Lautlingen

Stadtteil von Albstadt, Baden-Württemberg, Deutschland
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Lautlingen ist ein Stadtteil von Albstadt im Zollernalbkreis, Baden-Württemberg. Es liegt auf der Schwäbischen Alb, etwa auf halbem Weg zwischen Stuttgart und dem Bodensee.

Wappen von Lautlingen
Wappen von Lautlingen
Wappen von Albstadt
Wappen von Albstadt
Lautlingen
Gemeindeteil von Albstadt
Koordinaten Gradzahl-Fehler: EW: Längenminuten oder -sekunden ≥ 60.
Höhe 636 m
Einwohner 1998 (Format invalid)
Postleitzahl 72459
Vorwahl 07431
Adresse der
Verwaltung
Ortschaftsverwaltung
Am Schloss
72459 Albstadt
07435/1214
Politik
Ortsvorsteher Josef Peter Koller

Geografie

 
Luftbild von Lautlingen

Geografische Lage

Lautlingen liegt in einer landschaftlich reizvollen Tallandschaft, dem Eyachtal.

Geschichte

Bereits im Jahre 793 wurde Lautlingen in einer Urkunde des Klosters St. Gallen erstmals urkundlich erwähnt. Schon früh hielt das Christentum hier Einzug, ein Goldblattkreuz und ein Alemannenfriedhof in der Flur "Berken" geben davon Zeugnis. Der Stadtteil liegt an der alten Römerstraße Sulz - Laiz, die mitten durch den Ort führt. Oberhalb des heutigen Kernortes liegt das römische Kastell Lautlingen, direkt auf der Höhe der Wasserscheide Donau/Rhein.
Siehe auch separaten Artikel: Kastell Lautlingen

Die Herren von Tierberg vereinigten die Orte Margrethausen und Lautlingen im Mittelalter zu einer Herrschaft im Ritterkanton Neckar. Sie waren als Ortsherren Nachfolger, evtl. sogar Nachfahren der Herren von Luttelingen. Ab 1550 gehörte der Ort zur Herrschaft der Herren von Westerstetten und Drackenstein. Auch diese hatten die Ortsherrschaft durch Einheirat ererbt. Das Geschlecht das auch auf der Burg Straßberg saß, erlosch später im Mannesstamm, so erbten 1625 die Schenken von Stauffenberg, seit 1874 Grafen, die kleine Ritterschaft. Berühmte Familienmitglieder sind u.a. Fürstbischof Johann Franz Schenk von Stauffenberg und Franz Schenk von Stauffenberg (Minister des Reichstags 1871 - 1892).

1805 fiel der Ort durch den Reichsdeputationshauptschluss an Württemberg und gehörte zum Oberamt Balingen, aus dem 1934 der Landkreis Balingen hervorging. 1811 wurden dann die beiden Ortschaften Margrethausen und Lautlingen durch königlichen Erlass endgültig getrennt und separate Ortsverwaltungen eingeführt. Laut den geschichtlichen Überlieferungen sollen schon die Herren von T(h)ierberg im 16. Jahrhundert ein Schloss in der Ortsmitte gebaut oder erweitert haben. Bereits dieses war mit Ecktürmen und Wallgräben versehen. Nach den Schätzungen anhand der Bausubstanz von Türmen und Mauer ist dieser Teil des Ensembles bis heute im Original erhalten. Als Hans Konrad von Tierberg am 27. August 1518 mit dem Blutbann von Kaiser Maximilian belehnt wurde, erscheint folgendes Zitat: „...dass er (Hans Konrad von Tierberg) beim Schloss Lautlingen...kein Hochgericht habe.....der Kaiser erlaubt ihm den Bann, dortselbst das Blut zu richten." Hierbei handelte es sich also um den Wohnsitz der Ortsherrschaft inmitten des Fleckens Lautlingen.

 
Westfassade der Pfarrkirche

Zwischen 1623 und 1625, also in der Zeit als die Westerstetten Lautlingen besaßen, kurz vor der Übernahme durch die Stauffenberger, wurde das bewehrte Schloss mit Mauern, Wallgraben und vier Ecktürmen zum Wohnsitz ausgebaut. Das Hauptgebäude wurde in den Jahren 1842 - 1846 von Excellenzherr Franz Ludwig Schenk von Stauffenberg neu erbaut. An dessen Stelle stand zuvor ein Fachwerkbau, dessen Erdgeschoss in Stein ausgeführt war. An der Südseite befand sich ein repräsentativer Treppenturm. Der sehr sachliche Hauptbau von 1842 mit seinem Walmdach prägt auch heute noch das Ensemble, das unter Denkmalschutz steht. Das Lautlinger Schloss ist trotz vieler Umbauten in seiner allgemeinen Bausubstanz gut erhalten. Das Gemäuer besteht aus 60 – 80 cm dicken Bruchsteinmauern die mit einem Putz versehen sind. Innen finden wir wuchtige Fachwerkwände und Holzbalkendecken (komplett verputzt). Im Grundriss misst das Gebäude 12,58 m in der Breite und 21,91 m in der Länge. Bis zur Dachtraufe sind es in der Höhe 11,57 m und die Gesamthöhe beträgt 16,37 m Im Innern des Hauptgebäudes ist die international bekannte musikhistorische Sammlung Jehle untergebracht. Diese Räumlichkeiten wurden 2005/06 einer umfassenden Renovation unterzogen und am 18. Februar von Landwirtschaftsminister Peter Hauck wiedereröffnet. Im ersten Obergeschoss erinnert das "Stauffenberg-Zimmer" an die früheren Besitzer. Seit einiger Zeit ist in den ehemaligen Räumen des Ortsamtes eine Stauffenberg-Ausstellung in Planung, die 2007 eröffnet werden soll. Dort wird vor allem die Thematik des 20. Juli 1944 behandelt werden.

 
Gedenkfeier 2005

Die großen Haupt- und Staatsaktionen deutscher Zeitgeschichte reichen an genau diesem Punkt bis nach Lautlingen. Die Widerstandskämpfer Berthold und Claus von Stauffenberg machten sich hier im Sommer 1943 Gedanken darüber, wie Deutschland nach einem Attentat auf Hitler aussehen könnte - so entstanden die "Lautlinger Leitsätze". Mit dem Attentat unternahmen einige Offiziere den letzten Versuch einer Selbstbefreiung des deutschen Volkes. Die Beteiligten wurden in der gleichen Nacht von den Nazischergen umgebracht. Jedes Jahr, am 20. Juli, findet vor der Gedächtniskapelle bei der Kirche eine Gedenkfeier für die Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus statt. Gleichzeitig wird durch Schüler der Albstädter Schulen in Projektarbeiten an das Attentat erinnert.

 
Stauffenberg-Gedächtniskapelle

Im Jahr 1275 wird die Kirche und Pfarrei St. Johannes Baptista erstmals mit Pfarrer Hainricus von Tieringen erwähnt. Nach den Unruhen des 30 jährigen Krieges wurde die niedergebrannte Pfarrkirche 1670 von der Ortsherrschaft Wolfgang Friedrich Schenk von Stauffenberg und seiner Frau Anna Barbara geb. von Wernau neu erbaut. 1725 erweiterten die Söhne des Ehepaares das kleine Kirchlein und ließen gleichzeitig den heute noch erhaltenen Barockturm erbauen. Nach dem schweren Erdbeben vom 16. November 1911 musste die Kirche abgebrochen werden. Aus Spendengeldern und einer Lotterie wurde die neue Pfarrkirche, der erste sakrale Eisenbetonbau der Diözese Rottenburg, erbaut. Der Turm konnte erhalten werden.

In 1670 erbauten Kirche war Ignaz Anton Demeter von 1802 bis 1808 Pfarrer. Er wurde später zum zweiten Erzbischof von Freiburg gewählt. Neben vielen Errungenschaften im Schulwesen gründete er eine Theatergesellschaft und am 7. Mai 1803 auch die heutige Musikkapelle Frohsinn als "Musikgesellschaft".

Politik

Bürgermeister

siehe: Liste der Bürgermeister von Albstadt und der ehemalig selbständigen Gemeinden

Ortsvorsteher

  • 1972-1988: Max Müller
  • 1989-1994: Christian Schairer
  • 1994-heute: Josef-Peter Koller

Wappen

 

Das Wappen von Lautlingen zeigt in Blau gehalten, auf grünem Dreiberg eine linkshin blickende, goldene Hirschkuh. Das Wappen bezieht sich auf die Herren von Tierberg, die Ortsherren in Spätmittelalter und Frühneuzeit (siehe unter Geschichte).

Kultur und Sehenswürdigkeiten

Museen

  • In einem Privatmuseum im Betriebsgebäude der Firma Mey wird heute die Sammlung Albrecht Mey gezeigt, die aus Nähmaschinen vom Beginn ihrer Erfindung bis zur Neuzeit besteht.
  • Die Musikhistorische Sammlung Jehle umfasst Saiten, Blas- und Tasteninstrumente aus verschiedenen Zeiten und Kulturbereichen. Über 30 Tasteninstrumente, daneben Holz-, Blechblas- und Streichinstrumente sowie andere Instrumentenarten sind hier vertreten. Darunter ein Cembalo des ausgehenden 17. Jahrhunderts, ein Hammerklavier von J. A. Stein (1783) und ein repräsentativ gestalteter Schrankflügel aus dem letzten Viertel des 18. Jahrhunderts. Des Weiteren umfasst die Sammlung Gesang- und Choralbücher, darunter Erstausgaben und Notenhandschriften, Notendrucke, Musiklehrbücher, Handschriften und Briefe. Gegründet vor dem 2. Weltkrieg als private Sammlung von Martin Friedrich Jehle beinhaltet sie auch den Nachlass von Johannes Jehle. Seit Mitte der 1970er Jahre ist sie im Eigentum der Stadt Albstadt.

Vereine

Die Ortsgemeinschaft wird durch besonders viele Aktivitäten der Vereine getragen und gestaltet. Die Vereine und Institutionen beleben die Gemeinde und tragen zur kulturellen Vielfalt bei.

Bauwerke

  • Katholische Pfarrkirche St. Johannes Baptista. Das Erdbeben von 1911 beschädigte die Lautlinger Kirche St. Johannes der Täufer so stark, dass sie abgerissen werden musste. Bei dem Neubau von 1913 verwendete man erstmals in der Diözese Rottenburg eine Stahlbetonkonstruktion. Der barocke Turm aus dem Jahr 1715 blieb erhalten. Neben der Kirche befindet sich die Stauffenberg-Gedächtnis-Kapelle, die nach dem Ersten Weltkrieg zunächst für die gefallenen Lautlinger errichtet wurde. 1957 erfolgte eine grundlegende Renovierung, wobei auch der Gefallenen des Zweiten Weltkriegs gedacht wurde. Die wesentliche Neuerung jedoch besteht darin, dass die Brüder Berthold von Stauffenberg und Claus von Stauffenberg in den Mittelpunkt des Gedenkens gestellt wurden. Die künstlerische Ausgestaltung der Kapelle ist seitdem geprägt von einer Skulptur des Bildhauers Gerhard Marcks, die den auferstandenen Christus darstellt. Seit 1957 findet alljährlich am 20. Juli eine Gedenkfeier statt.
 
Stauffenberg-Schloss
  • Wenige Schritte von der Kirche entfernt liegt das Ensemble des Stauffenbergschen Schlosses. Hier hatten die Schenken von Stauffenberg seit 1625 die Ortsherrschaft inne. Das dreigeschossige Hauptgebäude stammt aus dem Jahr 1850, es ist schmucklos und recht unscheinbar. Bemerkenswert hingegen ist das umgebende Areal mit Umfassungsmauer, wehrhaften Ecktürmen und Wirtschaftsgebäuden. Umfassungsmauer und Ecktürme stammen aus dem Spätmittelalter. Hier verbrachten die Brüder Stauffenberg einen Großteil ihrer Kindheit und Jugend, auch Claus Schenk Graf von Stauffenberg, der vor allem durch das Attentat vom 20. Juli 1944 auf Adolf Hitler bekannt wurde. 1970 verkaufte die Familie Stauffenberg das Schloss an die Gemeinde Lautlingen, heute befindet es sich im Eigentum der Stadt Albstadt. Das Schloss beherbergt eine Musikaliensammlung und eine Stauffenberg-Gedächtnisstätte.
  • Westlich vom Schloss, an der B 463, befindet sich weithin sichtbar das reich verzierte Gasthaus Krone, eines der schönsten Fachwerkhäuser im Zollernalbkreis. Es stammt aus dem Jahr 1697.


Wirtschaft und Infrastruktur

Heute ist der Ort ein moderner Stadtteil der Stadt Albstadt mit Gewerbegebieten, vielen Freizeitmöglichkeiten (Wandern, Erlebnisbaden, Sport und Unterhaltung) und einer guten Infrastruktur.

Literatur

  • Hofele / Hetges / Melle: Rückblicke in die Geschichte. 1200 Jahre Lautlingen. Lautlingen 1993.