Gender-Pay-Gap

Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen in einer Volkswirtschaft
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 13. April 2007 um 14:23 Uhr durch 193.174.133.20 (Diskussion) (+ en). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Gender Wage Gap ist ein Begriff der Soziologie und beschreibt die Lohnunterschiede zwischen Frauen und Männern.

Die Lohnunterschiede zwischen Frauen und Männern und insbesondere die Lohndiskriminierung, die dem Grundprinzip "Gleicher Lohn für gleiche Arbeit" widerspricht, waren seit den 1970er Jahren wiederholt Gegenstand öffentlicher Kontroversen in allen Industrieländern.

Im Publikum herrscht dabei eine große Unsicherheit bezüglich der Abgrenzung von Lohnunterschied und Lohndiskriminierung. Diese Verunsicherung wird zusätzlich verschärft durch die im politischen Diskurs von Interessengruppen falsch wiedergegebenen und teilweise durch nicht standardisierte Methoden bedingte widersprüchlichen Untersuchungsergebnissen.

Trotz allen Unklarheiten in diesem Bereich haben Aussagen über die Lohndifferenzen zwischen Männern und Frauen großen Einfluss auf die öffentliche Meinung und die Arbeitsmarktpolitik der Industrieländer.

International widmet sich jährlich das World Economic Forum diesem Thema und veröffentlicht den Global Gender Gap Report, der die geschlechterspezifischen Unterschiede in verschiedenen Bereichen nach Nationen aufschlüsselt.

Lohnunterschiede zwischen Frauen und Männern

Die Löhne von Männern und Frauen werden durch verschiedene Faktoren beeinflusst. Die zwei wichtigsten sind einerseits die Arbeitsmarktsegregation, d.h. Frauen und Männer arbeiten tendenziell in verschiedenen Sektoren oder Branchen und andererseits die geschlechtsspezifische Berufswahl der Individuen, wobei sich die beiden Faktoren gegenseitig beeinflussen.

Weitere wichtige Einflussfaktoren auf den Lohn sind auf individueller Ebene:

  • Berufswahl
  • Ausbildung, Weiterbildung
  • Berufserfahrung

und auf Seite des Arbeitsmarktes

  • Dienstalter
  • Verantwortungsspektrum
  • Arbeitszeitmodell
  • diverse Zulagen wie Kinderzulagen, Gefahrenzulagen usw.

Viele dieser Variablen korrelieren mit dem Geschlecht der Individuen, so dass Aussagen über die Kausalität von Lohnunterschieden mit Vorsicht zu betrachten sind. Erst wenn diese und andere Variablen statistisch kontrolliert werden und immer noch ein signifikanter Unterschied besteht, darf das Geschlecht als Erklärungsfaktor in Betracht gezogen und von Diskriminierung gesprochen werden.

Neben der Arbeitsmarktsegregation ist der Hauptgrund für die offensichtlichen Differenzen in den Durchschnittslöhnen zwischen Männern und Frauen in den industrialisierten Ländern die bessere Arbeitsmarktbeteiligung der Männer mit weniger Karriereunterbrüchen sowie die höheren Investitionen der Arbeitgeber in den letzten Jahren in ihr human capital, die wiederum hauptsächlich Vollzeitangestellten zugute kommen und so durch bessere Aus- und Weiterbildung als Multiplikator auf die bestehenden Differenzen wirkt.

Entwicklung der Lohnunterschiede

In vielen Industrieländern konvergiert der Gender Wage Gap seit einigen Jahren. Diese Tendenz kann beispielsweise in den USA, aber vor allem in Neuseeland und Kanada beobachtet werden. Gemäß Blau und Kahn sank die Lohndiskriminierung in den USA zwischen 1975 und 1987 von rund 50% auf 36%. In anderen Ländern, beispielsweise den skandinavischen Ländern und Australien sank er in den 1970er Jahren stark ab, um sich anschließend auf einem relativ hohen durchschnittlichen Frauen-Männer-Stundenlohn-Ratio zu stabilisieren. In Frankreich, Belgien und Deutschland sank dieses Verhältnis langsam, aber stetig ab, ist jedoch noch weit von einer Schließung der Lohngabel entfernt. Für die Schweiz wurde festgestellt, dass es, wenn die bisherige Entwicklung konstant bleibt, weitere 68 Jahre dauern wird, bis der 1981 in der Verfassung verankerte Grundsatz "Gleicher Lohn für gleiche Arbeit" verwirklicht ist.

Lohndiskriminierung am Beispiel der Schweiz

Studie Datensätze Lohnunterschied Bereinigter Lohnunterschied (Lohndiskriminierung)  
P. Kugler, 1988 div. 1981-1982 43% 7% (ohne Fremdarbeiter)
Brüder, Diekmann und Engelhardt, 1993 ISSP, 1987 81% 38%  
Diekmann und Engelhardt, 1995 SAKE, 1991 43% 16%  
Bonjour, 1997 SAKE, 1991-1993 26% 9-13% (Werte für 1993, je nach Branche)
Henneberger und Sousa-Poza, 1998 SAKE, 1995 29% 10-16% (je nach Branche)
Henneberger und Sousa-Poza, 1999 SAKE, 1997 24% 8-11% (je nach Branche)
Flückiger und Ramirez, 2000 SLSE, 1994-1996 30% 17%  
Sousa-Poza, 2002 SLSE, 1998 18-28% 14-19% (nur ausgewählte Branchen)

Politische Maßnahmen

Da die Hauptgründe für die Lohnunterschiede zwischen Frauen und Männern in der unterschiedlichen Berufswahl sowie in der geschlechtsspezifischen Arbeitsmarktsegregation liegen und diese wiederum durch individuelle und kulturelle Faktoren bedingt sind, hatten politische Maßnahmen bisher einen relativ geringen Einfluss auf die Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen.

Um eindeutiger Lohndiskriminierung zu begegnen, stehen den Betroffenen heute in allen OSZE-Ländern rechtliche Möglichkeiten zur Verfügung. Noch werden diese jedoch nicht ausgeschöpft. Gründe dafür sind einerseits Unkenntnis über den eigenen Marktwert und die Tatsache, dass Frauen bei der Selbstschätzung des Wertes ihrer eigenen Arbeit systematisch tiefer liegen als Männer. Das heißt im Endeffekt, dass sie beim Eingehen eines Anstellungsverhältnis einen geringeren Lohn verlangen, als ein Mann in derselben Situation. Wenn sich die betroffenen Frauen einmal klar geworden sind, wagen sie es kaum, individuelle rechtliche Schritte zu unternehmen, da die Lohndiskriminierung größtenteils selbstverschuldet ist. Bessere Aussicht auf Erfolg haben Verbandsklagen von Arbeitnehmerverbänden für die Löhne ganzer Berufsgruppen.

Die Forderungen von Frauenorganisationen sowie Berufsverbänden haben sich im Laufe der letzten Jahre in Richtung "gleicher Lohn für gleichwertige" Arbeit verlagert. Dadurch sollen die durch die geschlechtliche Arbeitsmarktseggregation bedingten Lohnunterschiede zwischen Frauen und Männern in den nächsten Jahren weiter verringert werden.

Literatur

  • A. Sousa-Poza: The Gender Wage Gap and Occupational Segregation in Switzerland, 1991-2001, in: Schweizerische Zeitschrift für Soziologie Vol 29, Issue 3, Seite 399ff
  • Warren Farrell: Why Men Earn More: The Startling Truth Behind the Pay Gap - and What Women Can Do About It. Amacom 2005