Naturschutzgebiet Schlangenberg

Naturschutzgebiet in Stolberg, Nordrhein-Westfalen, Deutschland
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Das Naturschutzgebiet Schlangenberg ist eine 108 ha große, durch seine Galmeiflora geprägte Fläche im Kreis Aachen. Den Namen erhielt das östlich von Stolberg/Rhld., der Ortschaft Breinigerberg benachbarte Gebiet, nach dem an der L12 liegende 276 m NN hohen Hügel Schlangenberg.

Der Schlangenberg im April


Geologie

Das gesamte Naturschutzgebiet befindet sich auf einem Kalksteinrücken, der vor ca. 400 Millionen Jahren abgelagert wurde. Versteinerte, teilweise verwitterte Korallenstrukturen werden heute noch gefunden. Durch geologische Verschiebungen gelangte der Kalkstein an die Erdoberfläche, fiel jedoch größtenteils der Erosion zum Opfer. Vor ca. 200 Millionen Jahren drangen wässrige Erzlösungen in den porösen Kalkstein ein und es bildeten sich die Primärerze Zinkblende, Markasit und Bleiglanz. Da es sich bei diesem Eindringprozess um Lösungsschübe handelte entstanden bei den Erzen des Schlangenberges schalige Erzstrukturen, so genannte Schalenblenden. Durch Metasomatose verwitterte das oberflächlich lagernde Erz zum Sekundärerz Galmei, welches hauptsächlich aus Zinkspat ZnCO3 besteht.

Historie

Frühgeschichte

Vermutlich hatten bereits die Kelten mit dem Schürfen der Erze begonnen. Gesichert ist die Besiedlung des Gebietes durch die Römer, die entlang der erzhaltigen Gebiete siedelten. Römische Funde wurden im Bereich des Breinigerbergs und Breinigs gemacht.

18.Jahrhundert

 
Verschütteter Eingang des Hillemann 1 Stollens am Schlangenberg

Im 18. Jahrhundert besaßen die in Stolberg ansässigen Kupfermeister ein Monopol in der europäischen Messingherstellung. Dieses begründete sich darin, dass die Gewinnung dieser Legierung 2 Volumina Galmeierz sowie 1 Volumeneinheit Kupfererz, das hauptsächlich aus dem Harz bezogen wurde, erforderte. Aufgrund der problematischen Transportsituation in der damaligen Zeit entschied der geringere Transportaufwand über den Standort der Legierungsherstellung.

Vor 1800 hatte man ausschließlich durch oberflächlichen Erzabbau in Pingen Galmeierz im Bereich des Schlangenberges geschürft. Das speziell zink-, blei- und cadmiumhaltige Erz wurde hierbei über weite Bereiche verteilt und die gesamte Schlangenbergregion zerfurcht und mit dem toxischen Metall kontaminiert.

Ab 1800 ermöglichte die fortgeschrittene Technik tiefer liegende Erze zu gewinnen. Man begann den Abbau in Tiefen bis zu 105 Meter, da man durch Pumpenschächte und Wasserhaltungsstollen das Grundwasser in den nahe liegenden Vichtbach ableiten konnte. Zwischen 1850 und 1860 entstand ein frühindustrielles Grubenfeld, das zu Beginn dem ESCHWEILER BERGWERKSVEREIN, der STOLBERGER GESELLSCHAFT sowie der ALLIANZ gehörte. Ab 1856 erhielt die ESCHWEILER GESELLSCHAFT komplett die Eigentumsrechte.

Nach 1870 verarmte die Grube, da die bis zu 6.600 Jahrestonnen Förderung das Erzfeld erschöpfen ließ. Sie wurde nach einjähriger Schließung 1871 noch einmal geöffnet, 1883 aber endgültig geschlossen. Die jahrelangen Arbeiten hinterließen eine toxische Industriebrache, die im Volksmund den Namen Balkan trägt. Aufgrund des fehlendes Umweltbewusstseins der damaligen Zeit erfolgte keine Renaturierung, so das die Natur sich selber überlassen blieb.

Neuzeit

Bis in die späten 1980er Jahre wurde der Schlangenberg als militärisches Übungsgebiet genutzt und war der Öffentlichkeit nicht zugänglich. An einigen Stellen existieren noch immer Unterstände der Soldaten. Nach dem Abzug des Militärs und ausgelöst durch das steigende Umweltbewusstsein wurde das Gebiet Schlangenberg Anfang der 1990er Jahre unter Naturschutz gestellt.

Flora und Fauna

Der kalkhaltige Boden des Naturschutzgebietes Schlangenberg enthält große Mengen Zink, Cadmium und Blei. Die hohe Toxizität erlaubt es nur wenigen Pflanzenarten hier zu wachsen. Es entstanden hier Refugialbiotope der endemischen Galmeiflora.

 
Galmeitäschelkraut

Typisch für die Flora des Naturschutzgebietes ist neben dem ursprünglich weltweit nur im Naturschutzgebiet Schlangenberg vorkommenden Gelben Galmeiveilchen Viola lutea ssp. calaminaria die zu den Bleiwurzgewächsen gehörende Galmeigrasnelke Armeria maritima ssp. elongata. Eine weitere typische Pflanze des Naturschutzgebietes ist das Galmeitäschelkraut Thlaspi calaminare, der Aachener Galmei-Schwingel Festuca aquisgranensis sowie das Taubenkropf-Leimkraut Silene vulgaris ssp. humilis.

Neben der typischen Galmeiflora wachsen in Randbereichen des Naturschutzgebietes Orchideen sowie das seltene Farn Natternzunge.

Neben endemischen Pflanzen leben im Naturschutzgebiet Schlangenberg zahlreiche seltene Insekten. Außer dem braunfleckigen Perlmutterfalter findet man hier den seltenen Rosenkäfer. Bekannt ist das Gebiet für seine noch zahlreich dort lebenden Heuschrecken. Hierzu zählen die Nachtigallenschrecke, die Buckelschrecken sowie das fingergroße grüne Heupferd.
Neben diesen Insekten bieten die Schwermetallrasen und -heiden des Schlangenbergs zahlreichen Reptilien Lebensraum. Vereinzelt findet man hier die seltene Schlingnatter. Neben Heidelerchen nutzen Neuntöter die fast baumlose Region.

Bedrohung des Naturschutzgebietes

Obwohl der toxische Boden des Naturschutzgebietes Schlangenberg kaum Pflanzenwuchs zulässt, bedrohen einige Pflanzen das gefährdete Biotop. Zu diesen gehören Kiefern, die trotz hohem Schwermetallgehalt des Bodens, die Freiflächen zuwuchern würden, wenn eine Kontrolle durch die Biologische Station Stolberg nicht erfolgen würde.

Eine weitere Gefahr für die Natur geht von den zahlreichen Besuchern aus, die trotz der befestigten Wege die gefährdeten Gebiete betreten und damit bedrohen.

Informationszentrum Schlangenberg

Um den zahlreichen Besuchern des Naturschutzgebietes die Besonderheiten näher zu bringen wurde im April 1991 in der früheren Hauptschule Breinigerberg ein Informationszentrum eingerichtet. Dieses bietet zusätzlich zu Informationen über den Schlangenberg eine natur- und heimatkundliche Ausstellung mit zahlreichen Informationen über die Zeit des Erzabbaus.

Literatur

Informationsbroschüre des Informationszentrums Breinigerberg

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