Pfarrerblock

Bereich innerhalb des Konzentrationslagers Dachau
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Pfarrerblock meinte die Gefangenenbaracken, in denen Geistliche verschiedener Konfessionen in einem Konzentrationslager der Nazi-Zeit gemeinsam eingesperrt und von den SS-Wächtern gequält wurden. Pfarrerblocks - verächtlich auch „Pfaffenblocks“ genannt – wurden im Dezember 1940 von der SS in den zusammenliegenden Häftlingsbaracken, Block 26, 28 und 30, des Konzentrationslagers Dachau eingerichtet. Wie bei allen anderen der 30 Häftlingsblocks in diesem Konzentrationslager handelte es sich um Baracken mit der Grundfläche 100 x 10 Meter mit vier Räumen (genannt Stube), die wiederum jeweils in einen Schlaf- und einen Tagesraum aufgeteilt waren. Jeweils für zwei Stuben standen ein Wasch- und ein Toilettenraum zur Verfügung. Jede Stube war für 52 Häftlinge eingerichtet. Ab Januar 1941 wurde die Stube 4 des Blocks 26 als Kapelle des Pfarrerblocks genutzt.

Hintergrund

Nachdem der Vatikan bei der deutschen Regierung wegen der Haftbedingungen der von den Nationalsozialisten im deutschen Reichsgebiet und den von deutschen Truppen besetzten Ländern verhafteten und auf die verschiedenen Konzentrationslagern verteilten katholischen Geistlichen interveniert hatte, wurden im Konzentrationslager Dachau fast alle in 'Schutzhaft' genommenen Geistlichen der verschiedenen Konfessionen und Nationalitäten – durch Maschendrahtzäune und Stacheldraht von den anderen Häftlinge des KZ getrennt – räumlich zusammengefasst.

Separierung

In der Kapelle des Pfarrerblocks durften die Geistlichen ihre Gottesdienste feiern. Der Zugang zur Kapelle war von der SS nur den im KZ inhaftierten Geistlichen – nicht den übrigen Häftlingen - erlaubt. Einerseits ermöglicht die Separierung in Pfarrerblocks, die vom Vatikan für seine Geistlichen geforderten Hafterleichterungen (u.a. Möglichkeit der täglichen Messfeier, Leben in priesterlicher Gemeinschaft) ansatzweise umzusetzen aber auch - im Sinne der SS - die übrigen Häftlinge dem Einfluss der Seelsorger zu entziehen. Die mit der Absonderung einhergehenden Privilegien (z. B. Freistellung von regulären Arbeitskommandos, Möglichkeit des Breviergebetes, Gottesdienste, Zuteilung von Messwein und Kakao) waren andererseits mit kollektiven Schikanen seitens der SS sowie Misstrauen und Abneigung anderer Häftlinge gegen die „Pfaffen“ verbunden.

Schlechterstellung der polnischen Geistlichen

Am 15. September 1941 wurden alle polnischen Geistlichen auf Block 28 und 30 zusammengefasst. Die nicht-polnischen Geistlichen wurden geschlossen auf Block 26 untergebracht. Während die beiden polnischen Pfarrerblocks durch Abbau der Zäune und Wegfall der Privilegien wieder dem Gesamtlager zugeschlagen wurden, wurde der Block 26 jetzt auch gegenüber den beiden polnischen Pfarrerblocks abgezäunt. Wie die anderen Häftlinge durften die polnischen Geistlichen nun auch nicht mehr die Kapelle in Block 26 aufsuchen. Die SS verfügte sogar, die Fenster der Kapelle, die zu den polnischen Blocks lagen, weiß zu streichen, damit die polnischen Geistlichen so auch keinen Einblick mehr in die Kapelle hatten.

Liste der im KZ Dachau inhaftierten Geistlichen (Mangold-Thoma-Liste)

Der Franziskanerpater Petrus Mangold († 1942 in Dachau) hat zusammen mit dem Pfarrer Emil Thoma aus Eppingen bis zum 3. Mai 1942 in der Lagerhaft von Dachau eine Liste aller ihnen als dortige KZ-Häftlinge bekannter katholischer und evangelischer Geistlicher angefertigt, die über Kuriere außerhalb des KZ Dachau gebracht werden konnte.

 
Eine Gedenktafel

Insgesamt waren 2720 Geistliche inhaftiert: (2579 katholisch, mindestens 1 Alt-Katholischer, 109 evangelisch, 22 griechisch-orthodox, 8 altkatholisch, 2 muslimisch).

Den größten Anteil stellten die 1780 polnischen Priester. Von ihnen überlebten 868 die Haft nicht. Weitere Nationalitäten (Tote in Klammern): Deutsche 447 (94); Franzosen 156 (10); Tschechoslowaken 109 (24); Holländer 63 (17); Belgier 46 (9); Italiener 28 (1); Luxemburger 16 (6). Insgesamt starben 1034 Geistliche im KZ Dachau

Unvollständige Liste inhaftierter Geistlicher

Evangelische Geistliche

Katholische Geistliche

Siehe auch

Literatur

  • Hermann Scheipers "Gratwanderungen - Priester unter zwei Diktaturen", St. Benno-Verlag, Leipzig 1997, ISBN 3-7462-1221-9
  • Christian Frieling "Priester aus dem Bistum Münster im KZ", Verlag Aschendorf, Münster 1992, ISBN 3-402-05427-2
  • Exzerpte von "Jean Bernard, Pfarrerblock 25487 (1945 Memoir)", Luxemburg 1962, 1982, 1987 [2]
  • Justus Just "Aus der Reihe gedrängt : wie Priester vom Nationalsozialismus gesellschaftlich zerstört wurden - Dokumentation aus den Aufschreibungen meines Onkels, der sieben Jahre im KZ Dachau inhaftiert war", Norderstedt 2005, ISBN 3-8334-3758-8
  • Das Reich des Todes hat keine Macht auf Erden "Priester und Ordensleute 1933 - 1945 KZ Dachau", IDN: 963709178
  • Franz Zeiger "Die mit Tränen säen : Johann Steinbock - Priester in Dachau" mit einem Vorwort von Maximilian Aichern. - Linz 2004, ISBN 3-902330-07-4
  • Sales Hess "Dachau - eine Welt ohne Gott", Sebaldus-Verlag, Nürnberg 1946

Film