Die Wahlen zum 44. Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika fanden am 2. November 2004 statt.
Als Kandidaten traten George W. Bush (Republikaner), John Kerry (Demokraten), Ralph Nader (unabhängig) sowie 44 weitere unabhängige Kandidaten an. Ernsthafte Siegchancen hatten nur Kerry und Bush. Allerdings könnte Nader wie auch schon zu den letzten US-Präsidentschaftswahlen 2000 die Demokraten den Sieg kosten, da Kerry als liberaler Demokrat gilt. Vielen politisch links eingestellten Amerikanern könnten die Positionen Kerrys im Gegensatz zu Naders Ansichten nicht weit genug gehen.
Weitere weitgehend unbekannte Präsidentschaftskandidaten mit äußerst geringen Wahlchancen waren: Michael Badnarik (Libertarian Party), der liberale Umweltschützer und Kriegsgegner David Cobb (Green Party), der erzkonservative Rechtsanwalt Michael A. Peroutka (Constitution Party, früher US Taxpayer Party) und Walter F. Brown (Socialist Party).
Derzeitiger Stand der Auszählung (3. November, 17:30 Uhr)
Der Präsident der Vereinigten Staaten wird nicht direkt, sondern durch ein Kollegium von 538 Wahlmännern gewählt, die von den Bundesstaaten entsandt werden und im Prinzip an die Entscheidung der Wähler des entsendenden Staats für einen der Kandidaten gebunden sind. Dieses Wahlsystem der indirekten Mehrheitswahl ist die Erklärung dafür, dass der Kandidat, der landesweit die meisten Wählerstimmen auf sich vereinigt, nicht unbedingt zum Präsidenten gewählt wird. Diese Konfiguration war bei den Präsidentschaftswahlen 2000 zugunsten des republikanischen Kandidaten Bush aufgetreten. Würde Kerry in Ohio siegen, würde sich das Phänomen wiederholen, diesmal freilich zum Vorteil der Demokraten. Für die Wahl zum Präsidenten benötigt ein Kandidat die absolute Mehrheit des Wahlmännerkollegiums, also mindestens 270 Stimmen.
Präsidentschafts-Kandidat | Wahlmänner |
---|---|
George W. Bush | 254 |
John Kerry | 252 |
Ralph Nader | 0 |
Offen sind noch die Ergebnisse aus Iowa (7) und New Mexico (5). Beide Kandidaten benötigten den Sieg in Ohio, um die Präsidentenwahl zu gewinnen.
Obwohl die genaue Feststellung der leztlich gültigen Stimmen aufgrund von sogenannten „vorläufigen“ und Briefwahlstimmen im noch bedeutenden Staat Ohio andauern wird, hat der demokratische Herausforderer Kerry um 16 Uhr MEZ seine Niederlage gegenüber Amtsinhaber Bush telefonisch erklärt und ihm zum Wahlsieg gratuliert. Die Agentur AP beruft sich hierbei auf eine demokratische und eine republikanische Quelle, die von dem Gespräch informiert wurden. Bush habe Kerry als harten und ehrenhaften Opponenten gewürdigt. Beide bedauerten demnach, dass das Land „zu sehr gespalten“ sei.
Vorwahlen 2004
Die Republikanische Partei hielt dieses Jahr keine Vorwahlen ab, da nur George W. Bush als Kandidat antritt. Bei den Vorwahlen der Demokraten galt John F. Kerry im Vergleich zu Howard Dean, der am 18. Februar 2004 seine Kandidatur auf Grund mangelnder Unterstützung wieder zurückzog, als gemäßigter Kandidat. Für ihn sprechen sowohl seine internationale Erfahrung als auch seine persönliche Reputation als aktiver Kriegsteilnehmer. Seine demokratischen Gegner im Vorwahlkampf warfen ihm vor, umfangreiche Spenden von Großunternehmen erhalten zu haben. Republikaner werfen ihm vor allem seine wechselnden Meinungen im US-Senat sowie seine generell zu „liberale“ Einstellung vor.
Seit dem so genannten Super Tuesday am 2. März 2004 galt seine Präsidentschaftskandidatur als sicher. Offiziell wurde der demokratische Kandidat auf einem nationalen Parteitag Ende Juli 2004 gekürt, allerdings war mit John Edwards am 3. März 2004 der letzte ernstzunehmende Mitbewerber aus dem Rennen um die Präsidentschaft ausgestiegen.
Am 16. März 2004 erreichte Kerry ein weiteres Etappenziel. Nach einem Sieg bei den Vorwahlen im Bundesstaat Illinois verfügte er über mehr als die rechnerisch benötigten 2.162 Delegiertenstimmen für die Ernennung auf dem Konvent seiner Partei im Juli.
Präsidentschaftswahlen im November 2004
Bei dem mit einem Frühstart Anfang März 2004 begonnenen Wahlkampf kam es zunächst zu Protesten von Angehörigen der Opfer der Terroranschläge vom 11. September 2001. Sie warfen George W. Bush vor, Fotos aus jener Zeit, die den Präsidenten zusammen mit der Feuerwehr vor dem Hintergrund der Trümmern zeigen, für seinen Wahlkampf zu missbrauchen.
Auch die ersten gegenseitigen Anschuldigungen ließen nicht lange auf sich warten. Am 8. März 2004 warf Bush Kerry auf einer Wahlkampftour in Texas unverantwortliches Handeln vor. Der Senator habe sich vor zehn Jahren für massive Einschnitte im Geheimdienstbudget eingesetzt. Kerry, ebenfalls in Texas auf Wählersuche, griff Bush im Gegenzug wegen einer seiner Ansicht nach rücksichtslosen Außenpolitik an.
Neben Bush und Kerry hat auch der unabhängige Kandidat Ralph Nader wie vor vier Jahren seinen Hut in den Ring geworfen. Bei den letzten Wahlen hatte die Kandidatur des „grünen“ Nader maßgeblich zur Niederlage von Al Gore beigetragen. Eine Umfrage vom 7. März 2004 in Florida sah Kerry mit 49 Prozent deutlich vor Bush, der 43% erhalten würde. Nader war mit 3% weit abgeschlagen. Im Schlüsselstaat Ohio trat Nader - vermutlich mit Rücksicht auf den wie prognostiziert knappen Ausgang - nicht an.
Am 13. März 2004 forderte John Kerry den Amtsinhaber George W. Bush zu monatlichen Fernsehduellen heraus. Bush lehnte ab und verwies dabei auf die scharfe Rhetorik des Herausforderers. Die traditionellen drei Fernsehrunden vor der Wahl fanden aber statt.
Bis Juni 2004 war der Wahlkampf durch den andauernden Konflikt im Irak und vor allem durch die Bilder über von US-Armeeangehörigen gefolterte Häftlinge in irakischen Gefängnissen geprägt. War vor dem Wahlkampf die Außenpolitik die Stärke und die Wirtschaftspolitik die Schwäche der Regierung von George W. Bush, so stellte sich das Mitte des Jahres 2004 genau andersrum dar.
Überraschenden Einfluss gewinnt ein Dokumentarfilm des Bush-Kritikers Michael Moore mit dem Titel Fahrenheit 9/11. Die Anhänger der Republikaner laufen gegen diesen Film Sturm, so dass dieses Werk immer noch mehr Aufmerksamkeit erhielt. In wie weit dieser Film Einfluss auf die Wahlentscheidung hat, ließ sich Anfang Juli 2004 noch nicht beurteilen.
Am Morgen des 6. Juli 2004 nominiert Kerry seinen Rivalen aus den Vorrunden Edwards als Vizepräsident der USA ("running mate"). Edwards habe "den Mut, die Entschlossenheit und die Begabung für das Amt", erklärte Kerry. Dieser strategische Schachzug soll dem Bush-Herausforderer Stimmen in den Südstaaten sichern, denen große Bedeutung für den Wahlausgang zukommt.
Nominierungsparteitage (Conventions)
Die Nominierungsparteitage (Conventions) gehören zu den Höhepunkten des Wahljahres in den USA. Bei diesen nationalen Parteitagen, die traditionell im Sommer stattfinden, stimmen die Delegierten der Bundesstaaten über den Präsidentschaftskandidaten der Partei ab.
- Demokratischer Parteitag 2004 vom 26. Juli bis zum 29. Juli 2004 in Boston
- Republikanischer Parteitag 2004 vom 30. August bis 2. September 2004 in New York
Debatten
Präsidenten
Drei Präsidentschaftsdebatten wurden von der "Kommission für Präsidentschaftsdebatten" angesetzt:
- 1. Debatte: 30. September 2004 an der Universität von Miami mit Fragen vom Moderator Jim Lehrer vom öffentlichen Fernsehen PBS. Themen: Außenpolitik und Heimatschutz.
- 2. Debatte: 8. Oktober 2004 an der Washington University in St. Louis, im Townhall-Format moderiert von Charles Gibson vom Sender ABC.
- 3. Debatte: 13. Oktober 2004 an der Arizona State University, mit Fragen vom Moderator Bob Schieffer von CBS. Themen: Innenpolitik und Wirtschaftspolitik.
Vize-Präsidenten
Eine Vizepräsidentendebatte wurde angesetzt:
- 5. Oktober 2004 an der Case Western Reserve University, moderiert von Gwen Ifill von PBS.
Weblinks
- Dossier der Frankfurter Rundschau Mit Meldungen, Linksammlung und den "Flatiron Letters" einer USA-Korrespondentin.
- Spezial der Netzeitung Sammelt u.a. die Meldungen aus dem US-Wahlkampf
- Spiegel-Dossier Bietet u.a. ein Bush-Messer, das jede Woche Bushs Wiederwahl-Wahrscheinlichkeit misst
- Der Kampf ums Weiße Haus Dossier der Süddeutschen
- Spezial von Tagesspiegel Online Bietet u.a. einen Prognose-Aktienmarkt ("Wahlstreet"), auf dem Kerry- und Bush-Aktien gehandelt werden
- Re-election Site for President George W. Bush (engl., derzeit nur innerhalb der USA zugängliche Webseite)
- John Kerry for President (engl.)
- Karten zur Spendenverteilung in den USA (engl.)
- Umfangreicher Hintergrundtext zu Wahlkampfspenden in den USA (deutsch)
- derstandard.at – Special zur Wahl
- Zahlreiche Berichte von Unregelmäßigkeiten während der Wahl
- Beyond Voting ist ein Netzwerk, das zu landesweiten Aktionen für den Tag nach der Wahl aufruft
- Kommentar in Telepolis zu den Kandidaten