Kunst im Reich von Kusch

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Die Kunst im Reich von Kusch ist wie die ganze Kultur dieses afrikanischen Staates stark vom alten Ägypten beeinflusst. Wie in der kuschitischen Geschichte lassen sich auch in der Kunst zwei deutliche Phasen unterscheiden. In der napatanischen (ca. 700 - 300 v. Chr.) Periode ist der ägyptische Einfluss sehr stark. Ohne Inschriften und Fundortangabe ist es manchmal nicht wirklich möglich bestimmte Kunstwerke dem einen oder anderen Kulturkreis zuzuordnen. In der meroitischen Phase (ca. 300 v. Chr. - 350 n. Chr.) ist eine Verschmelzung ägyptischer, hellenistischer und afrikanischer Elemente zu beobachten. Trotz des starken ägyptischen Einflusses hat die kuschitische Kunst einen eigenen Charakter.

Kopf einer Kolossalstatue des Analamani

Vorgeschichte

Im ägyptischen Neuen Reich war Nubien eine ägyptische Provinz. Ägyptische Pharaonen errichteten in Nubien Tempel und die hier lebende Oberschicht, ob sie nun aus Ägypten stammte oder einheimisch war, folgte weitestgehend ägyptischen Vorbildern. Dies ist im Grabbau zu beobachten, aber auch Siedlungen, wie Sesebi sind in Anlage und Architektur weitesgehend ägyptisch.Um 1000 v. Chr. ging die Vorherrschaft Ägyptens langsam zu Ende. Die Vorgänge im Einzelnen sind bisher nicht wirklich klar und es ist möglich, dass vor allem in Unternubien die ägyptische Kontrolle weiterbestand. Aus dieser Zeit sind jedoch kaum datierte Denkmäler bekannt, die einen Vorstellung von der materiellen Kultur liefern und es gibt so gut wie keine Kunstwerke, die in diese Zeit datiert werden können. Die ändert sich erst mit dem Auftreten der ersten namentlich bekannten nubischen Herrscher. Diese hinterliessen verschiedene Denkmäler.

Architektur

Pyramiden

 
Pyramide N21 von der Seite, Gestalt getreppt

Die ersten Generationen nubischer Herrscher sind unter Grabhügeln bestattet worden. Dies änderte sich mit der Eroberung von Teilen Ägyptens. Die sicherlich auffälligsten Denkmäler kuschitischer Kultur sind nun die königlichen Pyramiden. Sie sind aus Stein errichtet, aber viel kleiner als ihre ägyptischen Vorbilder. Sie haben auch einen steileren Winkel und wohl keine Spitze, sondern sind von einem kleinen Zylinder gekrönt worden. Pyramiden wurden in Nubien schon im Neuen Reich von hohen dort residierenden Beamten errichtet, so dass ihr Bau von den nubischen Pyramiden des Neuen Reiches beeinflusst sein könnte. Daneben ist zu der Zeit als die nubischen Könige regierten eine starke Rückbesinnung auf altägyptische Traditionen feststellbar und so mögen die nubischen Herrscher mit dem Pyramidenbau bewusst auf eine Zeit zurückgegriffen haben, die als vorbildlich galt.

Die nubischen Pyramiden bestanden aus drei Teilen. Es gab die eigentliche Pyramide, die Grabkammern, deren Eingang sich meist vor der Pyramide fanden und die unter dem Bau lagen und einen kleinen, meist dekorierten Tempel. Im Gegensatz zu den ägyptischen Pyramiden waren die nubischen nicht verkleidet, sondern getreppt. In meroitischer Zeit wurden sie nicht mehr aus Stein sondern aus Lehmziegeln errichtet. Der Pyramidenbau hörte um 300 n. Chr. auf. In der Folgezeit kehrte man wieder zu dem Bau von großen Grabhügeln zurück.

Tempel

 
Plan des Tempels von Tabo dessen Plan eng ägyptischen Vorbildern folgt

Vor allem Taharqa errichtete an wichtigen Orten Nubiens monumentale Tempelanlagen in Stein, die ziemlich genau ägyptischen Vorbildern folgen. Es gab einen Pylon, es folgte ein offener Hof, eine Säulenhalle und im Hinterteil des Baues das Allerheiligste. Die Wände der Tempel waren mit Reliefs dekoriert und sie waren mit Statuen ausgestattet.

In der folgenden Zeit gibt es kaum bedeutende neue Tempelbauten, wenn auch die folgenden Herrscher die alten Tempel mit weiteren Inschriften und Statuen ausschmückten. Dies mag nur ein Beleglücke sind, da es aus Meroe zahlreiche Blöcke mit Namen von Königen gibt, die einstigen Tempel aber nur selten erhalten sind oder rekonstruiert werden können.

Erst aus der meroitischen Periode gibt es verschiedene Beispiele aus verschiedenen Teilen des Reiches von gut erhalten Tempelbauten. Die Tempel sind nun wesentlich kleiner, und bestehen oftmals nur aus einem oder zwei Räumen, die aussen und innen mit Relief dekoriert sind und auch einen Pylon hatten.

Vor allen aus der Hauptstadt Meroe gibt es jedoch auch einige größere Tempelbauten, die Eigenheiten aufweisen, die nicht aus Ägypten bekannt sind. Der Sonnentempel hatte einen Pylon, von diesem gelangte man in einen großen Hof, der von Säulen flankiert war. In der Mitte des Hofes stand der eigentliche Tempel. Über ein Treppe gelangte man zu einen zweiten Pylon und von dort in den Tempel, in dessen Mitte ein einzelner ca. 10 m langer Schrein stand.

 
Römischer Kiosk (im Vordergrund) und Tempel

Besondere Beachtung verdient auch die Tempelanlage von al-Musawwarat as-sufra. Hier finden sich diverse Tempelbauten innerhalb einer Anlage, die aus diversen offenen Höfen und Einzäumungen besteht.Die Anlage war reich mit Kolossalfiguren geschmückt, darunter befinden sich solche von Elephanten.

Der Römischer Kiosk in Naqa verbindet nubische mit hellenistische Stilmerkmale.[1] Es ist ein kleiner offener Bau, dessen Fassade von Säulen gegliedert ist. Diese haben korinthische Kapitelle. Sie sind durch Zwischenwände, die große Fenster haben verbunden. Einige der Fenster sind gewölbt.

Freiplastik

 
Kolossalfigur, die mutmaßlich Natakamani darstellt, einen König des Reiches von Meroe

Auch die Freiplastik stand am Beginn nubischer Geschichte unter starkem ägyptischen Einfluss. Es sind aus der napatanischen Zeit vor allem Werke bekannt, die den König darstellen. Oftmals handelt es sich um Statuen, die den Herrscher stehend mit einem Bein vorgesetzt darstellen. Die Hände liegen eng am Körper, herabhängend an. Das Gesicht ist nach vorne gewandt. Als typisch nubisch erscheint die kräftige Modellierung der Körperformen. Gerade vom Beginn der napatanischen Periode gibt es zahlreich Kolossalfiguren, die in Tempeln aufgestellt waren. Grabplastik, wie sie in Ägypten gut belegt ist, ist dagegen die Ausnahme. Aus der Zeit nach dem 6. vorchristliche Jahrhundert gibt es dagegen nur wenige Beispiele königlicher Plastik.

Die meroitische Phase bringt auch in der Plastik eine Abkehr von ägyptischen Vorbildern. Zwei Kolossalfiguren, die man auf Tabo fand, sind zwar immer noch nach dem ägyptischen Kanon gestaltet. Der Herrscher trägt hier aber ein eher unägyptisches Gewand und in der Krone findet sich ein Lorbeerkranz, der sicherlich aus der hellenistischen Welt übernommen wurde.

Aus dem sogenannten römischen Bad in Meroe stammt eine Reihe von Skulpturen, die sich vollkommen von den ägyptischen Vorbildern gelöst haben.[2] Die meist halblebensgroßen Figuren sind in Tuniken oder nackt dargestellt. Ein Mann scheint auf einer Kline zu liegen, eine weibliche Figur stellt eine Flötenspielerin dar. Die Figuren wirken relativ grob, die Körperformen sind voll und etwas ungelenkt. Bemerkenswert ist die reiche und gut erhaltene Bemalung.

Aus Unternubien gibt es aus der Periode nach der Zeitenwende eine große Anzahl von Plastiken, die sich in Grabanlagen von lokalen Würdenträgern fanden. Diese zeigen den Toten als Ba, das heisst einen Vogel mit Menschenkopf, vergleichbares gibt es kaum aus Ägypten. Die Skulpturen warn bemalt, sind aber nur grob gearbeitet.[3]

Flachbild

Relief

 
Relief aus der Pyramide des Amanitenmomide

Das Relief ist gut dokumentiert in allen Perioden kuschitischer Geschichte. Aus der napatanischen sind vor allem königliche Reliefs aus Tempeln und den Pyramiden der Herrscher erhalten. In der meroitischen Periode kommen auch einige private Reliefs hinzu. Auch die menschlichen Darstellungen in den Reliefs, wobei es versenktes und erhabenes Relief gibt, folgen ägyptischen Vorbildern. Der Kopf ist dabei in der Regel im Profil dargestellt, Augen und Brust frontal. Die Figuren zeigen auch hier, wie in der Plastik vor allem volle, kräftige Formen und unterscheiden sich dadurch von dem ägyptischen Vorbildern. Bemerkenswert sind vor allem auch die Figuren von Frauen, die mit ihren kräftigen Formen und ausladenden Hüften eher afrikanischen Schönheitsidealen folgen.[4] Der reiche Ornat, der wohl teilweise auch auf afrikanischen Ursprung zurückgeht, lässt vieler dieser Reliefs im Vergleich zu ägyptischen Fremd wirken. Auch in den Reliefs dieser Zeit ist hellenistische Einfluss feststellbar. Es erscheinen Gottheiten, die frontal dargestellt werden

Malerei

Es gibt nur wenige erhaltene Beispiele meroitischer Malerei. Die Grabkammer von Tanotamun ist mit diesen dekoriert. In anderen Grabkammern ist Ähnliches zu finden, doch sind diese Beispiele meist schlechter erhalten. Aus Meroe gibt es in einige Bauten mit weiteren Resten von Malereien. Hier ist vor allem das sogenannte römische Bad zu nennen, das nicht nur einen Statuenschmuck, der klassischen Vorbildern nachempfunden war, enthielt, sondern auch Malereien in einem hellenistischen Stil.

Kunsthandwerk

 
Tongefäß, das bei Faras gefunden wurde (London, Britisches Museum).

Besonders im Bereich der Keramik gab es in der meroitischen Periode eine bemerkenswerte Produktion hochwertiger Waren. Gefäße sind oftmals bunt mit geometrischen, aber auch figürlichen Szenen bemalt. Die Forschung konnte verschiedene Werkstätten, oder sogar Künstlerhandschriften unterscheiden.[5] Die in Meroe gefundene Keramik ist dabei besonders fein und elegant mit altägyptischen Motiven, wie z.B. Anchzeichen[6] dekoriert. In der Pyramide der regierenden Königin Amanishakheto fand sich ein Schatz von goldenen Schmuckstücken, die das hohe Niveau der Goldschmiedekunst belegen. Die Schmuckstücke stehen in ägyptisch Tradition.[7] Viele Motive und Szenen scheinen aber rein nubisch zu sein.

Ausblick

Der Einfluss kuschitischer Kunst auf andere Völker und Kulturkreise ist nur schwer einzuschätzen. Es gibt aber immerhin zahlreiche Belege für das Fortleben der kuschitischen Kunst im nubischen Mittelalter. Vor allem im Bauschmuck und in der Töpferei leben kuschitische Formen noch lange fort. Kuschitische Einflüsse auf das restliche Afrika sind dagegen nur schwer auszumachen. Dies mag eine Forschungslücke sein. Negativ muss allerdings gesagt werden, dass es zwar Kontakte mit dem Reich von Axum gab, doch war dieses vollkommen nach Arabien ausgerichtet und nahm daher kaum kuschitische Elemente auf. Es ist oft postuliert worden, dass bestimmte Kulturmerkmale, wie der Gebrauch der Kopfstütze oder die Nok-Plastik auf kuschitischen und ägyptischen Einfluss zurückzuführen seien. Die neuere Forschung ist jedoch vorsichtiger und vermutet eher eigenständige Entwicklungen.

Quellen

  1. Römischer Kiosk
  2. Das römische Bad
  3. Bastatue aus Unternubien
  4. Meroitische Königin
  5. William Y. Adams: Progress Report on Nubian Pottery, In: Kush 15 (1967-1968), S. 1-50
  6. Bemalte Keramik aus Meroe
  7. Grabschatz der Amanishakheto

Wichtige Museen mit nubischen Kunstwerken

Literatur

  • Derek A. Welsby: The Kingdom of Kush, British Museum Press, London 1996, ISBN 071410986X, S. 99-136, 177-189
  • Rudolf Fischer: Die schwarzen Pharaonen, Gustav Lübbe Verlag GmbH, Bergisch Gladbach 1986, ISBN 3881993037 S. 181-197
  • Dietrich Wildung: Sudan. Ancinet Kingdoms of the Nile, Paris/New York 1997
  1. Webseite des Museums