Erika Steinbach

deutsche Politikerin (AfD)
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Erika Steinbach (* 25. Juli 1943 in Rahmel, Danzig-Westpreußen) ist eine deutsche Politikerin (CDU). Sie ist seit 1990 Mitglied des Bundestages und seit 1998 Präsidentin des Bundes der Vertriebenen.

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Erika Steinbach.

Sie ist Mitglied im Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe und seit November 2005 Vorsitzende der Arbeitsgruppe Menschenrechte und humanitäre Hilfe der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Seit 2000 ist sie Mitglied im CDU-Bundesvorstand.

Leben

Erika Steinbach wurde 1943 in Rahmel geboren. Ihre Eltern, Erika und Wilhelm Hermann, haben sich in Rahmel kennen gelernt. Ihr Vater, ein Elektroingenieur, war im Laufe des Krieges (ab 1942) als Luftwaffenunteroffizier in Rahmel stationiert, das mit Inkrafttreten des Versailler Vertrages zum 10. Januar 1920 ohne Volksabstimmung Polen zugeschlagen worden war und seit 1939 zu Danzig-Westpreußen gehörte. Im Januar 1945 flüchtete die Mutter mit ihrer Tochter Erika und ihrer drei Monate alten Schwester aus Westpreußen über Gotenhafen und die Ostsee nach Schleswig-Holstein. Dort fanden sie in den kommenden Jahren Notaufnahme auf verschiedenen Bauernhöfen. Es folgten zwei Jahre in Berlin. Nach der Rückkehr des Vaters aus russischer Kriegsgefangenschaft und dem Umzug nach Hessen wuchs Erika Steinbach ab 1950 in Hanau auf.

Nach der mittleren Reife war Erika Steinbach technische Angestellte bei der Bundespost. Sie absolvierte von 1960 bis 1967 ein privates Musikstudium (Violine). Anschließend erwarb sie ihr Diplom in Verwaltungswirtschaft und Informatik. Ab 1962 arbeitete sie als ständige Geigerin im Orchester der Philharmonischen Gesellschaft in Frankfurt. Zwischen 1970 bis 1977 war sie als Diplom-Verwaltungswirtin und Informatikerin in Frankfurt am Main tätig, zunächt beim Kommunalen Gebietsrechenzentrum Frankfurt. Sie war dort seit 1974 Projektleiterin für die Automatisierung der Bibliotheken in Hessen. Zuletzt war sie Oberamtsrätin. Seit 1974 ist sie Mitglied der CDU. Von 1977 bis 1990 war sie Stadtverordnete und Fraktionsassistentin der CDU-Stadtverordnetenfraktion in Frankfurt, ab 1981 deren personalpolitische Sprecherin und ab 1989 Mitglied des Fraktionsvorstandes. Bei der ersten gesamtdeutschen Bundestagswahl 1990 errang sie im Wahlkreis 140 (Frankfurt am Main III) das Direktmandat für den Deutschen Bundestag (Klaus-J. Holzapfel: Kürschners Volkshandbuch: Deutscher Bundestag, 12. Wahlperiode, 5. A., S. 239) Zunächst lag ihr Arbeitsschwerpunkt im Innenausschuss des Bundestages, später im Kulturausschuss und ab 2005 im Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe. Seit 1995 ist sie Stellvertretende Bundesvorsitzende der Ost- und Mitteldeutschen Vereinigung der CDU/CSU. Seit 2000 ist Erika Steinbach Mitglied des CDU-Bundesvorstandes, seit 2005 Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe und Mitglied des Fraktionsvorstandes der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.

Erika Steinbach war 10 Jahre lang (bis 1995) Schirmherrin der Womens International Zionists Organisation (WIZO) Frankfurt am Main. Sie ist seit 1985 Mitglied der deutsch-israelischen Gesellschaft (DIG), davon mehrere Jahre im Frankfurter Vorstand der DIG, seit 2005 Mitglied der "Lebenshilfe für geistig Behinderte", von 1994 bis 2002 war sie Mitglied des Goethe-Instituts. Sie ist Mitglied des ZDF-Fernsehrates.

Am 1. Mai 1998 wurde die seit 1994 stellvertretende BdV-Vorsitzende als Nachfolgerin von Fritz Wittmann (CSU) zur Vorsitzenden des Bundes der Vertriebenen (BdV) gewählt. Zum ersten Mal stand damit eine Frau an der Spitze des zwei Millionen Mitglieder umfassenden Verbandes, der sie in den Jahren 2000, 2002, 2004 und 2006 als Präsidentin bestätigte.

Im Zuge der EU-Osterweiterung brachte sie Ihren Verband und seine Forderungen in die politischen Diskussionen mit ein, vor allem die Aufarbeitung des Teils der europäischen Geschichte mit den massiven Menschenrechtsverletzungen nach dem Zweiten Weltkrieg und die Kritik an der weiteren Gültigkeit der so genannten Benes-Dekrete. Sie mahnte die Heilung des Vertreibungsunrechts an.

Erika Steinbach richtete den Bund der Vertriebenen neu aus und verlieh ihm eine neue Gesprächsfähigkeit gegenüber allen Parteien des demokratischen Spektrums. Für große Aufmerksamkeit sorgte am 3. September 2000 der Auftritt von Gerhard Schröder in Berlin als erster sozialdemokratischer Bundeskanzler zum "Tag der Heimat" des BdV - zum 50. Jahrestagder "Charta der Vertriebenen". Er verurteilte die Vertreibung Deutscher nach dem Zweiten Weltkrieg als Unrecht.

Einen großen Erfolg konnte Frau Steinbach verbuchen, als der Deutsche Bundestag am 4. Juli 2002 die Errichtung des von ihr initiierten "Zentrums gegen Vertreibungen" (ZgV) in Berlin beschloss. Die eigens dafür ins Leben gerufene Stiftung hatte zwei gleichberechtigte Vorsitzende, Peter Glotz (SPD) und Erika Steinbach. Renommierte Persönlichkeiten unterstützten diese Stiftung, u.a. Arnulf Baring, Joachim Gauck, Otto von Habsburg, Imre Kertesz, György Konrad, Otto Graf Lambsdorff, Udo Lattek, Julius Schoeps, Peter Scholl-Latour, Christoph Stölzl und Rüdiger Safranski.

Für die Jury des von der Stiftung zu vergebenden Franz-Werfel-Menschenrechtspreises gewann Erika Steinbach u.a. den Publizisten Ralph Giordano. In einer weithin beachteten Rede anlässlich des 60. Jahrestages des Warschauer Aufstandes am 1. August 2004 in Berlin stellte sich Ralph Giordano vor Erika Steinbach: "Fokussieren sich Angriffe, Klagen und Anklagen geradezu brennglasartig auf sie - und das oft genug in drastischen Verbalien, obszönen Bildern und auch falschen Anschuldigungen. Ich erlebe das nun aus größerer Nähe seit fast drei Jahren, und entdecke dabei einen Kontrast zwischen öffentlicher Dämonisierung und meinen Selbsterfahrungen .... eines will meine Zeugenschaft nicht vertragen - dass Erika Steinbach unter dem Schlüsselwort "Empathie" der gute Wille abgesprochen wird. Wer das bezweifelt, der stößt auf meinen Widerspruch." (Ralph Giordano: 60 Wiederkehr des Warschauer Aufstandes vom 1. August 1944, in Empathie, Der Weg zum Miteinander, Warschauer Aufstand vor 60 Jahren, S. 25-44, S. 42f.)

Bei seiner Festrede zum Tag der Heimat in Berlin 2003 betonte auch Bundespräsident Johannes Rau: "Die Vertriebenen haben ihren Kindern und Enkeln nicht Hass und auch nicht den Wunsch nach Vergeltung eingepflanzt, sondern die Überzeugung und den Willen, am Aufbau eines besseren Deutschlands und eines friedlich geeinten Europas mitzuartbeiten." Bundespräsident Horst Köhler hat bei dem Tag der Heimat des Bundes der Vertriebenen am 2. September 2006 die europäische Dimension der Erinnerung betont.

Mit der Ausstellung "Erzwungene Wege" im Berliner Kronprinzen-Palais konnte die Stiftung Zentrum gegen Vertreibungen einen weiteren Erfolg verbuchen. (Wilfried Rogasch, Katharina Klotz, Doris Müller-Toovey: Erwungene Wege, Flucht und Vertreibung im Europa des 20. Jahrhunderts, Berlin 2006) 60.000 Besucher an 80 Tagen, über 130 Schulklassen und ein Medienecho mit rund 3.400 Presseartikeln belebten die Debatte europaweit.

Nach anhaltender kritischer Berichterstattung ist Erika Steinbach heute in Polen bekannter als in Deutschland. Aus polnischer Sicht ist Steinbachs Selbstbeschreibung als "Vertriebene" insofern fragwürdig, als dass ihr Geburtsort überhaupt erst durch den deutsch-sowjetischen Polenfeldzug 1939 und nach den Geheimabsprachen des Hitler-Stalin-Paktes wieder unter deutsche Verwaltung kam. Eine Fotomontage des polnischen Nachrichtenmagazins Wprost präsentierte sie in SS-Uniform auf Kanzler Schröder reitend.

Steinbach ist seit 1972 mit dem Dirigenten Helmut Steinbach verheiratet. Sie gehört der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche an.