Eine Babyklappe ermöglicht es Müttern in Not, ihr Neugeborenes anonym zur Adoption freizugeben. Eine Klappe dient als Erste-Hilfe-Stelle, um ungewollte Kinder vor Tötung oder Aussetzung zu schützen. Zunehmend richten gemeinnützige private und kirchliche Organisationen und Krankenhäuser Babyklappen ein. Wegen unklarer Rechtslage sind sie umstritten.
Historisches
Vergleichbare Einrichtungen existieren schon seit Jahrhunderten, so etwa beim vatikanischen Hospital Santo Spirito, an dem noch heute eine alte Babyklappe sichtbar ist. Papst Innozenz III. ließ gegen Ende des 12. Jahrhunderts als erster verfügen, dass an den Pforten der damals besonders in den romanischen Ländern zahlreichen Findelhäuser sogenannte Drehladen angebracht wurden. Diese Einrichtung sollte die geheime Aussetzung ermöglichen und die Ermordung unehelich geborener Kinder verhindern. Das von der Zunft der Seidenweber im 14. Jahrhundert gestiftete Findelhaus "Ospedale degli Innocenti" in Florenz, besitzt einen drehbarer Holzzylinder ("Ruota"), an dem noch bis 1875 Säuglinge anonym abgegeben werden konnten.
Die erste moderne Babyklappe in Deutschland wurde am 8. April 2000 in Hamburg-Altona eingeweiht. Diese Einrichtung besteht aus einem Wärmebett, in das der Säugling von außen gelegt werden kann. Mit einer Zeitverzögerung, die der einlegenden Person die Möglichkeit gibt, sich unentdeckt zu entfernen und so ihre Anonymität zu wahren, wird ein stummer Alarm ausgelöst. Der ruft Fachpersonal herbei, das sich um das Findelkind kümmert.
Diskussion
Obwohl das Stigma der nicht ehelichen Geburt in der westlichen Gesellschaft nicht mehr existiert, kommt durch neue religiöse Bewegungen und nicht zuletzt durch die Migration wieder ein Klientel zustande, für welches diese Einrichtung einen Nutzen darstellt.
Kritiker meinen, dass Babyklappen jedoch nicht das Töten oder das Aussetzen von Kindern verhindern. Dies wird damit begründet, dass Mütter, die ihre Kinder aussetzen oder töten, sich in scheinbar ausweglosen Situationen wähnen, darum nicht zu planvollem Handeln in der Lage sind und somit in Panik reagieren. Mütter in sozialen Notlagen, die sich nicht in Panikzuständen befinden, könnten die Babys problemlos zur Adoption freigeben. Einziger Unterschied für Mutter und Kind ist hier, dass dem Kind (auf lange Sicht) nicht die Kenntnis über die eigene Herkunft geraubt wird.
Darüber hinaus böten Babyklappen Müttern, die sonst u.U. den Weg der Freigabe zur Adoption wählen würden, die Möglichkeit, ihre Kinder bei den Babyklappen anonym abzugeben. Diesen Kindern werde dadurch das in der UN-Kinderrechtskonvention proklamierte Recht auf Wissen um die eigene Herkunft vorenthalten.
Babyklappen in Deutschland
Babyklappen gibt es zurzeit in: Aachen, Altötting, Augsburg, Berlin, Bochum, Braunschweig, Detmold, Dessau, Dortmund, Dresden, Duisburg, Erfurt, Essen, Fulda, Halle (Saale), Hamburg, Hanau, Hannover, Hüllhorst, Karlsruhe, Kassel, Kelheim, Köln, Leipzig, Lübeck, Magdeburg, Mainburg, Mannheim, Minden, Moers, München, Münster (Westfalen), Nordhorn, Osnabrück, Paderborn, Pforzheim, Potsdam, Recklinghausen, Regensburg, Rostock, Schwerin, Stuttgart, Sulzbach-Rosenberg, Trier, Worms und Wuppertal. Insgesamt handelt es sich um über 80 Einrichtungen (Stand: 2005).
Geplant sind Babyklappen in Brandenburg, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Gelsenkirchen, Homburg (Saar), Ingolstadt, Kassel, Koblenz, Krefeld, München-Schwabing, Passau.
In Hamburg (an zwei Stellen) besteht die Babyklappe seit dem Jahr 2000, in den ersten fünf Jahren sind dort 22 Babys hineingelegt worden.
Juristische Bewertung
Durch die Abgabe eines Neugeborenen an der Babyklappe entzieht sich die Mutter der elterlichen Verpflichtung, für das Wohl des Kindes zu sorgen. Diese zunächst strafbar erscheinende Handlung wird juristisch jedoch durch die Fiktion der „Überlassung“ des Kindes an einen Dritten überlagert, die nach dem Sozialgesetzbuch für eine Dauer von bis zu acht Wochen zulässig ist, um z.B. die Versorgung der Kinder während eines Krankenhausaufenthalts der Eltern sicherzustellen. Bei einer Überschreitung dieses Zeitraums ist jedoch das Jugendamt einzuschalten.
Die Rechtsprechung betrachtet mangels einer spezifischeren Rechtsgrundlage Neugeborene, die in einer Babyklappe abgegeben werden, wie „überlassene“ Kinder. Diese Rechtslücke wird von Juristen, Sozialdiensten und sonstigen Betroffenen einhellig beklagt, da mitunter auch missbräuchlicher Umgang mit Babyklappen beobachtet wird, dessen Folgen angesichts fehlender Regelungen sehr schwer zu begegnen ist: So wurden in Babyklappen bereits behinderte Kinder anonym abgegeben oder auch ein bereits drei Monate altes Kind (beide Fälle in Karlsruhe); ein ebenfalls schon mehrere Wochen altes Kind wurde in einer Bad Kreuznacher Babyklappe vorgefunden.
Bisher sind mehrere Anläufe gescheitert, eine gesetzliche Regelung für den Umgang mit Babyklappen und den dort abgelegten Kindern zu erreichen. Hinderungsgründe für die angestrebte Regelung waren familien- und verfassungsrechtliche Bedenken, die das Persönlichkeitsrecht der anonym abgegebenen Kinder bedroht sahen durch die Unmöglichkeit für das Kind, Kenntnis über seine wahre Herkunft (ein Grundrecht, siehe unten) zu erlangen.
Zur strafrechtlichen Diskussion siehe den Artikel Personenstandsfälschung.
Babyklappen in der Schweiz
Es existiert eine Babyklappe beim Spital Einsiedeln.
Babyklappen in Österreich
Babyklappen gibt es zurzeit in: Wien, Graz, Ried, Linz und St. Veit an der Glan, Wels.
Heutige Situation international
- Belgien - der Bund Moeder voor Moeder ("Mütter für Mütter") installierte 2000 die erste babyschuif in Antwerpen-Borgerhout. Es wird Moeder Mozes Mandje benannt. In den ersten drei Jahren wurden keine Säuglinge in der Babyklappe hinterlegt.
- Italien - Ungefähr ein Dutzend Babyklappen der "Bewegung für das Leben". 2006 wurde eine moderne Babyklappe am Santo Spirito-Krankenhaus in Vatikanstadt angelegt.
- Japan - Pläne des Jikei Hospitals in Kumamoto zur Einrichtung einer Babyklappe (kônotori no yurikago - "Storchenwiege") führt 2007 zu politischen Diskussionen. Der japanische Gesundheitsminister Hakuo Yanagisawa sieht keine juristische Handhabe, die Pläne des Krankenhauses, das sich vorab in Deutschland über Babyklappen informiert hatte, zu verhindern. Im April 2007 genehmigt die Stadt dem Krankenhaus die Einrichtung einer Babyklappe.
- Niederlande - 2003 scheiterten Absichten, eine babyluik in Amsterdam zu installieren aufgrund schwerer Proteste. Die niederländische Gesundheitsministerin Clémence Ross bahauptete, Babyklappen seien gesetzeswidrig.
- Pakistan - Die Edhi Foundation hat ungefähr 250 Stellen, die eine jhoola-Dienstleistung anbieten: Eine jhoola ist eine aufgehängte Wiege mit Matratze, die vor diesen Stellen stehen, wo Mütter ihre Kinder anonym aufgeben können. Es gibt eine Klingel und Personalmitglieder prüfen einmal pro Stunde die Wiege.
- Philippinen - Das Hospicio de San Jose in Manila, 1810 gegründet und von den Daughters of Charity von Saint Vincent de Paul betrieben, hat eine "Drehwiege": Darauf steht "Abandoned Babies Received Here" (Ausgesetzte Säuglinge werden hier aufgenommen).
- Südafrika - Die gemeinnützige Organisation "Door Of Hope" (Tür der Hoffnung) installierte 2000 ein "Loch in der Wand" an der Mission Church in Johannesburg. Bis Juni 2004 wurden ungefähr 30 Säuglinge dort hinterlassen.
- Tschechische Republik - Die erste Babklappe wurde 2005 von Babybox-Statim[1] in Prag angelegt. Bis März 2006 wurden drei Säuglinge dort hinterlegt.
- Ungarn - Es gibt ungefähr ein Dutzend Babyklappen, die meisten bei Krankenhäusern. Die erste wurde 1996 im Schopf-Merei Agost-Krankenhaus in Budapest angelegt.
- Vereinigte Staaten - Babyklappen als solche sind in den Vereinigten Staaten nicht bekannt; jedoch wurden in 47 Staaten "safe haven laws" (Zufluchtgesetze) eingeführt, angefangen mit Texas am 1. September 1999. Danach dürfen Eltern ihr Neugeborenes (jünger als 72 Stunden) anonym bei Zufluchtsorten wie z.B. Feuerwachen oder Krankenhäusern abgeben.
Siehe auch
Weblinks
- Babyklappen in Deutschland, Österreich und der Schweiz Verzeichnis auf der Website des Herstellers, dort auch umfangreiche weitere Informationen
- [2] Kritische Anmerkungen zur Diskussion um Babyklappen, zur anonymen Geburt sowie zum Thema Kindestötungen in Deutschland. Verzeichnis auf der Website des Herstellers, dort auch umfangreiche weitere Informationen
- babyklappe-nein-danke.de Website von Gegnern der Babyklappe
- Anonyme Geburten: Fallstricke einer Legalisierung Deutsches Ärzteblatt 99, Ausgabe 8 vom 22. Februar 2002, Seite A-493 / B-397 / C-375