verantwortlichen Polizeibeamten, wird im Abspann des Films konstatiert. Die Verantwortlichkeit der Justiz wurde also mindestens bis 1993 nicht offiziell festgestellt.