Thekla von Gumpert (* 28. Juni 1810 in Kalisch, † 1. April 1897 in Dresden) war eine bekannte deutsche Kinder- und Jugendschriftstellerin des 19. Jahrhunderts. Besonders ihr Töchteralbum und Herzblättchens Zeitvertreib erreichten eine weite Leserschaft.
Leben
Thekla von Gumpert wurde am 28. Juni 1810 in Kalisch als drittes von 5 Kindern geboren. 1815 wurde der Vater als Regierungs-Medizinalrat nach Posen versetzt und kam hier in engere Verbindung mit dem preussischen Regierungsadel, insbesondere mit dem Statthalter Fürst Radziwil. Thekla schloss enge Freundschaft mit der Tochter Wanda von Radziwil und ihrer Umgebung. Die ausgehenden Napoleonischen Kriege hatten ungeheures Elend über Europa verbreitet. Thekla wuchs in einer heilen Enklave auf, geprägt durch Preussisches Denken und der gelebten Selbverständlichkeit einer Standesgesellschaft. Dies prägte ihr ganzes Leben.
In ihrem 22. Lebensjahr starb ihr Vater und sie lebte für einige Zeit auf dem Landgut der Familie, bis dieses verkauft werden mußte. Sie fanden Unterkunft bei einem Verwandten, Baron von Seydlitz, und hier widmete sich Thekla von Gumpert der Erziehung der Kinder und erkannte in diesen Jahren ihre innere Berufung zur Kindererzieherin. So war es fast selbstverständlich, dass sie nach dem Tode ihrer ehemaligen Freundin Wanda Czartoryski geb. Radziwil die Erziehung der zurückgebliebenen Kinder übernahm. Es folgten sechs glückliche und erfüllte Jahre, bis ihre Tätigkeit durch erneute Heirat des Fürsten Czartoryski beendet wurde.
Durch den Dichter Franz von Schober gewann sie den Mut ihre erzieherischen und schriftstellerischen Fähigkeiten zu vereinen und den Weg als Jugendschriftstellerin zu begehen. Ihr erstes Werk Der kleine Vater und das Enkelkind brachten schon den gewünschten Erfolg. Für die nächsten Jahrzehnte traf sie den Geschmack der damaligen Gesellschaft und sie wurde zur meistgelesenen und berühmtesten Jugend- und Kinderschriftstellerin ihrer Zeit.
Ihre Beweggründe beschreibt Thekla von Gumpert in einem Brief an Heinrich Schwerdt: Der Zweck meiner schriftstellerischen Tätigkeit ist sich immer gleich geblieben, indem ich der Jugendliteratur nur dann Wert beilege, wenn sie nicht zur müßigen Unterhaltung, sonderns als Erziehungsmittel benutzt wird, und zwar so, dass sie Verstand und Herz zu bilden und die Willenskraft anzuregen und zu leiten sucht. Darum lenke ich die Blicke der Kinder, und namentlich der Mädchen, auf verschiedene Lebensverhältnisse hin, um ihnen zu zeigen, dass der Mensch in allen Lagen glücklich sein und glücklich werden kann, dass aber nur gewissenhafte Pflichttreue im Kleinen und in Großen dieses Glück ihm sichert. Solche Pflichttreue gedeiht auf dem Boden eines frommen Glaubens. In ihrer Autobiographie schreibt sie: Meine Eltern und Voreltern waren Preußen, und von Vater und Mutter ist mir das Bewußtsein in das Herz gelegt worden, daß der König von Preußen mein König sei; "in das Herz" sagte ich, nicht bloß in das Gedächtnis.
Preussische Ideale durchziehen ihr gesamtes Werk und erzogen mehrere Generationen von Kindern und Jugendlichen. Ihre Schaffenskraft war unbeschreiblich, die Anzahl der Bücher nicht überschaubar. Die bekanntesten Werke ist sicherlich ihr Töchteralbum, welches ab 1855 jährlich als Periodikum erschien mit dem Untertitel: Unterhaltungen im häuslichen Kreise zur Bildung des Verstandes und des Gemüths der heranwachsenden weiblichen Jugen. Ab 1856 folgte ein weiteres Periodikum Herzblättchen´s Zeitvertreib. Unterhaltung für kleine Knaben und Mädchen zur Herzenbildung und Entwicklung der Begriffe. Beide wurde von ihr fortgeführt bis zu ihrem 1897 erfolgten Tode und danach noch von mehreren Nachfolgerinnen weitergeführt.
Sie unternahm Reisen nach England und durch Deutschland um Erziehungsanstalten kennenzulernen. Die Idee eine eigene Erziehungsanstalt zu gründen kam nicht zur Ausführung. Sie hielt Verbindung mit dem Erfinder des Kindergarten Friedrich Fröbel und propagierte seine Methode in ihrem Buch Für Deutsche Frauen. Da Fröbel aber bei der preussischen Regierung in Ungnade fiel, hielt sie sich dann doch etwas fern von ihm, lehnte eine Mitarbeit in seiner Zeitschrift ab, nannte sich auch nur Verehrerin und nicht Schülerin Fröbels.
Sie war verheiratet mit dem Dichter Franz von Schober. Das Zusammenleben wurde aber nach kurzer Zeit wieder beendet.
Sie starb am 1. April 1897 in Dresden.
Werke
- Der kleine Vater und das Enkelkind, Duncker, Berlin 1843
- Die Badereise der Tante, Duncker, Berlin
- Mein erstes weißes Haar, Duncker, Berlin
- Robinsons´s Enkelin, Duncker, Berlin 1844
- Erzählungen aus der Kinderwelt 10 Bd. Hirt, Breslau 1847
- 1. Der Bettelknabe
- 2. Poch! Poch! Poch!
- 3. Derkleine Schuhmacher
- 4. Vier Wochen Ferien
- 5. Die Schloßmutter
- 6. u. 7. Die kleinen Helden
- 8. Das stumme Kind
- 9. Der Mann im Korbe
- 10. Die Kinder des Auswanderers
- Töchteralbum, ab 1855 mit insgesamt 43 Bänden
- Herzblättchens Zeitvertreib, ab 1856 mit insgesamt 41 Bänden
- Schloßpeterchen und Bäuerhänschen, Flemming, Glogau
- Mutter Anne und ihr Gretchen, Flemming, Glogau 1867
- Mutter Anne und ihr Hänschen, Flemming, Glogau 1886 2. Aufl.
- Die Herzblättchen, Flemming, Glogau ab 1855 3? Bände
- Nach der Schule, Flemming, Glogau 1879
- Ein Jahr Flemming, Glogau 1882 2. Aufl.
- Gott in der Natur Berlin 1851
- Aechte Perlen
- Grüß Gott
- Der alte Diener
- Mich dürstet
- Ann´ Rosel, Berlin 1855
- Der Heckpfenning Berlin 1855
- Der Herbergsvater
- Der alte Stelzfuß Dresden 1866
- Gott mit uns
- Aus der Gegenwart
- Der dritte August, Glogau 1870
- Erzählungen für meine jungen Freundinnen, Glogau ab 1876 2 Bd.
- Das Margarethenbuch, Braunschweig 1876 2. Aufl.
- Für die Kinderstube, Glogau ab 1879 2 Bd.
- Nächstenliebe und Vaterlandsliebe, Glogau 1882
- Backfische, Glogau 1883
- Aus dem Leben, Glogau 1890
- Das Konfirmationsjahr, Glogau 1891
- Das Vaterunser, Bielefeld 1897
- Der Adventsbaum, Bielefeld 1897 3. Auflage
- Unter fünf Königen und drei Kaisern, Flemming, Glogau 1891
- Autographen, Bremen 1893
Literatur
- Heinrich Schwerdt: Thekla von Gumpert. Ein biographisch-kritisches Denkmal zur 25. Jubelfeier ihrer schriftstellerischen Fähigkeiten. Carl Flemming, Glogau 1869
- Hubert Göbels Hrsgb.: Herzblättchens Zeitvertreib, eine Auswahl. Harenberg, Dortmund 1980
- Ludwig Salomon: Zu Thekla von Gumpert´s goldenem Jubiläum. Illustrierte Zeitung Nr. 2635. 30. Dezember 1893
- Hyacinth Holland. Gumpert, Thekla von Allgemeine Deutsche Biographie Bd. 49, S. 628-630
- Budens-Budde, Roswitha: Das Töchteralbum von Thekla von Gumpert. in: Jugend und Medien, hrsg. von Winfred Kaminski; Bd. 12, Frankfurt a.M., 1986
- Dahrendorf, M.: Gumpert, Thekla von. in: Doderer, K. (Hrsg.): Lexikon der Kinder- und Jugendliteratur. Erster Band: A-H, Weinheim 1977
- Confirmationsfeier Ihrer Durchlaucht der Prinzeß Wanda von Radziwill. Hirschberg 1828
- Helmut König: Mein lieber Herr Fröbel. Verlag Volk und Wissen, Berlin 1990