Sozialstaatsprinzip

verfassungsrechtliche Auftrag in Art. 20 Abs. 1 des Grundgesetzes
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Als Sozialstaatspostulat wird der Auftrag in Artikel 20 GG bezeichnet, nachdem die Bundesrepublik Deutschland (...) ein (...) sozialer Bundesstaat ist. Aus dem Sozialstaatspostulat leitet sich das Sozialstaatsprinzip als eine Grundlage des Grundgesetzes und Strukturprinzip fest. Das Sozialstaatsprinzip und andere Verfassungs- oder Gesetzesvorschriften definieren die soziale Marktwirtschaft.

Inhalt des Sozialstaatspostulats

Das Sozialstaatsprinzip enthält kein Einklagbares Recht und ist deshalb nur ein Postulat. Es legt fest, dass Deutschland ein Sozialstaat ist. Über die Ausgestaltung des Sozialstaats muss von der Politik entschieden werden. Das Grundgesetz enthält auch, anders als die vorhergehende Weimarer Verfassung keine eindeutigen sozialen Grundrechte

Für das Bundesverfassungsgericht ist das Sozialstaatspostulat seiner allerersten Entscheidung zu Folge auch eine Hilfe bei der Auslegung des Grundgesetzes und anderer Gesetze.


Da die Formel sehr unterschiedlich aufgefasst werden kann ist der Inhalt umstritten, 2 Punkte werden weitgehen akzeptiert:

  • Der Staat ist kein liberaler Nachtwächterstaat, der sich aus der Wirtschaft heraushält, sondern greift mitverantwortlich durch eine Sozialpolitik in diese ein.
  • Der Umfang und die Art des Eingriffes werden von der Politik festgelegt.

Mögliche Elemente des Sozialstaatsprinzips:

Neben dem Sozialstaatspostulat legt auch noch die in Artikel 1 festgelegte Aufgabe des Staates, die Würde des Menschen zu schützen oder auch die Aussage von Artikel 14 wonach Eigentum verpflichtet fest, dass Deutschland ein Sozialstaat sein muss.

Verhältnis zum Rechtsstaat

Das Sozialstaatsprinzip steht in einem Spannungsverhältnis zu einem anderen Prinzip des Grundgesetzes, der Rechtsstaatlichkeit. Der Grund liegt darin, dass der Rechtsstaat vor allem der Freiheit des Einzelnen und seiner Rechte dient, während der Sozialstaat in das Leben der Bürger eingreift. In der Anwendung der beiden Prinzipien hat keines der beiden einen Vorrang, sondern es muss ein Ausgleich zwischen ihnen stattfinden.

Geschichte

Das Sozialstaatspostulat wurde auf einen Antrag von Hermann von Mangoldt aufgenommen, aber im Parlamentarischen Rat nicht diskutiert. Sein Vorschlag geht vermutlich auf ähnliche Inhalte von Verfassungen der Bundesländer zurück. Da der Vorschlag im Rat nicht diskutiert wurde ist nicht klar, was dieser als Inhalt verstand. Heute sieht man im Postulat ein Staatsziel. In den 60er Jahren wurde das Sozialstaatspostulat von einer Gruppe um Wolfgang Abendroth als Aufforderung an den Staat, eine sozialistische Gesellschaft zu schaffen.

Kritik

Da das Prinzip nicht genau ausgestaltet ist, ist eine genaue Bestimmung des Inhalts nicht möglich. Im Sinne von Adam Smith könnte auch ein Staat mit dem Manchester-Liberalismus und ohne Dinge wie Sozialhilfe das Staatsziel erfüllen. Mit Hilfe von Staatszielen wird teilweise eine Einschränkung von Grundrechten begründet, auch wenn dies so nicht explizit in der Verfassung steht, zu diesem Zweck kann auch das Sozialstaatspostulat benutzt werden.

siehe auch: