Das Milgram-Experiment ist eine wissenschaftliche Versuchsmethode, die 1974 erstmals vom Psychologen Stanley Milgram in seinem Buch 'Obedience to Authority: An Experimental View" (dt. Das Milgram-Experiment. Zur Gehorsamsbereitschaft gegenüber Autorität) vorgestellt wurde. In dem Experiment soll festgestellt werden, inwieweit Versuchspersonen Anweisungen ausführen, die ihrem Gewissen widersprechen.
Das Experiment beginnt, indem eine Versuchsperson und ein Schauspieler, der vorgibt, ebenfalls Versuchsperson zu sein, an einem Experiment zu Bestrafung und Lernerfolg teilnehmen. Ein offizieller Experimentator bestimmt den Schauspieler durch eine angebliche Losziehung zum 'Schüler', die Versuchsperson zum 'Lehrer'. Er erinnert beide mit einem 45 Volt Stromschlag an die körperlichen Folgen von Stromschlägen.
Der Lehrversuch besteht nun darin, dass der 'Lehrer' dem 'Schüler' bei Fehlern jeweils einen Stromschlag versetzt, wobei die Spannung nach jedem Fehler um 15 Volt erhöht wird. In Wirklichkeit erlebt der Schauspieler keine Stromschläge, sondern reagiert nach einem vorher bestimmten Schema, abhängig von der eingestellten Spannung. Wenn die Spannung 150 Volt erreicht, verlangt der Schauspieler beispielsweise, von seinem Stuhl losgebunden zu werden, da er die Schmerzen nicht mehr aushalte. Dagegen fordert der dabeisitzende Experimentator, dass der Versuch zum Nutzen der Wissenschaft fortgeführt werden müsse. Wenn der 'Lehrer' Zweifel äußert, übernimmt der Experimentator alle Verantwortung.
In Milgrams erstem Versuch waren 60% der Versuchspersonen bereit, den 'Schüler' mit dem maximalen 450 Volt Stromschlag zu 'bestrafen'; allerdings empfanden viele einen starken Gewissenskonflikt.Kein 'Lehrer' weigerte sich, bevor die 300 Volt Grenze erreicht war.
Das Experiment ist in unterschiedlichen Varianten in anderen Ländern wiederholt worden.Die Ergebnisse waren generell vergleichbar.
Heute würde ein derartiges Experiment von vielen Psychologen als unethisch angesehen, da es die Versuchspersonen einem starken inneren Druck aussetze.
Milgram kommentiert die Ergebnisse seines Experiments in "The Perils of Obedience":
- The legal and philosophic aspects of obedience are of enormous import, but they say very little about how most people behave in concrete situations. I set up a simple experiment at Yale University to test how much pain an ordinary citizen would inflict on another person simply because he was ordered to by an experimental scientist. Stark authority was pitted against the subjects' strongest moral imperatives against hurting others, and, with the subjects' ears ringing with the screams of the victims, authority won more often than not. The extreme willingness of adults to go to almost any lengths on the command of an authority constitutes the chief finding of the study and the fact most urgently demanding explanation.
- Versuchsübersetzung:
- Legale und psychologische Aspekte von Gehorsam sind zwar sehr wichtig, sie sagen aber wenig über das Verhalten eines Manschen in einer konkreten Situation. Ich wollte mit dem Experiment feststellen, wieviel Schmerz ein Mensch einem Anderen zufügen würde, bloss weil ihn ein Experimentator dazu auffordert. Autorität stand gegen moralische Prinzipien andere zu verletzen, und obwohl Schmerzenschreie offensichtlich waren, gewann in der Mehrzahl der Fälle die Autorität. Die extreme Bereitschaft von erwachsenen Menschen, einer Autorität fast beliebig weit zu folgen, ist das Hauptergebnis der Studie, und ist eine Beobachtung, die dringender Erklärung bedarf.
Literatur
- Milgram, S. (1974), Obedience to Authority; An Experimental View (ISBN 006131983X).
- Milgram, S. (1974), "The Perils of Obedience", Harper's Magazine, Abridged and adapted from Obedience to Authority.